Weitere Bewohner der Adelheidstr. 94


Juden Judenhaus Wiesbaden Adelheidstr. 94
Die Adelheidstr. 94 heute
Eigene Aufnahme
Adelheidstr 94, Judenhaus, Wiesbaden
Lage des Hauses
Adelheidstr. 94, Judenhaus Wiesbaden
Belegung des Judenhauses

 

 

 

 

 


Am 30. März 1939 kamen die beiden ledigen Schwestern Settchen und Betti Leopold aus der Wohnung ihres Schwagers Karl Trief bzw. ihrer Schwester Frieda Trief, geborene Leopold, in in die Adelheidstr. 94. Frieda und Karl Trief verließen damals die Schenkendorfstr. 3 und zogen in das spätere Judenhaus Lortzingstr. 7. Settchen und Betti blieben länger als drei Jahre, bis zu ihrer Deportation am 10. Juni 1942 nach Sobibor, im Judenhaus Adelheidstr. 94. Ihr Schicksal wird dennoch im Zusammenhang mit dem ihrer Geschwister im entsprechenden Kapitel zum Judenhaus Lortzingstr. 7 dargestellt.

Für die meisten der Bewohner blieb das Judenhaus die letzte Station vor ihrer Deportation in eines der Lager im Osten. Es gab aber einige, die von hier aus noch einmal, sogar für nur wenige Tage in ein anderes Judenhaus verbracht wurden.

Isaak Teutsch war erst am 25. August 1942 mit seiner Frau Hilda aus der angestammten Wohnung in der Schiersteiner Wilhelmstr. 44 in die Adelheidstr. 94 umgesiedelt worden. Laut Gestapo-Karteikarte blieben die beiden nur drei Tage hier, bevor sie erneut umquartiert wurden. Ihre letzte Adresse war das Judenhaus in der Herrngartenstr. 11, in dem sie aber ebenfalls nur noch drei Tage bis zu ihrer „Evakuierung“ am 1. September 1942 bleiben durften.

Den gleichen Wohnungswechsel in der letzten Woche vor ihrer Deportation musste auch die Familie ihrer Tochter Emilie vollziehen, die mit ihrem MannOtto Kahn und dem fünfjährigenSohn Walter ebenfalls aus der Wilhelmstr. 44 kommend, innerhalb einer Woche noch in die beiden genannten Judenhäuser verlegt wurden. Auch sie traten ihren Weg nach Theresienstadt von der Herrngartenstr. 11 aus an.

Ebenso Johanna Baer, die erst in die Adelheidstr. 94 gekommen war, nachdem mit dem Transport vom 10. Juni Platz für neue Bewohner geschaffen worden war. Am 15. Juni war sie hier im dritten Stock einquartiert worden, da, wo bisher die Familie Seelig gewohnt hatte. Auch ihr letzter Wechsel in die Herrngartenstr. 11 hatte offensichtlich eher organisatorische Gründe oder es handelte sich um eine reine Schikane, denn auch sie wurde wohl erst in den letzten Tagen angeordnet. Der entsprechende Eintrag über den Umzug auf der Gestapo-Karteikarte fehlt auch bei ihr.[1]

Wie lange Johanna Herz in der Adelheidstr. 94 gewohnt hat, ist kaum mehr zu ermitteln. Zwar gibt es einen entsprechenden Eintrag auf ihrer Karteikarte, leider hat aber der Gestapo-Bürokrat sich bei der Jahresangabe verschrieben und – möglicherweise schon die Hausnummer im Kopf – als Einzugsdatum den „5.10.94 angegeben.[2] Am 8. Oktober 1940 ist Johanna Herz dann in das Judenhaus Wallufer Str. 13 umquartiert worden.

 

Insgesamt lebten in der Adelheidstr. 94 in den Jahren ab 1938 56 jüdische Bewohner. Zwei Familien mit insgesamt 10 Mitgliedern waren als polnische Juden 1938 bereits ausgewiesen worden, bevor das Haus zum Judenhaus wurde. 32 Bewohner traten von hier aus den Weg in die Vernichtung an, drei verstarben, bevor sie in die Züge gesetzt werden konnten, eine durch Selbsttötung. Die übrigen Elf mussten noch einmal in andere Judenhäuser umziehen. Keiner der hier zuletzt Lebenden hat den Holocaust überlebt. Das Haus in der Adelheidstr. 94 gehört damit unzweifelhaft zu den bedeutendsten und damit zugleich zu den erinnerungswürdigsten Judenhäusern Wiesbadens.

 

 

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Anmerkungen:

 

[1] Siehe die weiteren Ausführungen zu den beiden Familien und zu Johanna Baer unten im Kapitel Herrngartenstr. 11.

[2] Ein ähnlicher Fehler liegt bei der vorherigen Karteikarte vor, die mit der gleichen Hand ausgefüllt wurde. Bei dieser am 11.1.1871 in Frankfurt geborenen Johanna Herz hat er als Einzugsdatum in den Hainerweg 3 den 1.12.1927 eingetragen.