Moritz und Grete Rosenau, geborene Wertheim


Das ehemalige Judenhaus Kaiser-Friedrich-Ring 80 heute Eigene Aufnahme
Das ehemalige Judenhaus Kaiser-Friedrich-Ring 80 heute
Eigene Aufnahme
Lage
Lage der beiden Judenhäuser der Brüder Selig am Ring und in der Oranienstraße
Belegung des Judenhauses Kaiser-Friedrich-Ring 80
Belegung des Judenhauses Kaiser-Friedrich-Ring 80

 

 

 

 

 

 

 


Auch die kleine Familie Rosenau, Moritz und Greta Rosenau mit ihrer Tochter Gerti, war, wie andere Mitbewohner im Judenhaus, vom Westerwald nach Wiesbaden gekommen, allerdings nicht erst als die Familien angesichts der wachsenden Bedrohungen dort im Laufe der 30er Jahre in die größeren Städte des Landes zogen, sondern wesentlich früher. Bereits vor Beginn des Ersten Weltkriegs hatte sich das damals noch kinderlose Paar in Wiesbaden niedergelassen und in der Schenkendorfstr. 1 ihr Quartier bezogen.[1] Die väterliche Linie der Familie war ursprünglich seit Generationen in der nassauischen Residenzstadt Hachenburg bzw. der unmittelbaren Umgebung ansässig gewesen.

In der im späten 12. Jahrhundert gegründeten Stadt hatten sich bald auch jüdische Familien niedergelassen, die aber nach dem Ausbruch der Pest schon früh erfahren mussten, dass die Möglichkeit, lukrative Geschäfte zu betreiben, auch eine Kehrseite besaß. In Krisenzeiten, wie diesen, wurde den Angehörigen der Minderheit von ihrem christlichen Umfeld schon damals schnell die Rolle des Sündebocks aufgebürdet, eine vielfach tödliche Rollenzuweisung.
Erst nach dem Dreißigjährigen Krieg kamen die Juden auf Dauer zurück, lebten mit all den üblichen rechtlichen Einschränkungen als sogenannte „Schutzjuden“ unter den Bewohnern und übten die traditionellen Berufe aus, von denen nicht nur die christlichen Mitbewohner profitierten, sondern mittels der steuerlichen Verpflichtungen auch die städtische und landesherrliche Obrigkeit. Trotz des antisemitischen Geraunes, dass im 19. Jahrhundert überall als Begleitmusik der deutschen Nationalbewegung zu vernehmen war, wurde auch die Judenschaft, sich selbst stolz als deutsche Bürger begreifend, von diesen zum Teil chauvinistischen Bestrebungen erfasst. Mancher jüdische Patriot, auch aus Hachenburg, opferte sein Leben in einem der drei sogenannten Einigungskriege des 19. Jahrhunderts. Insgesamt konstatiert Grathoff im Hinblick auf diese Epoche „bestand in Hachenburg zwischen Christen und Juden ein ausgesprochen gutes Verhältnis. Obwohl es die Judengasse wohl damals schon gab, lebten die Hachenburger jüdischen Glaubens über die ganze Stadt verteilt.[2]
Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Synagoge unter Beteiligung von Vertretern aller Konfessionen und der gesamten Bürgerschaft eingeweiht. Selbstverständlich saß auch ein Vertreter der Bürger jüdischen Glaubens im Stadtrat, Schülerinnen und Schüler aller Glaubensrichtungen besuchten gemeinsam die öffentlichen Schulen und man achtete wechselseitig die religiösen Feste und Rituale der jeweils anderen Gemeinschaft. Nur interreligiöse Heiraten waren eher ungewöhnlich und blieben die Ausnahme auch zwischen Protestanten und Katholiken.[3]

 

Stammbaum der Familien Rosenau und Wertheim
GDB

Die Familie Rosenau hatte schon früh eine wichtige, wenngleich nicht immer konfliktfreie Rolle in der jüdischen Gemeinde gespielt. Der älteste identifizierbare Vorfahre der Familie war der aus dem nahe bei Hachenburg gelegenen Altstadt stammende Joseph Seligmann, der bereits vor 1837 verstorben sein muss. Seine Witwe, Gertrude, geborene Marx, machte in diesem Jahr ihr Testament, in dem sie ihre vier Söhne, die den festen Familiennamen Rosenau annahmen, als Erben einsetzte. In dem Testament sind die Namen der Söhne mit ihrem damaligen Alter angegeben, sodass man zumindest in etwa weiß, wann sie geboren wurden.

Erste Seite des Testaments von Jette Seligmann
HHStAW 2241 395 (1)

Der älteste, um 1801 geborene hatte den Namen des Vaters Joseph erhalten. Ihm folgten 1803 Löb, 1804 Bär und zuletzt im Jahr 1805 Herz Seligmann.[4] Der Erstgeborene war von der jüdischen Gemeinde zwischen 1839 und 1865 mit einem eher kargen Gehalt als Lehrer zur Unterrichtung der jüdischen Kinder der Stadt und der umliegenden Orte angestellt worden.[5] Der herzogliche Amtmann Spieß hatte zum Gesuch von Joseph Seligmann, als Lehrer angestellt zu werden, schriftlich Stellung genommen und darin ausgeführt, dass dieser der älteste Sohn seiner verwitweten Mutter sei und noch drei jüngere unverheiratete Brüder habe, die alle bei der unvermögenden Mutter wohnen würden. Joseph Seligmann sei schon von früher Jugend an von zu Hause abwesend gewesen und habe in Bonn einige Jahre Unterricht in hebräischer Sprache und jüdischer Religion genommen. Zurzeit erteile er Religionsunterricht in Selters.[6]
Eine Schule gab es zunächst nicht, weshalb der Unterricht in Privatwohnungen stattfinden musste. Zahlreiche Auseinandersetzungen zwischen Joseph Seligmann und der Gemeinde während dieser Zeit sind dokumentiert.[7] Immer wieder gab es Klagen, dass der Unterricht nur mangelhaft durchgeführt würde und oft gar nicht stattfand, weil der Lehrer einfach nicht gekommen war. Auf der anderen Seite beklagte Joseph Seligmann immer wieder sein zu geringes Gehalt, weshalb er mit zusätzlichen Diensten in der Gemeinde gegen Bezahlung betraut wurde. So übernahm er noch das Amt des Vorsängers, durfte ab 1841 auch Trauungen vornehmen und ab 1856 auch als Schächter rituelle Schlachtungen durchführen. Im April 1865 verließ Joseph Seligmann / Rosenau Hachenburg im Streit mit der Gemeinde und zog nach Frankfurt zu seinem Sohn, wo er am 19. September 1869 verstarb.[8]

Ob die Familie tatsächlich so arm war, wie der Amtmann, der die Bewerbung von Joseph Seligmann / Rosenau befürwortet hatte, andeutete, muss angesichts des umfassenden Testaments der Mutter bezweifelt werden. Zwar ist nur schwer einschätzbar, welchen Wert das übertragene Vermögen tatsächlich hatte, aber allein die Tatsache, dass ein solches umfassendes Testament damals verfasst wurde, lässt darauf schließen, dass es einiges zu verteilen gab. Zumindest müssen die in Hachenburg verbliebenen Nachkommen von Gertrud Seligmann / Rosenau zu Vermögen gekommen sein.

Der frühere ‚Goldene Löwe‘ in Hachenburg

Der zweite in dem Testament aufgeführte Sohn Löb Seligmann / Rosenau war der Großvater von Moritz Rosenau, dem späteren Bewohner des Wiesbadener Judenhauses. Sein Vater Seligmann Rosenau, geboren am 29. April 1842,[9] galt schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts als „wohlhabender Bürger“ Hachenburgs[10] und man kann vermuten, dass auch schon dessen Vater Löb zu diesem Wohlstand beigetragen hatte. Löb Rosenau war mit der um 1811 geborenen Rosa Sommer verheiratet.[11] Leider gibt es keine Informationen darüber, in welcher Branche der 1876 verstorbene Löb Rosenau als Kaufmann tätig war. Vermutlich verfügte er, wie in den ländlichen Gemeinden üblich, über ein breites Angebot an Waren des alltäglichen Bedarfs. Spätestens 1902 erwarb sein ältester Sohn Seligmann eines der markantesten Gebäude der Stadt, ein Haus, das aus dem 17. Jahrhundert stammte und über viele Jahre unter dem Namen ‚Zum Goldenen Löwen’ durchreisenden Händlern als Quartier gedient hatte.[12] Es handelt sich hierbei um ein dreistöckiges Fachwerkhaus in der früheren Untergasse, der heutigen Wilhelmstraße, mit Hinterhaus und einer großen Remise, einem geräumigen Stall und Kelleranlagen, in denen sogar ein eigener Brunner angelegt worden war.[13] 1829 hatte das Haus der jüdische Händler Baruch Drucker erworben und den ehemaligen Gasthof einer neuen Funktion zugeführt, die es dann auch unter Seligmann Rosenau behielt. Er führte zwar auch seinen kleinen Laden in seiner Heimatgemeinde Altstadt weiter, dehnte aber zu Beginn des 20. Jahrhunderts seine Geschäftstätigkeit durch den Erwerb mehrerer Häuser in Hachenburg wesentlich aus. Zunächst kaufte er zwei Gebäude in der Untergasse 95 und 97, ein Wohnhaus und ein Magazin, dann das ehemalige Haus ‚Zum Goldenen Löwen’ in der Wilhelmstraße und dazu noch ein Lagerhaus in der Neugasse.[14] Eines der Häuser, das sogenannte ‚Täubchenheim’, diente als Wohnstätte für die 18 Verkäuferinnen, die in seinem Groß-Kaufhaus angestellt waren. Sein umfassendes Warenangebot – Kolonialwaren, Lebensmittel, Manufakturen, Kurzwaren, Konfektion, Glas, Porzellan, Möbel, landwirtschaftliche Maschinen und auch schon Fahrräder – bot er vermutlich in unterschiedlichen Verkaufsstätten an. Textilien wurden in einer eigenen Schneiderei und Putzmacherei hergestellt.[15] Es steht außer Frage, dass Seligmann Rosenaumit seinem Kaufhaus, dem größten im Westerwald,[16] eine zentrale Rolle im Wirtschaftsleben der Stadt spielte, als er dann im Alter von 67 Jahren am 14. September 1909 verstarb.[17] Da die Sterbeurkunde in Berlin Charlottenburg ausgestellt wurde, muss man annehmen, dass er sich auf Reisen befand, denn als Wohnort ist darin Altstadt im Oberwesterwaldkreis angegeben. Er hinterließ seine Frau Fanny, geborene Seewald,[18] und drei Kinder. Die Tochter Rose war am 26. September 1871, Moritz am 7. Mai 1873 und Adolf am 16. Januar 1975 geboren worden.[19]

Angesichts dieser wirtschaftlichen und sozialen Stellung, die die Familie Rosenau im Laufe des 19. Jahrhunderts erreicht hatte, ist nur selbstverständlich, dass sich für ein Mitglied dieser Familie auch auf dem Heiratsmarkt ganz andere Chancen boten und Partner auch in ferneren Regionen gefunden werden konnten.

Moritz und Grete Rosenau

So ist es nicht verwunderlich, dass Moritz Rosenau mit Margarete, genannt Grete Wertheim eine Frau aus dem fernen Göttingen fand. Wie die Verbindung zustande kam, zufällig oder durch Vermittlung, ist nicht bekannt.

Grabstein von Abraham Wertheim in Witzenhausen
https://www.lagis-hessen.de/img/juf/s2/Witzenhausen-094_R.jpg

Eigentlich stammte die Familie Wertheim aber aus dem nordhessischen Raum um Eschwege und Witzenhausen mit Verbindungen auch in das regionale Umfeld. Der Grabstein von Gretes Großvater Abraham Wertheim, geboren am 15. April 1812 in Witzenhausen und dort verstorben am 10. September 1859, nennt auch die Namen seiner Eltern Lazarus und Friedericke Wertheim, geborene Brandes. [20] Eine enge Verbindung bestand offenbar zwischen den beiden Familien Wertheim und Plaut, denn Abraham Wertheim war in erster Ehe mit Brandine Plaut verheiratet.[21] Aus der Ehe, die am 5. März 1840 geschlossen worden war, gingen soweit bekannt sechs Kinder hervor, von denen der am 8. Juni 1849 geborene Jonathan / Jonas, der Vater von Grete, das zweitjüngste war.[22] Nach dem Tod von Brandine Wertheim heiratete Abraham Wertheim 1857 Friedericke Kaiser, deren Mutter Jettchen Plaut aber vermutlich ebenfalls aus der Plaut-Sippe stammte.

Grete Gretchen Wertheim
Geburtseintrag für Gretchen Wertheim in Göttingen

Auch Jonas Wertheim selbst heiratete durch die Ehe mit der am 6. Oktober 1850 in Eschwege geborene Amanda Plaut wieder in diese Familie ein.[23] Aus dieser Ehe waren sechs Kinder hervorgegangen. Grete, eigentlich Gretchen, geboren am 1. März 1883, war in der Reihenfolge das vierte Kind. Vor ihr waren zunächst der Sohn Adolf am 16. Dezember 1874, dann Ida am 14. Mai 1876 zur Welt gekommen. Anna, geboren am 26. Juni 1878, verstarb bereits im Alter von nur fünf Jahren am 27. Oktober 1883. Nach Greta kam am 6. Juni 1885 noch eine weitere Tochter namens Martha und dann am 3. Juli 1887 noch ein Sohn zur Welt, der den Namen Ludwig erhielt.[24]

Jonas Wertheim Göttingen
Meldekarte der Familie Jonas Wertheim aus Göttingen
Stadtarchiv Göttingen, Alte Meldekartei

1874, im Jahr der Geburt des ersten Kindes, war Jonas Wertheim als 25jähriger mit seiner Frau in die aufstrebende Universitätsstaat Göttingen gekommen. Im Verlaufe des 19. Jahrhunderts hatte sich die Zahl der Bewohner dort verdreifacht, aber nicht nur die Universität, sondern auch Gewerbeansiedlungen gerade im Bereich neuer Technologien zogen die Menschen besonders aus dem weiteren Umland an. Daneben vollzog sich aber auch ein Strukturwandel in den traditionellen Handwerksbetrieben, wie etwa in der Tuchmacherei, die sich zunehmend maschineller Produktionsinstrumente bediente.[25] Auch Jonas Wertheim scheint hier eine Chance für sich und seine Familie gesehen zu haben, als nach der Gründung des Kaiserreichs alle rechtlichen Beschränkungen für Juden hinfällig geworden waren. Noch im Jahr seiner Ankunft hatte er sich im Handelsregister als Eigentümer einer „Fabrik lein- und baumwollener Waren“ eintragen lassen.[26]

Eintrag von Jonas Wertheim im Göttinger Adressbuch von 1900

Im Göttinger Adressbuch von 1900 ist er noch immer als Besitzer dieser Fabrik in der Alleestr. 13 zu finden.[27] Er scheint sich aber später von der Produktion auf die Distribution dieser im Göttinger Raum traditionellen Waren verlegt zu haben, denn im Adressbuch von 1925 findet man unter seinem Namen eine Webwarengroßhandlung.

