Adele Bonné, geborene Goldmann und ihre Schwägerin Recha Abraham, geborene Bonné


Kaiser-Friedrich-Ring 65 Wiesbaden, Judenhaus, Judenhäuser Wiesbaden, Bernhard Scheidt, Rosa Scheidt Fechheimer, Minna Scheidt Kahn, Isaak Kahn, Luise Scheidt Kaufmann, Abraham Alfred Kaufmann, Frieda Wolf, Sally Wolf, Paula Helene Wolf Kassel, Julius Kassel, Ilse Betty Kassel, Friedel Scheidt Oppenheimer, Louis Oppenheimer, Eleanor Morris, Hugo Kaufmann, Helga Simon Kaufmann, Emma Scheidt Essinger, Julius Essinger, Rolf Essinger, Otto Essinger, Anna Essinger, Siegmund Scheidt, Anna Scheidt Frank, Otto Frank, Helmuth Friedrich Frank, Edith Margot Frank,Bertha Berta Scheid Blütenthal, Davis Blütenthal, Simon Frank, Therese Frank Müller, Moses Max Frank, Anna Simon Frank, Leonie Frank Landsberg, Peter Kurt Frank, Judith Eva Landsberg, Lea Landsberg, Jenny Johanna Scheidt, Felix Kaufmann, Juden Wiesbaden, Klaus Flick
Das ehemalige Judenhaus Kaiser-Friedrich-Ring 65 heute
Eigene Aufnahme
Kaiser-Friedrich-Ring 65 Wiesbaden, Judenhaus, Judenhäuser Wiesbaden, Bernhard Scheidt, Rosa Scheidt Fechheimer, Minna Scheidt Kahn, Isaak Kahn, Luise Scheidt Kaufmann, Abraham Alfred Kaufmann, Frieda Wolf, Sally Wolf, Paula Helene Wolf Kassel, Julius Kassel, Ilse Betty Kassel, Friedel Scheidt Oppenheimer, Louis Oppenheimer, Eleanor Morris, Hugo Kaufmann, Helga Simon Kaufmann, Emma Scheidt Essinger, Julius Essinger, Rolf Essinger, Otto Essinger, Anna Essinger, Siegmund Scheidt, Anna Scheidt Frank, Otto Frank, Helmuth Friedrich Frank, Edith Margot Frank,Bertha Berta Scheid Blütenthal, Davis Blütenthal, Simon Frank, Therese Frank Müller, Moses Max Frank, Anna Simon Frank, Leonie Frank Landsberg, Peter Kurt Frank, Judith Eva Landsberg, Lea Landsberg, Jenny Johanna Scheidt, Felix Kaufmann, Juden Wiesbaden, Klaus Flick
Lage des ehemaligen Judenhauses
Belegung des Judenhauses Kaiser-Friedrich-Ring 65

 

 

 

 

 

 


Adele Bonné und ihre Schwägerin Recha Abraham hatten in das Judenhaus Kaiser-Friedrich-Ring 65 einziehen müssen, nachdem das Judenhaus von Sebald und Hedwig Strauss in der Bahnhofstr. 46 nach der großen Deportation im Juni 1942 geräumt worden war. Diejenigen, die damals nicht deportiert wurden, das waren weitgehend die älteren Jüdinnen und Juden, hatte man auf andere Häuser verteilt, so auch auf das Judenhaus am Ring, das dem Ehepaar Otto und Anna Frank gehörte. Auch das Ehepaar Kleeberg hatte damals umziehen müssen. Das Judenhaus in der Bahnhofstr. 46 war bereits die zweite Unterkunft, die die beiden verwitweten Frauen in Wiesbaden nahmen, nachdem sie sich im November 1938 in der Stadt angemeldet hatten.

Stammbaum der Familien Goldmann Bonné - Abraham
Stammbaum der Familien Goldmann Bonné – Abraham
GDB

Bis zu diesem Zeitpunkt stellte für beide die rheinhessische Gemeinde Ingelheim, genauer: das damals noch selbständige Ober Ingelheim, ihren Lebensmittelpunkt dar, obgleich sie beide dort nicht geboren worden waren, sondern zu den Zugezogenen gehörten. Ursprünglich stammte die Familie Bonné aus der mittelfränkischen Gemeinde Cronheim, die heute ein Ortsteil der Stadt Gunzenhausen ist. Wie überall war auch die Geschichte der Juden in diesem Ort seit den ersten Ansiedlungen geprägt durch sich abwechselnde Phasen der Verfolgung, Vertreibung und Duldung. Im 17. Jahrhundert wurde der Ort vom damaligen Bischof – der Ort gehörte zum Bistum Eichstätt – sogar zum bevorzugten Siedlungsort der Region für Juden ausersehen. Sitz des Rabbinats war Ende des Jahrhunderts allerdings das benachbarte Gunzenhausen. Die alte Synagoge wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts durch einen neuen Bau ersetzt, in der auch die Mikwe und eine Schule angesiedelt waren. Der Anteil der jüdischen Bewohner in der Gemeinde lag zu Beginn des 19. Jahrhunderts bei mehr als 40 Prozent, ging aber dann bis zum Ende der Weimarer Zeit auf weniger als 10 Prozent zurück.[1]

Synagoge Cronheim
Die Synagoge in Cronheim
https://www.alemannia-judaica.de/images/Images%2086/Cronheim%20Synagoge%20170.jpg

Auch die Familie Bonné gehörte zu denjenigen, die sich spätestens im 19. Jahrhundert in dieser Region, vermutlich zunächst in Gunzenhausen, niedergelassen hatte. Israel Samuel Bonné, von dem immerhin der Name seines Vaters Judas Bonné bekannt ist, war um 1795 dort geboren worden und 1852 auch dort verstorben.[2] Mit seiner Frau Theile, geborene Mohr, hatte er zumindest einen Sohn namens Salomon, von dem aber weder Geburts- noch Todestag bekannt sind. Stattdessen kennt man die entsprechenden Daten seiner Frau Johanna, die ebenfalls aus Cronheim stammte. Sie war am 5. Juli 1832 als Tochter von Moses und Therese Riegel, geborene Asch, zur Welt gekommen worden.[3]

Aus dieser Ehe waren in Cronheim fünf Kinder hervorgegangen, deren weiterer Lebensweg mit dem Rhein-Main-Gebiet verwoben ist.[4] Zunächst wurden drei Söhne geboren, von denen Julius, geboren am 27. September 1855, der älteste war. Auf ihn folgte Moritz, geboren am 5. November 1836. Mit Siegmund war zugleich die erste Tochter des Paares, Thekla, am 3. Juli 1858 zur Welt gekommen. Nach den Zwillingen wurde am 9. Februar 1863 noch eine weitere Tochter geboren, die den Namen Recha erhielt.

Alle drei Söhne waren zu einem nicht bekannten Datum nach Ober-Ingelheim gezogen und hatten dort im Jahr 1879 ein Weinhandelsgeschäft und eine Weinkommission gegründet.[5]

Anzeige der Weinhandlung Gebr. Bonnè
Briefkopf der Weinhandlung Gebr. Bonnè
Mit Genehmigung des dif-Ingelheim

