Familie Preiss


Juden Judenhaus Wiesbaden Adelheidstr. 94
Die Adelheidstr. 94 heute
Eigene Aufnahme
Adelheidstr 94, Judenhaus, Wiesbaden
Lage des Hauses
Adelheidstr. 94, Judenhaus Wiesbaden
Belegung des Judenhauses

 

 

 

 

 


Peter Preiss, Pinkas Preiss, Sophie Preiss, Judenhaus Adelheidstr. 94, Wiesbaden
Stammbaum der Familie Preiss
(GDB-PLS)

Einen ostjüdischen familiären Hintergrund hatte auch die Bewohnerin Sofie Preiss / Preis. Sie war am 24. September 1882 in Dracznetz, der alten Hauptstadt der Bukowina, in der heutigen Ukraine geboren worden.[1] Abgesehen von ihrem Geburtsnamen Rabinowicz ist über ihre Eltern nichts bekannt.[2]

Ebenso unbekannt ist das Datum ihrer Hochzeit mit dem am 14. April 1885[3] geboren P[r]eisach Preis[s], ursprünglich Schauberpreis,[4] genannt Pinkas, der ebenfalls aus der Bukowina stammte, aus Tecucza im Kreis Kolomea, einer nur wenige Kilometer westlich von Dracznetz gelegenen Stadt. Da die beiden galizischen Geburtsstädte nach dem Ersten Weltkrieg auf polnischem Staatsgebiet lagen, besaßen beide die Staatsangehörigkeit des damals neu gegründeten Staates.

Vermutlich hatte die Heirat aber um 1910 stattgefunden, denn vermutlich am 4. April 1911 wurde Moritz Preiss, das erste von insgesamt neun Kindern des Ehepaars hier in Wiesbaden geboren.[5] Vier davon, die Zwillinge Cäcilie und Berta sowie Lotte und Toni sind aber schon im Kleinkindalter wieder verstorben.[6] Laut Jüdischem Adressbuch war die Familie mit den überlebenden Kindern Moritz, Siegfried, Dora und den Zwillingen Max und Sally 1935 in der Bleichstr. 13I gemeldet. Dieses Haus hatten sie laut den Eintragungen in den Wiesbadener Adressbüchern um 1923 erworben, waren aber selbst erst 1929 dort eingezogen. Zuvor hatten sich seit 1921 in der Frankenstr. 15 und davor in der Helmundstr. 56 im Parterre des Hinterhofs gewohnt, wo sie damals einen Altwarenhandel betrieben.[7]

In der Bleichstr. 13 war dann ein Textilgeschäft auf ihren Namen angemeldet, das nach Auskunft von Siegfried Preiss zu Beginn der dreißiger Jahre ein jährliches Einkommen von ca. 12.000 RM abwarf.[8] Dass es der Familie wirtschaftlich recht gut ging, ergibt sich nicht nur daraus, dass sie ein eigenes Haus besaß, im Wiesbadener Grundbuch waren darüber hinaus für das Grundstück Häfnergasse 12, wo das Hotel „Zwei Böcke“ lag, auf Pinkas Preiss zwei Hypotheken im Gesamtwert von ca. 36.000 RM eingetragen, verzinst mit 7,5 % bzw. 5 %.[9] Ein guter Bekannter der Familie, der sich oft in der Wohnung der Familie Preiss aufgehalten hatte, beschrieb die Drei-Zimmer-Wohnung, zu der noch zwei weitere Kammern und eine Küche gehörte, als „gut bürgerlich möbliert“.[10]

Diese Phase des wirtschaftlichen Aufstiegs und einer gediegenen Behaglichkeit währte aber nicht lange. Schon 1935 musste das Geschäft wegen der Boykottaktionen und anderer Repressalien nach Angaben von Siegfried Preiss aufgegeben werden. Seit diesem Zeitpunkt habe die Familie kein Einkommen mehr gehabt.[11]

