Familie Gatterer


Juden Judenhaus Wiesbaden Adelheidstr. 94
Die Adelheidstr. 94 heute
Eigene Aufnahme
Adelheidstr 94, Judenhaus, Wiesbaden
Lage des Hauses
Adelheidstr. 94, Judenhaus Wiesbaden
Belegung des Judenhauses

 

 

 

 

 


Die erste Familie, die als Bewohner dieses Hauses von den nationalsozialistischen Zwangsumsiedlungen betroffen war, längst bevor das Konzept der Judenhäuser realisiert wurde, war die aus dem etwa 30 km südlich von Krakau gelegenen Städtchen  Dobcyca stammende Familie Gatterer, die die polnische Staatsbürgerschaft besaß.[1] Aus diesem Grund wurde sie zu Opfern der staatlichen Maßnahmen, die sich im Vorfeld der Ereignisse um die Reichspogromnacht gegen die polnisch-jüdische Bevölkerung richteten. Die Familie hat zwar nicht mehr in dem Judenhaus Adelheidstr. 94. gelebt, aber sie hat dennoch das Schicksal der späteren Bewohner geteilt. Deswegen soll an dieser Stelle auch ihrer gedacht werden.

Josef Gatterer, Ida Gatterer, Amalie Gatterer, Reisel Gatterer, Jakob Gatterer, Israel Artur Gatterer, Benjamin Gatterer, Leib Gatterer, Leon Gatterer, Max Gatterer, Judenhäuser Wiesbaden, Adelheidstr. 94
Stammbaum der Familie Gatterer
(GDB-PLS)

Der am 1. Mai 1868 geborenen Kaufmann Josef Gatterer hatte die ebenfalls in Dobcyca am 31. Oktober 1872 geborene Ides / Ida / Idel Wolf geheiratet. Noch in Polen waren auch die ersten vier der insgesamt sieben Kinder geboren worden, Amalie am 20. Oktober 1899, Reisel / Rachel um das Jahr 1901, Jakob am 3. März 1902 und Israel Arthur am 26. Dezember 1908. Danach muss die Familie nach Wiesbaden gezogen sein, denn das fünfte Kind, Benjamin oder auch Benno genannt, kam hier am 23. Dezember 1909 zur Welt. Es folgten am 11. April 1911 noch Leib / Leo und Max am 9. September 1913.[2]

Rachel war aber bereits im Jahr 1918 mit nur 17 Jahren verstorben. So wohnte die achtköpfige Familie zunächst wohl in der Blücherstr. 6,[3] muss dann 1912 in die Goebenstr. 19 und etwa 1918 in die Hellmundstr. 52 gezogen sein. Mit der Adresse des späteren „Judenhauses“ Adelheidstr. 94 ist sie erstmals im Wiesbadener Adressbuch 1932/33 eingetragen.[4]

In den jeweiligen Häusern betrieben die Gatterers einen Handel mit Textilien im weitesten Sinne, an der auch die Kinder auf unterschiedliche Weise beteiligt waren. Die Angaben dazu sind nicht ganz klar, spiegeln vermutlich die jeweiligen Geschäftsschwerpunkte wieder. So gab das Finanzamt Wiesbaden an, Josef Gatterer habe eine Sackhandlung betrieben, die Stadt spricht von einer Sack- und Fellhandlung, die am 5. November 1931 angemeldet und am 2. Februar des folgenden Jahres eröffnet worden sei. Leo und Max seien unter der gleichen Adresse Inhaber eines Wäschegeschäfts gewesen. Inwieweit diese Geschäfte gemeinsam betrieben wurden, wusste auch das Finanzamt nicht mehr, da die Akten der Betriebe nicht mehr vorhanden waren. Nach Auskunft der Stadt waren aber zumindest Israel Arthur und Max 1934 als Teilhaber in das väterliche Geschäft eingetreten.[5]

Israel Arthur, der zweitälteste Sohn, hatte zuvor bei dem Metallwarengeschäft von Berthold Kahn in der Moritzstraße eine Lehre abgeschlossen, sich aber dann 1929 nach eigenen Angaben mit einem „Etagengeschäft“ für Textilien unter der Adresse der Eltern in der Adelheidstr. 94 selbstständig gemacht, seine Kunden besucht und Waren gegen Kredit verkauft.[6]