Die Ehe zwischen seiner Tochter Grete und dem Hachenburger Kaufmann Moritz Rosenau wurde am 18. Januar 1905 geschlossen.[28] Bereits drei Jahre zuvor war das florierende Kaufhaus von dem Vater Seligmann Rosenau auf seinen ältesten Sohn Moritz übertragen worden. Seinem Bruder Adolf war Prokura erteilt worden,[29] eine Stellung, die er aber nach wenigen Jahren wieder aufgab. Spätestens nach dem Tod des Vaters 1909 nahm Moritz auch die gesellschaftliche Stellung des Vaters ein. Welches Renommee er in der Stadt genoss, kann man daran erkennen, dass er zu einem der Wahlmänner auserkoren wurde, die im Rahmen des Dreiklassenwahlrechts, die Abgeordneten des Preußischen Landtags bestimmten.[30]

Was ihn dazu veranlasste 1914 seine erfolgreiche Geschäftstätigkeit aufzugeben und das Geschäft auf Hermann Rosenthal zu übertragen, ist nicht bekannt.[31] Vielleicht spielte der Beginn des Krieges eine Rolle, denn tatsächlich war Moritz Rosenau, wie aus einer Notiz in seiner Steuerakte hervorgeht, trotz seines Alters noch zum Kriegseinsatz in Russland eingezogen worden.[32] Offenbar übernahm Hermann Rosenthal auch nur das Geschäft, nicht aber die Immobilien und Geschäftsräume, die Moritz Rosenau in Hachenburg besaß. Das Haus in der Wilhelmstr. 113 mit dem Lagerhaus und andere Parzellen wurden am 12. Juni 1914 an einen Hachenburger Geschäftsmann Klassmann für 24.000 Mark veräußert. Abgesehen davon, dass der Käufer erhebliche Schwierigkeiten hatte den festgelegten Kaufpreis aufzubringen, war in dem Vertrag noch eine Klausel aufgenommen worden, wonach Klassmann keine Waren anbieten durfte, die in dem von Rosenthal übernommenen Geschäft in der Wilhelmstr. 95 und 97 offeriert wurden.[33] Dieser Gebäudekomplex blieb jedenfalls im Besitz von Moritz Rosenau, wie man seiner Besitzsteuererklärung von 1917 entnehmen kann.[34] In diesem Haus besaß auch die verwitwete Mutter Fanny Rosenau bis zu ihrem Tod ein freies Wohnrecht. Moritz Rosenau hatte sich zudem verpflichtet, für ihren Lebensunterhalt mit 3.000 Mark jährlich einzutreten.[35] Fanny Rosenau verstarb am 8. Oktober 1918 in Hachenburg.[36]

Schenkendorfstraße
Die erste Wohnung der Rosenaus in Wiesbaden in der Schenkendorfstr. 1
Eigene Aufnahme

Laut Steuererklärung aus dem Jahr 1917 besaß Moritz Rosenau damals ein – allerdings bereits leicht inflationär aufgeblähtes – Vermögen von 350.000 RM, der Wert des Hauses Wilhelmstr. 95/97 war mit etwa 80.000 RM angesetzt.[37]

Es heißt, er habe sich damals als Pensionär in Wiesbaden niedergelassen.[38] Im dortigen Adressbuch von 1914 ist Moritz Rosenau dann auch erstmals mit der Anschrift Schenkendorfstr. 11 verzeichnet, eine Wohnung, die er bis Anfang der 30er Jahre behielt. Am 17. Oktober 1924 wurde dort auch das einzige Kind, die Tochter Gerti, geboren.[39]

Wiesbadener Fahrradgesellschaft
Erster Nachweis für die Wiesbadener Fahrradgesellschaft m.b.H.
HHStAW 685 660b (54)

Bis 1920 wird Moritz Rosenau in den Adressbüchern als Rentner geführt, danach aber wieder als Kaufmann. Wann und weshalb er dann doch wieder geschäftlich aktiv wurde, ist nicht bekannt. In den erhaltenen Steuerakten datiert das erste Schreiben, das seine erneute Geschäftstätigkeit belegt mit dem 30. Juni 1927. Darin bittet Grete Rosenau das Finanzamt Wiesbaden darum, den Termin zur Abgabe der Vermögenssteuererklärung zu verlängern, da ihr Mann auf Reisen sei. Aus dem Briefkopf und dem Stempel ergibt sich, dass er Teilhaber einer spätestens 1924 gegründeten ‚Wiesbadener Fahrrad-Gesellschaft m.b.H.’ war.[40] Wer die anderen Anteilseigner waren, ist den Akten nicht zu entnehmen. Wie Moritz Rosenau dem Finanzamt gegenüber versicherte, handelte es sich um einen Großhandel, der keine Endabnehmer als Kunden belieferte.
Aber es liegt eigentlich nahe, dass sein Bruder Adolf in irgendeiner Weise daran beteiligt war. Der hatte, nachdem er aus dem väterlichen Unternehmen ausgestiegen war, in Köln ein Unternehmen, die ‚Colonia Fahrrad und Maschinen-Gesellschaft m.b.H.’ gegründet. Es handelte sich ebenfalls um eine Großhandelgesellschaft, die in großem Umfang, Motorräder, Fahrräder und unzählige Bau- und Ersatzteile dafür anbot. Daneben offerierte er Nähmaschinen und versuchte offenbar auch, völlig neue Geräte des Elektromarktes, wie „Sprechmaschinen“ – so sind in dem Katalog Grammophone bzw. Schallplattenspieler noch bezeichnet – in sein Sortiment aufzunehmen. Auch Schallplatten selbst wurden angeboten.[41] Die Firma war 1907 gegründet worden, residierte in den 20er Jahren in Köln in der Trajanstr. 37 und existierte Mitte der 30er Jahre noch immer, jetzt im Perlengraben 80.

Beteiligung
Beleg über die Beteiligung von Moritz Rosenau an der Firma seines Bruders Adolf
HHStAW 685 660b (11)

Ganz offensichtlich war aber Moritz Rosenau auch zumindest zeitweise an dieser Gesellschaft, sogar mehrheitlich beteiligt. Laut einem Schreiben der Kölner Finanzbehörden vom 28. Juli 1917 besaß er sogar fast das gesamte Stammkapital, nämlich 19.500 RM von insgesamt 20.000 RM.[42] Umgekehrt hatte Moritz Rosenau nach Eröffnung seines Unternehmens in Wiesbaden Warenschulden bei seinem Bruder in Höhe von 46.000 RM.[43] Die wechselseitigen Beziehungen mit Kapitaleinlagen und Warenlieferungen lassen sich anhand der wenigen Informationen nicht mehr genauer rekonstruieren und erlauben bestenfalls einen vagen Einblick.

KOnkurs
Konkurs der Wiesbadener Fahrradgesellschaft m.b.H.
HHStAW 685 660b (69)

Wie die Geschäfte der ‚Wiesbadener Fahrrad-Gesellschaft’ in den 20er Jahre liefen, ist den Steuerakten nicht mehr zu entnehmen, allerdings wurde auch dieses Unternehmen dann durch die Weltwirtschaftskrise in den Ruin getrieben. Am 24. Februar 1931 teilte Moritz Rosenau dem Finanzamt mit, dass die Firma am 1. September 1930 in Konkurs gegangen sei und er damit sein gesamtes Vermögen verloren habe.[44]
Verloren waren zwar sicher seine Einlagen in der Firma, aber ob er alles verloren hatte, muss bezweifelt werden. Nicht nur gab er in der Steuererklärung für das Jahr 1930 an, noch ein Vermögen von etwa 12.000 RM zu besitzen, was natürlich im Vergleich zu früheren Jahren relativ wenig war,[45] auch gründete er nur ein Jahr später am 1. Oktober 1931 die ‚Moritz Rosenau & Co.’, deren Einheitswert mit etwa 3.200 RM taxiert worden war.[46]

Rosenau & Co.
Gründung der Rosenau & Co. – Fahrradgroßhandlung
HHStAW 685 660c (8)

Sitz der Firma, die sich ebenfalls dem Großhandel mit Fahrrädern und dem entsprechenden Zubehör widmete, war die Herrngartenstr. 16, in die die Familie Rosenau laut Wiesbadener Adressbuch um das Jahr 1932 gezogen sein muss. Das Geschäft, in dem auch seine Frau Grete als Mitarbeiterin tätig war, besaß von Oktober 1932 an in Mainz in der Klarastr. 21 eine weitere Filiale.[47]
Steuerunterlagen aus den ersten Jahren liegen nicht mehr vor, aber die Firma muss sich schnell sehr gut entwickelt haben. Nach Auskunft des Finanzamts im Entschädigungsverfahren wurde 1934, als die Boykottaktionen bereits angelaufen waren, noch einen Ertrag von fast 12.000 RM erwirtschaftete.[48]

In diesem Verfahren kam auch die Lebenssituation der Familie Rosenau vor der „Machtergreifung“ 1933 zur Sprache. Der von der Tochter beauftragte Rechtsanwalt führte aus, dass „die Familie eine sehr gut (z.B. mit zwei großen Perser Teppichen) eingerichtete Fünfzimmerwohnung in bevorzugter Lage von Wiesbaden und war als sehr wohlhabend zu bezeichnen. Vor 1933 wurden zwei Hausangestellte beschäftigt, nämlich ein Kinderfräulein und ein Hausmädchen, es wurden zwei Autos gehalten, nämlich ein Privatwagen und ein Firmen-(Geschäfts-)wagen. Frau Gretchen Rosenau (…) besaß auch wertvollen Schmuck.“ Der Anwalt schloss daraus, dass das Einkommen der Familie in den Jahren zuvor weit über den zuletzt feststellbaren Zahlen von etwa 13.000 bis 14.000 RM gelegen haben müsste. [49]

Ob dem so war, ob solche Erträge auch in der Weltwirtschaftskrise hatten erwirtschaftet werden konnten, sei dahingestellt, aber unter anderen Umständen hätte das Geschäft, dessen Angebot unzweifelhaft im Trend einer wachsenden individuellen Mobilität lag, ganz sicher auch weiter prosperieren können. Dennoch verkaufte Moritz Rosenau sein Unternehmen mit den beiden Geschäften am 1. Oktober 1935 an den langjährigen Mitarbeiter Alfons Voss und dessen Bruder Wilhelm.[50] Alfons Voss war bereits am 1. April 1928 als Lehrling in die Firma eingetreten und hatte danach eine feste Anstellung erhalten. Auch seine Frau war in der Buchführung tätig.[51]
Der Verkauf ist aus heutiger Sicht eindeutig als Arisierungsvorgang zu werten. Ob er unmittelbar durch Druck seitens der Partei erzwungen war, wie seine Tochter im Entschädigungsverfahren angab, oder ob Moritz Rosenau damals glaubte, angesichts der Umstände mit dem Verkauf eine richtige Entscheidung getroffen zu haben, es sich damals also um eine formal „freiwillige“ Entscheidung handelte, wird sich nicht mehr klären lassen.[52] Über den Tisch gezogen wurde er in jedem Fall.

Trotz des Verkaufs existierte die Firma aber insofern als Torso noch weiter, weil sowohl die Schulden als auch die Außenstände weiterhin bei Moritz Rosenau blieben. Das hatte zur Folge, dass noch 1938 das Finanzamt bei ihm eine Betriebsprüfung vornahm, die interessante Zahlen offenbart. So lag der Umsatz des Unternehmens in den Jahren 1934 und 1935 noch bei mehr als 200.000 RM und allein in dem Dreivierteljahr vor dem Verkauf hatte der Umsatz noch immer über 150.000 RM gelegen.[53] Allerdings – so hatte Moritz Rosenau in einem Schreiben an das Finanzamt angemerkt -, sei die Verdienstspanne in dieser Großhandelssparte außerordentlich niedrig.[54] Dennoch muss es sich um ein substanziell gesundes Unternehmen gehandelt haben, als er es 1935 an seine Nachfolgern übertrug.
Aufgrund einer gemeinsam durchgeführten Inventur vor Verkaufsabschluss hatten sich Käufer und Verkäufer auf einen Wert des Warenlagers geeinigt, der bei etwa 43.000 RM lag. Allerdings beinhaltete dieser Betrag nur die Einkaufspreise, mögliche Gewinnerwartungen blieben unberücksichtigt. Das Inventar war mit nur 270 RM in Rechnung gestellt worden.[55] Dann im April 1937 minderten die Gebrüder Voss den vereinbarten Betrag wegen angeblicher Fehler bei der Inventur um 3.500 RM, sodass die Verkaufssumme einseitig auf 39.500 herabgesetzt wurde. 10.000 RM waren zu diesem Zeitpunkt bereits gezahlt, sodass eine Restschuld von 29.500 RM übrig blieb.[56]

Diese Restsumme, so war es neben dem schriftlichen Kaufvertrag mündlich vereinbart worden, sollte in monatlichen Raten über 100 RM bzw. 250 bis 400 RM als Rente an Moritz Rosenau gezahlt werden.[57] Möglicherweise hatte er gedacht, er könne durch diese Zusatzvereinbarung sein Vermögen, das als Schuldverschreibung quasi geschützt in arischen Händen lag, auf Dauer für seinen Lebensunterhalt nutzen. Den Hinweis auf diese mündliche Absprache hatte er im Juni 1938 in dem von allen Juden abzugebenden Formular „Verzeichnis über das Vermögen von Juden nach dem Stand vom 27. April 1938“ den Finanzbehörden selbst gegeben. Offenbar löste diese Angabe eine Reaktion des Staates aus. Denn im Juli 1938 erhielt er einen Brief seiner Nachfolger, in dem diese die Kündigung dieser Rente mitteilten. Es sei „nicht im Sinne nationalsozialistischer Auffassung“, wenn „ein deutsches Geschäft“ die „Rentenversorgung für einen Juden“ absichere. Solange dies der Fall sei, könne das Geschäft, so sei ihnen mitgeteilt worden, nicht als arisches Geschäft geführt werden. Man werde deshalb die Zahlung umgehend einstellen und versuchen, die Restschuldsumme so schnell wie möglich in größeren Beträgen abzuzahlen.[58]

Einstellung der REnte
Einstellung der Rente durch die Gebrüder Voss
HHStAW 685 660e (o.P.)

Am August 1938 erhielt Moritz Rosenau dann ein weiteres Schreiben der Brüder, in dem sie ihn aufforderten innerhalb von zwei Tagen dem Vorschlag per Einschreiben zuzustimmen, den Sie ihm in dem Brief unterbreiteten. Ihre Restschuld von 25.460 RM wollten sie unter Abzug von 2.460 RM mit 23.000 RM sofort begleichen. Dieser Abzug sei angemessen, weil er ja über die Restsumme „nach seinem Belieben“ sofort verfügen könne.[59] Zwar war bisher keine Sicherungsanordnung ausgesprochen worden, aber „nach Belieben“ über seine Finanzen verfügen konnte ein Jude auch 1938 schon lange nicht mehr. Offensichtlich hatte Moritz Rosenau diese Entscheidung nicht hinnehmen wollen. Am 3. Dezember 1938 erhielt er von den Brüder per Einschreiben die Antwort: „Wir sind nicht gewillt die Zahlungen wieder aufzunehmen, da wir die Angelegenheit als erledigt betrachten.“[60]

Bereits am 1. November 1938 hatte er dem Regierungspräsident mitgeteilt, dass die Restschuld wie angekündigt unter Abzug von 2.460 RM bei ihm eingegangen sei und er das Geld in Wertpapieren angelegt habe.[61] In der beigefügten eigenen Vermögensaufstellung gab er an, noch ein Vermögen von insgesamt etwa 35.000 RM zu haben. Dieser Betrag diente dann auch zur Berechnung der auch für ihn nach dem Novemberpogrom eingeforderten Judenvermögensabgabe, die zunächst 20 Prozent, also 7.000 RM betragen sollte, dann aber um eine weitere Rate über 1.750 RM erhöht wurde. [62]

Im Winter 1938/39 – so erinnerte sich die Tochter Gerti später – hatte sie den Eltern helfen müssen, eine beträchtliche Menge Silbergeschirr und Bestecke, obendrein noch je ein silbernes Kaffee- und Teeservice, in einen Waschkorb zu packen, der dann zur städtischen Annahmestelle hatte gebracht werden müssen. Das gleiche geschah mit dem umfänglichen Familienschmuck, den ihre Mutter besaß. Die Tochter schätzte der Wert des abgelieferten Edelmetalls auf etwa 36.000 RM.[63]

Schon im September 1938 hatte Moritz Rosenau Wertpapiere über 9.500 RM als Absicherung für eine möglicherweise fällige Reichsfluchtsteuer verpfänden müssen.[64] Ein eindeutiger Hinweis darauf, dass die Familie auswandern wollte, ist in den Akten nicht zu finden.[65] Nach den Ereignissen im November und angesichts der immer größeren Einschränkungen der Lebensmöglichkeiten für Juden entschlossen sich die Eltern aber dann offenbar, ihre knapp 15jährige Tochter auswandern zu lassen. Im April baten sie die Finanzbehörde um eine steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung für Gerti.[66] Sie hatte anfangs noch die öffentlichen Schulen besuchen können und saß zuletzt im Lyzeum am Schlossplatz, einer höheren Mädchenschule, in einer Klasse zusammen mit ihrer jüdischen Mitschülerin Charlotte Guttmann.[67] Nach der Reichspogromnacht mussten beide die Schule verlassen. Gerti war eine gute Schülerin und hätte problemlos das Abitur machen können. Auch die Eltern hätten unter anderen Umständen das nötige Geld aufgebracht, um ihr das erwünschte Medizinstudium zu ermöglichen.
Stattdessen wanderte sie im Juli 1939 – auf der Gestapokarteikarte ihres Vaters ist als Datum der 6. Juli angegeben – mit einem jüdischen Kindertransport, organisiert von der Jüdischen Wohlfahrtspflege in Hessen-Nassau, nach England aus.[68] Zunächst musste sie dort an einer Privatschule ihre Englischkenntnisse soweit aufbessern, dass sie 1940 an einer öffentlichen Schule in Devon aufgenommen werden konnte. Nach Beendigung ihrer Schulzeit im Frühjahr 1948 absolvierte sie zunächst eine Ausbildung zur Kinderschwester in einem Waisenhaus für Findlinge. Darauf aufbauend bildete sie sich bis 1950 an einem renommierten Krankenhaus in London zur Krankenpflegerin und Hebamme weiter. 1953 verließ sie Europa und ging nach Afrika, wo sie zunächst in Lusaka und später in Durban als Krankenschwester tätig war. Wenn ihr auch das Medizinstudium verwehrt worden war, so gelang es ihr immerhin doch, im medizinischen Bereich eine berufliche Tätigkeit zu finden. Am 7. Juni 1956 heiratete sie Dr. Blackmorer, möglicherweise ein Arzt.[69] Als sie 1950 den Entschädigungsantrag für ihre Eltern und auch für sich selbst stellte, lebte sie, die die britische Staatsangehörigkeit besaß, noch in der südafrikanischen Hafenstadt am Indischen Ozean.