Die Idee, nach Rheinhessen zu ziehen, war sicher kein spontaner Akt, sondern war vorbereitet durch ihre Tante Doris, die Schwester von Johanna Bonné. Doris Riegel, geboren am 1. Mai 1834 ebenfalls in Cronheim, hatte am 30. Juli 1855 in Ober Ingelheim Moses Baum aus Schornsheim geheiratet. Für den am 12. oder 13. Dezember 1827 geborenen Sohn von Adam und Elisabeth Baum, geborene Schlösser, war es bereits die zweite Ehe, nachdem seine erste Frau Martha Haas, genannt Amalie, am 25. September 1856 verstorben war. Ursprünglich war er als Lehrling in das Manufakturwarengeschäft Frank eingetreten, um dort eine Lehre als Kaufmann zu absolvieren. Als sein Lehrmeister später nach Mainz verzog, konnte Moses Baum das Geschäft und das Haus am Markt 12 käuflich erwerben, um darin später eine gut gehende Weinhandlung zu etablieren.[6]
Moses Baum war aber nicht nur ein angesehener Geschäftsmann, sondern über viele Jahre auch Vorsteher der Jüdischen Gemeinde. Erst in seiner zweiten Ehe waren ihm dann Kinder geboren worden, die aber zum großen Teil Ingelheim später verließen. Sie hatten zunächst das Geschäft nach dem Tod der Eltern noch weitergeführt, es dann aber 1918 an eine konkurrierende Weinhandlung veräußert.[7]
Es gab somit schon eine etwa 20 Jahre währende Verbindung zwischen Cronheim und Ingelheim, bevor sich die Söhne von Salomon Bonné mit der damals vermutlich schon verwitweten Mutter dort niederließen und in der gleichen Branche wie Onkel und Tante ihr Glück versuchten.
Juden waren seit dem Mittelalter, besonders aber seit der frühen Neuzeit in Ingelheim ansässig und zunächst primär im Vieh- und Kleinhandel, später dann aber auch im Weinhandel aktiv.[8] Wein war dort mitunter sogar als allgemeines Zahlungsmittel akzeptiert, sodass die Brüder sicher lukrative Geschäfte erwarteten. Allerdings gab es in Ober- bzw. Nieder-Ingelheim auch einige alteingesessene Familien, wie die Mayers, Oppenheimer und Kahns, die eine beträchtliche Konkurrenz für die neu Hinzugezogenen darstellten.[9] Das Geschäft war in der Rinderbachstr. 9 angesiedelt und Julius Bonné, der älteste der Brüder, war zumindest für die Kellerei als Eigentümer im Handelsregister eingetragen.[10]

Siegmund stieg schon nach einem Jahr wieder aus dem gemeinsamen Unternehmen aus und zog laut Einwohnermeldeamt 1886 nach Würzburg.[11] Dort verlieren sich seine Spuren für die folgenden Jahre. Erst mit seiner Einlieferung in die „Städtische Irrenanstalt“ in Frankfurt am Main am 23. Juni 1901 tritt er wieder in Erscheinung. Wo er all die Jahre zuvor verbracht hatte, ist der Krankenakte nicht zu entnehmen. Sie enthält diesbezüglich nur vage Hinweise. Vor seiner Einlieferung scheint er aber zuletzt wieder in Ober Ingelheim bei seinen Geschwistern gelebt zu haben. Allerdings muss er damals bereits von seiner Krankheit stark gezeichnet gewesen sein. Am 23. Juni 1901 telegrafierte Julius Bonné nach Frankfurt: „Können wir heute gen zwölf Mittags eintreffen. Abreise dringend nötig. Bonné“[12] Noch am gleichen Tag wurde er dort aufgenommen.

Die von Heinrich Hoffmann, dem Struwelpeter-Autor, gegründete ‚Irrenanstalt‘ in Frankfurt, im Volksmund ‚Irrenschloss‘ genannt, in der Siegmund Bonné seine letzten Lebensmonate verbrachte
https://de.wikipedia.org/wiki/Anstalt_f%C3%BCr_Irre_und_Epileptische#/media/Datei:Irrenschloss_am_Affenstein,_Frankfurt.jpg

Dem Anamneseprotokoll ist zu entnehmen, dass die Krankheit seit etwa einem Jahr in einen manifesten Zustand umgeschlagen war und der Patient etwa durch einen permanenten, aber sinnlosen Redefluss und auch durch ein zunehmend aggressives Verhalten immer auffälliger geworden war. Eine Kur in einer Kaltwasserheilanstalt, ein damals gängiges therapeutisches Verfahren, hatte keinen Erfolg gebracht, sodass sich die Brüder Bonné zur Unterbringung von Siegmund in der Frankfurter Anstalt entschlossen. Er muss seine Erkrankung selbst auch wahrgenommen haben: „Mein Kopf geht zurück, ich kann nicht mehr arbeiten. Ich habs noch im Kopf, aber ich brings nicht mehr in die Feder.“[13] Sein eigenes Alter konnte er nicht mehr mit Sicherheit angeben und auf die Frage des Psychiaters nach der aktuellen Jahreszahl, gab er die geradezu philosophische Antwort: „Alle Jahre ist es jetzt.“[14]
Über sein vorausgegangenes Leben machte er sehr diffuse Angaben: „… ich bin aus München, meine Frau geht fort, ich will mit ihr , ich muss mit an den Rhein, bei München, ich komm schon wieder an den Rhein bei Nürnberg, jawohl, da wohn ich . Lassen Sie mich fort. (…) Ich habe eine Masse schöner Papiere [gemeint ist ein Pass – K.F.], ich war überall, in Ungarn, vielmal.“[15] Was daran stimmt, ist ungewiss. Verheiratet war er nie. Ob er auch eine Zeit in München lebte, ist nicht bekannt, aber nicht unmöglich. Aber in Nürnberg war er mit Sicherheit eine zeitlang beheimatet, hatte dort vermutlich vor seiner Rückkehr nach Ingelheim sogar seine letzte berufliche Tätigkeit ausgeübt. Diese Vermutung gründet auf dem Schreiben eines Nürnberger Anwalts, dem Bevollmächtigten der Firma „N. Bonne“, die eine Zivilklage gegen Siegmund Bonné erhoben hatte. Der Anwalt wollte wissen, ob der Beklagte nur kurzfristig oder auf Dauer in der Anstalt untergebracht sei, somit, ob die Klage überhaupt noch Sinn machen würde. Bei der Nürnberger Firma „N. Bonne“ handelte es sich um ein Handelsunternehmen für Häute und Felle, angesiedelt in der Schanzäckerstr. 24.[16] Der Name lässt vermuten, dass es sich um einen Betrieb handelt, der im Eigentum des weiteren Familienverbandes der Bonnés war. Wahrscheinlich war Siegfried Bonné aufgrund seiner Erkrankung im Streit aus der Firma ausgeschieden.
Erstaunlich ist andererseits die in der Akte enthaltene Geburtstagskarte an seine Mutter vom 5. Juli 1901, die nahezu fehlerfrei formuliert ist:
“Liebe Mama,
Zu Deinem morgigen Geburtstage sende Dir hiermit meinen herzlichen Glückwunsch und wünsche Dir von Herzen, dass der liebe Gott Dir noch viele gute Jahre bescheren möge.
Unter herzlichen Grüßen an alle unsere Lieben verbleibe Dein treuer, Dich liebender Sohn,
Siegmund“

Weshalb die Karte aber in der Akte liegt, somit wohl nicht abgeschickt wurde, bleibt rätselhaft.
Die „Lieben“ in Ingelheim kümmerten sich tatsächlich hingebungsvoll um den erkrankten Bruder, wie viele Briefe an die Anstaltsleitung bezeugen. Es war Julius Bonné, der die Korrespondenz führte und sich immer wieder nach dessen Befinden erkundigte. Ein kurzer Brief von Moritz Bonné ist ebenfalls erhalten geblieben.
Auch war schon bei der Einlieferung vereinbart worden, dass Siegmund als 1.-Klasse-Patient untergebracht werden sollte. Aber auch das konnte den allmählichen Verfall des Patienten, der schon zu Beginn als „schlecht genährt“, „sehr hinfällig“ und „ängstlich“ beschrieben worden war, nicht aufhalten. Ein Foto, das leider nicht datiert ist, zeugt von diesem Zustand, allerdings mehr noch von den Verhältnissen in den damaligen „Irrenanstalten“: Man sieht darauf einen Mann mittleren Alters mit vollem Haar, Bart, geschlossenen Augen auf einem einfachen Holzbett in einem Mehrzimmerschlafsaal kauernd, dessen Unterkörper weitgehend entblößt ist, während der Oberkörper von einem weißen Nachthemd bedeckt ist, das eher an ein Totenhemd erinnert – ein sehr berührendes Bild.
Am 9. Juli 1902 verstarb Siegmund Bonné. Sein Ableben war dem Standesamt Frankfurt von der „Verwaltung der städtischen Irrenanstalt“ übermittelt worden.[17]

Heilanstalt Falkenstein 1875, Holzstich J. J. Kirchner
https://blauerheinrich.jimdofree.com/peter-dettweiler/

Noch früher, am 18. März 1880 war seine Zwillingsschwester Thekla im Alter von nur 19 Jahren vermutlich an TBC verstorben.[18] Ihr Tod ist im Standesamt Königstein im Taunus festgehalten, zuständig für das benachbarte Falkenstein, wo sich Thekla damals zur Kur in der Lungenheilanstalt des Dr. Peter Dettweiler befand, einer Klinik mit internationalem Ruf, in der verschiedene neue Therapieformen angewendet wurden und die besonders eher betuchten Patienten Linderung ihrer Beschwerden versprach. [19]

Dem Sterbeeintrag ist darüber hinaus zu entnehmen, dass Theklas Vater Salomon Bonné zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben und die verwitwete Mutter inzwischen auch zu den Söhnen bzw. der Schwester nach Ober Ingelheim gezogen war.