Angesichts des wirtschaftlichen Niedergangs und der wachsenden antisemitischen Bedrohungen zerbrach 1935 auch die Familie. Den ältesten Kindern gelang zu diesem frühen Zeitpunkt noch die Flucht. Siegfried Preis war 1935 nach Israel ausgewandert, nachdem er in Wiesbaden nach eigenem Bekunden wiederholt geschlagen und auch zweimal inhaftiert worden war.[12] Auch Moritz und Dora konnten in diesem Jahr noch in die USA entkommen.[13]

Sally Preiss, Pinkas Preis Sophie Preiss Wiesbaden, Adelheidstr. 94 Judenhaus
Neuanschaffungen für die geplante Auswanderung werden gestrichen
HHStAW 519/3 20601 (3)

Auch die Eltern hatten vermutlich schon damals mit ihren beiden Kindern Max und Sally die Flucht geplant, denn noch im Oktober 1938 hatten sie ihr Haus in der Blücherstr. 13 verkauft. Der Kaufvertrag über das Haus war am 24. Oktober 1938, also vier Tage vor dem Ereignis unterzeichnet worden, durch das alle Pläne mit einem Schlag zunichte gemacht wurden. Pinkas Preiss mit seiner Familie gehörte zu denjenigen, die in Auseinandersetzungen zwischen dem polnischen Staat und dem Deutschen Reich um die aus Polen stammenden Juden ohne deutschen Pass zerrieben wurden. Am 28. Oktober 1938 wurde Pinkas Preiss mit seinen beiden Söhnen, nicht aber Sofie Preiss, über die Grenze nach Polen abgeschoben. Wo sie in den folgenden Monaten unterkamen, ist nur im Hinblick auf den Sohn Sally bekannt. In einem Brief von Sofie Preiss an die Devisenstelle Frankfurt vom 31. März 1941 schreibt sie, dass er als Schlosser in Stanislau, jetzt Stanislowow, in der früheren Ukraine, jetzt Russland, lebe. Sie bat damals darum, ihm die „notwendigsten Sachen“ schicken zu dürfen, da er bei der plötzlichen Ausweisung keine Möglichkeit zum Packen gehabt habe.[14]

Sally Preiss, Pinkas Preiss, Sofie Preiss, Judenhaus Adelheidstr. 94, Wiesbaden
Brief von Sofie Preiss an die Devisenstelle Frankfurt vom 31. 3. 1941
HHStAW 519/3 26263 (1)

Wie auch anderen wurde es Pinkas Preiss im Juli 1939 ermöglicht „nach achtmonatiger Abwesenheit“ noch einmal nach Wiesbaden zurückzukehren, um alle geschäftlichen und behördlichen Angelegenheiten vor der endgültigen Vertreibung abzuwickeln. Wann genau das war, lässt sich nicht mehr ermitteln, aber in einem Brief mit dem Absender Wiesbaden, Adelheidstr. 94 vom 5. Juli 1939 an die Devisenstelle Frankfurt gerichtet, bat Pinkas Preiss um die Freigabe von 3.000 RM zur Anschaffung von Haushaltsgeräten, Kleidung und zur Begleichung vorhandener Schulden. Dazu wolle er Geld verwenden, das durch den Verkauf des Hauses in der Bleichstr. 13 erlöst worden war.[15] Spätestens zu diesem Zeitpunkt musste Pinkas Preis wieder zurück gewesen sein.

Schon bald nach dem Novemberpogrom und der Abschiebung von Pinkas Preiss mit den Söhnen Max und Sally war Sofie in die Adelheidstr. 94 umgezogen. Nach eigenen Angaben geschah dies zum 1. Januar 1939.[16] Die sich zu dieser Zeit in Polen befindlichen Familienmitglieder hatte sie beim Wohnungsamt ebenfalls mit dieser Adresse angemeldet. Es ist eher unwahrscheinlich, dass es sich zu diesem Zeitpunkt hierbei um eine Zwangseinweisung gehandelt hat. Wahrscheinlicher ist hingegen, dass Sofie Preiss nach dem Verkauf des eigenen Hauses und angesichts der finanziellen Lage für sich selbst eine kleinere Wohnung gesucht hatte.