Nach Angaben der Auskunftei Blum, die das Geschäft als Sackhandlung bezeichnete, habe Israel Arthur Gatterer die verschiedenen Bäckereien der Stadt aufgesucht und dort die gebrauchten Mehlsäcke erstanden, um sie dann wieder an eine andere Firma, ‚Riesel & Sperber’, zu verkaufen. Liest man die bei der Entschädigungsbehörde 1956 vorgelegte Expertise der Auskunftei weiter, so ist man zunächst irritiert von der mangelhaften sprachlichen Ausdrucksfähigkeit des Autors, noch mehr aber von seinen unverhohlen an die nationalsozialistischen Stereotype angelehnten Aussagen. „Diese Tätigkeit erledigte Herr Gatterer ohne fremde Hilfspersonen, wurde von seiner kinderreichen Familie unterstützt. Das Geschäft war sehr bescheidener Ausdehnung. Besondere Geschäftsräume waren nicht gemietet und wickelte er das Geschäft in seiner 3 Zimmerwohnung ab.
Es wurde berichtet, dass diese Wohnung sehr bescheiden ausgestattet war, dass nur das nötigste vorhanden war und, dass der Hauseigentümer zum Umzug nach Adelheidstr. 94 die Umzugskosten trug besonders um die Leute aus dem Haus zu bekommen, da sie besonders schmutzig waren.
Irgendwelche Werte besaß Herr Gatterer nicht und lebte er von der Hand zum Mund. Die Einnahmen überschritten nicht das Existenzminimum und fand auch keine steuerliche Veranlagung statt.“
[7]

Vermutlich spiegeln diese Aussagen nicht nur das Bewusstsein des Autors, sondern auch das weiter Teile der deutschen Öffentlichkeit im Nachkriegsdeutschland wider. Immerhin musste der Schreiber zuletzt konstatieren, dass Israel Arthur Gatterer seinen geschäftlichen Verpflichtungen immer nachgekommen sei.

Noch rechtzeitig war es ihm zunächst alleine gelungen, mit nur 10 RM in der Tasche, nach Frankreich zu entkommen. Ein legales Gewerbe auszuüben wurde ihm hier nicht gestattet und so lebte er von den Einkünften seiner Frau Marion, geborene Amster, die er hier kennen gelernt und geheiratet hatte. Nach dem deutschen Einmarsch begannen für ihn die Jahre in der Illegalität. Im Sommer 1940 lud ihn in Lyon die Fremdenpolizei vor. Dieser Aufforderung hatte er sich entzogen, weil er zurecht befürchtete, in das „Judenlager“ Gurs überführt zu werden. In den folgenden Jahren lebte die Familie in verschieden Orten, kurze Zeit sogar in Nizza, als dieses noch von den Italienern besetzt war. Als aber die Deutschen auch in Südfrankreich ihren Einfluss geltend machten, flohen sie zurück nach Lyon, wo sie sich zumindest auskannten. In einem versteckten Raum in einem Lagerhaus überlebten sie die folgenden Jahre in einer notgedrungen selbstverordneten Gefangenschaft. Weder Bewohner, noch Eigentümer wussten etwas von ihrer Anwesenheit. Nur seine Frau Marion, die mit einem gefälschten Pass ausgestattet war, verließ in dieser Zeit das Versteck, Israel Arthur erst nach der Befreiung 1944.[8]

1948 ging er in die USA – ob alleine oder mit Familie, ist nicht bekannt -, wo er ebenfalls einen kleinen Textilhandel betrieb. Auch hier lebte er in eher ärmlichen Verhältnissen.

 

Benjamin, das erste in Wiesbaden geborene Kind der Gatterers, hatte einen Hausierergewerbeschein erworben und hatte sich nach Angabe der bereits genannten Auskunftei Blum mit einem ambulanten Textilhandel selbstständig gemacht. Trotz seines anerkannten Fleißes seien „finanziellen Verhältnisse bei Herrn Benjamin G. klein“ gewesen, er habe weder ein Lager noch weitere Hilfskräfte gehabt. „Ein bestimmtes Einkommen konnte man nicht erkennen. Herrn G. stellte auch keine besonderen Ansprüche und galt die ganze Familie als unsauber,“ so die sattsam bekannten Formulierungen des deutschen Saubermanns im Hause Blum.[9]

Auf welchen Zeitraum sich die Aussage der Auskunftei bezog, ist nicht vermerkt. Benjamin Gatterer hatte 1936 Gitel / Beile / Berta Perlmann geheiratet, deren Mutter, die Jüdin Henny Perlmann, ebenfalls ein allerdings traditionsreiches, seit 40 Jahren in der Friedrichstr. 50 bestehendes Wäschegeschäft betrieb.[10] In diese Firma war Benjamin mit der Heirat eingetreten und zum Mitinhaber geworden. Die antisemitischen Repressalien führten aber auch dieses Geschäft in den Ruin, Außenstände konnten nicht mehr eingetrieben werden und nachdem die Schwiegermutter Henny Perlmann 1937 aus ihrer Wohnung vertrieben wurde, zog Benjamin mit seiner Frau Gitel wieder in die elterliche Wohnung in der Adelheidstr. 94. Hierin nahmen sie ihre gesamte Habe mit und von hier aus organisierten sie noch rechtzeitig ihre Flucht, zunächst nach Frankreich, wo sie ohne Einkommen, nur von Verwandten unterstützt, bis 1941 blieben. Danach gelang ihnen die Überfahrt nach England, von wo aus sie 1947 in die USA emigrierten.[11].