Moritz war das erste der Kinder, das eine Ehe einging. Er heiratete am 24. Februar 1890 im württenbergischen Baisingen Cilly Hilb, die dort am 29. Dezember 1868 als Tochter von Joseph und Fanny Hilb, geborene Kiefe, zur Welt gekommen war.[20] Dem Paar, das in der Rinderbachstr. 13 wohnte, wurden in den folgenden Jahren drei Söhne geschenkt, zunächst Paul, geboren am 17. April 1892, dann Erwin am 22. Mai 1895 und zuletzt Walter am 20. Mai 1901.[21]

Die jüngste Tochter von Salomon und Johanna Bonné, Recha, heiratete am 16. November 1895 in Ober Ingelheim Moritz Abraham, ein Kaufmann aus dem Westerwaldstädtchen Altenkirchen.[22] Der am 13. Mai 1862 geborene Moritz war das älteste von insgesamt sieben Kindern von Daniel und Henrietta / Jette Abraham, geborene Hirsch. Sowohl die Vorfahren väterlicher- wie auch mütterlicherseits lassen sich bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts zurückverfolgen, aber erst der Vater von Moritz hatte sich in Altenkirchen niedergelassen.[23] Kinder waren aus der Ehe von Recha und Moritz Abraham nicht hervorgegangen. Aber auch Moritz Abraham blieb mit seiner Frau in Ober Ingelheim in der Rinderbachstraße wohnen. Ob auch er sich im Weinhandelsgeschäft seiner Schwäger betätigte, ist nicht bekannt, aber sehr wahrscheinlich. Er erlag aber noch während des Ersten Weltkriegs im Alter von 54 Jahren einem Herzschlag. Nach seinem Tod war im ‚Rheinhessischen Beobachter’ ein Nachruf erschienen, in dem es hieß: „Der Verstorbene war seiner Liebenswürdigkeit wegen überall gerne gesehen.“[24]

Als letzter ging Julius, der älteste Sohn von Salomon und Johanna Bonné, eine Ehe ein. Als er am 5. Januar 1910 in Frankfurt die ursprünglich aus Friedberg stammende Adele Goldmann heiratete, war er bereits 55 Jahre alt, seine Frau immerhin schon 47. Von daher ist es nicht verwunderlich, dass auch diese Ehe kinderlos blieb.

Die Eheschließung hatte in Frankfurt stattgefunden, wo Adele mit ihrem Bruder Otto im Haus ihres Onkels David Goldmann in der Sömmeringsstr. 27 wohnte. Onkel und Bruder sind als Trauzeugen in der Urkunde aufgeführt.[25] Der Vater Lazarus Goldmann war bereits am 5. Juni 1905 in Frankfurt im Alter von 80 Jahren verstorben[26] und auch die Mutter, Jettchen / Henriette, geborene Meyer, lebte nicht mehr.[27]

Nach dem Ausscheiden von Siegmund Bonné und nach dem frühen Tod von Moritz Abraham lag die unternehmerische Leitung der Weinhandlung seit 1880 allein in den Händen von Moritz und Julius Bonné, wobei letzterer als die eigentliche „Seele des Geschäfts“ bezeichnet wurde.[28] In den Jahren des Kaiserreichs müssen die Geschäfte der Bonnés, wie auch die der anderen jüdischen Weinhandlungen Ingelheims, insgesamt gut gelaufen sein. Der Einbruch kam mit dem Ersten Weltkrieg und den daraus resultierenden politischen und wirtschaftlichen Folgen.

Am 5. Oktober 1923 reichte Julius Bonné bei der Erwerbslosen-Commission der Gemeinde Ober Ingelheim einen Antrag auf Unterstützung mit öffentlichen Geldern ein: „Um uns mit Familien weiterhin behaupten & notwendigerweise existieren zu können, bitten wir um Unterstützung aus Reichsmitteln, wobei wir uns auf die seitens des Reiches eingeführte Einrichtung der Existenzsicherung für uns & Familien berufen (…).“[29]
Aber anders als Meyer / Mentgen vermuten, war weniger die damals grassierende Hyperinflation die Ursache für den Niedergang des Geschäfts, als vielmehr der Streit um die Reparationsleistungen und die mit dem Ruhrkampf begonnene Abtrennung der linksrheinischen Gebiete durch die französische Besatzung, die einen freien Handel mit dem restlichen Deutschland verhinderte. Genau auf dieses Problem machte auch Julius Bonné in seinem Schreiben aufmerksam: „Seit der Stilllegung des linksrheinischen Verkehr’s (sic) ist auch unser Betrieb vollkommen unterbunden. Lagerbestände, von denen wir zehren könnten, besitzen wir nicht, abgesehen davon, dass von einem Geschäftsverkehr überall keine Rede mehr ist.“[30] Aus welchen Gründen der Antrag abgelehnt wurde – zumindest ist das aus der handschriftlichen Notiz „abgelehnt“ auf dem Schreiben zu schließen, – ist nicht bekannt.

Grab Julius Bonne
Grab von Julius Bonné in Ingelheim
http://www.steinheim-institut.de:50580/daten/picsihl/xl/0138_ihl_KD_20160514.png

Leider liegen keine Daten und Zahlen über die weitere Geschäftsentwicklung während der Weimarer Republik vor, nachdem mit dem Abbruch des Ruhrkampfs und der Einführung der Rentenmark, wenn auch nicht politisch so doch eine gewisse Stabilisierung der wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten war. Nach dem Tod von Julius Bonné am Neujahrstag des Jahres 1929, dem Jahr, in dem die nächste wirtschaftliche Krise Deutschland erreicht hatte, sollen die Umsätze noch weiter zurückgegangen sein.[31] Seine Frau Adele konnte zwar seine Stelle als Miteigentümerin einnehmen, die Geschäftsführung übernahm aber jetzt der einzig noch lebende Bruder Moritz. Er soll „ein sehr reeller, einfach lebender Geschäftsmann in gutbürgerlichen Verhältnissen“ gewesen sein.[32] Der Handel wurde vermutlich jetzt primär als Kommissionsgeschäft geführt, d.h. es wurde nicht mehr auf eigene Rechnung ein- und verkauft. Unterstützt wurde Moritz Bonné von seinem jüngsten Sohn Walter, dem, wie auch seinen Brüdern, zunächst eine höhere Schulbildung zuteil geworden war.

Erwin Bonné
Erinnerung an Erwin Bonné auf dem Obelisk in Oberingelheim
Foto: K.Dürsch

Von Erwin weiß man, dass er im Ersten Weltkrieg als Soldat gedient hatte und dabei verletzt worden war. Nach dem Ende des Krieges war er zu seinen Eltern nach Ingelheim in die Schillerstr. 2 zurückgekehrt. An den Spätfolgen seiner Verwundung starb er am 22. Juli 1921 in Spanien, wohin er etwa ein Vierteljahr zuvor – am 3. März 1921 hatte er sich in seiner Heimatstadt mit dem Ziel Madrid abgemeldet – ausgewandert war.[33]
Zuvor war auch schon sein Bruder Paul am 7. Juni 1920 in die spanische Hauptstadt Madrid gezogen.[34] Kurz vor Hitlers Machtergreifung folgte am 15. Dezember 1932 auch noch der jüngste Sohn Walter. Offensichtlich sah er in der Übernahme des Familienbetriebs, das nun allein in den Händen des Vaters lag, schon damals keine Zukunftsperspektive für sich, ob aus wirtschaftlichen oder politischen Gründen, muss offen bleiben. Er ließ sich allerdings in Sevilla nieder. Was die drei nach Spanien gezogen hatte, ein Land, das auch schon vor dem Bürgerkrieg und der faschistischen Machtübernahme sehr konservativ und autoritär geprägt war, lässt sich nicht mehr ergründen. Möglicherweise gab es aber Verbindungen dorthin, die aus dem Weinhandelsgeschäft hervorgegangen waren.