Den Verkauf des Hauses war schon vor der Abschiebung in einer Situation zustande gekommen, in der ein angemessener Preis nicht mehr zu erzielen war. Obwohl mit einem Einheitswert von 71.500 RM taxiert, wurde es für nur 63.000 RM einem arischen Ehepaar Claus übereignet. Pinkas Preiss erhielt nach Abzug der noch auf dem Grundstück ruhenden Lasten eine Restkaufsumme von 27.298 RM, die nach Anweisung der Devisenstelle auf ein gesichertes Konto einzuzahlen war.[17] Von dieser Summe mussten zunächst einmal mehr als 7.000 RM als „Wertzuwachssteuer“ an die Städtische Steuerkasse abgeführt werden.[18]

Im Rahmen dieser Arisierungsaktion bemächtigte sich der Fiskus auch gleich des übrigen Vermögens. Wie Rechtsanwalt Heuss im späteren Entschädigungsverfahren bescheinigte, hatte die Geheime Staatspolizei dem Grundbuchamt durch ein Schreiben vom 10. September 1939 mitgeteilt hat, dass „die Hypothekenbriefe für die eingetragenen Hypotheken Nr. 20 und 21“ –  gemeint sind diejenigen, die auf das Grundstück Häfnergase 12 im Wert von 36.000 RM eingetragen waren – „auf dem obenbezeichneten Grundbuchblatte staatspolizeilicherseits beschlagnahmt (seien).[19]

Neben diesem beschlagnahmten bzw. auf einem gesicherten Konto dem Zugriff entzogenen Erlös für den Hausverkauf, besaß die Familie Preiss im Mai 1940 formal noch weitere 12.000 RM auf einem Bankguthaben, was aber ebenfalls gesperrt war. In dem Formular zur Vermögensaufstellung war es möglich, nicht gezahlte Schulden, etwa die Judenvermögensabgabe und die Reichsfluchtsteuer vom Vermögen abzuziehen. Dies geschah hier nicht, weshalb man davon ausgehen kann, dass zumindest die Judenvermögensabgabe bereits gezahlt war.[20]

Zwar liefern die Akten keine Hinweise auf die Zahlung der Reichsfluchtsteuer, aber auch diese könnte fällig geworden sein, denn die Familie Preiss plante ganz offensichtlich nach der Abschiebung auf das polnische Staatsgebiet weiter in ein ferneres Land zu emigrieren, obwohl Pinkas Preiss im Zusammenhang mit der Bitte, ihm 3.000 RM für notwendige Anschaffungen freizugeben, noch geschrieben hatte, dass er im Alter von nunmehr 54 Jahren kaum mehr in der Lage sein werde „in einem fremden Land eine Existenz zu gründen“.[21] Am 5. Juli 1939 wurde der Betrag tatsächlich freigegeben, aber er reichte offensichtlich nicht aus, um die anfallenden Kosten für die geplante Ausreise zu decken. Einen Monat später, am 14. August 1939, wandte er sich erneut an die Devisenstelle:

„In der Anlage behändige ich Ihnen eine Aufstellung sowie die betreffenden Belege hierzu, aus der zu ersehen belieben, dass gehabten Auslagen eine Summe von 4.000,- RM überschreiten, so dass ich mit dem mir bewilligten Betrag von 3.000,- RM zusätzlich 2.072,- RM für die Schiffskarten nicht ausreiche. Daher bitte ich höflichst um Bewilligung eines weiteren Betrages von RM 2.000,-. Ich benötige diese dringendst für die Schiffskarten, Bestreitung der Umzugskosten sowie zum Lebensunterhalt für die Zeit, die meine Frau und ich noch in Deutschland verbleiben.“[22]

Wie konkret diese Pläne tatsächlich waren, ist nicht feststellbar. Der fällige Fragebogen zur Versendung von Umzugsgut war aber bereits ausgefüllt und am 10. Juli 1939 der Devisenstelle übermittelt worden. Auf die Frage, welche Personen mit ihm, Pinkas Preiss, ausreisen werden, hatte er neben seiner Frau Sofie die beiden verbliebenen Zwillinge Sally und Max eingetragen, die aber damals vermutlich nicht aus Polen zurück gekommen waren.