Moritz Rosenau meldet den Umzug in das Judenhaus
HHStAW 685 660d (36)

Ein halbes Jahr nachdem Gerti nach England ausgereist war, zog das Ehepaar Rosenau in das Judenhaus Kaiser-Friedrich-Ring 80. Ob es sich um eine unmittelbare Zwangseinweisung, einen durch Kündigung der alten Wohnung mittelbar erzwungenen oder um einen freiwilligen Wohnungswechsel handelte, ist dem kurzen Satz, mit dem Moritz Rosenau am 9. Januar 1940 dem Finanzamt die neue Anschrift mitteilte, nicht zu entnehmen. Es heißt darin nur knapp:
“Ich bitte davon Vormerkung zu nehmen, dass ich meine Wohnung von Herrngartenstr. 16 II nach Kaiser-Friedrich-Ring 80 III verlegt habe.“[70]

Am 23. August 1940 war dann auch gegen das Ehepaar Rosenau eine Sicherungsanordnung erlassen worden, die ihm zunächst nur noch die freie Verfügung über monatlich 300 RM erlaubte. Moritz Rosenau übermittelte daraufhin die in diesem Zusammenhang übliche Vermögenserklärung und die Aufstellung seiner monatlichen Ausgaben. Er bat darum, den Freibetrag auf 460 RM anzuheben. 155 RM Miete müsse er aufbringen, 250 RM brauche er für den Lebensunterhalt und 25 RM erhalte eine Stundenfrau für Putzen und Teppichklopfen. 30 RM benötige er für diverse, nicht genauer bestimmte Ausgaben.[71]
Sein Vermögen gab er mit 33.677 RM an, allerdings habe er auf 9.500 RM – wie bereits erwähnt – keinen Zugriff, da diese zur Sicherung für die Reichsfluchtsteuer gepfändet seien. Da sein Vermögen weitgehend in Wertpapieren angelegt war, bezog er daraus auch sein Einkommen, das er auf etwa 1.500 RM pro Jahr schätzte.

Vermögenserklärung
Vermögenserklärung von Moritz Rosenau aus dem August 1940
Vermögenserklärung
HHStAW 519/3 5956 (14)

Eine weitere kleine Einkommens-quelle waren Mieteinnahmen, die er aus der Untervermietung eines Teils seiner Wohnung erhielt. Die Wohnung im dritten Stockwerk bestand aus sieben Zimmern und einer Küche, zuzüglich Flur, Toilette und kleinen Speisekammern, insgesamt etwa 180 qm.[72] Vermutlich waren drei Zimmer vermietet, zumindest bezogen Rosenaus monatliche Mieteinnahmen von drei Personen: Ein Fräulein Jette Meyer zahlte 25 RM, Frau Toni Fröhling 15 RM und Daniel Gallinger 40 RM. Moritz Rosenau merkte auf dem Formular allerdings an, dass „der Eingang (der Miete) nicht für das ganze Jahr gesichert“ sei.[73]
Es muss in jedem Fall recht eng zugegangen sein, zumal Daniel Gallinger dort zusammen mit seiner Frau Paula wohnte. Beide zogen Anfang Mai 1941, Jette Meyer und Toni Fröhling danach am 20. Mai 1941 aus. Damit wurde die Situation aber keineswegs einfacher, denn der Hintergrund für die Wohnungswechsel war die Beschlagnahmung der Wohnung durch die kommunalen Behörden. In der Nacht zum 6. Mai 1941 war Wiesbaden von einer ersten Bombe durch die britische Royal Air Force getroffen worden, ein „Nadelstich“ – wie Weichel meint.[74] Die 1800 kg Bombe muss einige Zerstörungen angerichtet haben, denn vielen ausgebombten Bewohnern musste neuer Wohnraum zur Verfügung gestellt werden. Dass dafür Juden ihre Wohnungen verlassen mussten, liegt noch in der Logik der NS-Rassenideologie. Dass man dann aber die obdachlos gewordenen Arier in einem Judenhaus unterbrachte, muss schon erstaunen, noch mehr aber, dass sie sogar die Wohnung im dritten Stock, die damals noch nicht durch Baumaßnahmen aufgeteilt war, mit der jüdischen Familie Rosenau teilen mussten. Immerhin – so könnte man zynisch sagen – wurde ihnen diese Zumutung dadurch erträglich gemacht, dass sie dort mietfrei wohnen konnten. Für diese hatte nämlich Moritz Rosenau aufzukommen. Am 12. Dezember 1941 bat er deshalb die Devisenstelle, ihm einen einmaligen Betrag von 600 RM zu bewilligen, damit er die Mietnachzahlung von 1219 RM begleichen könne. Seine ehemaligen Untermieter seien nur zum Teil bereit, sich an den Kosten zu beteiligen.[75]

Aber nicht nur die Mietkosten von 120 RM mussten Rosenaus übernehmen, auch die gesamte Wohnungseinrichtung, die sich in den beschlagnahmten Räumen befand, mussten sie abtreten. Die Einrichtung bestand aus wertvollem Mobiliar, das in einem Schenkungsvertrag exakt aufgeführt worden war.[76] Der Vertrag, der von dem bekannten Wiesbadener Notar Buttersack gezeichnet wurde, war am 5. November 1940 nach dem Umzug des Ehepaars in das Judenhaus geschlossen worden. Demnach wurden diese Einrichtungsgegenstände am Tag der Unterzeichnung dem befreundeten, ehemaligen Geschäftspartner, dem Nichtjuden Hermann Tischendorf, geschenkt. Allerdings sollten sie leihweise, bis zu ihrer Auswanderung, weiterhin von dem Ehepaar Rosenau genutzt werden können. Gerti Rosenau hat im Entschädigungsverfahren erklärt, dass es sich um einen Scheinvertrag gehandelt habe, der dazu dienen sollte, das Mobiliar für sie aufzubewahren, was offensichtlich auch Hermann Tischendorf so gesehen hatte. Obwohl das Inventar dank der Schenkung zweifellos ihm gehörte, wurde es vom Finanzamt konfisziert und dann an zwei arische Familien, Fehlinger und Schmidt, Bewohner des Hauses Kaiser-Friedrich-Ring 80, verkauft. Nach dem Krieg konnte das Mobiliar auf Veranlassung von Hermann Tischendorf sichergestellt und ihm zurückgegeben werden. Aber damit hatte die Geschichte, die ein bezeichnendes Licht auf die Schamlosigkeit der Deutschen nach dem Ende der NS-Herrschaft wirft, noch kein Ende. Die bisherigen Nutzer der Möbel wollten diese behalten und boten an, sie Tischendorf abzukaufen. Der erklärte sich grundsätzlich bereit, wollte aber für die emigrierte Tochter seines ermordeten Freundes einen höheren Preis als den angebotenen durchsetzen. Die beiden Familien ließen sich darauf ein, machten eine Anzahlung und zeigten ihn dann nach dem Erhalt der Quittung bei der städtischen Preisbehörde wegen Wuchers an. Dass es Tischendorf nicht um den eigenen Vorteil ging, ergibt sich daraus, dass er die Anzahlung von insgesamt 2.000 RM auf einem Sperrkonto angelegte, das er auf den Namen von Gerti Rosenau eingerichtet hatte. Tatsächlich wurde Hermann Rosenau zu einer Geldstrafe wegen Wuchers von 1.000 RM verurteilt, die Anzahlung musste zurückgegeben werden, womit der Verkauf auch hinfällig wurde.[77] Was später aus dem Mobiliar wurde, ist nicht bekannt.

Wie sich das Leben im dritten Stock des Judenhauses zwischen der dem System offensichtlich sehr zugetanen Familie Fehlinger – ob die Familie Schmidt ebenfalls im 3. Stock wohnte, ist nicht bekannt – und dem jüdischen Ehepaar Rosenau in all den Monaten abspielte, kann man nur erahnen. Vermutlich werden Rosenaus sich soweit als möglich zurückgezogen haben und den Mitbewohnern aus dem Weg gegangen sein, aber das war wohl kaum immer möglich. Alltägliche Konflikte, Anfeindungen und Beleidigungen werden wohl die letzten Monate ihres Lebens bestimmt haben – insgesamt eine unerträgliche Situation.

Am 3. Juni 1942 wurde Moritz Rosenau noch einmal zur Abgabe einer Aufstellung seiner Lebenshaltungskosten aufgefordert. Er gab Kosten von 560 RM an, darunter weiterhin die 120 RM Miete, die er für die beschlagnahmte Wohnung zahlen musste und 50 RM für seine eigene „Interimswohnung“. Dennoch wurde sein Freibetrag auf jetzt nur noch 350 RM herabgesetzt.[78] Beim letzten Schreiben von Moritz Rosenau, das die Akte enthält und mit dem 2. Juli 1942 datiert ist, handelt es sich um die Bitte, ihm zusätzlich die Freigabe von 22,67 RM zu bewilligen, die er für Medikamente benötige, die ihm der Arzt Dr. Goldschmidt verordnet hatte. Dr. Goldschmidt, ein jüdischer Arzt, der mit seiner nichtjüdischen Frau damals ebenfalls im Kaiser-Friedrich-Ring 80 wohnte, zog später nach Frankfurt und überlebte als Partner in einer „Mischehe“ die Zeit der Verfolgung.

Moritz Rosenau
Todesfallanzeige für Moritz Rosenau aus Theresienstadt
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Moritz Rosenau und seine Frau Grete wurden mit dem großen Transport, der am 1. September 1942 morgens Wiesbaden verließ, nach Theresienstadt verbracht. Nachdem er in Frankfurt neu zusammengestellt worden war, erreichte er am 2. September mit etwa 1110 Menschen sein Ziel.[79]
Moritz Rosenau wurde am 9. Februar 1943 ein Opfer der unmenschlichen Lebensbedingungen in diesem als „Altersghetto“ bezeichneten Lager. Auch wenn auf seiner Todesfallanzeige als Todesursache ein Darmkatarrh angegeben ist, so steht unzweifelhaft fest, dass er ermordet wurde.[80]

Karteikarte für Grete Rosenau aus Theresienstadt
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Seine Frau wurde am 15. Mai 1944 mit dem Transport ‚Dz’ von Theresienstadt mit mehr als 2500 Opfern – sie hatte die Häftlingsnummer 1686 erhalten – noch nach Auschwitz verschleppt. Wann sie dort ermordet wurde, ist nicht bekannt. Sie musste für tot erklärt werden.[81] Gerti hatte nach dem Krieg am 17. April 1946 verzweifelt versucht Informationen über den Verbleib ihrer Eltern zu bekommen.[82]

Auch ihr Onkel Adolf verlor sein Leben im Holocaust. Er, der zuletzt in Köln wohnte, soll irgendwann geheiratet haben, aber zuletzt von seiner nicht bekannten Partnerin geschieden worden sein.[83] Der Transport, der ihn am 30. Oktober 1941 von Köln aus in den Warthegau, in das Ghetto Litzmannstadt, brachte, gehörte zur ersten Welle der Deportationen in den Osten überhaupt. Eine Woche zuvor war von Himmler ein generelles Auswanderungsverbot für Juden erlassen worden. Nur in besonderen Ausnahmen sollte das noch möglich sein. Diese deutliche Zäsur in der Judenpolitik, verbunden mit dem Ziel ein judenfreies „Altreich“ zu schaffen, implizierte als faktische Konsequenz dann die Entschlüsse, die auf der Wannsee-Konferenz wenige Monate später gefasst wurden. In Litzmannstadt baute man noch auf die massenhafte „natürliche“ Dezimierung der dorthin verbrachten Juden. „Die Verhältnisse dort waren menschenunwürdig und vordringlich darauf angelegt, seine Insassen durch Hunger, Krankheit und Überarbeitung zu zerstören.“[84]
Im Sonderzug, der am 30. Oktober den Bahnhof in Köln verließ, waren 322 Familie, 109 ledige Juden und 138 ledige Jüdinnen untergebracht. Unter den Familien gab es 117 Kinder unter 14 und weitere 109 unter 25 Jahren. Der Großteil der Erwachsenen waren wie auch Adolf Rosenau selbst von Beruf Geschäftsinhaber, Handelsvertreter oder kaufmännische Angestellte.[85] Der Ältestenrat im Ghetto führte genau Buch über die Namen und die Zahl derjenigen, die im Ghetto umkamen. Adolf Rosenau überlebte Litzmannstadt nur gut ein Vierteljahr. Sein Tod wurde am 13. Februar 1942 registriert.[86]

Die Familie von Rose Rosenau

Rose, die Schwester von Moritz und Adolf und das älteste Kind von Seligmann und Fanny Rosenau, gehörte mit ihrem Ehemann ebenfalls zu den Opfern der Shoa. Ihren Ehepartner Leo Röttgen hatte sie in einer alteingesessenen jüdischen Familie aus der heute zu Bochum gehörenden Gemeinde Wattenscheid gefunden, wo sein Bruder David ein großes Bettenwarengeschäft besaß.[87] Leo war am 6. November 1865 als eines von 14 Kindern des Ehepaars Herz und Escher Röttgen, geborene Heimann, in Wattenscheid zur Welt gekommen und hatte einen sehr guten Schulabschluss am Realgymnasium in Witten abgelegt. Welchen beruflichen Werdegang der spätere Kaufmann nahm, ist im Detail nicht bekannt.
Am 26. September 1871 hatten Leo Röttgen und Rose Rosenau in Hachenburg die Ehe geschlossen,[88] aus der fünf Töchter hervorgingen. Die ersten vier wurden in Buer, heute ein Stadtteil von Gelsenkirchen, geboren, wo das Ehepaar einen Manufakturwarenladen betrieb. Zunächst war dort 1897 Else zur Welt gekommen, die weiteren Kinder Gertrude / Trude, Margarete / Grete und Auguste folgten jeweils im Abstand von etwa einem Jahr aufeinander. Zuletzt wurde am 3. August 1908 in Essen, wohin die Familie inzwischen verzogen war, die Tochter Lotte geboren.[89] Aber zuvor hatte Leo Röttgen neben dem Geschäft in Buer noch ein „Waarenhaus“ in Gladbeck am Markt eröffnet, das er nach seinem Umzug nach Essen seinem Neffen Siegfried Röttgen übertrug.

Rose Röttgen mit ihren fünf Töchtern (v. l.: Auguste, Lotte, Else, Gertrude und Margarete)
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Als die Nazis in Deutschland die Macht übernahmen, wurde dieser gesellschaftliche Aufstieg der Familie Röttgen jäh gestoppt. Im Jahr 1938 verließ das Paar das Land und ging, wie auch andere Familienmitglieder, nach Holland, fälschlicherweise im Glauben, dort vor den antisemitischen Angriffen geschützt zu sein.

Leo Röttgen
Gefangenenkarte von Leo Röttgen aus Westerbork
https://www-oorlogsbronnen-nl.translate.goog/tijdlijn/Leo-R%C3%B6ttgen/01/54781?_x_tr_sl=auto&_x_tr_tl=de&_x_tr_hl=de&_x_tr_hist=true

In Amsterdam fanden sie eine Unterkunft in einem Haus in der Biesboschstraat 67, wo auch andere jüdische Familien Zuflucht gefunden hatten. Nach dem Einmarsch der Deutschen wurde das Paar vermutlich 1942 in Westerbork interniert und dann am 23. März 1943 nach Sobibor deportiert und ermordet.[90] Viel mehr ist über Rose und Leo Röttgen leider nicht bekannt, mehr dagegen über das Schicksal zumindest einiger ihrer Töchter.

Ihrer ältesten Tochter Else, die am 17. Januar 1920 den am 5. August 1885 geborenen Arzt Dr. Julius Leeser, geheiratet hatte, gelang mit ihrer Familie hingegen die Flucht nach Amerika. Ihr Mann entstammte ursprünglich einer Metzgerfamilie aus Sobernheim bei Bad Kreuznach, die sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Eickel, dem heutigen Stadtteil von Wanne-Eickel, niedergelassen hatte und dort in den folgenden Jahrzehnten erfolgreich ihrem Handwerk nachging.[91] Obwohl Julius Leeser aus einer großen Familie kam, er vierzehn Geschwister und drei Halbgeschwister hatte, müssen die Eltern so wohlhabend gewesen sein, dass sie ihm und sogar noch einem weiteren Bruder ein Medizinstudium ermöglichen konnten. Sowohl er als auch seine Frau waren in der jüdischen Gemeinde aktiv, er in den Jahren von 1932 bis 1938 sogar deren Vorsteher.[92]

Rolf Leeser, Leo Röttgen, Rose Rosenau
Rolf Leeser mit seinen Großeltern Rose und Leo Röttgen
USC-Shoah-Foundation

Julius und Else Leeser besaßen in Wanne-Eikel ein großes, dreistöckiges, bestens ausgestattetes Haus, in dem sich im Erdgeschoss die Arztpraxis befand. Zu dem angesehenen Arzt gingen sowohl jüdische, wie auch nichtjüdische Patienten. Am 15. Mai 1923 wurde dem Paar ihr erster Sohn Helmut – später Hal genannt – geschenkt.[93] Fast auf den Tag genau zwei Jahre später kam Rolf am 19. Mai 1925 zur Welt.[94] Für deren Betreuung stand das entsprechende Personal zur Verfügung, während die Mutter – so die Erinnerung ihres Sohnes Rolf – sich mehr dem gesellschaftlichen Leben und ihrem eigenen Vergnügen widmete.
Anfangs wurden die Nazis von den Eltern, zumindest vom Vater nicht ernst genommen. Als 1933 der Boykott auch gegen jüdische Ärzte ausgerufen wurde und SA-Männer auch vor seiner Praxis erschienen, wurden sie von Dr. Julius Leeser zum Essen eingeladen, was diese natürlich ablehnten. Aber bald mussten die Söhne die Schule wechseln und auch Julius Leeser musste seine Praxis schließen.
Spätestens jetzt bereitete man sich auf eine Ausreise aus Deutschland vor, beantragte und erhielt sogar vom amerikanischen Konsulat noch Einreisevisa mit sehr niedrigen Nummern. 1936 wurde das Haus in Eikel verkauft und die Familie bezog ein Appartement in Essen. Im Mai 1937 wurde dann der ältere Helmut mit einem Kindertransport, der von der ‚Deutsch-Jüdischen-Kinderhilfe’ organisiert war, in die USA geschickt.[95] Als 12jähriger, ohne entsprechende Sprachkenntnisse, lebte er in einer Familie in Washington D.C. und besuchte dort die Schule.
Die Eltern und ihr jüngerer Sohn erlebten in Essen die Reichspogromnacht. Nach diesem Ereignis flohen sie zu Elses Eltern nach Wuppertal-Elberfeld, wo sie sich etwa zehn Tage aufhielten, bevor sie in ihre Wohnung zurückkehrten. Im April 1939 wanderten dann auch sie zusammen mit Rolf über Holland, wo sie vermutlich noch die inzwischen dort lebenden Eltern von Rose und deren Schwester Auguste besuchten, in die USA aus. Dort trafen sie dann auch wieder mit ihrem Sohn Helmut zusammentrafen. Aber für die bisher in einem gediegenen Wohlstand lebende Familie bedeutete das Leben im Exil eine völlig neue Situation. Simon Leeser versuchte letztlich erfolglos die Zertifikate zu erwerben, die ihm eine ärztliche Tätigkeit in den USA erlaubt hätten, während die Mutter als Haushaltshilfe die Familie durchzubringen versuchte. Die beiden Söhne trugen soweit es neben der Schule möglich war, zu den Lebenshaltungskosten mit dem Austragen von Zeitungen, dem Sammeln von Altpapier und Schrott bei. Immerhin hatten sie in einem Lift das meiste ihrer Einrichtung mit nach Amerika nehmen können.