Todesanzeige für Cilly Bonné, geb. Hilb
Mit Genehmigung des dif-Ingelheim

Da bereits am 2. November 1930 Cilly, die Frau von Moritz Bonné, kurz vor Vollendung des 62sten Lebensjahrs in Ober Ingelheim verstorben war,[35] lebten zu Beginn der nationalsozialistischen Ära von der einst recht großen Familie nur noch ein Witwer, Moritz Bonne, und seine zwei ebenfalls verwitweten Schwägerinnen, Recha und Adele Bonne, in Ingelheim.

In dem rheinhessischen Städtchen gab es schon seit 1920 einzelne, die mit den Ideen des Nationalsozialismus sympathisierten und sich aktiv dafür einsetzten. Noch war es nur ein Stammtisch in der als „Nazilokal“ verschrienen Wirtschaft, in der sich diese trafen, bald aber klebten die ersten Hakenkreuzplakate in der Stadt und immer mehr, gerade auch honorige Bürger unterstützten die Aktivisten. Bei den Reichstagswahlen im November 1932 und im März 1933 erhielt die Partei schon die meisten Stimmen, sowohl in Ober- als auch in Niederingelheim.

Frühe Aktivitäten der NSDAP in Ingelheim
Ingelheimer Zeitung vom 27. 7. und 22. 6. 1933

Der 30. Januar war auch in Ingelheim mit Fackelumzügen und dem Hissen der Hakenkreuzfahne gefeiert worden. Im Gemeindeparlament, zu dem die Mitglieder der KPD der Zutritt verwehrt wurde, erlangte die NSDAP die Mehrheit. Der gewählte Bürgermeister von Ober Ingelheim, auf dessen Haus mehrfach Schüsse abgegeben worden waren, konnte, nachdem er abgesetzt war, aus der Stadt fliehen und sich so der Inhaftierung in entziehen. Das KZ Osthofen lag nur wenige Kilometer entfernt. Dort waren in den ersten Jahren nach der „Machtergreifung“ etwa 20 bis 30 Ingelheimer Oppositionelle inhaftiert worden, auch schon die ersten Juden.[36] Der „Boykotttag“ am 1. April 1933 scheint – so Meyer / Mentgen – „relativ ruhig“ verlaufen zu sein, wenngleich auch in Ingelheim die Hetze in Zeitungen und durch Plakate allgegenwärtig war. Und die Hetze trug Früchte: Bereits 1933 kam es in Ingelheim zu einer ganzen Reihe von Anschlägen auf jüdische Bewohner bzw. deren Häuser. Schüsse, blind abgegeben durch die Fenster, hätten schon damals Leben kosten können. Zur Rechenschaft sind die Täter selbstverständlich nicht gezogen worden.[37] Die Familie Bonné scheint aber von diesen unmittelbar tätlichen Angriffen verschont geblieben zu sein.

Aber auch ihre Mitglieder waren betroffen von den Maßnahmen, die im September 1935 vom Ingelheimer Gemeinderat als „Abwehrmaßnahmen gegen den jüdischen Einfluß in Ober Ingelheim“ verabschiedet wurden. Konkret beschloss man damals ein Zuzugsverbot für Juden und ein Verbot für Juden, „gemeindliche Einrichtungen“, etwa die öffentliche Waage, zu nutzen. Wer mit Juden Geschäfte machte, erhielt keine öffentliche Aufträge mehr. Beamten, Angestellten und Arbeitern der Stadt wurde für diesen Fall die Entlassung angedroht, alle anderen sollten per Plakate und Zeitungsanzeigen an den Pranger gestellt werden.[38]

Auch in Ingelheim verließen immer mehr Jüdinnen und Juden den Ort, der oft über Jahrhunderte für sie Heimat bedeutet hatte, zunehmend aber zu einem bedrohlichen Umfeld geworden war. Bei einer Erhebung aus dem August 1937 zählte man in Ober Ingelheim noch sechzehn jüdische Bewohner, darunter auch Recha Abraham und fälschlicherweise Julius Bonné.[39] Gemeint war sicher seine Frau Adele, denn Julius war zu diesem Zeitpunkt bereits seit fast zehn Jahren verstorben. Moritz Bonné fehlt in der Auflistung, obwohl er erst am 29. Oktober 1937 sich offiziell abgemeldet hatte. Möglicherweise hatte er aber zu diesem Zeitpunkt die Stadt bereits verlassen und wartete irgendwo in Europa auf einen Transfer nach Portugal.

Die weitere Verschärfung der Lage für die Ingelheimer Juden kumulierte wie überall in Deutschland im November 1938, als überall die Synagogen brannten und die Wohn- und Geschäftsräume der noch gebliebenen Juden angegriffen und oft auch zerstört wurden. Die Ingelheimer Synagoge blieb wegen der Gefährdung der Nachbarhäuser zumindest von der Inbrandsetzung verschont. Ansonsten unterschied sich die Gewalt des Pogroms nicht von der in den anderen Gemeinden des Reichs.[40]

Die beiden Schwägerinnen erlebten die Gewaltorgie in Ingelheim vermutlich nicht mehr, zumindest hatten sie sich beide genau eine Woche zuvor in Ingelheim ab- und in Wiesbaden angemeldet.[41] Aber ob sie auch schon tatsächlich umgezogen waren, ist nicht sicher zu sagen. Aber die Ereignisse an diesem Tag waren in Wiesbaden ohnehin nicht weniger bedrückend. Ihr Haus in der Rinderbachstr. 11 hatte Adele Bonné bereits am 5. Juli 1938 für 13.000 RM an einen Ingelheimer Mitbürger, den Rechtsanwalt Adolf Ludwig, verkauft – 1.500 RM unter dem zuletzt festgestellten Einheitswert.[42]

Wellritzstr. 45
Das Haus Wellritzstr. 45 heute
Eigene Aufnahme

Die Mitteilung des Verkaufs war am 7. Dezember 1938 vom Finanzamt Ingelheim an das Amt in Wiesbaden mit dem Vermerk „zu den am 3.12.38 nach dort überwiesenen Akten zu nehmen“ geschickt worden. Beide Frauen bewohnten nach ihrem Umzug eine gemeinsame Wohnung in der Wiesbadener Wellritzstr. 45.[43] Das Haus gehörte dem Metzgerehepaar Gustav und Frieda Kahn, die wiederum Angehörige der großen jüdischen Metzgersdynastie Kahn in Wiesbaden waren. Gustav Kahn hatte sein Geschäft aber bereits 1935 aufgeben müssen und bald danach war er verstorben, sodass die Witwe sicher auch froh war die leer gewordene Wohnung vermieten zu können, zumal wenn es sich um Frauen handelte, die in mehrfacher Hinsicht ein ähnliches Schicksal zu tragen hatten.

Zwar bot Wiesbaden für die beiden verwitweten Frauen mehr Anonymität und damit eine geringere Bedrohung im alltäglichen Leben, der Verfolgung durch den staatlichen Repressionsapparat konnten sie sich damit freilich nicht entziehen. Es sind allerdings nur wenige Dokumente in den dünnen Finanzakten erhalten geblieben, die darüber – aber nur unzureichend – Auskunft geben können.

Anlage der Devisenakte für Adele Bonné
HHStAW 519/3 2366 (1)

Am 30. Januar 1940 hatte die Devisenstelle in Frankfurt für Adele Bonné eine sogenannte „JS-Mappe“ mit der Nr. 1537 zu Überwachung ihrer Finanzen angelegt. Etwa eine Woche später, am 9. Februar, folgte die für Recha Bonné mit der Nummer 399. Während Adele Bonné zunächst bis zur Abgabe der obligatorischen Vermögenserklärung ein monatlicher Freibetrag von 300 RM gewährt wurde, sollte ihre Schwägerin nur über 200 RM frei verfügen können.[44] Am 12. Februar reichte Adele Bonné die geforderte Auskunft zu ihrem Vermögen, zu ihrem Einkommen und ihrem monatlichen Bedarf bei der Frankfurter Behörde ein. Neben ihrem Bankkonto, auf dem knapp 3.000 RM lagen, besaß sie noch ein Depot in einem nur wenig höheren Wert, insgesamt 6.000 RM. Ihren Bedarf bezifferte sie auf knapp 300 RM, 55 RM für Miete und 240 RM für den übrigen Lebensunterhalt samt Kleidung. Das gesicherte Konto hatte sie zwei Tage zuvor bei der Deutschen Bank eingerichtet. Der Freibetrag wurde zwei Wochen später in der bisherigen Höhe bestätigt.[45] Recha besaß dagegen nur wenige Wertpapiere, mit einem Kurswert von damals 505 RM. Über ihr Einkommen machte sie in dem Formular keine Angaben, schrieb aber in einem Begleitschreiben, dass sie eine halbjährliche Rente 105 RM vom deutschen Staat beziehe, was auch für eine noch so bescheidene Lebensführung nicht ausreichend sein konnte. Sie lebe, so führte sie weiter aus, mit ihrer Schwägerin und auf deren Kosten in einem gemeinsamen Haushalt. Ihr Freibetrag wurde daraufhin auf 160 RM herabgesetzt.[46]