Sally Preiss, Pinkas Preis Sophie Preiss Wiesbaden, Adelheidstr. 94 Judenhaus
Die eingereichten Umzugslisten werden ungültig
HHStAW 519/3 20601 (21)

Mit dem 1. September, dem Tag des Überfalls der deutschen Truppen auf Polen, waren alle Planungen ohnehin zunichte gemacht worden. Am 9. September 1939 wurde Pinkas Preiss im Zusammenhang mit den Maßnahmen des Staates gegen polnische Staatsbürger erneut verhaftet. Seit dem hat keiner der Familie noch etwas von ihm gehört, so Sally Preiss, der nach eigenen Angaben zu dieser Zeit ebenfalls in einem Konzentrationslager war.[23] Allerdings war im Frühjahr 1940 die Devisenstelle noch einmal mit den Auswanderungsabsichten der Familie Preiss befasst, ob es in diesem Zusammenhang zu einem brieflichen Kontakt kam, ist nicht sicher zu sagen. Auf einem kleinen Notizzettel in der Devisenstelle wurde notiert, dass die eingereichten Umzugslisten nicht mehr den jüngst erlassenen Vorschriften entsprechen würden. Ein entsprechendes Schreiben soll an Peisach Preiss wenige Tage später, am 20. März 1940 mit der Adressangabe Adelheidstr. 94 herausgeschickt worden sein. Eine andere Umzugsliste gemäß den neuen Vorschriften ist aber offensichtlich nicht mehr eingereicht worden.[24]

Die Schreibtischtäter in den KZ-Bürokratien hatten aber über das weitere Leben von Pinkas Preiss recht genau Buch geführt, wie der Suchdienst des IRK nach dem Krieg feststellen konnte. Nach den Eintragungen im „Häftlingspersonalbogen“ war er am 9. September 1939 durch die Wiesbadener Polizeibehörde auf Anordnung der „Stapo Wiesbaden“ vom gleichen Tag in „Schutzhaft“ genommen worden. Als Grund war lapidar „Polenaktion“ angegeben. Bald danach muss er in das KZ Sachsenhausen überstellt worden sein.

Während dieser Zeit der Inhaftierung hatte seine Frau Sofie – anders als von Sally angegeben – offensichtlich noch Kontakt zu ihrem Mann, denn als die Devisenstelle Frankfurt sie im Mai 1940 zur Abgabe einer Vermögenserklärung aufforderte, notierte sie unter dem Posten Ausgaben unter dem Punkt 4d „laufende zu leistende unentgeltliche Zuwendungen“, zum einen „an meinen Mann im KZ Oranienburg RM 25.00“ zum anderen „an meinen Sohn in Polen 10.00 RM“.[25]
Nach den Aufzeichnungen des KZs Dachau wurde Pinkas Preiss nach einem Jahr am 3. September 1940 von Sachenhausen kommend in das KZ Dachau eingeliefert. Hier trug er als jüdischer und polnischer „Schutzhäftling“ die Häftlingsnummer 17125.[26]

Wiederum knapp ein Jahr später, am 5. Juli 1941, wurde er in das nächste KZ, nach Buchenwald, gebracht, wo er nach einem weiteren Jahr laut Gestapo-Karteikarteneintrag am 25. Juli 1942 verstarb. Als Todesursache wurde auf dem Totenschein „Broncho-Pneumonie – rechts“ angegeben.[27]

Auch Seine Frau Sofie wurde ein Opfer der Shoa. Aber anders als Sally Preiss im Antrag auf die Todeserklärung seiner Eltern angab, war seine Mutter nicht nach Theresienstadt,[28] sondern mit dem großen Transport vom 10. Juni 1942 nach Lublin deportiert worden. Nach ihrer Ankunft wurde sie wie nahezu alle anderen in Sobibor vergast.