Rolf / Ralph Leeser

1941 entschied sich die Familie in Woodbine in New Jersey mit dem Aufbau einer Hühnerfarm einen völligen Neuanfang zu wagen – ein Projekt, das sich bald als sehr erfolgreich herausstellte. Es war primär Helmut, der sich um die Farm kümmerte, Rolf, der jetzt Ralph hieß, wurde 1945 noch in die Armee eingezogen und nach Europa geschickt. Da er über hinreichende Deutschkenntnisse verfügte, wurde er mit Sonderaufgaben einem militärischen Stab zugeordnet. So kam es, dass er im April 1945 derjenige war, der mit drei weiteren Offizieren als erster das von der SS bereits verlassene KZ Buchenwald, ein Ort unbeschreiblichen Grauens, betrat.

Zurück in den USA konnte er mit seinen Eltern über das Erlebte kaum sprechen. Der Vater war inzwischen einer Depression verfallen und die Mutter schwer an Krebs erkrankt. Ob Julius Leeser sich auf eine Reise befand oder ob er zuletzt in Jerusalem gewohnt hat, ist nicht bekannt, aber er verstarb dort im April 1982.[96] Seine Frau Else war bereits 1953 ihrer schweren Krankheit erlegen.[97]

Helmut Leeser
Helmut Leeser
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Ralph Leeser, der 1951 Ilse Ruth Jacobson geheiratet hatte, absolvierte, nachdem er zunächst wieder auf der Farm eingestiegen war und dann einen eigenen Eierhandel aufgebaut hatte, noch ein Jurastudium und wurde später erfolgreicher Manager in einer Versicherungsgesellschaft. Der Vater von drei Kindern verstarb am 3. April 2001 in New Jersey.[98]

Hilde Moses Leeser
Hilde Leeser, geborene Moses
https://www.legacy.com/us/obituaries/thedailyjournal/name/hilde-lesser-obituary?id=18966980

Sein Bruder baute sein Unternehmen durch verschiedene Dienstleistungen, die er den umliegenden Farmern anbot, weiter aus. 1949 hatte er Hilde Moses geheiratet. Ihnen wurden die beiden Töchter Vivian und Carol geschenkt, die jeweils eigene Familien gründeten. Helmuts Frau Hilde, die schon lange an Parkinson erkrankt war, verstarb 2014, er selbst am 30. August 2019 im Alter von 96 Jahren.[99]

Gertrude Feuchtwanger

Lion Feuchtwanger
Lion Feuchtwanger

Gertrude, genannt Trude, heiratete in eine alte Unternehmer- und Bankiersfamilie im süddeutschen Raum ein, die aber Berühmtheit erlangt hat durch die schriftstellerische Tätigkeit ihres Schwagers Lion Feuchtwanger. Wie kaum ein anderer hat er mit seinem literarischem Schaffen, sei es mit historischen Werken wie ‚Jud Süß’ oder den an aktuellen Geschehnissen orientierten Romanen wie die über die ‚Geschwister Oppermann’, dem Schicksal des Judentums ein unvergessliches Denkmal gesetzt.

Während Lion das älteste der Kinder des Fabrikbesitzers Siegmund Feuchtwanger und seiner Frau Johanna, geborene Bodenheimer, war, kam Berthold am 18. Januar 1896 als zweitletzter zur Welt.[100] Den Eltern gehörte die bedeutende Margarine-Fabrik ‚E. Feuchtwanger’, noch immer benannt nach dem Gründer Elkan Feuchtwanger aus Fürth, der dann in München vom Textil- zum Landesproduktenhändler und zuletzt zum Fabrikanten für Margarine und andere Fette aufgestiegen war.[101] Das Unternehmen firmierte später unter dem Namen ‚Saphir’. Inwieweit und in welcher Funktion Berthold, der im Münchner Adressbuch als Fabrikant bezeichnet wird, im Unternehmen eine Rolle spielte, konnte nicht ermittelt werden. Dass er aber von dem Vermögen der Familie profitierte, kann als gesichert angenommen werden.

Anzeige der ‚Margarinefabrik Feuchtwanger‘ in München

Während des Ersten Weltkriegs war Berthold Feuchtwanger, eingezogen und auch verletzt in ein Lazarett eingeliefert worden. Laut dem Eintrag in der Kriegsrangliste war er zuvor als Volontär in der elterlichen Firma tätig.[102] Nach dem Krieg wurde am 11. April 1922 in München die Ehe mit Gertrude Röttgen geschlossen, die aber soweit bekannt, kinderlos blieb.[103]

Berthold Feuchtwanger
Berthold Feuchtwanger in einer Kriegsrangliste des Ersten Weltkriegs
https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/5392540:1631

Das Unternehmen fungiert auch als Zelle des Widerstands gegen den Nationalsozialismus. Der sozialdemokratisch eingestellte Berthold Feuchtwanger fand im kommissarischen Betriebsleiter des Familienunternehmens Hans Demeter einen Gleichgesinnten. Zusammen mit Anton Aschauer, einem der führenden Köpfe in der Münchner Räterepublik, bildeten sie eine Widerstandsgruppe, die nach dem Vorbild der illegalen KPD als Dreiergruppe konzipiert war und unter dem Namen des Letztgenannten als ‚Gruppe Aschauer’ bekannt wurde.[104] Beim Verteilen von Flugblättern wurde Anschauer festgenommen und Berthold Feuchtwanger floh 1934 in die tschechoslowakische Republik. Ob er seine Frau damals mitnahm, ist nicht bekannt. Nach seiner Rückkehr wurde er am 29. Mai 1935 inhaftiert und blieb bis zum 5. Juli in „Schutzhaft“. 1938 wurde die Firma arisiert. Im gleichen Jahr emigrierte Berthold Feuchtwanger mit seiner Frau nach Lateinamerika, wo er schon im Dezember 1944 in Lima im Alter von nur 48 Jahren verstarb.[105] Seine Frau Gertrude muss später noch in die USA ausgewandert sein. Am 11. November 1954 wurde sie als Bürgerin der Vereinigten Staaten in New York registriert.[106] Sie verstarb am 12. Januar 2001 in Miami in Florida, wo sie seit 1998 gelebt hatte.[107]

 

Margarethe Goldschmidt

Nur sehr wenig weiß man über Margaretha / Greta Röttgen. Wann sie den am 16. Januar 1885 in Wuppertal-Elberfeld geborenen Max Goldschmidt geheiratet hatte,[108] welchem Beruf dieser nachgegangen war und wie ihr gemeinsames Leben verlief, bevor sie Deutschland verließen, ist bisher nicht recherchiert, zumindest nicht im Internet publiziert worden. Dem Gedenkbuch der Opfer des NS-Regimes aus Wuppertal ist immerhin zu entnehmen, dass ihnen am 7. Dezember 1927 eine Tochter namens Doris geschenkt wurde.[109]

Doris Goldschmidt
‚Page of Testimony‘ für Doris Goldschmidt von einer Freundin aus Kindertagen
https://namesfs.yadvashem.org/YADVASHEM///15032005_288_4238/187.jpg

1938 war das damals etwa elf Jahre alte Mädchen vermutlich mit einem Kindertransport nach Holland gebracht worden. Ob auch die Eltern dorthin gelangten, ist nicht bekannt, aber eher unwahrscheinlich.[110] Doris wohnte im Februar 1941 in Amsterdam im Parnassusweg 23 II,[111] eine Straße, in der viele deutsche Emigranten lebten. Ab 1940 lebte sie im Untergrund. Wer die 14jährige damals aufgenommen und versteckt hatte, ist nicht bekannt, vermutlich aber eine holländische Familie. Bei einem Luftangriff wurde sie dann leider entdeckt und zunächst in das Lager Westerbork gebracht. Vermutlich wurde sie mit dem Zug, der Westerbork am 31. August 1943 mit 1004 Menschen verließ, direkt nach Auschwitz deportiert, wo sie einen Tag nach der Ankunft am 3. September im Gas ermordet wurde.[112]

Die Eltern scheinen der Shoa aber nicht zum Opfer gefallen zu sein. Ein Lebenszeichen von ihnen gibt es allerdings erst aus dem Jahr 1947. Damals überquerten die beiden mit dem Schiff ‚Gripsholm’ von dem schwedischen Hafen Göteborg aus den Ozean, um nach New York zu kommen.[113] Ob sie all die Jahre im schwedischen Exil verbracht hatten, auf welchem Weg sie wann dorthin gelangt waren, all das ist nicht bekannt. Dass es sich bei den beiden Passagieren aber um die Eltern von Doris handelte, kann man schon daraus entnehmen, dass sie als Kontaktperson in New York ihren Schwager Julius Leeser, den Ehemann von Gretas Schwester Else angaben.
Goldschmidt 1

 

 

 

 

 

 

Überfahrt von Greta und Max Goldschmidt in die USA nach dem Krieg
https://search.ancestry.de/cgi-bin/sse.dll?indiv=1&dbid=7488&h=3022127907&tid=&pid=&queryId=26ea7b716d6187b7e82aacfb2953f6af&usePUB=true&_phsrc=OEb86&_phstart=successSource

Über das weitere Leben des Paares liegen ebenfalls nur dürftige Informationen vor. Offenbar hatte Greta Goldschmidt nach dem Tod ihres Mannes – wann das war, ist ebenfalls nicht bekannt – noch einmal geheiratet, denn sie selbst verstarb als Greta Schmeitzner im August 1972 wie ihre Schwester Gertrud in Miami.[114]

 

Auguste van Pels

Cover der Taschenbuch-ausgabe von Anne Franks Tagebuch

Die zweitjüngste Tochter von Rose und Leo Röttgen, Auguste, wurde Teil einer der bekanntesten jüdischen Familien der Welt, dennoch kennt sie heute kaum jemand. Die vielen Millionen Leser von Anne Franks berühmtem Tagebuch haben sie unter dem von Anne gewählten Pseudonym als Frau van Daan oder auch als Petronella van Daan kennen gelernt.[115] Eigentlich hieß die Familie, die mit Franks über 25 Monate das Versteck im Hinterhaus der Prinzengracht 263 in Amsterdam teilte, mit richtigem Namen van Pels und Auguste, geborene Röttgen, war die Ehefrau von Hermann van Pels und die Mutter von Peter van Pels.

Nachdem das Bankhaus der Franks schon in der Weltwirtschaftskrise in Not geraten war und an eine Sanierung nach der Machtergreifung der Nazis als unmöglich erachtet wurde, suchte Otto Frank mit dem Vertrieb des Geliermittels ‚Opekta’ in Holland ein neues wirtschaftliches Standbein für sich und seine Familie aufzubauen. Angesichts der Entwicklung in Deutschland entschloss man sich schon im Sommer 1933 den Neuanfang in den Niederlanden zu versuchen, damals noch in der Hoffnung, Hitler würde nicht den Mut haben, sich das neutrale Nachbarland einzuverleiben. Die Geschäfte gingen eher schlecht als recht, aber reichten zunächst aus, um der vierköpfigen Familie ein bescheidenes Leben im Exil zu ermöglichen. 1938 baute Otto Frank neben seinem ‚Opekta’-Geschäft eine weitere Firma ‚Pectacon’ auf, über die Gewürzmischungen an Metzgereien zur Wurstherstellung verkauft werden sollten. Die Sekretärin und enge Vertraute von Otto Frank, Miep Gies, machte diesen mit einem eigentlich hollandstämmigen Juden bekannt, der aber seit vielen Jahren in Osnabrück mit seinem Vater ein Unternehmen für Fleischereibedarfsartikel geführt hatte, dann aber 1937 mit seiner Familie ebenfalls aus Deutschland geflohen war. Er war als Fachmann auf dem Gebiet der Gewürzkunde genau der richtige Mann für die neue Firma: „Van Pels brauchte nur einen Moment an einem Gewürz zu schnuppern, schon erkannte er, um welches Kraut, welche Wurzel es sich handeln musste.“[116]

Hermann van Pels
Auguste van Pels
Auguste van Pels

Hermann van Pels war am 31. März 1898 als eines von fünf Kindern von Aron van Pels und seiner Frau Lina geboren worden. Am 25. Dezember 1925 waren er und Auguste Röttgen die Ehe eingegangen und etwa ein Jahr später am 8. November 1926 war ihr einziges Kind, der Sohn Peter geboren worden.[117] 1933 war er Schüler der jüdischen Elementarschule in Osnabrück gewesen, die unmittelbar neben der Synagoge gelegen war.
Als die Lage in Deutschland für die holländischen Juden zu bedrohlich wurde, beschloss die Familie samt Eltern und Geschwistern wieder zurück in die Niederlande zu gehen. In Amsterdam fanden sie eine Unterkunft unweit derjenigen, die die Familie Frank bewohnte. Miep Gies war dann diejenige, die die beiden Familien zusammenbrachte. Müller beschreibt Hermann van Pels als einen „unkomplizierten Typ“, einen „rechten Spaßvogel, mit dem angenehm zu arbeiten war. Ganz anders als Otto Frank – weniger feinsinnig, offener, lauter. Ein notorischer Kettenraucher. Sein Fachwissen machte ihn im Unternehmen unentbehrlich. Otto behandelte Hermann van Pels, (…) eher als Partner denn als Angestellten. Seine Frau und er waren gerngesehene Gäste bei den Franks, die sich angewöhnt hatten, in regelmäßigen Abständen zum samstäglichen Nachmittagskaffee zu laden.“[118]
Natürlich wurde bei diesen Treffen die politische Lage besprochen und auch immer öfters Überlegungen angestellt, wie man sich auf eine drohende Invasion der Deutschen vorbereiten könne und müsse. Als diese dann im Mai 1940 erfolgte, nahm das Leben, anders als befürchtet, zunächst weitgehend seinen gewohnten Gang, die Juden blieben vorerst unbehelligt und auch die Geschäfte konnten weiter betrieben werden. Es ging damit sogar aufwärts, weshalb Otto Frank sich entschloss, größere Geschäftsräume anzumieten. Das zur Straße hin eher unscheinbare Haus in der Prinzengracht besaß ein geräumiges Hinterhaus, das im Falle eines Falles als Versteck für etwa zehn Menschen würde dienen können.
Als dann allmählich ab Sommer 1940 Maßnahmen gegen Juden ergriffen wurden – das Schächtungsverbot war das erste, gefolgt von der Pflicht, sich als deutscher Jude registrieren zu lassen. Dann mussten Unternehmen mit einem Kapital, das zu einem Viertel in jüdischer Hand war, sich ebenfalls registrieren lassen. Spätestens jetzt war Otto Frank klar, dass die Arisierung des jüdischen Besitzes auch in Holland unmittelbar bevorstand. Mit seinen engsten Mitarbeitern, darunter auch Nichtjuden, die sich wechselseitig völliges Vertrauen entgegenbrachten, wurde eine neue Firma gegründet, die nun rein arisch war und auch ausschließlich von Ariern geführte wurde. Unter diesem Deckmantel verbarg sich aber die alte Firma, die nun das Überleben aller sichern sollte.

Ab Sommer 1941, als immer mehr Juden von Holland zum angeblichen „Arbeitseinsatz“ in das Reich abkommandiert wurden, begann Otto Frank damit, dass Hinterhaus als Unterschlupf vorzubereiten. Eine Drehtür als Bücherregal getarnt, diente als geheimer Zugang zum eigentlichen Versteck. Als dann Annes ältere Schwester Margot am 5. Juli 1942 eine Aufforderung erhielt, sich für einen Arbeitseinsatz zu melden, tauchte die Familie am nächsten Tag im Hinterhaus mit seinen etwa 60 qm unter. Eine Woche später kam, wie vereinbart, auch die Familie van Pels nach. Im November zog dann noch ein weiterer Mitarbeiter ein, sodass von diesem Zeitpunkt an insgesamt acht Menschen mit unterschiedlichsten Wesensarten in dem über zwei Stockwerke sich erstreckenden Versteck eingepfercht waren,[119] letztlich nur von der Hoffnung und dem Willen beseelt, die Zeit bis zum Ende des Krieges zu überstehen.

Anne Frank
Modell des Hauses in der Prinsengraacht 263
Mit Genehmigung des Anne-Frank-Hauses, Amsterdam

Auch wenn es Menschen gab, die den Kontakt zur Außenwelt aufrechterhielten, die die Insassen mit Nahrung und Nachrichten versorgten, die auch den Betrieb am Laufen hielten, so ist es dennoch nur allzu verständlich, dass Konflikte in einer solchen nahezu hermetisch abgeriegelten Zwangsgemeinschaft unausweichlich waren. Keiner der Insassen hatte in den folgenden Monaten bis zu ihrer Entdeckung das Gebäude noch einmal verlassen.