Auf den folgenden, an die Devisenstelle gerichteten Briefen der beiden Frauen, kann man dann eine neue Adresse lesen: Nicht mehr die Wellritzstr. 45, sondern die des Judenhauses Bahnhofstr. 46, das dem jüdischen Weinhändler Sebald Strauss und seiner Frau Hedwig gehörte. Am 17. September 1941 hatten Recha Abraham und Adele Bonné dorthin umziehen müssen, wie man dem Eintrag auf ihren jeweiligen Gestapokarteikarten entnehmen kann.
Sie waren damals nicht die einzigen, die zu diesem Umzug gezwungen waren. Auch ihre bisherige Vermieterin Lina Strauss und deren Tante Frieda Kahn, hatten das Haus in der Wellritzstraße verlassen müssen und waren in der Bahnhofstraße einquartiert worden.

Die Bitte von Adele Bonné um Winterbrand landet beim NSDAP-Kreiswirtschaftsberater
HHStAW 483 10127 (20)

Da der Herbst schon angebrochen war und der Winter vor der Tür stand, stellten die neu eingezogenen Lina Strauss und Adele Bonné beim NSDAP-Kreiswirtschaftsberater Ende September den Antrag, sie mit dem nötigen Hausbrand zu beliefern. Der wiederum holte Informationen über die beiden beim Ortsgruppenleiter Wiesbaden-Ost ein, wollte auch wissen, wer bisher die Kohlen geliefert hatte. Das Schreiben ging weiter an den Zellenwart der Zelle 03 mit den Vermerken „Eilt sehr!“ und „Streng vertraulich!“ [47] Am 6. Oktober berichtete der Ortsgruppenleiter dem Wirtschaftsberater, dass er „über das politische Verhalten von hier nichts berichten (könne), da die beiden Genannten  – wie erwähnt – erst seit fünf Wochen zugezogen sind.
Über deren Gesundheitszustand ist Ungünstiges hier gleichfalls nicht bekannt. Eine Belieferung außer der Reihe kommt m. E. nicht in Betracht.“
[48]
Man kann sicher davon ausgehen, dass das Votum des Ortsgruppenleiters Gehör fand und die Frauen zumindest zu diesem Zeitpunkt keine Kohlen erhielten. Vielleicht erhielten sie später – in der Reihe – doch noch etwas oder konnten mit den übrigen Mitbewohnern das vorhandene Brennmaterial teilen. Es sollte ohnehin der letzte Winter sein, den sie in Wiesbaden verbrachten.

Recha Abraham und Adele Bonné scheinen in dem Judenhaus ein weitgehend zurückgezogenes Leben geführt zu haben. In den vielen Briefen, die Sebald und Hedwig Strauss an ihren Sohn im bolivianischen Exil schrieben, in denen sie auch immer wieder über das Leben ihrer Mitbewohnern berichteten, werden die beiden Frauen nie erwähnt. Auch sind nur wenige Briefe aus dem Schriftwechsel mit der Devisenstelle erhalten geblieben. Wie schlecht es ihnen ging, kann man aber zwischen den Zeilen lesen und erahnen. Am 30. Januar 1942 hatte die Behörde in einem Brief an die alte Adresse Adele Bonné aufgefordert, eine aktuelle Aufstellung ihrer Lebenshaltungskosten zu übermitteln. In ihrer wenige Tage danach übermittelten Antwort gab sie an, wöchentlich 30 RM zu benötigen. „Laufende Ausgaben an Unterstützungen an mittellose Verwandte sind hierin nicht mitberechnet. Ich möchte ausdrücklich betonen, dass ich nicht nur für mich sondern auch für meine mittellose Schwägerin den Lebensunterhalt bestreiten muß. Ich bin 75 Jahre und meine Schwägerin 79 Jahre alt.“[49]
Mitleid war von der Devisenstelle nicht zu erwarten. Dass was diese zu einer schnellen Antwort veranlasste war vielmehr die Tatsche, das beide Frauen umgezogen waren, ohne die Behörde, wie vorgeschrieben, davon in Kenntnis zu setzen. Bei einem erneuten Verstoß gegen die Vorschriften habe sie mit einer Strafe zu rechnen, teilte man ihr mit. Zudem forderte man weitere Auskünfte über die Aufteilung des zugestandenen Freibetrags. Schnell entschuldigte sich die wohl verängstigte Adele Bonné für ihr Versäumnis und gab an, dass sie mit Recha Abraham in einem Haushalt lebe und hoffe, dass sie beide mit 200 RM im Monat zurecht kommen würden – „vorausgesetzt, daß die Verhältnisse keine Änderung erfahren“. Es waren dann sogar 250 RM, die die Devisenstelle als Freibetrag gewährte,[50] aber auch die Verhältnisse änderten sich bald.

Adele Bonné
Adele Bonné legt gegenüber der Devisenstelle ihre finanzielle Situation dar
HHStAW 519/3 2366 (7)
Recha Bonne, Adele Bonne
Strafandrohung der Devisenstelle wegen des nicht gemeldeten Umzugs in das Judenhaus Bahnhofstr. 46
HHStAW 519/3 2366 (7)

Ihren erneuten Umzug in das Judenhaus Kaiser-Friedrich-Ring 65, der am 13. Juni 1942 stattgefunden hatte, teilten die beiden Frauen der Devisenstelle diesmal rechtzeitig, nämlich am 22. Juni mit.[51] Die beiden Schreiben sind die letzten dokumentarischen Spuren, die die beiden in Wiesbaden hinterlassen haben. Das Judenhaus in der Bahnhofstr. 46 war für Zwecke der SS geräumt worden und aus dem am Kaiser-Friedrich-Ring war am 10. Juni das noch relativ junge Ehepaar Rothschild „evakuiert“ worden, sodass dort Platz für die Alten geschaffen worden war, die für einen „Arbeitseinsatz“ – so die gängige Umschreibung der Deportationen in den baldigen Tod – nicht mehr in Frage kamen. Auf den jeweiligen Gestapokarteikarten von Recha und Adele ist unter Bemerkungen zu lesen: „Arbeitsunfähig Alter“.

Die alten Menschen blieben zumeist noch über den Sommer in Wiesbaden. Dann, am 1. September 1942, brachte auch sie ein Zug in den Osten, diesmal in das sogenannte Altersghetto Theresienstadt. Anders als bei Adele Bonné steht auf der Deportationsliste als Adresse von Recha Abraham nicht der Kaiser-Friedrich-Ring 65, sondern die des jüdischen Altersheims Geisbergstr. 24, das auch als Sammelstelle vor den Deportation genutzt wurde. Es könnte allerdings auch sein, dass die schwächliche Frau noch wenige Tage vor dem anberaumten Deportationstermin dorthin verlegt worden war, um sie soweit aufzurichten, dass sie den Transport überhaupt überleben konnte. Eine Adressensänderung ist ansonsten weder auf der Gestapokarteikarte noch in der Devisenakte vermerkt worden.

Vermutlich gehörte Recha Abraham zu denjenigen, die am Morgen des 1. September das „Privileg genossen“, mit einem Lastwagen zur Viehverladestation des Hauptbahnhofs gebracht zu werden und nicht, wie die übrigen, vor aller Augen durch den kalten, nassen Morgen von der Sammelstelle Friedrichstraße 33, dem Hof der entweihten Synagoge, zum Bahnhof laufen mussten. Der Zug brachte die 514 Wiesbadener Jüdinnen und Juden zunächst in die Großmarkthalle nach Frankfurt, wo der der Transport endgültig zusammengestellt wurde. Am 2. September erreichte er die ehemalige K.u.K.-Garnisonsstadt Theresienstadt.