 

Weniger weiß man über das weitere Schicksal der beiden Söhne. Max ist nach Angabe des Gedenkbuch des Bundesarchivs Koblenz in Auschwitz ums Leben gekommen.[29]

Sally Preiss, Pinkas Preis Sophie Preiss Wiesbaden, Adelheidstr. 94 Judenhaus

Sally Preiss, Pinkas Preis Sophie Preiss Wiesbaden, Adelheidstr. 94 Judenhaus
Karteikarte von Sally Preiss aus der Despalced Persons Kartei
https://collections.arolsen-archives.org/archive/68686851/?p=1&s=Sally%20Preiss&doc_id=68686851

Auch Sally war nach seiner Deportation in einem oder mehreren Lagern in Osten. Laut einem Eintrag in einer Liste, die nach dem Krieg auf Anweisung der amerikanischen Besatzungsbehörde erstellt worden war, war er von 1938 bis 1945 im KZ „Stutthofen“ – gemeint ist Stutthof – inhaftiert.[30]

Sally Preiss, Pinkas Preiss, Sofie Preiss, Judenhaus Adelheidstr. 94, Wiesbaden
Paasagierliste der Überfahrt von Bremen nach New York, in der Sally Preiss aufgeführt ist
https://www.ancestry.de/interactive/7488/NYT715_7167-0820?pid=3021598692&backurl=https://search.ancestry.de/cgi-bin/sse.dll?indiv%3D1%26dbid%3D7488%26h%3D3021598692%26tid%3D%26pid%3D%26usePUB%3Dtrue%26_phsrc%3DryV342%26_phstart%3DsuccessSource&treeid=&personid=&hintid=&usePUB=true&_phsrc=ryV342&_phstart=successSource&usePUBJs=true

Darüber, wie er sieben Jahre KZ überleben konnte, hat er nie Auskunft gegeben. Nach der Befreiung ist er dann am 24. Oktober 1945 sogar zunächst in seine Geburtsstadt Wiesbaden zurückgekehrt, wo er nach eigener Auskunft sogar eigentlich bleiben wollte. Am 22. August des folgenden Jahres ist er dann doch in die USA ausgewandert.[31]

 

Veröffentlicht: 12. 11. 2017

Letzte Änderung: 29. 04. 2020

 

 

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Anmerkungen:

[1] Es existieren unterschiedliche Namen und Schreibweisen für die Stadt, z.B.  auch Czernowitz oder Tschernowitz. Hier wird die auf der Gestapo-Karteikarte und im Gedenkbuch des Bundesarchivs eingetragene Variante verwendet.

[2] Wahrscheinlich waren aber die ebenfalls in Wiesbaden wohnenden und aus Dracznetz stammenden Jente Still, geborene Rabinowicz, und David Rabinowicz mit ihr verwandt Er war um 1878, sie am 6.5.1888 in Dracznetz geboren worden, womöglich waren dies sogar ihre Geschwister. Sofie Preis hatte im Übrigen beim Standesamt Wiesbaden die Todesanzeige für David Rabinowicz aufgegeben, was als deutlicher Hinweis auf eine nahe Verwandtschaft gewertet werden kann. Siehe Sterberegister der Stadt Wiesbaden 297/1937.