Das Haus in der Prinzengraacht 263 heute
https://thecjn.ca/news/international/anne-frank-house-adds-audio-tour-information-about-pre-nazi-period/

Anne Frank hat in ihrem Tagebuch mit einer für ihr Alter unglaublichen Sensibilität die sozialen Beziehungen in dieser kleinen geschlossenen Gesellschaft beobachtet, analysiert und beschrieben. Natürlich nicht aus neutraler Distanz, sondern als Teil des Gefüges. Und aus dieser Perspektive kommen gerade Auguste van Pels, aber auch ihr Ehemann nicht gut weg. Exemplarisch für viele andere Einträge sei hier der vom Montag, dem 9. August 1943 zitiert, in dem es um das gemeinsame Essen geht:
“Herr van Daan [Hermnn van Pels]: Er eröffnet den Reigen. Er wird als Erster bedient, nimmt beträchtlich viel von allem, wenn es ihm schmeckt. Er redet meistens mit, gibt immer seine Meinung zum Besten, und wenn er das getan hat, gibt es nichts mehr daran zu rütteln. Wenn jemand das wagt, dann hat er es in sich. Ach, er kann einen anfauchen wie eine Katze! Ich möchte das lieber nicht erleben. Wer es einmal mitgemacht hat, hütet sich vor dem zweiten Mal. Er hat die einzig richtige Meinung, er weiß über alles das meiste. Na gut, er hat einen gescheiten Kopf, aber die Selbstgefälligkeit dieses Herrn hat ein hohes Maß erreicht.

Die gnädige Frau: Eigentlich sollte ich besser schweigen. An manchen Tagen, vor allem, wenn sie schlecht gelaunt ist, schaut man ihr Gesicht besser nicht an. Genaugenommen ist sie an allen Diskussionen schuld. Nicht das Objekt! O nein, jeder hütet sich davor, sie anzugreifen, aber man könnte sie die Anstifterin nennen. Hetzen, das ist ihre liebste Beschäftigung. Hetzen gegen Frau Frank und Anne. Gegen Margot und Herrn Frank geht Hetzen nicht so leicht.

Aber nun zu Tisch. Frau van Daan kommt nicht zu kurz, auch wenn sie das manchmal denkt. Die kleinsten Kartoffeln, die leckersten Häppchen, das Zarteste von allem heraussuchen, das ist Madames Parole. Die anderen kommen schon noch an die Reihe, wenn ich erst das Beste habe. (Genau das, was sie von Anne Frank denkt.) Das andere ist Reden. Hauptsache, es hört jemand zu, ob es denjenigen interessiert oder nicht, darauf kommt es offenbar nicht an. Sie denkt sicher, was Frau van Daan interessiert, interessiert jeden. Kokett lächeln, tun, als wüsste man von allem etwas, jedem einen guten Rat geben und jeden bemuttern, das muss doch einen guten Eindruck machen. Aber schaut man genauer hin, geht der Lack ab. Fleißig, eins, fröhlich, zwei, kokett, drei, und manchmal ein hübsches Lärvchen. Das ist Petronella van Daan.[120]

Und noch im Juni 1944, also nur wenige Wochen vor der Inhaftierung, hatte sich das Verhältnis zwischen Frau van Pels und den anderen Bewohnern, besonders aber zwischen ihr und Anne, nicht verbessert. Anne war nach Meinung von Auguste van Pels nicht richtig erzogen, eben ungezogen, was wiederum immer wieder Anlass für Konflikte auch zwischen ihr und Otto Frank gab.

„Neue Probleme! Frau van Daan ist verzweifelt, spricht von: Kugel durch den Kopf, Gefängnis, Aufhängen und Selbstmord. Sie ist eifersüchtig, dass Peter mir sein Vertrauen schenkt und nicht ihr, sie ist beleidigt, dass Dussel nicht genug auf ihre Flirtereien eingeht, sie hat Angst, dass ihr Mann ihr ganzes Pelzmantel-Geld aufraucht, streitet, schimpft, weint, beklagt sich, lacht und fängt dann wieder Streit an.

Was soll man mit so einer greinenden und verrückten Person anfangen? Von Niemandem wird sie ernst genommen. Charakter hat sie nicht, klagt bei jedem und läuft herum: von hinten Lyzeum, von vorne Museum. Dabei ist noch das Schlimmste, dass Peter frech wird, Herr van Daan gereizt und Mutter zynisch. Was für ein Zustand! Es gibt nur eine Regel, die du dir gut vor Augen halten musst: Lache über alles und störe dich nicht an den anderen!“[121]

Diese Spannungen gab es aber nicht nur zwischen Anne, ihrem Vater und Auguste van Pels,[122] sondern auch zwischen dem Ehepaar van Pels selbst und ebenso zwischen ihnen und ihrem Sohn Peter.

Natürlich waren diese Konflikte nicht nur der Enge des Zusammenlebens geschuldet, sondern auch dem Zusammenprall der drei pubertierenden Kinder mit einer Erwachsenenwelt, deren Erziehungsziele und Normen angesichts des Schreckens außerhalb des Hauses jede Legitimation verloren hatten. Nur Otto Frank und die ältere Schwester Margot blieben bei diesen alltäglichen Auseinandersetzungen außen vor, Margot, weil sie kaum zu Renitenz und Widerspruch neigte, der Vater, weil er noch am ehesten sich in die Bedürfniswelt von Anne und Peter hineinversetzen konnte.

Peter van Pels
Peter van Pels
Mit Genehmigung des Anne-Fran-Hauses, Amsterdam

Peter van Pels, den Anne zunächst langweilig und uninteressant fand, wurde allmählich über viele gemeinsame Gespräche zu einer Vertrauensperson, mit der sie alle Alltagsprobleme, dann aber auch die intimsten Fragen, die um die erwachende Sexualität kreisten, bereden konnte. Angesichts der Situation erwuchs aus dieser Vertrautheit ein gegenseitiges Begehren, das aber mit neuen Verunsicherungen einherging. Letztlich ließ Anne Peter wieder fallen, sah den drei Jahre älteren als charakterschwach an, als zu bequem, als jemanden, der sich nur auf sie stützen wolle, anstatt eine eigene Persönlichkeit zu entwickeln.[123]

Ob dieses Bild von Peter dessen Person gerecht wird, ist so fragwürdig wie das, das Anne Frank von seinen Eltern hinterlassen hat. Aber ihr Tagebuch ist eines der wenigen Zeugnisse, die es über sein kurzes Leben und das seiner Eltern gibt. Es basiert – das muss man sich immer wieder vergegenwärtigen – nur auf dem Erleben einer sehr spezifischen Situation und dies zudem in nur einem sehr begrenzten Zeitraum.

Und dann kam der 4. August 1944, der Tag, an dem die SD-Leute das Versteck stürmten, das vermutlich von einem oder einer der Angestellten verraten worden war. Einfühlsam hat Müller diesen letzten Morgen versucht zu rekonstruieren.[124] Man brachte die Entdeckten in das SD-Hauptquartier, verhörte sie, ohne aber etwas über andere versteckte Juden in Erfahrung bringen zu können. Am 8. August wurden dann alle mit dem Zug vom Hauptbahnhof in das Durchgangslager Westerbork gebracht. Etwa vier Wochen verbrachten sie an diesem schrecklichen Ort. Zwar wurden sie dort nach Geschlechtern getrennt untergebracht, konnten sich aber immerhin nachmittags nach der Arbeit treffen. Das Leben wurde zum Wettlauf, zum Glücksspiel. Die amerikanischen Truppen rückten immer weiter vor, Paris war schon befreit, aber noch immer verließen die Sonderzüge mit jüdischen Gefangenen das Lager. Am 2. September standen alle acht Namen der einst im Hinterhaus Versteckten auf der Transportliste. Als man insgesamt 1019 Menschen am folgenden Tag im Morgengrauen in die bereitstehenden Viehwaggons zwang, wusste keiner, wohin sie gebracht werden sollten. Es war der vorletzte von insgesamt 103 Transporten, die Westerbork in den letzten Jahren verlassen hatten. Und es war der letzte, der Auschwitz ansteuerte. Erreicht wurde die bekannte Rampe von Birkenau am 6. September. Die Selektion überstanden alle acht, dann wurden sie wieder nach Geschlechtern getrennt. 549 Insassen des Zuges waren sofort in die Gaskammern gebracht und ermordet worden, aber keiner von ihnen.
Die drei Männer trafen in Auschwitz auf einen Bekannten, der die Überlebensregeln des Lagers kannte und sie unter seine Fittiche nahm. Dennoch war bekanntlich Otto Frank der einzige von ihnen, der den Holocaust tatsächlich überlebte.
Widersprüchliche Angaben findet man zum Tod von Hermann van Pels. Er soll sich – so Müller – bei seinem Arbeitseinsatz an der Hand verletzt und deshalb den Kapo gebeten haben, ihn zum Stubendienst einzuteilen. Bei einer an diesem Tag stattgefundenen Barackenrazzia sei er von der SS gefunden worden. Arbeitsunfähig bedeutete wertlos zu sein – in Auschwitz ein Todesurteil. Er sei – so Müller – Anfang Oktober 1944 im Gas von Auschwitz ermordet worden.[125] Laut dem Gedenkbuch des Bundesarchivs, das wiederum auf den Unterlagen der ermordeten niederländischen Juden basiert, wurde er dagegen erst am 15. März 1945 in Auschwitz umgebracht.[126]
In Auschwitz starb am 6. Januar 1945 auch Edith Frank. Ihre beiden Töchter waren zusammen mit Auguste van Pels Ende Oktober 1944 noch nach Bergen-Belsen verbracht worden. Anne und ihre Schwester Margot verloren hier nach all den Torturen der letzen Monate und auf Grund der grauenhaften Zustände im dortigen Lager vermutlich schon im Februar, vielleicht auch erst im März ihr Leben infolge einer Typhusinfektion, die in diesen Tagen Tausenden der dort Gefangenen den Tod brachte.[127]
Auguste van Pels muss von Bergen-Belsen noch einmal weggekommen sein, allerdings nicht in die Freiheit, sondern nur Raguhn, einem etwa 150 km nordöstlich vom Stammlager Buchenwald entfernt gelegenen Außenlager, in dem bisher sowjetische Kriegsgefangene in Zwangsarbeit Propeller für die deutsche Luftwaffe herstellen mussten. Ab Februar 1945 wurden diese durch jüdische Frauen ersetzt. Vom Lager in die Fabrik hatten die völlig entkräfteten Frauen jeden Tag zweimal je 2 km – für alle Bewohner sichtbar – durch den Ort zu marschieren. Auch hier fielen einige dem Typhus zum Opfer. Die Überlebenden wurden am 9. April 1945 noch mit Lastwagen nach Theresienstadt verbracht. Ob Auguste van Pels in Raguhn oder erst in Theresienstadt ermordet wurde, ist nicht bekannt. Ihr Todestag ist im Gedenkbuch des Bundesarchivs mit dem 9. April 1945 angegeben.[128]

Peter hatte in Auschwitz dank der Fürsprache des holländischen Bekannten der Familie Frank eine Arbeit in der Poststelle erhalten, die ihm nicht nur eine relative Bewegungsfreiheit brachte, sondern ihm auch zu zusätzlichen Nahrungsmitteln verhalf. Laut Otto Frank hatte er alle Chancen, Auschwitz bis zum Eintreffen der Roten Armee zu überstehen. Als diese anrückte und man begann das Lager zu räumen, wurde Peter jedoch auf einen der Todesmärsche Richtung Mauthausen geschickt, wo er am 25 Januar 1945 eintraf. Zum Arbeitseinsatz wurde er nach Melk beordert, wo in einer 65000 qm großen unterirdischen Fabrik Kugellager für die Motoren von Flugzeugen und Panzern der Steyr-Daimler-Push-Werke hergestellt wurden.[129] Etwa ein Drittel der dort insgesamt eingesetzten 14000 Häftlinge waren Juden, einer davon Peter. Die Arbeitsbedingungen unter Tage müssen unmenschlich, die Verpflegung miserabel gewesen sein. Wegen der vielen Toten wurde Ende 1944 ein eigenes Krematorium im Lager errichtet. Auch Peter van Pels hielt die Arbeitsbedingungen nicht aus, erkrankte und wurde am 11. April 1945 zurück nach Mauthausen in das das dortige Sanitätslager geschickt, wo die Bedingungen zum Überleben aber kaum besser waren.[130] Zwar erlebte der inzwischen 18jährige noch das Ende des Krieges, aber er verstarb am 10. Mai, fünf Tage nachdem amerikanische Soldaten das Lager befreit hatten.[131]

Mauthausen
Überlebende aus der Hölle von Mauthausen, hier aus dem Nebenlager Gusen
https://www.researchgate.net/figure/Abb-2-BMI-Fotoarchiv-der-KZ-Gedenkstaette-Mauthausen-Zwischen-1998-und-2004-und-mit_fig1_261705707

 

Lotte Gutmann

Im Jahr 1993 wurde in dem kleinen etwa 25 Kilometer südlich von Gütersloh gelegenen Wadersloh auf dem Rathausplatz ein Mahnmal für die fünf jüdischen Familien errichtet, die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen wurden. 2012 legte man insgesamt sieben Stolpersteine vor das Haus in der Überwasserstr. 5, in dem die Familie Gutmann einst wohnte.[132] Hier hatten Louis Gutmann und seine Frau Emma, geborene Moses, und ihre fünf Kinder über viele Jahre ein Textilgeschäft betrieben, das schon seit mehreren Generationen in dem Ort an anderer Stelle bestand. Unter der Leitung von Louis Gutmann war es gelungen, so gute Erträge zu erwirtschaften, dass man es sich leisten konnte, in der Überwasserstr. 5 ein neues Haus zu bauen und für die kleine jüdische Gemeinde nebenan einen Betsaal zu errichten.

Bedauerlicherweise fehlt bei den Stolpersteinen, die vor dem Haus liegen, einer für Lotte Gutmann, geborene Röttgen. Lotte, die jüngste Tochter von Rose und Leo Röttgen, hatte zu einem nicht bekannten Zeitpunkt Max Gutmann, den ältesten Sohn von Louis und Emma Gutmann, geheiratet. Beide hatten vermutlich all die Jahre in Wadersloh verbracht und lebten auch dort noch, als im Mai 1939 der NS-Staat seine Volkszählung durchführte. Ihre damalige Adresse war die Dorfstraße 33.[133]
Alle übrigen Familienmitglieder, die Eltern wie auch die Geschwister von Max Gutmann, hatten, soweit sie nicht schon geflohen waren, nach dem Novemberpogrom, bei dem auch die Geschäfts-, die Wohnräume und der Betsaal zerstört worden waren, ihren Heimatort verlassen. Therese, die später in den USA den aus Wiesbaden stammenden Otto Strauss heiratete, hatte schon im März 1937 Deutschland verlassen.[134]
Die beiden ledigen Brüder Fritz und Hans waren noch im November 1938 ausgereist.[135] Lina konnte noch im August 1939 kurz vor Kriegsbeginn nach England entkommen.[136]

Lotte Max Gutmann
Deportationsliste mit den Namen von Max und Lotte Gutmann
http://www.statistik-des-holocaust.de/OT411110-15.jpg

Ihren Vater Louis Gutmann hatte man zunächst in Buchenwald festgehalten, nach seiner Freilassung folgte er mit seiner Frau Emma seinen Kindern in die USA.
Welche Gründe maßgeblich dafür waren, weshalb Max und Lotte Gutmann zunächst in Wadersloh blieben, ist nicht mehr nachzuvollziehen. Sie scheinen zuletzt aber noch in Wuppertal-Elberfeld gewohnt zu haben,[137] vielleicht bei Lottes Schwester Greta Goldschmidt. Aber auch das kann nur eine vage Vermutung bleiben, denn diesen beiden war – wie bereits dargestellt – noch die Flucht gelungen – anders als Lotte und ihrem Mann. Beide wurden am 10. November 1941 von Düsseldorf aus in das Ghetto Minsk deportiert, wo sie zu einem nicht bekannten Zeitpunkt ihr Leben verloren.[138]

 

Die Geschwister von Grete Wertheim

Nicht nur in der Familie Rosenau fielen eine Reihe von Mitgliedern dem Holocaust zum Opfer, auch in der Herkunftsfamilie von Grete Rosenau, den Wertheims in Göttingen, gab es Opfer zu beklagen. Aber manchen Familienmitgliedern gelang auch die rechtzeitige Flucht.