Theresienstadt Recha Abraham
Todesfallanzeige für Recha Abraham, geb. Bonné
https://ca.jewishmuseum.cz/media/zmarch/images/3/0/5/8592_ca_object_representations_media_30558_large.jpg

Recha Abraham hatte die Beschwernisse der Fahrt noch überstanden, aber dann nur noch wenige Tage im Ghetto überlebt. Schon am 11. des Monats verstarb sie dort angeblich an einem Darmkatharrh.[52] Ihre Schwägerin Adele Bonné gelang es, sich noch eineinhalb Jahre am Leben zu halten. Der Tag, an dem sie zu Tode kam, war der 5. April 1944.[53] Von den 1111 Deportierten des September-Transports mit der Bezeichnung XII/2 konnten später nur 32 befreit werden.[54]

Am 5. Oktober 1942 wurde ihr restliches Vermögen zugunsten des Deutschen Reiches vom Oberfinanzpräsidenten in Kassel eingezogen.[55] 1951 stellte Kurt Goldmann, nach dem Krieg Bankkaufmann in Frankfurt a. M., einen Antrag auf Entschädigung für die von seiner Tante Adele erlittenen materiellen Verluste. Für das zugefügte körperliche und seelische Leid, sahen die Bestimmungen bei Verwandten keine Entschädigung vor.
Der am 18. März 1902 in Berlin Charlottenburg geborene Sohn von Ernst und Johanna Luise Maria Goldmann, geborene Majuntke,[56] hatte offensichtlich in Berlin die Zeit des Nationalsozialismus überlebt, da seine Mutter keine Jüdin war und er somit nur als Halbjude galt.[57] Im Zuge des Verfahrens traten auch andere Neffen und Nichten der Ermordeten auf, die ebenfalls Ansprüche geltend machten. Melitta Vondran war die Tochter von Mathilde Goldmann, dem siebten Kind von Lazarus Goldmann, und die Zwillingsschwester von Hugo Goldmann, beide geboren am 9. September 1864 in Friedberg. Melitta Goldmann hatte am 14. Dezember 1896 in Frankfurt den aus dem rheinhessischen Flonsheim stammenden jüdischen Kaufmann Richard Otto Steinhard geheiratet.[58] Wann Melitta geboren wurde, wann sie geheiratet hatte und wie sie die NS-Zeit überlebt hatte, konnte nicht ermittelt werden. Sie lebte in den Nachkriegsjahren Köln-Ehrenfeld. Auch die Kinder von Adeles älterem Bruder Otto, geboren am 21. September 1863 in Friedberg, gehörten zu den Berechtigten. Der Kaufmann Otto Goldmann hatte am 13. August 1897 in Frankfurt Elsa Johanna Gumpf, wie er jüdischen Glaubens, geheiratet.[59] Aus dieser Ehe waren, soweit bekannt, zwei Kinder hervorgegangen, denen beiden die Flucht aus Deutschland gelungen war. Der ältere, 1898 geborene Fritz war bereits im April 1934 von Genua aus in die USA ausgewandert und hatte sich dort in Orange im Staat New York niedergelassen.[60] Nachdem er 1935 amerikanischer Staatsbürger geworden war, hatte er am 25. Mai 1937 hatte er in New York Gerda Halberstadt aus Halberstadt geheiratet, die 1934 in die USA emigriert war.[61]
Die Tochter Lilly Henriette war am 11. Juni 1898 ebenfalls in Frankfurt zur Welt gekommen.[62] Am 8. Juni 1925 hatte sie in Frankfurt den dort wohnenden, aber am 12. September 1899 in Berlin geborenen Kaufmann Edgar Dietrich Wolff geheiratet.[63] Der weitere Lebensweg des Paares konnte nicht rekonstruiert werden. Zum Zeitpunkt des Entschädigungsverfahrens lebte zumindest Lilly Wolff im brasilianischen Sao Paulo.[64]

Die Erbengemeinschaft bestand somit aus vier Personen – ob es weitere Überlebende oder Nachkommen der insgesamt neun Geschwister von Adele Bonné gab, war damals nicht erforscht worden -, denen am 25. Februar 1955 ein Bescheid zugestellt wurde, laut dem sie insgesamt einen Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe von 440 DM hätten. Die Entschädigungsbehörde hatte festgestellt, dass Adele Bonné eine Judenvermögensabgabe von insgesamt 2.750 RM auferlegt worden war. Davon waren aber nur 2.200 RM gezahlt worden, weil ihr die 5. Rate erlassen worden war, da ihr Vermögen durch die vorherigen Zahlungen unter das Limit von 5.000 RM Vermögen gefallen war. Auf dem Konto bei der Deutschen Bank hatten am Tag der Deportation noch 1.603,34 RM gelegen, die sich der Fiskus durch Vermögenseinzug angeeignet hatte.[65]

Für ihre Schwägerin Recha Abraham, geborene Bonné, war kein Entschädigungsantrag gestellt worden. Es kann auch nur ein sehr kleiner Betrag gewesen sein, den der Staat nach ihrem Abtransport vereinnahmt hatte.

Mit freundlicher Genehmigung des Ingelheimer Carneval Vereins – Aus der Festschrift zum 100jährigen Vereinsjubiläum im Jahr 1998

Ein Mitglied der Familie Bonné, Walter Bonné, der jüngste Sohn von Moritz und Cilly Bonné, war nach dem Ende des nationalsozialistischen Terrorregimes aus Spanien wieder nach Deutschland zurückgekehrt. Im Dezember 1949 hatte er sich von Mainz kommend, wo er wohl zunächst gewohnt hatte, wieder in Ingelheim gemeldet. Es ist schon ein etwas verstörender Foto, das Walter Bonné als Ringrichter der „Narrenstation“ bei einer Karnevalsveranstaltung am 27. Februar 1949 in Ingelheim zeigt.[66] War es ein hilfloser, geradezu peinlicher Versuch, den Rückkehrer wieder in die Gemeinschaft aufzunehmen ? Man möchte nicht wissen, wie sich Walter in seinem Narrenkostüm damals fühlte. Lange ist er nicht in Ingelheim geblieben. Bereits 1952 verließ er seine Heimatstadt wieder, ohne sich polizeilich abzumelden. Später stellte sich heraus, dass er sich zunächst in Ludwigshafen, dann in Neustadt an der Weinstraße niedergelassen hatte.[67] Dort verstarb er am 30. März 1984 im Jüdischen Altersheim.[68]

Walter Bonné (ganz rechts) im Kreis Ingelheimer Mitbürger nach seiner Rückkehr in seine Heimatstadt
Foto: M.Schlotterbeck / dif-Ingelheim

Auch wenn vermutlich durch den frühen Tod von Moritz Abraham die Verbindung von Recha zur Familie ihres Ehemanns nicht allzu eng gewesen sein wird, so soll doch auch wenigstens knapp auf deren Schicksal eingegangen werden.[69] Recha Abraham, geborene Bonné, war nicht die einzige aus der Familie Abraham, die dem Holocaust zu Opfer fiel. Im Gegenteil. Nur wenigen der Geschwister ihres Mannes, soweit sie nicht verstorben waren, bevor die Nazis mit ihrem „Endlösungsprogramm“ begannen, gelang es, mit ihren Familien der Vernichtung zu entkommen.

Hermann, der am 6. August 1873 geborene nächst jüngere Bruder von Moritz, verstarb bereits 1936 und blieb somit von den Deportationen verschont. Verheiratet war der Viehhändler mit Berta Bär, die am 16. August 1866 in Hamm, der Heimatstadt ihrer Schwiegermutter, geboren worden war. Auch sie starb noch in der Zeit der Weimarer Republik, allerdings im April 1929 und damit zu Beginn der Phase, in der die schwerste Krise der Republik gerade begann. Aus der Ehe waren die beiden Kinder Siegfried, geboren am 13. August 1891, und Else, geboren am 5. Februar 1893, hervorgegangen. Der Sohn, der den Viehhandel des Vaters übernommen hatte, wurde mit seiner Frau Else, geborene Wallerstein, am 19. September 1942 von Köln aus mit ihrer damals 15jährigen Tochter Liesel nach Theresienstadt deportiert. Mehr als zwei Jahre konnten die Familie dort überleben. Dann brachte man alle drei am 9. Oktober 1944 nach Auschwitz, wo sie wohl alle unmittelbar nach der Ankunft ermordet wurden.

Else, die mit dem Duisburger Rechtsanwalt Hugo Ruben verheiratet war und selbst als Vorsitzende des Jüdischen Frauenbundes dort aktiv war, konnte, wie auch ihre beiden Söhnen Klaus und Bernhard, allerdings auf getrennten Wegen, rechtzeitig das amerikanische Exil erreichen. Ihr Mann war bereits 1933 verstorben.