[3] Die in den verschiedenen Quellen angegebenen Geburtsdaten von Pinkas Preiss unterscheiden sich mehrfach. Die Genealogische Datenbank der Paul-Lazarus-Stiftung Wiesbaden nennt den 5. Juni 1885, ein Datum, welches auch in einer späteren Abschrift der Devisenakte enthalten ist, die in die Entschädigungsakten aufgenommen wurde. Darin nennt Sofie an Stelle ihres Mannes dieses Geburtsdatum, siehe HHStAW 518 38812 (49). Ebenso die eigenen Angabe von Pinkas Preiss in HHStAW 519/3 20601. Das gleiche Geburtsdatum nennt der Suchdienst des IRK, ebd. (52) der Sohn Siegfried in der gleichen Akte dagegen den 18. April 1885, siehe ebd. (10), auf dem Deckel der Entschädigungsakte ist dagegen der 14. April 1885 verzeichnet. Das in der Akte enthaltene polizeiliche Führungszeugnis gibt wiederum den 4. April 1885 an, siehe ebd. (12). Auf einem Antrag zur Versendung von Umzugsgut ist dann wiederum der 8. Juni 1885 angegeben, ebd. (45).

[4] Im Zusammenhang mit Hypothekenforderungen – siehe unten – erwähnt Rechtsanwalt Heuss im Rahmen des Entschädigungsverfahrens, dass „der Hypothekengläubiger Peisach Schauberpreis schriftlich mit notarieller Unterschriftsbeglaubigung beantragt (hatte), seinen Namen Schauberpreis in den Zunamen Preiss umzuschreiben, da er seinen Namen mit behördlicher Genehmigung geändert habe.“ Der Antrag sei damals vom Grundbuchamt abgelehnt worden, weil der Gläubiger ausgebürgert worden sei. HHStAW 518 38812 (22).

[5] In einem Brief von Pinkas Preiss aus der Devisenakte an die Devisenstelle Frankfurt, datiert mit 10.7.1939, der in einer Abschrift der Entschädigungsakte erhalten geblieben ist, bat er um die Freigabe von Geld zur Anschaffung dringend notwendiger Gegenstände. „In meiner 30-jährigen Verheiratung sind diese z.T. so unbrauchbar geworden, dass sie den Transport nicht mehr lohnen.“ Auch daraus ergibt sich eine Vermählung in der Zeit 1909/10, siehe HHStAW 518 38812 (46).
Auch das Geburtsdatum von Moritz Preiss ist in den unterschiedlichen Quellen nicht eindeutig. In der Datenbank Jüdische Bürger Wiesbaden des Stadtarchivs Wiesbaden ist der 4. 4.1911 vermerkt. Im Antragsbogen für das von ihm eingeleitete Entschädigungsverfahren hat er selbst den 25.4.1911 als sein Geburtsdatum angegeben, siehe HHStAW 518 50458 (1). In dem in der Akte enthaltenen Erbschein ist wiederum der 4.4.1911 eingetragen, siehe (9).

[6] Cäcilie, geboren am 7.4.1915, gestorben am 19.12.1915; Berta, ebenfalls geboren am 7.4.1915, gestorben am 22.2.1916; Lotte, geboren am 6.8.1921, gestorben am 8.12.1923; zuletzt Toni, geboren 23.10.1922, gestorben am 17.12.1923. Dass die Todesdaten der jüngsten Töchter alle in den Winter fallen ist sicher kein Zufall, auch liegen die Todesdaten der letzten beiden Töchter nur wenige Tage auseinander, was auf eine gemeinsame ernste Erkrankung der beiden schließen lässt.

[7] Falsch ist demnach die im Entschädigungsverfahren gemachte Angabe des Wiesbadener Polizeipräsididenten, die sich allerdings wiederum auf die Aussage einer Bewohnerin stützte, Pinkas Preiss habe das Haus in der Bleichstraße 1920 erworben und sei dort mit seiner Familie schon 1923 eingezogen, siehe HHStAW 518 38812 (51) Sally ist allerdings im Jüdischen Adressbuch von 1935 nicht aufgeführt, vermutlich wurde er wegen des identischen Geburtsdatums mit Max, dem 18.7.1919, übersehen. Isidor Siegfried war am 10.10.1912 und Dora am 27.12.1913 geboren worden. Angaben laut Jüdische Bürger Wiesbadens, Stadtarchiv Wiesbaden.