Adolf Wertheim

So etwa Adolf Wertheim und seiner Familie. Er, der älteste Sohn von Jonas und Amanda Wertheim, hatte das in der Göttinger Prinzenstr. 2 gelegene, elterliche Geschäft bereits 1909 übernommen, lange bevor der Vater am 27. März 1931 starb.[139] Adolf war durch eine gediegene Ausbildung in der Spinnerei und Weberei Moritz Steinberg in Mönchengladbach auf seine zukünftige Rolle gut vorbereitet worden.
Bald nachdem er die Verantwortung übernommen hatte, heiratete er 1911 die am 10. Juli 1890 in Wuppertal geborene Hedwig Leffmann.[140] Im gleichen Jahr, am 3. Dezember 1911, wurde ihre Tochter Herta geboren und am 10. April 1914 ihr Sohn Lutz-Hans.[141] In Göttingen wohnte die Familie zunächst in der Bühlstr. 42, später bis zu ihrer Emigration in der Prinzenstr. 2.[142]

Zwar hatte der Laden während des Ersten Weltkriegs geschlossen werden müssen, da Adolf Wertheim zum Kriegsdienst eingezogen wurde, aber danach liefen die Geschäfte trotz der verschiedenen Krisen wieder gut. Vermutlich als Einzelhandelsunternehmen bot man jetzt in bester Innen- bzw. Altstadtlage Leinen- und Baumwollwaren an.[143] „Die 20er Jahre erweisen sich für Wertheim als wahrhaft golden und ermöglichen ihm einen gehobenen Lebensstil.“[144]

Erst die Weltwirtschaftskrise zwang auch Adolf Wertheim zu Einsparungen und einer Umstrukturierung des Geschäfts. Der direkte Verkauf in seinem Ladengeschäft wurde zugunsten einer reinen Agenturtätigkeit, die er von seinem Büro in der bisherigen Wohnung in der Prinzenstraße abwickeln konnte, aufgegeben.[145] Dadurch dass sein Laden in der Stadt nicht mehr präsent war, war er auch nur marginal von den Boykottmaßnahmen betroffen, die unmittelbar nach der „Machtergreifung“ einsetzten. Als dann aber 1938 die Juden endgültig per Gesetz aus dem Wirtschaftsleben ausgeschlossen wurden, waren aber auch seine Umsätze bereits nahezu völlig zum Erliegen gekommen.
Als im November der Mob dann durch die Straßen von Göttingen zog, drangen die SA-Leute auch in das Haus von Adolf Wertheim ein und zertrümmerten dort faktisch die gesamte Wohnung, samt Einrichtung und Hausrat.
Herta, die Tochter, die bisher noch das städtische Lyzeum besuchen durfte, blieb einen halben Tag in Polizeigewahrsam. Ihr Vater Adolf Wertheim wurde nach seiner Verhaftung in das Gerichtsgefängnis von Rheinhausen überführt. Seine Freilassung am 10. Dezember war mit der Auflage verknüpft, Deutschland so schnell wie möglich zu verlassen. Nachdem er noch innerhalb derselben Woche sein Geschäft abgemeldet und die wenigen noch brauchbaren Möbel verschleudert hatte, verließen Adolf, Hedwig und die Tochter Herta am 12. Mai 1939 Deutschland. Von Genua kommend liefen sie am 19. Juli 1939 mit dem Schiff ‚Viminale’ in den Hafen von Sydney ein.[146] Laut Deutschem Reichsanzeiger Nr. 78 vom 3. April 1940 wurde ihnen daraufhin im folgenden Jahr die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen hatte.[147]

Adolph und Hedwig Wertheim Leffman
Überfahrt von Adolph, Hedwig und Herta Wertheim nach Australien
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Lutz-Hans scheint bereits zuvor nach Amerika ausgereist zu sein. Zumindest existiert eine Karteikarte, laut der ein 24jähriger Lutz-Hans Wertheim 1938 dort angekommen sein soll.[148] Auch wenn es keine Sicherheit bezüglich der Identität gibt, so treffen die Daten doch genau auf den Sohn von Adolf und Hedwig Wertheim zu. Später scheint er aber zur Familie nach Australien weitergereist zu sein, denn dort wurde er für das australische Militär registriert.[149]
Die Familie blieb in Australien und lebte später in New South Wales, wo man ihre Spuren in Wähler-Verzeichnissen, aber dann auch in Todeseintragungen findet. Vermutlich verstarb Adolf Wertheim am 26. September 1964 [150] und Hedwig im Mai 1972.[151] Lutz-Hans am 3. Februar 2006.[152] Über den weiteren Lebensweg der Tochter Herta konnte nichts in Erfahrung gebracht werden.

Die Töchter Ida und Martha Wertheim

Die übrigen Kinder, die nicht in die elterliche Firma aufgenommen worden waren, verließen im Lauf der Zeit Göttingen. Zwei von ihnen bauten in Hessen, vermittelt über verwandtschaftliche Verbindungen ein kleines miteinander verwobenes Firmenkonglomerat auf. Zu diesem Kreis gehörte auch die älteste Tochter Ida Wertheim, über die selbst nur wenig bekannt ist. Die 1876 geborene verbrachte einen großen Teil ihres Lebens in Wiesbaden, wo sie mit dem um 1862 in Köln-Deutz geborenen Kaufmann Nathan Frank verheiratet war. Zwar konnte nicht ermittelt werden, wo und wann die Hochzeit stattgefunden hatte, aber seit 1899 ist Nathan Frank in den Adressbüchern als Bewohner des Kaiser-Friedrich-Rings 106a in Wiesbaden verzeichnet. Vermutlich hatten sie kurz zuvor geheiratet und waren dann dorthin gezogen. In Wiesbaden wurde dann am 12. September 1902 ihr einziges Kind, der Sohn Heinz geboren.[153] Die Eltern waren inzwischen in das nahe gelegen Haus am Kaiser-Friedrich-Ring mit der Nummer 88 gezogen. Nathan Frank war Anteilseigner der Firma ‚Frank & Co.‘, die sich mit der Produktion und dem Vertrieb chemischer Produkte befasste.[154]
Ansonsten hat das Paar kaum Spuren in Wiesbaden hinterlassen. Beide starben noch vor dem Ende der Weimarer Republik. Ida Frank wurde, wie dem Sterbeeintrag zu entnehmen ist, am 23. Oktober 1924 tot in ihrer Wohnung in der Biebricher Str. 38 aufgefunden. Ob sie an diesem Tag auch verstorben war, konnte nicht mehr festgestellt werden.[155] Ihr Mann lebte zuletzt in der Moritzstr. 27, wo er im Alter von 67 Jahren am 29. November 1929 verstarb.[156]
Völlig ungewiss ist das Schicksal des Sohnes, der zwar in der Residentenliste von 1939 noch aufgeführt ist, aber sein Aufenthaltsort war schon damals nicht bekannt. In den einschlägigen Opferlisten ist er nicht genannt und auch im Arolsen-Archiv sind keine Aufzeichnungen über ihn erhalten geblieben.

Martha Löwenstein Livingstone
Einbürgerungsantrag von Martha Löwenstein in den USA
https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/1933220:61196?tid=&pid=&queryId=d080d5d3a4201d5c1e8341046293950c&_phsrc=svo1544&_phstart=successSource

Die Firma von Nathan Frank wurde nach seinem Tod bis zur Löschung am 25. September 1930 von seinem Kompagnon und Schwager Rudolf Löwenstein betrieben. Er war der Ehemann von Martha Wertheim, der am 6. Juni 1885 geborenen jüngeren Schwester von Ida und Grete. Am 5. April 1910 hatte sie den am 15. April 1874 in Wieseck bei Gießen geborenen Sohn von Meyer und Johannette Löwenstein, geborene Edelmuth, geehelicht. Er war das neunte von insgesamt sechzehn Kindern aus drei verschiedenen Ehen des Vaters.[157] Trotz dieser sicher nicht leichten Ausgangslage war ihm ein außergewöhnlicher sozialer Aufstieg gelungen. Er war nicht nur Teilhaber an der Firma seines Schwagers, sondern hatte unter dem Namen ‚Rudolf Löwenstein & Comp.‘ auch ein eigenes Unternehmen gegründet, das sich ebenfalls der Herstellung und dem Vertrieb chemischer Produkte widmete. In Gießen, wo Rudolf und Martha Löwenstein lebten und mehrfach umzogen, wurden auch ihre drei Kinder geboren, zunächst am 30. Januar 1911 Werner, dann am 14. April 1914 ein weiterer Sohn namens Heinz Manfred und zuletzt am 22. Dezember 1922 noch die Tochter Anneliese.[158] In den Krisenjahren vor dem Ende der Weimarer Republik zog die Familie im April 1931 von Gießen nach Köln, wohin zum gleichen Zeitpunkt auch der Firmensitz verlegt wurde. Bis zum 9. Dezember 1937 konnte die Firma in der NS-Zeit noch überleben, dann wurde sie zwangsweise im Handelsregister gelöscht.
Rudolf Löwenstein war sogar noch an einem dritten Unternehmen beteiligt, das einem anderen Schwager, nämlich Julius Rosenbaum gehörte, dem Ehemann seiner Schwester Rosa. Rosa Löwenstein war am 25. Dezember 1880 ebenfalls in Wieseck geboren worden. Die Ehe mit dem aus Grebenstein im Vogelsberg stammenden Julius Rosenbaum war 1901 geschlossen worden. Die beiden Familien Löwenstein und Rosenbaum lebten über einen längeren Zeitraum in Gießen in der Bahnhofstraße und der Schanzenstraße unter der gleichen Adresse. Das Unternehmen der beiden Schwager handelte mit Maschinen, die in Wäschereien und Plättereien aufgestellt wurden.[159]

Der gesamten Familie Löwenstein gelang es, sich vor der Verfolgung der NS-Schergen rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. Es scheint so, als sei Heinz, der jüngere Sohn von Martha und Rudolf Löwenstein, der erste aus der Familie gewesen zu sein, der Deutschland verließ. Zumindest schon ein Jahr nach der „Machtergreifung“ reiste am 11. Januar 1934 ein 19 Jahre alter Heinz Löwenstein, der bisher seinen Wohnsitz in Köln hatte, mit dem Schiff ‚Hamburg’ von Bremen aus in die USA aus. Als Ziel seiner Reise hatte er, von Beruf Kaufmann, Wilmette, ein Stadtteil von Chicago, angegeben, wo sich später auch die übrige Familie einfand. Später zog er nach Flint in Michigan, wo er am 10. Juni 1938 die 26jährige Sozialarbeiterin Laura Lebster heiratete. Heinz hatte inzwischen den Vornamen Henry angenommen und auch seinen Nachnamen Löwenstein in Livingston ändern lassen – einem Beispiel, dem auch andere Familienmitglieder später folgten.[160]
In seinem am 21. Dezember 1943 gestellten Antrag auf die amerikanische Staatsbürgerschaft, gab Werner, der älteste Sohn, an, am 2. Mai 1938 amerikanischen Boden betreten zu haben. Er muss aber bereits wesentlich früher Deutschland verlassen haben, denn in dem Antrag ist ebenfalls zu lesen, dass er zuletzt in Tel Avis in Palästina gelebt hatte und von dort aus über Le Harve nach New York gefahren war. Noch in Palästina scheint er geheiratet zu haben, denn in den amerikanischen Zensus-Unterlagen von 1940 ist er als Mitbewohner seiner Eltern und seiner Schwester Annelie aufgeführt. Mit im Appartement lebte auch eine Frau namens Martha, 25 Jahre alt, die als Schwiegertochter des Familienoberhaupts bezeichnet wird und wie Werner zuletzt in Tel Aviv gewohnt hatte. Da sich die Angabe auf den Wohnort am 1. April 1935 bezieht, ist daraus zu schließen, dass auch Werner schon in der Anfangsphase der NS-Herrschaft Deutschland verlassen hatte.[161]

Die Eltern, die bis zuletzt in Köln wohnten, waren am 16. November 1939 von Rotterdam mit dem Schiff ‚SS Noordam’ in New York angekommen und dann nach Chicago weitergezogen, wo ihr Sohn Werner bereits lebte.[162] Er und seine Frau – so ist dem Zensus von 1940 zu entnehmen – übten damals bereits eine Berufstätigkeit aus, er als Maschinist, sie als Verkäuferin, und konnten bzw. mussten die Neuankömmlinge, die noch keine Anstellung gefunden hatten, miternähren.

Werners Einbürgerungsantrag aus dem Jahr 1943 ist zu entnehmen, dass seine bisherige Ehe bald nach der Ankunft in den USA zerbrochen sein muss, denn er gab darin an, seit dem 1. August 1942 mit der aus Kiew stammenden Rose verheiratet zu sein. Sie war bereits 1913 als Kind in die USA gekommen und besaß seit 1918 die amerikanische Staatsbürgerschaft.[163]

Seine Schwester Annelie, die die Überfahrt mit den Eltern gemeinsam unternommen hatte, heiratete am 23. April 1944 Arnold Rife, der am 5. Oktober 1918 in Chicago geboren worden war.[164]

Der weitere Werdegang der Kinder von Martha und Rudolf Löwenstein / Livingstone konnte im gegebenen Rahmen nicht ermittelt werden. Die Eltern fanden ihre letzte Ruhe in ihrem amerikanischen Exil, wo Rudolf Löwenstein bereits am 2. März 1948 als Rudolph Livingstone verstarb,[165] seine Frau Martha am 25. Juni 1971.[166]

 

 

 

 

Die Gräber von Rudolph und Martha Löwenstein / Livingstone
Find a Grave

Auch die Familie Rosenbaum, mit der Löwensteins verwandtschaftlich und auch durch das gemeinsame Unternehmen verbunden waren, erreichte 1937 die USA, wohin auch ihre beiden Söhne Kurt und Hans ausgereist waren.[167]

 

Ludwig / Lutz Wertheim

Der Zahnarzt Dr. Ludwig / Lutz Wertheim, 1918
Mit Genehmigung des Stadtarchivs Gießen, 81 Glasnegative, Fotoatelier Uhl
Johanna Zucker Wertheim
Johanna Wertheim, geb. Zucker, 1934
Mit Genehmigung des Stadtarchivs Gießen, 81 Glasnegative, Fotoatelier Uhl

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Da der älteste Sohn Adolf die Firma übernommen hatte, ermöglichten die Eltern dem am 3. Juli 1887 ebenfalls in Göttingen geborenen jüngsten Sohn eine akademische Ausbildung zum Zahnarzt.[168] Wo er sein Studium absolvierte, ist nicht bekannt. 1910 ließ er sich dann von Wiesbaden kommend in Gießen nieder.[169] Wie lange er in Wiesbaden gelebt hatte und ob er dort schon praktizierte, ist nicht bekannt. Zwar sind in den entsprechenden Adressbüchern der Stadt auch einige Wertheims verzeichnet, allerdings ist sein Name nicht gelistet und es ist auch nicht bekannt, ob die genannten in einer verwandtschaftlichen Beziehung zur Familie in Göttingen standen.
Nach seinem Umzug eröffnete er in der mittelhessischen Stadt – so eine Anzeige im ‚Giessener Anzeiger vom 12. November 1910 – ein Zahnarztpraxis in der Bahnhofstr. 25, wo er auch wohnte.[170] Drei Jahre später, am 3. Juli 1913, heiratete er an seinem 26sten Geburtstag in Frankfurt Johanna, genannt Hanna Zucker. Obwohl er schon mehrere Jahre in Gießen lebte, ist in der Heiratsurkunde vermerkt, dass er damals noch in Göttingen gemeldet war. Wieso die Ehe in Frankfurt geschlossen wurde, ist nicht nachvollziehbar, denn auch die Braut kam nicht aus der Mainmetropole, sondern war am 18. September 1886 im fränkischen Kühlsheim zur Welt gekommen. Dort war die Tochter des Kaufmanns Max Zucker und seiner Frau Karoline, geborene Neumann, zum Zeitpunkt der Eheschließung auch noch wohnhaft.[171]

Johanna Wertheim mit dem einjährigen Sohn Hans
Mit Genehmigung des Stadtarchivs Gießen, 81 Glasnegative, Fotoatelier Uhl

Später verlegte Ludwig Wertheim, der im Allgemeinen nur Lutz genannt wurde, seine Praxis in die Bleichstr. 6 im Zentrum von Gießen, wechselte aber in den folgenden Jahren noch mehrfach seine Wohnung und auch den Praxissitz. In der mittelhessischen Stadt wurden auch die beiden Kinder des Paares geboren, Hans am 15. Dezember 1914, Lore am 13. November 1919.[172]
Es waren gutbürgerliche Verhältnisse, in denen die Kinder aufwuchsen, behütet von einer Mutter, die der Mittelpunkt der Familie war, während der Vater nicht nur das notwendige Einkommen erwirtschaftete, sondern als geachtete Persönlichkeit auch die Familie nach Außen repräsentierte. Er habe eher eine kulturelle als eine religiöse jüdische Identität besessen, war aber dennoch Mitglied der liberalen israelitischen Religionsgemeinde. Nur an hohen Feiertagen habe man die Synagoge besucht, berichtete die Tochter in ihren Erinnerungen an ihre Gießener Kindheit. Die jüdische Herkunft sei all die Jahre kein Problem gewesen, so habe der Vater sogar bis in die Nazizeit hinein noch die in Gießen stationierten Soldaten der Reichswehr exklusiv zahnmedizinisch betreut. Hitler werde bald abgewirtschaftete haben, so die verbreitete Illusion, der auch ihr Vaters erlegen war und deshalb in den ersten Jahren des Regimes eine Flucht nicht in Erwägung ziehen wollte. Zu dieser Zeit musste allerdings Lore in der Schule, einem Gymnasium, schon die ersten antisemitischen Attacken über sich ergehen lassen. Mehrere Jungen hatten sie, weil sie Jüdin war, absichtlich mit Steinen beworfen. Zwar konnte sie ihren Schulabschluss noch machen, aber die Aufnahme des gewünschten Medizinstudiums blieb ihr dann verwehrt.