Moritz’ jüngerer Bruder Albert, geboren am 12. März 1870, von Beruf Viehhändler, war verheiratet mit Jeanette Horn aus Köln, geboren am 3. März 1877. Das Ehepaar hatte nur ein Kind, die am 9. November 1900 geborene Tochter Margarethe.
Ihr Haus in der Kölner Str. 17 war nach 1938 zum Judenhaus erklärt worden, in das dann auch weitere jüdische Bewohner einquartiert wurden. Am 28. April 1942 wurden sie zunächst nach Köln verbracht und von dort drei Monate später am 27. Juli mit dem Transport III/2 nach Theresienstadt deportiert. 1165 Jüdinnen und Juden zumeist aus den linksrheinischen Gebieten befanden sich neben den 512 aus der Stadt Köln in dem Zug, 275 davon wurden im Herbst nach Treblinka überstellt. Darunter befand sich auch Albert Abraham. Als sein Todestag gilt der 19. September 1942. Seine Frau Jeanette war bereits am 9. August 1942, also nur wenige Tage nach ihrer Ankunft in Theresienstadt ums Leben gekommen.

Auch ihre Tochter, die mit Albert Cohen aus Dinslaken verheiratet war, entkam mit ihrem Mann und den beiden Kindern Rosel und Fritz der Gaskammer nicht, obwohl es ihnen zunächst gelungen war, sich nach Holland abzusetzen. Nach dem Überfall der deutschen Truppen auf die Niederlande wurde die Familie gefasst und in Westerborg interniert. Am 28. August 1942 brachte sie der Zug nach zwei Tagen Fahrt auf die Rampe von Auschwitz, von wo aus der Vater, die Mutter und ihr 13jähriger Sohn sowie die 17jährige Tochter der sogenannten „Sonderbehandlung“, sprich: dem Tod in der Gaskammer zugeführt wurden.

Ein ähnliches Schicksal erlitt die Familie des Bruders Sally. Der am 30. Januar 1874 ebenfalls in Altenkirchen geborene Sally erlebte selbst die Zeit des Nationalsozialismus nicht mehr. Er war bereits am 2. August 1919 an den Folgen einer Kriegsverletzung aus dem Ersten Weltkrieg verstorben. Verheiratet war er mit Maria Königsberger aus dem polnischen Bielschowitz. Die Witwe war vermutlich mit ihrem Sohn Kurt Abraham und seiner Frau Ruth, geborene Nussbaum, ebenfalls nach Holland emigriert. Während Maria Abraham gefasst und auch in Westerbork inhaftiert wurde, konnten ihr Sohn und seine Frau sich in Amsterdam versteckten und die Zeit bis zum Ende der Besatzung überleben. Dagegen war es Erna, der Tochter von Sally und Maria Abraham, die mit Alfred Cohn in Bottrop verheiratet war, nicht gelungen, den Verfolgern zu entkommen. Beide waren bereits am 10. November 1941 nach Minsk deportiert worden und blieben verschollen. Die Kinder der beiden, die Tochter Gerda und der Sohn Herbert konnten aber zunächst, vermutlich mit der Großmutter und dem Onkel, nach Holland fliehen. Zumindest wohnten die beiden mit ihrer Großmutter zusammen in Amsterdam. Aber sowohl die Großmutter wie die beiden Enkelkinder wurden nach der Besetzung des Landes gefasst. Am 19. August 1942 wurden zunächst die 18jährige Gerda und der 16jährige Herbert über Westerbork nach Auschwitz gebracht und ermordet. Ihre Großmutter Maria Abraham wurde etwa ein halbes Jahr später, am 10. März 1943, von dem gleichen Lager aus nach Sobibor in den Tod geschickt.

Pauline, die einzige Schwester von Moritz Abraham, war am 29. Mai 1876 geboren worden. Sie war zweimal verheiratet, aber beide Ehemänner erlebten die Zeit der Massendeportationen nicht mehr. Den insgesamt vier Kindern aus den beiden Ehen gelang es mit ihren Familien rechtzeitig in die USA bzw. nach Südafrika auszuwandern. Die Mutter selbst wurde am 22. Oktober 1941 von Köln aus in das Ghetto Lotz / Litzmannstadt verbracht, wo sich ihre Spuren verlieren.

Von dem jüngsten Bruder von Moritz, dem am 16. Oktober 1879 geborenen Max, ist nicht bekannt, wann er verstorben ist. Seine Frau Eva, geborene Bähr, wurde am 24. September 1942 in Treblinka ermordet, nachdem sie etwa zwei Monate zuvor zunächst nach Theresienstadt deportiert worden war. Ihre drei Töchter Hildegard, Paula und Ruth konnten aber nach Palästina emigrieren.

Über das Schicksal des 1867 geborenen Julius liegen keine Informationen vor.

 

 

Veröffentlicht: 18. 05. 2022

Letzte Revision: 06. 07. 2022

 

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Anmerkungen:

[1] https://www.jüdische-gemeinden.de/index.php/gemeinden/c-d/96-cronheim-bayern. (Zugriff: 15.5.2022).

[2] Laut der Krankenakte seines Sohnes Siegmund war er an Typhus verstorben, siehe die Akte im Institut für Stadtgeschichte Frankfurt, Nervenklinik 1401 (o.P.).

[3] http://www.steinheim-institut.de:50580/cgi-bin/epidat?id=ihl-103&lang=de. (Zugriff: 15.5.2022).

[4] Zu den folgenden Geburtsdaten siehe Meyer / Mentgen, Sie sind mitten unter uns, S. 90.

[5] Ebd. S. 229. Da laut Auskunft des Stadtarchivs Ingelheim vor dem Jahr 1900 keine Anmeldbücher geführt wurden, wird sich die Frage nach ihrer exakten Ankunft auch kaum mehr klären lassen. Es hat wohl damals eine kleine Wanderungswelle aus dieser süddeutschen Region nach Ingelheim gegeben, zu der sich auch der spätere Kantor und Lehrer Louis Langstädter gesellte.

[6] Der ‚Rheinhessische Beobachter’ schrieb am 5.12.1900 anlässlich seines Todes über ihn Folgendes: „Seit Jahren zählt die Weinhandlung des M. Baum mit zu den ersten Ober Ingelheims und in weiten Kreisen unseres Vaterlandes besitzt das Baum’sche Geschäft einen guten Ruf. Der Verstorbene war ein Self made man, d.i. ein Mann, der durch eigene Kraft, durch eigenen Fleiß von kleinsten Anfängen sich empor gearbeitet hat.“ Zit. nach Meyer / Mentgen, Sie sind mitten unter uns, S. 232.

[7] Ebd. S. 88, 232. Moses Baum verstarb am 3.12.1900, seine Frau Doris am 8.10.1902

[8] Ebd. S. 36 ff.

[9] Ebd. S. 219-229.

[10] Ebd. S. 219.

[11] Ebd. S. 90.

[12] Institut für Stadtgeschichte Frankfurt, Nervenklinik 1401 (o.P.).

[13] Ebd.

[14] Ebd.

[15] Ebd.

[16] http://www.rijo.homepage.t-online.de/pdf/DE_NU_JU_gewerbe.pdf. (Zugriff: 5.7.2022).

[17] Sterberegister Frankfurt 2052 / 1902.

[18] Sterberegister Königstein 10 / 1880.

[19] https://blauerheinrich.jimdofree.com/peter-dettweiler/. (Zugriff: 15.5.2022).

[20] http://www.steinheim-institut.de/cgi-bin/epidat?id=ihl-0140. (Zugriff: 15.5.2022).

[21] Meyer / Mentgen, Sie sind mitten unter uns, S. 91.

[22] Ebd. S. 85.

[23] Alle Familien Abraham aus Altenkirchen – und davon gab es einige – gehen nach Blohm, auf Daniels Eltern Mordgen Abraham, geboren 1790, gestorben am 11.1.1853, und seine Frau Bertha Bella, geborene Hirsch aus Hamm /Sieg zurück. Die beiden hatten insgesamt sieben Kinder, von denen Daniel das zweitälteste war. Er war am 13.9.1827 in Altenkirchen geboren worden und verstarb dort am 2.4.1898. Seine Frau Henriette, wie ihre Schwiegermutter eine geborene Hirsch aus Hamm, wurde am 29.5.1839 geboren und verstarb am 21.9.1901 in Altenkirchen. Siehe Blohm, Jüdische Familien Altenkirchen, S. 19. f. In seinem Buch ist Moritz nicht als Sohn des Paares aufgeführt, da seine Geburt vor 1874 lag. Erste seit diesem Jahr wurde in Altenkirchen mit der behördlichen Registrierung der Geburten begonnen. Dazu  https://www.ancestry.de/family-tree/tree/170132278/family/familyview?cfpid=282208326090&fpid=282208326090&usePUBJs=true. (Zugriff: 15.5.2022).