[8] Diese Angabe wird bestätigt durch die Eintragungen im Juli 1939von Pinkas Preiss in einem Fragebogen der Devisenstelle Frankfurt, siehe HHStAW 518 83312 (26, 45).

[9] HHStAW 518 38812 (22).

[10] HHStAW 518 38812 (28) Er taxierte den Wert der Möbel auf etwa 5.000 RM.

[11] Ebd. (23) Der spätere Versuch eine Entschädigung für den dadurch entstandenen wirtschaftlichen Schaden zu bekommen, wurde von der Wiedergutmachungsbehörde mit der ihr eigenen Logik abgeschmettert: Der Schaden „gründet sich auf allgemeinen Boykott, d.h. das Geschäft des Verfolgten ist dadurch zum Erliegen gekommen, dass Käufer infolge der rassischen Diskriminierung ferngeblieben sind und dass dadurch eine wirtschaftliche Schädigung eingetreten ist.“. Eine Wiedergutmachung könne nicht gewährt werden, „da der Schaden nicht auf eine konkrete Verfolgungsmaßnahme auf Veranlassung einer nat.soz. Dienststelle oder eines nat.soz. Amtsträgers … eingetreten ist.“ Ebd. (29).

[12] HHStAW 518 83312 (1, 2).

[13] Genealogische Datenbank der Paul-Lazarus-Stiftung Wiesbaden, Eintrag Moritz bzw. Dora Preiss. Genauere Angaben zu den jeweiligen Fluchtumständen liegen nicht vor.

[14] HHStAW 519/3 26263 (1). Ob ein solches Paket dann tatsächlich Sally Preiss errichte, ist ungewiss. Zwar hatte man in der Devisenstelle eine entsprechende Akte angelegt, in einer Notiz vom 16.4.1941 heißt es dann aber: „1. Genehmigte Liste an Antragsteller senden. 2. Antrag wird eingestellt.“ Ebd. (1, 2).

[15] HHStAW 518 38812 (48) Abschrift der Entschädigungsbehörde eines Briefes von Pinkas Preiss an die Devisenstelle Frankfurt vom 5.7.1939.

[16] Siehe Abschrift der des Antrags auf Versendung von Umzugsgut vom 10.7.39 aus der Devisenakte in der Entschädigungsakte HHStAW 518 83312 (45). Auf der Gestapokarteikarte ist das Einzugsdatum nicht angegeben.

[17] HHStAW Ebd. (47), siehe auch die Abschrift der Bestätigung der Maßnahme durch den OFPräs. Kassel vom 10.2.39. Siehe hier auch den Beleg für den Einheitswert.

[18] HHStAW Ebd. (19) Der Kaufvertrag ist mit dem 24. Oktober 1939 datiert (47), aber der Kauf muss spätestens im Juli abgewickelt worden sein. Dies ergibt sich aus den genannten Briefen von Pinkas Preiss als auch aus der Tatsache, dass die hier genannte Steuer in zwei Raten im August und September 39 gezahlt worden war. Käufer waren Traugott Claus und seine Frau Berta, geb. Kohl.

[19] HHStAW 518 38812 (22) Die Formulierung des Rechtsanwalts Heuss in seinem Schreiben an die Entschädigungsbehörde legt sogar nahe, dass das Hausgrundstück auch zuvor Pinkas Preiss gehört hatte, denn er spricht im Zusammenhang mit den Hypotheken von „Restkaufgeld“, also von Geld das dem Verkäufer noch zustand und offensichtlich in Form einer Hypothek abgesichert worden war. Das Haus muss 1942 zwangsversteigert worden sein. In diesem Zusammenhang wurden die Hypotheken dann einfach gelöscht, weil sie „ausgefallen“ seien. Siehe ebd. Zurecht hat Siegfried Preiss im Entschädigungsverfahren darauf hingewiesen, dass eigentlich seine Familie als Hauptgläubiger damals das Recht gehabt hätte, das Grundstück zu übernehmen und nur das bestehende Unrechtssystem dies verhindert hatte. Ebd. (18).