Bereits 1936 hatte ihr Bruder Deutschland verlassen und war in die USA ausgewandert, wo schon eine Schwester seiner Mutter Johanna Wertheim lebte und die notwendigen Formalitäten erledigen konnte. In dieser Zeit war aber schon der Vater erstmals kurzfristig bei der Polizei vorgeladen worden. Auch ihm war inzwischen deutlich geworden, welcher Bedrohung er und seine Familie tatsächlich ausgesetzt waren. Die Patienten blieben zunehmend aus, beleidigende Anrufe am Telefon machten den Alltag unerträglich und dann, als man ihm auch die Soldatenbetreuung entzog, entschloss er sich Ende 1936 die Praxis in Gießen aufzugeben und stattdessen eine in Berlin zu übernehmen, die bisher einem Juden gehörte, der unmittelbar vor seiner Ausreise stand. Während die Eltern in die Reichshauptstadt zogen, blieb Lore zurück bei Verwandten und besuchte eine Haushaltsschule, auch schon in Vorbereitung auf eine Berufstätigkeit in einem möglichen Fluchtland.

Nach der Reichspogromnacht, in der auch Lutz Wertheim verhaftet und in das KZ Oranienburg verbracht wurde, bat die Mutter Lore, auch nach Berlin zu kommen. Für wenige Monate fand sie dort noch eine Anstellung in einem jüdischen Im- und Exportgeschäft.
Da die Mutter während der Haftzeit alle notwendigen Vorbereitungen für eine Ausreise bereits getroffen hatte, wurde Lutz Wertheim nach etwa fünf Wochen mit der Auflage entlassen, innerhalb von 48 Stunden Deutschland zu verlassen. Anfang 1939 verließ die Familie das Land ihrer Verfolger von Hamburg aus in Richtung England, wo es Freunde gab, die dort das Notwendige arrangiert hatten. Er erhielt sogar eine Arbeitsgenehmigung als Zahnarzt und betreute an einer Schule für jüdische Emigrantenkinder, die in Kindertransporten nach England gelangt waren. Dennoch blieb ihm bei Ausbruch des Krieges eine zeitweilige Internierung nicht erspart.

Lutz Wertheim Lutz Wertheim


Internierung und Freilassung von Lutz / Ludwig Wertheim in England

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Anschließend durfte er aber dann wieder als Zahnarzt arbeiten, jetzt, angesichts der kriegsbedingten Knappheit an medizinischem Personal, sogar als Schularzt für einen ganzen Bezirk der öffentlichen Schulen.

Martha Löwenstein Livingstone
Einbürgerungsantrag von Martha Löwenstein
https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/1933220:61196?tid=&pid=&queryId=d080d5d3a4201d5c1e8341046293950c&_phsrc=svo1544&_phstart=successSource

Lore, die nur ein Visum erhalten hatte, das ihr die Tätigkeit als Hausangestellte erlaubte, fand eine Anstellung bei einer Familie, die einmal zum Patientenstamm des Vaters aus der Gießener Zeit gehört hatte. Der ursprüngliche Plan, so bald wie möglich gemeinsam in die USA zu den übrigen Verwandten weiterzureisen, verzögerte sich durch den andauernden Krieg. Immerhin gelang Lore noch im Herbst 1939 die Überfahrt, den Eltern war das erst nach Kriegsende möglich. Sie erreichten erst im Mai 1946 von Liverpool aus den Hafen von New York.[173] Nicht nur die noch in Deutschland gekauften Tickets waren längst verfallen, auch die gesamte Einrichtung war verloren. Zum Teil war sie in einem Lift in Hamburg geblieben, zum anderen Teil hatte man sie noch vor der Flucht nach England in Berlin versteigert.

Hans / Harry Wertheim
Hans / Harry Wertheim, 1934
Mit Genehmigung des Stadtarchivs Gießen, 81 Glasnegative, Fotoatelier Uhl

Obwohl es eine Reihe von Verwandten von Johanna Wertheim gab, die in Chicago alle gemeinsam in einem Haus lebten, darunter auch ihr Sohn Hans, der inzwischen den Namen Harry angenommen hatte, bedeutete die Einwanderung in die USA für alle einen völligen Neubeginn. Lore absolvierte noch eine Ausbildung als medizinisch-technische Assistentin und konnte später an einem Institut in Denver noch in die Forschung gehen. Dort lernte sie sie ihren Ehemann John Roth kennen, der ebenfalls aus Gießen stammte. Aus der im Dezember 1957 geschlossenen Ehe ging eine Tochter hervor, die den Namen Karla erhielt und mit ihrem Mann Grant Olson ihren Eltern inzwischen zwei Enkelkinder geschenkt hat.

Ludwig / Lutz Wertheim, der sich in den USA Lewis Wertheim nannte, starb am 23. Mai 1962,[174] seine Frau am 20. August 1978.[175] Beide hatten ihren Lebensabend in Denver verbracht und wurden auch auf dem dortigen Fairmount-Cemetary begraben.

 

Veröffentlich: 16. 05. 2023

 

 

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Anmerkungen:

 

[1] Das erste Wiesbadener Adressbuch, in dem sie erfasst sind, ist das des Jahres 1914. . Das Aktive Museum Spiegelgasse hat 2013 ein Erinnerungsblatt für die Familie Rosenau veröffentlicht (z. Zt. leider offline).

[2] Grathoff, Geschichte der Stadt Hachenburg, S.259.

[3] Ebd.

[4] HHStAW 2241 395.

[5] Güth / Kempf / Frank, Zachor, S. 77 f.

[6] Hitzel, Historischer Bericht, III, S. 2.

[7] Ebd. S. 2-16.

[8] Sterberegister Frankfurt 1365 / 1869

[9] Hitzel, Historischer Bericht, III, S. 7, auch Güth / Kempf / Frank, Zachor, S. 286. Hier ist auch der Grabstein mit seinen Lebensdaten abgebildet.

[10] Hitzel, Chronik ‚Goldener Löwe’ S. 36.

[11] Laut GENI waren in der Ehe insgesamt sechs Kinder zur Welt gekommen. Neben dem ältesten Seligmann Rosenau im Jahr 1842, im Jahr 1844 Gertrud, dann 1845 Moses, 1847 Marianne und 1852 die Zwillinge Emma und Fanny. Siehe https://www.geni.com/family-tree/index/6000000022893410189. (Zugriff: 30.04.2023). Die Angaben konnten nicht durch weitere Dokumente verifiziert werden.

[12] Die wechselvolle Geschichte des Hauses wurde umfassend von Otto Hitzel in seiner Chronik ‚Goldener Löwe’ recherchiert und dokumentiert.

[13] Ebd. S. 25 f.

[14] Ebd. S. 36

[15] https://www.regionalgeschichte.net/westerwald/hachenburg/einzelaspekte/infos-zur-stadtgeschichte/buergerliches-leben-191/themenbereiche/juedische-mitbuerger-221/schicksale-der-juden-224.htm. (Zugriff: 30.04.2023). Güth / Kempf, / Frank, Zachor, S. 91, machen darauf aufmerksam, dass die Angestellten jüdischer Geschäfte schon damals in den Genuss einer Fünf-Tage-Woche kamen, da die Geschäfte am Samstag geschlossen blieben. Auf die Frage, ob sich das auch in einem niedrigeren Gehalt bemerkbar machte, gehen die Autoren allerdings nicht ein.,

[16] Ebd. S. 78.

[17] Sterberegister Charlottenburg 563 / 1909.

[18] Fanny Seewald war nach Angabe ihres Sohnes im April 1844 geboren worden, siehe HHStAW 685 660b (8). Abweichend davon nennt GENANET als Geburtsjahr von Fanny Seewald das Jahr 1847, siehe https://gw.geneanet.org/pfdm?lang=en&pz=israel&nz=fleischmann&ocz=1&p=fanny&n=seewald. (Zugriff: 30.04.2023). Sie verstarb laut Angabe ihre Sohnes am 8. 10.1918, siehe HHStAW 685 660b(21).

[19] Die Geburtsdaten der Kinder sind dem GENI-Stammbaum entnommen, werden aber auch durch eine Reihe anderer Belege bestätigt. Falsch ist dort allerdings die Angabe des Geburtsorts. Hachenburg wird dort wie auch bei GENANET und anderen Artikeln fälschlicherweise als Hackenberg bei Wiesbaden bezeichnet.

[20] https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/xsrec/current/1/sn/juf/mode/base?q=YToxOntzOjI6InhzIjthOjI1OntzOjY6InBlcnNvbiI7czozMzoiV2VydGhlaW0sIEJyYW5kaW5lIGdlYm9yZW5lIFBsYXV0IjtzOjU6InplaXQxIjtzOjA6IiI7czo1OiJ6ZWl0MiI7czowOiIiO3M6NToiYWx0ZXIiO3M6MDoiIjtzOjEwOiJnZXNjaGxlY2h0IjtOO3M6NToiYmVydWYiO3M6MDoiIjtzOjg6ImZ1bmt0aW9uIjtzOjA6IiI7czo4OiJmcmllZGhvZiI7TjtzOjM6Im9ydCI7czowOiIiO3M6NToic2FjaGUiO3M6MDoiIjtzOjg6Im1hdGVyaWFsIjtOO3M6MTA6InNwcmFjaGVfdnMiO047czoxMDoic3ByYWNoZV9ycyI7TjtzOjE0OiJzcHJhY2hlX3NvY2tlbCI7TjtzOjY6ImJyZWl0ZSI7TjtzOjU6ImhvZWhlIjtOO3M6NToidGllZmUiO047czoxMToicGxhdHppZXJ1bmciO047czo3OiJ6dXN0YW5kIjtOO3M6MTA6ImdyYWJudW1tZXIiO047czozOiJva3oiO047czoyOiJpZCI7TjtzOjk6ImJpbGRkYXRlaSI7czoxOiIwIjtzOjEwOiJ0cnVua2llcmVuIjtzOjE6IjAiO3M6NToib3JkZXIiO047fX0=. (Zugriff: 30.04.2023).

[21] Ebd.

[22] https://jinh.lima-city.de/gene/chris/plaut/Nachkommen_Abraham_Plaut_aus_Frankershausen.htm. (Zugriff: 30.04.2023).

[23] Meldekarte Jonas Wertheim, Stadtarchiv Göttingen, Alte Meldekartei. Ihre Eltern waren Leopold und Thelsa Plaut.

[24] Ebd. Siehe auch https://jinh.lima-city.de/gene/chris/plaut/Nachkommen_Abraham_Plaut_aus_Frankershausen.htm. (Zugriff: 30.04.2023).

[25] https://jg-goettingen.de/archiv/presse/Aufgebauer/series_4.php. (Zugriff: 30.04.2023).

[26] Bruns-Wüstenfeld, Lohnende Geschäfte, S. 230.

[27] Adressbuch Göttingen 1900.

[28] Eine amtliche Urkunde für dieses Heiratsdatum konnte nicht gefunden werden, aber Moritz Rosenau machte diese Angabe mehrfach in seinen Steuererklärungen, siehe z.B. HHStAW 685 660d (21).

[29] Güth / Kempf / Frank, Zachor, S. 79.

[30] Ebd.

[31] Güth / Kempf / Frank, Zachor, S. 79 schreiben, dass das Geschäft von seinem Schwager Hermann Rosenthal übernommen worden sei. Das scheint zweifelhaft zu sein, denn die einzige Schwester von Moritz war mit Leo Röttgen verheiratet und auch unter den Schwestern seiner Frau war keine mit einem Hermann Rosenthal verheiratet. Hitzel, Historischer Bericht IV, S. 5 sagt hingegen nur, dass das Geschäft an die Rechtsvorgänger der späteren Geschäftsinhaber Pickel, Preisser und Christ verkauft worden sei.

[32] HHStAW 685 660b (13).

[33] Hitzel, Chronik ‚Goldener Löwe’ S. 37.

[34] HHStAW 685 660b (1).

[35] HHStAW 685 660b (8, 31). Wie sich aus den Steuerunterlagen ergibt, müssen damals noch weitere finanzielle Absprachen getroffen worden sein, di aber im Detail nicht mehr nachvollziehbar sind. So schuldete Moritz Rosenau seinem Bruder einen Betrag von 35.000 RM, seiner Schwester Rose 20.000 RM und seiner Mutter 17.500 RM. Alle diese Schulden sollten im Todesfall der Mutter beglichen werden. Siehe HHStAW 685 660b (2).

[36] Ebd. (20). 1920 muss das Gebäude in der Hachenburger Wilhelmstraße zumindest teilweise abgebrannt sein, denn Moritz Rosenau meldete dem Finanzamt einen Brandschaden von 35.000 RM, ebd. (23).

[37] Ebd. (15).

[38] Güth / Kempf / Frank, Zachor, S. 79.

[39] Geburtsregister Wiesbaden 1196 / 1924. Ein Foto von Gerti als Mädchen ist auf dem Erinnerungsblatt des Aktiven Museums Spiegelgasse für die Familie Rosenau abgedruckt. (z. Zt. leider offline).

[40] HHStAW 685 660b (37, 54).

[41] Siehe den umfangreichen Katalog unter https://www.velopedia.online/Document/Show/1572. (Zugriff: 30.04.2023).

[42] HHStAW 685 660b (11).

[43] Ebd. (2).

[44] Ebd. (69).

[45] Möglicherweise war der Großteil seines früheren Vermögens, das vielleicht in Wertpapieren, wertlos gewordenen Kriegsanleihen angelegt war, durch die Inflation dahingerafft worden. Zumindest ist der Unterschied zwischen Vor- und Nachkriegsvermögen sehr beträchtlich.

[46] HHStAW 685 660c (passim). Wer an dem Unternehmen als Kompagnon beteiligt war, ist wiederum nicht bekannt.

[47] HHStAW 685 660c (14).

[48] HHStAW 518 685 (60).

[49] Ebd. (99). Im Widerspruchsverfahren gegen den Entschädigungsbescheid folgte das Landgericht der Forderung der hinterbliebenen Tochter nach einer höheren Entschädigungszahlung nicht, sie ebd. 157-161.

[50] HHStAW 685 660a (4) und HHStAW 518 859 (26)..

[51] HHStAW 518 859 (75). Im Entschädigungsverfahren wurde aus dem Einstellungsdatum von Alfons Voss der Schluss gezogen, dass die Firma mindestens seit 1928 existiert haben müsse. Das scheint allerdings ein falscher Schluss zu sein, denn die Eröffnungsbilanz des Unternehmens mit der Jahresangabe 1931 ist in den Steuerakten erhalten geblieben. Wahrscheinlicher ist hingegen, dass er bereits in der Vorläuferfirma angestellt war und dann übernommen wurde.
Nach der Übernahme wurde am 1.10.1935 die Firma nun in Mainz neu als oHG. gegründet, die Filiale in Wiesbaden blieb nur noch kurze Zeit bestehen. Erst nach dem Krieg wurde der Hauptsitz wieder nach Wiesbaden  verlegt. Ebd. (61).

[52] Ebd. S. 26. Allerdings ist diese Angabe nicht durch Belege fundiert und auch das Jahr der Arisierung ist fälschlicherweise in das Jahr 1938 verlegt.

[53] HHStAW 685 660a (o.P.), Überwachungsbogen, und HHStAW 685 660a (o.P.), Bericht der Steuerprüfung. In den letzten drei Monaten von 1935 konnte Moritz Rosenau noch Außenstände von 7.500 RM eintreiben, 1936 noch fast 10.000 RM. 1937 waren es dann nur noch etwas mehr als 2.000 RM und im folgenden Jahr wurde das Geschäft endgültig liquidiert.

[54] Ebd. (129).

[55] Ebd. (o.P.).

[56] HHStAW 685 660d (19, 20,  21).

[57] HHStAW 685 660e (o.P., 2). Beide Beträge sind in den Steuerunterlagen genannt. Zudem sollte die Restsumme mit 5 Prozent verzinst werden.

[58] Ebd. (o.P.).

[59] Ebd. (14).

[60] Ebd. (o.P.).

[61] Ebd. (o.P.).

[62] Ebd. (10, 17). Die am 2.11.1939 vorgetragene Bitte, man möge doch auf die Zahlung der 5. Rate verzichten, ebd. (o.P.), wurde selbstverständlich abgelehnt.

[63] HHStAW 519 859 (26).

[64] HHStAW 685 660e (28). Der Betrag wurde nach der Deportation am 14.9.1942 vom Finanzamt Wiesbaden eingezogen, siehe 518 859 (7).

[65] Einzig in einem Schenkungsvertrag, der aber eher dazu diente, das Mobiliar vor dem Zugriff durch die Nazis zu verhindern, ist davon die Rede. Siehe dazu unten. Anträge auf einen Reisepass oder andere für eine Auswanderung notwendigen Unterlagen sind in auch in den Devisenakten nicht zu finden.

[66] Ebd. (20).

[67] Die biografischen Angaben folgen den Einlassungen im Entschädigungsverfahren, siehe HHStAW 518 859 (25), zum Schulbesuch am Lyzeum auch Opfermann, Stationen, S. 12.

[68] HHStAW 518 859 (21).

[69] Ebd. (26).

[70] HHStAW 685 660d (31). Der entsprechende Eintrag auf der Gestapokarteikarte erfolgte am 12.1.1940, allerdings ist hier das zweite und nicht das dritte Stockwerk angegeben. Aber die Antwort des Einwohnermeldeamts Wiesbaden auf eine Anfrage der Devisenstelle Frankfurt vom 19.8.1940 bestätigte, dass Rosenaus im dritten Stock des Hauses wohnten, sie HHStAW 519/3 5956 (4)

[71] Die Devisenstelle genehmigte ihm dann die gewünschte Anhabung des Freibetrag auf wenigsten 450 RM, ebd. (15).

[72] Siehe den Aufriss HHStAW 519/2 2173 (80).

[73] HHStAW 519/3 5956 (13, 14). Die Zahlungen dieser Mieten mussten auch über das gesicherte Konto laufen und durften nicht in bar entgegengenommen werden.

[74] Weichel, Wiesbaden im Bombenkrieg, S. 34.