[24] http://www.steinheim-institut.de/cgi-bin/epidat?id=ihl-128&lang=de. (Zugriff: 15.5.2022).

[25] Heiratsregister Frankfurt 5 / 1910

[26] Sterberegister Frankfurt V 767 / 1905.

[27] Jettchen Meyer war die zweite Frau von Lazarus Goldmann, die ihm insgesamt 8 Kinder gebar. Seine erste Frau, Rosetta Levy, geboren am 11.1.1828 in Offenbach, war am 13.4.1855 verstorben. Aus dieser Ehe waren zunächst zwei Kinder hervorgegangen. Siehe Müller Juden Friedberg, Eintrag 461.

[28] Meyer / Mentgen, Sie sind mitten unter uns, S. 229.

[29] Zit. ebd. S. 230.

[30] Ebd.

[31] Ebd., S. 229.

[32] Ebd.

[33] Information Stadtarchiv Ingelheim, Meldekarte Erwin Bonné, dazu http://www.steinheim-institut.de/cgi-bin/epidat?id=ihl-0140. (Zugriff: 15.5.2022). Sein Name ist neben den anderen, nichtjüdischen Opfern des Ersten Weltkriegs auf dem Obelisk eingraviert, der zu ihrer Ehre vor der Burgkirche in Ober Ingelheim aufgestellt wurde.

[34] Meyer / Mentgen, Sie sind mitten unter uns, S. 91. Offenbar war er aber bereits zuvor in Spanien gewesen, vermutlich bei seinem Bruder, denn in den Meldeunterlagen heißt es, dass er sich am 16.2.1920 von Madrid wieder in der Schillerstr. 7 in Ober Ingelheim angemeldet habe. Stadtarchiv Ingelheim Rep. IV/363.32.

[35] Ebd.

[36] Ebd. S. 438.

[37] Ebd. S. 445-450.

[38] Ebd. S. 461

[39] Ebd. S. 471. 1933 hatte es in Gesamt-Ingelheim noch 115 jüdische Bürger und Bürgerinnen gegeben, 1939 waren es nur noch 30, siehe http://www.ingelheimer-geschichte.de/index.php?id=236. (Zugriff: 15.5.2022).

[40] Ebd. 480 ff.

[41] Stadtarchiv Ingelheim Abmeldebuch Ober Ingelheim, Rep. IV/363.9 und Meldekarte von Julius Bonné des Einwohnermeldeamts.

[42] HHStAW 685 91 (1, 6, 7). Herr Dürsch vom ‚Deutsch-Israelischen Freundeskreis’ in Ingelheim machte darauf aufmerksam, dass bei einem anderen Verkauf eines Hauses aus jüdischem Besitz der Käufer bereit war, sich am Einheitswert zu orientieren, dann aber auf Druck des Finanzamts gezwungen wurde, nur einen niedrigeren Preis zu zahlen. Ob es eine solche Intervention bei Adele Bonné auch gegeben hat, ist nicht bekannt.

[43] In der folgenden Zeit versuchte die Stadt sich auch der noch verbliebenen Bewohner zu entledigen. Am 22. Mai 1940 richtete die Stadtverwaltung ein Schreiben an die Oberbürgermeister von Mainz und Wiesbaden mit dem folgenden Wortlaut:
“Ich beabsichtige die Entjudung des Grundbesitzes mit allem Nachdruck durchzuführen, um damit im Hinblick auf die hier herrschende große Wohnungsnot diese Wohnungen unseren Volksgenossen zuzuführen. (…) Im Bereich der Stadt Ingelheim wohnen zur Zeit noch eine Anzahl Juden, die sich bereit erklärt haben, ihre Wohnhäuser zu verkaufen, wenn ihnen die Möglichkeit  eines Wegzugs von hier gegeben ist.“  Zit. nach Meyer / Mentgen, Sie sind mitten unter uns, S.  496.
Man fragt sich wie naiv der Bürgermeister gewesen sein muss, eine solche Anfrage zu stellen, waren doch die Städte Mainz und Wiesbaden nicht minder interessiert, „ihre“ Juden loszuwerden, zumal auch sie sie von der Wohnraumknappheit betroffen waren. Von beiden Städten wurde die Anfrage entsprechend negativ beschieden.

[44] HHStAW 519/3 2366 (1) und HHStAW 519/3 388 (1).

[45] HHStAW 519/3 2366. (3, 5)

[46] HHStAW 519/3 388 (3,5, 6).

[47] HHStAW 483 10127 (20).

[48] Ebd. (23).

[49] HHStAW 519/3 2366 (7).

[50] Ebd. (7, 8, 9)

[51] Ebd. (19 und HHStAW 519/3 388 (9).

[52] https://www.holocaust.cz/de/datenbank-der-digitalisierten-dokumenten/dokument/82370-abraham-recha-todesfallanzeige-ghetto-theresienstadt/. (Zugriff: 15.5.2022).

[53] Sterbeurkunde Sonderstandesamt Arolsen Abt. I, 130 / 1951. Zunächst war der Todestag fälschlicherweise vom Amtsgericht Wiesbaden auf den 1.9.1942 festgelegt worden, wurde aber dann korrigiert, siehe HHStAW 469/33 2651 (20).

[54] https://www.holocaust.cz/de/datenbank-der-digitalisierten-dokumenten/dokument/82370-abraham-recha-todesfallanzeige-ghetto-theresienstadt/. (Zugriff: 15.5.2022).

[55] HHStAW 519/3 2366 (12).

[56] Geburtsregister Berlin Charlottenburg 280 / 1902. Er hatte 1934 in Berlin Schöneberg Elisabeth Martha Aue, geboren am 7.1.1907 in Berlin, geheiratet, siehe Heiratsregister Berlin Schöneberg 1203 / 1934.

[57] Ernst Goldmann war am 25.4.1862 in Friedberg geboren worden und am 8.2.1932 in Berlin verstorben, siehe Sterberegister Berlin Wilmersdorf 148 / 1932. Geheiratet hatte er Johanna Majuntke, geboren am 5.12.1875 in Berlin, am 30.8.1897 in Berlin, siehe Heiratsregister Berlin VIIb 699 / 1897.

[58] Heiratsregister Frankfurt 2266 / 1896. In den Akten wird der Name auch am Ende auch

mit ‚dt’ geschrieben.

[59] Heiratsregister Frankfurt 1541 / 1897. Siehe hier auch die Geburtsdaten des Paares. Otto Goldmann war am 25.6.1936, seine Frau bereits am 26.4.1930 in Frankfurt verstorben. Siehe Sterberegister Frankfurt 796 / 1936 und 425 /1930

[60] https://www.ancestry.de/imageviewer/collections/7488/images/NYT715_5479-0509?pId=2017081608. (Zugriff: 15.5.2022).

[61] https://www.ancestry.de/imageviewer/collections/2499/images/31301_168535-00164?pId=4199213. (Zugriff: 15.5.2022).

[62] Geburtsregister Frankfurt 2999 / 1898.

[63] Heiratsregister Frankfurt 456 / 1925.

[64] HHStAW 518 50980 (15).

[65] Ebd. (60-62).

[66] Das Foto ist abgebildet in Meyer / Mentgen, Sie sind mitten unter uns, S. 304. Etwas irritierend ist die zeitliche Einordnung. Zum Zeitpunkt der Aufnahme war Walter zumindest offiziell noch nicht in Ingelheim gemeldet.

[67] Stadtarchiv Ingelheim, Anmeldebuch Ober-Ingelheim, Rep. IV/363.32

[68] Meyer / Mentgen, Sie sind mitten unter uns, S. 91.

[69] Die folgende knappe Zusammenfassung der verschiedenen Schicksale der Altenkirchener Familie Abraham hat die Darstellung von Blohm, Jüdische Familien in Altenkirchen, S. 20-28. zur Grundlage. Hier sind auch die entsprechenden Belegstellen zu finden.