[20] Siegfried Preiss hatte im Entschädigungsverfahren einen Betrag von ca. 10.000 RM für „Judensteuer u. Vermögensabgabe“ geltend gemacht, siehe HHStAW 38812 (18).

[21] HHStAW 518 38812 (46) Pinkas Preiss verwies bei der Bitte ihm die 3.000,- RM freizugeben darauf, dass er „den Weltkrieg 4 Jahre mitgemacht habe und verwundet wurde“.

[22] HHStAW 518 38812 (48).

[23] HHStAW 469-33 1900 (4). Vermutlich handelt es sich um das KZ Stutthof, siehe unten Anm. 29.

[24] HHStAW 519/3 20601 (21, 24).

[25] HHStAW 518 38812 (49). Für welchen Sohn die Zuwendungen bestimmt waren und wo er sich befand, ist nicht angegeben. In dieser Erklärung schreibt Sofie Preiss an Stelle ihres Mannes: „Ich lebe von meiner Ehefr. getrennt. Ihr Aufenthalt ist Wiesbaden, Adelheidstr. 94“. Nach den Ausführungen zum Vermögen – fast 42.000 RM auf gesicherten bzw. beschlagnahmten Konten – und den Ausgaben – hier fielen, neben den genannten Zuwendungen von insgesamt 35 RM, für Miete, Wasser und Heizung 46 RM und den übrigen Lebensunterhalt knapp 60 RM an – schriebt sie dann: „Den Erklärungen meines Ehemannes schließe ich mich an zugl. Im Namen meiner Kinder.“ Unterschrieben hat sie dann mit ihrem Namen, fügt aber hinzu:“ Zugl. für meinen Ehemann, der sich in Oranienburg im KL befindet.“

[26]http://stevemorse.org/dachau/details.php?lastname=PREISS&firstname=Peisach&title=&birthday=05&birthmonth=Jun&birthyear=1885&birthplace=Tekucza&from=S.&town=Wiesbaden&street=Adelheldstr.%2094&number=17125&DateOfArrival=zug.%2003%20Sep%201940%20v.%20S.&disposition=%C3%BC.%2005%20Jul%201941%20n.%20B.&comments=Check%20C&category=Sch.%20J.%20P.&ID=170424&page=4675/Hn.&disc=4&image=75. (Zugriff: 7.4.2020).

[27] HHStAW 518 38812 (52).

[28] HHStAW 469-33 1900 (1).

[29] Eine Anfrage in Auschwitz hat allerdings ergeben, dass es dort keine Belege dafür gibt, dass ein Max Preiss, geboren am 18.7.1919, dort gewesen und verstorben sei.

[30] https://collections.arolsen-archives.org/archive/70479681/?p=1&s=Sally%20Preiss&doc_id=70479681. (Zugriff: 7.4.2020).

[31] https://collections.arolsen-archives.org/archive/70479612/?p=1&s=Sally%20Preiss&doc_id=70479612.
https://collections.arolsen-archives.org/archive/68686851/?p=1&s=Sally%20Preiss&doc_id=68686851. (Zugriff: 7.4.2020).
Sally Preiss, der inzwischen den Namen Robert Price angenommen hatte, war 1994 im Rahmen eines Besuchsprogramms ehemaliger jüdischer Bürger noch einmal in seiner Heimatstadt Wiesbaden. Er hatte damals auch Auskunft über sein Schicksal gegeben. Die schriftlichen Unterlagen über diesen Besuch befinden sich im Stadtarchiv Wiesbaden. Nach Auskunft der Archivleiterin Frau Dr. Streich lagern sie aber noch immer – nach mehr als 20 Jahren ! – in einem Karton und sind einer wissenschaftlichen Aufarbeitung nicht zugänglich.