[75] HHStAW 519/3 5956 (17). Dem Antrag wurde am 15.12.1941 stattgegeben.

[76] HHStAW 518 859 (11).

[77] Siehe zu dem gesamten Vorgang HHStAW 518 859 (9-11).

[78] HHStAW 519/3 5956 (19, 20).

[79] Zu diesem Transport siehe Gottwaldt / Schulle, Judendeportationen, S. 317 ff. und ausführlich Kingreen, Deportation der Juden aus Hessen, S. 132-169. Hier sind auch die Fotos veröffentlicht, die bei dieser Deportation von einem unbekannten Fotografen in Wiesbaden in der Sammelstelle Friedrichstraße und am Bahnhof gemacht wurden.

[80] https://ca.jewishmuseum.cz/media/zmarch/images/4/2/9/95363_ca_object_representations_media_42921_large.jpg. (Zugriff: 30.04.2023). In Güth / Kempf / Frank, Zachor, S. 79 heißt es fälschlicherweise, sein Todesjahr sei 1942 statt 1943 gewesen.

[81] https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de950866 und https://www.holocaust.cz/de/opferdatenbank/opfer/28786-grete-rosenau/. (Zugriff: 30.04.2023).

[82] https://collections.arolsen-archives.org/de/search/person/86503996?s=Grete%20Rosenau&t=0&p=0. (Zugriff: 30.04.2023).

[83] Güth / Kempf / Frank, Zachor, S. 79.

[84] Gottwaldt / Schulle, Judendeportationen, S. 66. Siehe hier auch umfassend zu dieser ersten Transportwelle, zur Planung und der Realisierung der einzelnen Transporte S. 52-83.

[85] Ebd. S. 80.

[86] https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/en950857. (Zugriff: 30.04.2023).

[87] Auch in der Neuauflage von Güth / Kempf / Frank, Zachor aus dem Jahr 2002 bleibt das Schicksal von Rose und ihrer Familie unbearbeitet. Es heißt da lapidar auf S. 77, dass sie mit ihrem Ehemann außerhalb Hachenburgs gewohnt habe. Dass ihr Schicksal bzw. das ihrer Kinder aber – wie zu zeigen sein wird – mit so bedeutenden Namen wie Lion Feuchtwanger oder Anne Frank verbunden ist, wurde leider nicht wahrgenommen.

[88] http://www.wattenscheider-hbv.de/zeitschr/pdf/2020-12-3.pdf. (Zugriff: 30.4.2023). Fälschlicherweise wird in dem Artikel von Leiding der Heimatort von Rose ebenfalls falsch mit Hackenburg  bei Wiesbaden angegeben.

[89] Geboren wurde Else am 20.3.1897, Gertrude am 4.4.1898, Margaretha am 10.5.1899, Auguste am 29.9.1900 und Lotte am 3.3.1908,. Angaben nach GENI https://www.geni.com/family-tree/index/6000000027595792859. (Zugriff: 30.04.2023). Die Angaben wurden aber durch andere Dokumente verifiziert.

[90] Für Leo https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de954997, für Rose Röttgen https://yvng.yadvashem.org/nameDetails.html?language=en&itemId=4288101&ind=1. (Zugriff: 30.04.2023). Eigenartigerweise ist sie, anders als ihr Mann, im Gedenkbuch des Bundesarchivs Koblenz nicht aufgenommen.

[91] Siehe zur Familie Leeser Hist. Hdb. Der jüdischen Gemeinschaften in Westfalen Lippe, S. 425-459 passim.

[92] https://spurenimvest.de/2020/06/13/leeser-julius/. (Zugriff: 30.4.2023).

[93] https://de.findagrave.com/memorial/202641297/helmut-leeser. (Zugriff: 30.04.2023).

[94] Rolf / Ralph Leeser hat 1996 der USC-Shoah-Foundation ein Interview gegeben, auf das im Folgenden Bezug genommen wird. Siehe https://vha-1usc-1edu-1vd5a2v0c22aa.proxy.fid-lizenzen.de/testimony/20993?from=search&seg=1&mm=img. (Zugriff: 30.04.2023). Das Interview kann nur mit einer besonderen Lizenz gesehen und gehört werden.

[95] https://www.ancestry.de/imageviewer/collections/7488/images/NYT715_5988-0550?treeid=&personid=&hintid=&usePUB=true&usePUBJs=true&pId=20528501. (Zugriff: 30.04.2023).

[96] https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/653481879:61843. (Zugriff: 30.04.2023).

[97] https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/56192:62195. (Zugriff: 30.04.2023).

[98] https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/36078303:3693. (Zugriff: 30.04.2023).

[99] https://de.findagrave.com/memorial/202641297/helmut-leeser. (Zugriff: 30.04.2023). Hier auch weitere Informationen zu seinem Leben.

[100] Siehe dazu den von Felix Feuchtwanger 1911 gefertigten Stammbaum https://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/freimann/content/pageview/987174. (Zugriff: 30.04.2023).

[101] Siehe zur Geschichte der Firma Henseler, Klaus, Reklamemarken für Margarine – Marken und Hersteller, S. 276 ff. Online unter http://www.drucker-marken.de/images/druck/pdf/buch_125_Margarine.pdf. (Zugriff: 30.04.2023).

[102] https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/5392540:1631?queryId=c242997dbcb306002e97b103d88b1954&_phsrc=svo1576&_phstart=successSource&lang=de-DE. (Zugriff: 30.04.2023).

[103] https://gw.geneanet.org/pfdm?n=feuchtwanger&oc=&p=berthold. (Zugriff: 30.04.2023).

[104] https://stadt.muenchen.de/dam/jcr:69fb504c-6dd0-4a58-b34a-cde908111b7e/KulturGeschichtsPfad-14-Berg-am-Laim.pdf. (Zugriff: 30.04.2023).

[105] https://gw.geneanet.org/pfdm?n=feuchtwanger&oc=&p=berthold. (Zugriff: 30.04.2023).

[106] https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/2625475:7733?lang=de-DE. (Zugriff: 30.04.2023).

[107] https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/19095807:3693. (Zugriff: 30.04.2023).

[108] Das Geburtsdatum nach https://www.geni.com/people/Max-Goldschmidt/6000000022072615542. (Zugriff: 30.04.2023).

[109] https://www.gedenkbuch-wuppertal.de/en/comment/407. (Zugriff: 30.04.2023).

[110] Joods Monument kennt den Namen der Eltern von Doris nicht.

[111] https://www.mappingthelives.org/bio/9339dcb1-3cbe-4fac-b2df-e38b68b6b1f0. (Zugriff: 30.04.2023).

[112] https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de875973 und https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/chronology/viewNetherlands.xhtml. (Zugriff: 30.04.2023).  Im Gedenkbuch von Wuppertal heißt es hingegen, sie sei zunächst nach Majdanek und von dort nach Auschwitz gebracht worden. https://www.gedenkbuch-wuppertal.de/en/comment/407. (Zugriff: 30.04.2023). Ein Transport von Westerbork nach Majdanek ist jedoch in diesem Zeitraum nicht nachweisbar.

[113] https://www.ancestry.de/imageviewer/collections/7488/images/NYT715_7298-0081?treeid=&personid=&hintid=&queryId=26ea7b716d6187b7e82aacfb2953f6af&usePUB=true&_phsrc=OEb86&_phstart=successSource&usePUBJs=true&pId=3022127907. (Zugriff: 30.04.2023).

[114] https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/55201055:3693. (Zugriff: 30.04.2023).

[115] Anne Frank, Tagebücher – Gesamtausgabe S. 14.

[116] Müller, Anne Frank, S. 136.

[117] https://www.annefrank.org/de/anne-frank/die-hauptpersonen/hermann-van-pels/. (Zugriff: 30.04.2023). Hier ist auch ein älteres Foto der Martinstraße zu sehen, in der die Familie in Osnabrück wohnte.

[118] Müller, Anne Frank, S. 136.

[119] Siehe den Grundriss der Stockwerke in Müller, Anne Frank, S. 229.

[120] Anne Frank, Tagebücher – Gesamtausgabe S. 106.

[121] Ebd. S. 251.

[122] Einen solchen Streitdialog hat Anne in ihrem Tagebuch festgehalten, siehe ebd. S. 233 f.

[123] Ebd. S. 253f.

[124] Müller Anne Frank, S. 17-28.

[125] Ebd. S. 346 und 427.

[126] https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de544691 und https://yvng.yadvashem.org/nameDetails.html?language=en&itemId=4278879&ind=1. (Zugriff: 30.04.2023).

[127] https://de.wikipedia.org/wiki/Anne_Frank. (Zugriff: 30.04.2023).Dazu Anne Frank, Tagebücher – Gesamtausgabe, S. 514.

[128] https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de943116. (Zugriff: 30.04.2023).

[129] Zum Arbeitslager Melk siehe https://www.mauthausen-memorial.org/de/Melk/Das-Konzentrationslager-Melk. (Zugriff: 30.04.2023).

[130] Zum Krankenlager in Mauthausen siehe die Ausführungen im Kapitel zur Familie Guthmann. Auch Paul Guthmann aus Wiesbaden verendete in diesem Sanitätslager.

[131] https://raumdernamen.mauthausen-memorial.org/index.php?id=4&p=137617. In der Namensliste ist sein Todestag dagegen eigenartigerweise mit dem 5.5.1945 angegeben, siehe https://www-mauthausen-nl.translate.goog/namenlijst/?_x_tr_sl=auto&_x_tr_tl=de&_x_tr_hl=de. (Zugriff: 30.04.2023).

[132] Siehe auch im Folgenden https://stolpersteine.wdr.de/web/de/stolperstein/7565. (Zugriff: 30.04.2023).

[133] https://www.mappingthelives.org/bio/8ecc7bf0-09ff-4d0e-8882-c07c0ce1319d. (Zugriff: 30.04.2023).

[134] https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/6692490:2280?tid=&pid=&queryId=2e860cb580e2ced461c42c19ad857f6e&_phsrc=svo1601&_phstart=successSource. (Zugriff: 30.04.2023). Die Heirat mit dem am 19.3.1913 geborenen Sohn von Ludwig und Rosa Strauss, geborene Barmann, fand nach ihren eigenen Angaben am 29.9.1937. Möglicherweise hatten sich beide vor ihrer Ausreise schon gekannt, allerdings war Otto Strauss bereits im Dezember 1936 emigriert.

[135] https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/108341:2507?tid=&pid=&queryId=fe46282c51bea17df42345dc33d855ab&_phsrc=svo1593&_phstart=successSource und https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/2280:1482?tid=&pid=&queryId=0b94c1d67ed7baf24f97f123b2f68fb9&_phsrc=svo1597&_phstart=successSource. (Zugriff: 30.04.2023).

[136] https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/2280:1482?tid=&pid=&queryId=0b94c1d67ed7baf24f97f123b2f68fb9&_phsrc=svo1597&_phstart=successSource. (Zugriff: 30.04.2023).

[137] https://collections-server.arolsen-archives.org/H/Child%20Tracing%20Branch%20General%20Documents/General%20Documents/06030102/aa/ab/jw/001.jpg. (Zugriff: 30.04.2023).

[138] https://yvng.yadvashem.org/nameDetails.html?language=en&itemId=11513266&ind=1 und https://yvng.yadvashem.org/nameDetails.html?language=en&itemId=11513244&ind=1. (Zugriff: 30.04.2023).

[139] Siehe die Angaben auf seinem Grabstein. Die Mutter verstarb demnach am 25.1.1933.

[140] Schäfer-Richter / Klein, Gedenkbuch Göttingen, S. 268.

[141] Ebd.

[142] Ebd..

[143] Adressbuch Göttingen  1925 und 1928. Das Gebäude beherbergt heute die Commerzbank. Ob es im Laufe des letzten Jahrhunderts zu wesentlichen baulichen Veränderungen gekommen war, konnte im gegebenen Rahmen nicht ermittelt werden.

[144] Bruns-Wüstefeld, Lohnende Geschäfte, S. 230.

[145] Dennoch soll er 1930 ein Einkommen von etwa 7.000 RM, 1932 von 3.300 RM und 1933 von rund 4.200 RM erwirtschaftet haben, siehe ebd. S. 231.

[146] https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/653030:5378?tid=&pid=&queryId=ad5fc81e3eef1bb06af647d9de6a2986&_phsrc=svo1486&_phstart=successSource. (Zugriff: 30.04.2023). Falsch ist die Angabe im Gedenkbuch, dass die Familie damals in die USA ausgereist sei, siehe Schäfer-Richter / Klein, Gedenkbuch Göttingen, S. 268.

[147] Bruns-Wüstefeld, Lohnende Geschäfte, S. 231, dazu https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/1292:2027?tid=&pid=&queryId=e62b60ddb319b7b610c1361d52bab2a4&_phsrc=svo1499&_phstart=successSource und https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/1294:2027?tid=&pid=&queryId=9336112012f47e38773f74a248d5e026&_phsrc=svo1616&_phstart=successSource. (Zugriff: 30.04.2023).

[148] https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/933317:60579. (Zugriff: 30.04.2023).

[149] https://search.ancestry.de/cgi-bin/sse.dll?dbid=61172&h=1840467&indiv=try&o_vc=Record:OtherRecord&rhSource=61196. (Zugriff: 30.04.2023). Hier ist der Name des Vaters mit Adolf Wertheim angegeben.

[150] https://de.findagrave.com/memorial/189800803/adolf-wertheim. (Zugriff: 30.04.2023).

[151] https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/149011:9091?nreg=1. (Zugriff: 30.04.2023).

[152] https://de.findagrave.com/memorial/189886291/lutz-hans-wertheim. (Zugriff: 30.04.2023).

[153] Geburtsregister Wiesbaden 1637 / 1902.

[154] Müller, Juden in Gießen, S. 394.

[155] Sterberegister Wiesbaden 1240 / 1924.

[156] Sterberegister Wiesbaden 1679 / 1929. Die Todesmeldung wurde dem Standesamt von einem Kaufmann Kurt Frank, wohnhaft in Würzburg überbracht. In welchem verwandtschaftlichen Verhältnis die beiden zueinander standen, konnte nicht ermittelt werden.

[157] Müller, Juden in Gießen, S. 743.

[158] Ebd. S. 394.

[159]. Ebd. S. 507. In der Ehe von Julius und Rosa Rosenbaum wurden zwei Kinder geboren. Am 29. Januar 1903 kam der spätere Jurist Kurt, dann am 23. August 1910 ein weiterer Sohn namens Hans zur Welt.

[160] https://www.ancestry.de/imageviewer/collections/9093/images/41326_342149-01232?treeid=&personid=&hintid=&usePUB=true&usePUBJs=true&pId=2543603. (Zugriff: 30.04.2023). Laura war die Tochter von Louis und Anna Lebster, geborene Shapiro. Trauzeuge war neben dem Brautvater ein Leone Livingston, sicher ein Verwandter von Heinz / Henry Löwenstein, der für ihn eine erste Anlaufstation in den USA gewesen war.

[161] https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/84419383:2442. (Zugriff: 30.04.2023).

[162] https://search.ancestry.de/cgi-bin/sse.dll?indiv=1&dbid=7488&h=1004662491&tid=&pid=&queryId=f6cb3581a29a87dca155b5809496f052&usePUB=true&_phsrc=svo1543&_phstart=successSource. (Zugriff: 30.04.2023).

[163] https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/1059734:61196?tid=&pid=&queryId=7386688943dec077b4cc46b67ea21b08&_phsrc=svo1548&_phstart=successSource. (Zugriff: 30.04.2023).

[164] https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/1869160:61196?tid=&pid=&queryId=af0e42d99204a68ed0e5bf84afd36095&_phsrc=svo1549&_phstart=successSource. (Zugriff: 30.04.2023).

[165] https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/121970821:60525. (Zugriff: 30.04.2023). Er wurde in Chicago begraben.

[166] https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/179611908:60525. (Zugriff: 30.04.2023). Martha wurde in Denver begraben. Vermutlich hatte sie zuletzt bei ihrem Bruder Ludwig und seiner Frau Johanna gelebt, die sich nach ihrer Flucht in die USA dort ihren Lebensabend verbrachten.

[167] https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/795853:2717. (Zugriff: 30.04.2023).

[168] Heiratsregister Frankfurt 570 / 1913. Über das Schicksal der Familie liegen auf Grund eines Interviews, dass die Tochter Lore am 29.12.1997 der USC-Holocaust-Foundation gegbeben hat, umfassende Informationen vor. Siehe https://vha-1usc-1edu-1vd5a2v0c0411.proxy.fid-lizenzen.de/testimony/36416?from=search&seg=98. (Zugriff: 30.04.2023). Auf das Interview, das nur mit einer gesonderten Lizenz zu hören und zu sehen ist, wird im Folgenden, sofern nicht anders angemerkt, Bezug genommen

[169] Müller, Juden in Gießen, S. 698.

[170] Ebd.

[171] Heiratsregister Frankfurt 570 / 1913.

[172] Die Geburtsangaben der Kinder sind auf dem Antrag auf Erteilung der amerikanischen Staatsbürgerschaft vermerkt, siehe https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/452566181:61196. (Zugriff: 30.04.2023).

[173] https://www.ancestry.de/imageviewer/collections/7488/images/NYT715_7102-0772?treeid=&personid=&hintid=&usePUB=true&usePUBJs=true&pId=3021307724. (Zugriff: 30.04.2023).

[174] https://de.findagrave.com/memorial/30728794/lutz-wertheim. (Zugriff: 30.04.2023).

[175] https://de.findagrave.com/memorial/30728793/hanna-wertheim. (Zugriff: 30.04.2023).