 

Amalie, die älteste der Kinder von Josef und Ida Gatterer, hatte Deutschland bereits verlassen, bevor die Nazis an die Macht gekommen waren. Aber letztlich musste auch sie in Frankreich das Schicksal ihrer später geflohenen Brüder teilen und überlebte nur mit allergrößtem Glück die Verfolgungen im französischen Exil.

Am 16. März 1928 hatte sie in Wiesbaden Hermann Eisenkraft geheiratet und war mit ihm bereits 1930 nach Colmar in Frankreich ausgewandert. Beim Einrücken der deutschen Truppen musste sie mit den inzwischen geborenen drei kleinen Kindern zunächst nach Paris flüchten, wo sie sich versteckt hielten. Noch kurz vor dem Waffenstillstand im Juni 1940 fiel ihr Mann im Kampf gegen die deutschen Truppen im Alter von 39 Jahren. Sie floh erneut mit den Kindern, diesmal nach Lyon, wohin es inzwischen auch ihren Bruder Israel Arthur verschlagen hatte.[12] Ihr Leben in der Illegalität schilderte sie im Rahmen des Entschädigungsverfahrens 1965 folgendermaßen:

„In Lyon führten wir ein schreckliches Leben. Wir wohnten zu viert in einem sogen. Chambre Garni rue de Sèze 94. Ein sehr schlechtes ungesundes Zimmer. Bis zum Sommer 1942 lebten wir in Lyon unbehelligt. Dann aber wurde Lyon besetzt und die Razzien setzten ein. Wir wagten nicht mehr, im Zimmer zu bleiben, da öfters die Gestapo im Hause war. Wir mussten tagelang in den Strassen herumirren mit falschen Personalausweisen. Wir hatten keine Lebensmittelkarten. Auch lebten wir in ständiger Angst vor Entdeckung. Im Jahre 1943 hatte ich endlich die Gelegenheit, zwei jüngere Kinder nach der Schweiz zu schicken. So war ich mit meiner ältesten Tochter allein, und wir lebten in einem schrecklichen Zustand, der sich von Tag zu Tag verschlimmerte. Wir konnten des nachts nicht mehr im Zimmer bleiben und hatten auch nichts zum Essen. Gute Freunde unterstützten uns, dass wir gerade nicht zu verhungern brauchten. Selbstverständlich hat dieser Zustand schrecklich auf unsere Gesundheit gewirkt. Meine Tochter liegt leider bis zum heutigen Tage in einer Nervenheilanstalt, und ich selber leide gesundheitlich sehr. So lebten wir bis zur Befreiung 1944.“[13]

In einem winzigen Zimmer ohne Licht und nur mit einem Bett gelang es ihr mit ihren drei Kindern irgendwie diese Zeit zu überstehen.

 

Auch der älteste Bruder, Jakob, hatte noch rechtzeitig den Weg aus Deutschland gefunden und war ebenfalls in Frankreich untergetaucht. Wie es ihm gelang in Colmar zu überleben, ist allerdings nicht bekannt.

 

Die übrigen Familienmitglieder fielen dem Holocaust zum Opfer. Ohne Zweifel hatten alle Gatterers schon lange unter den Boykottaktionen zu leiden gehabt und lebten längst in völliger Unsicherheit, was ihre wirtschaftliche Lage betraf. Mit dem Konflikt zwischen Polen und dem Deutschen Reich um den Status der jüdischen Bevölkerung mit polnischem Pass wurden sie endgültig zum Spielball der beiden antisemitischen Regime. Auch sie wurden am 25. Oktober 1938 nach Polen abgeschoben. Unter Zurücklassung ihrer gesamten Habe, mit nur 10 RM pro Kopf wurden sie über die Grenze gebracht.

Nur Leo wurde gestattet zur Abwicklung des Geschäfts noch einmal nach Deutschland zurückzukehren. Vom Kriegsausbruch überrascht, wurde er inhaftiert und in das KZ Sachsenhausen eingeliefert. Hier verlieren sich alle Spuren.

Max Gatterer
Karteikarte für Max Gatterer aus dem Ghetto Krakau mit der Umsiedlungsanweisung nach Tarnow
https://cbj.jhi.pl/documents/868915/0/

Auch die Eltern und der jüngste Bruder Max waren seit der Ausweisung verschollen. Wann sie wo ergriffen und in welchem Lager sie von den Nazis umgebracht wurden, war unmittelbar nach dem Krieg nicht bekannt.[14] Inzwischen weiß man aber, dass sie alle drei am 11. März 1941 von Krakau in das nahe gelegene Lager Slotwina-Brzesko verbracht und dort ermordet wurden[15]

 

Im Zusammenhang mit den Entschädigungsverfahren der Familie Gatterer soll eine geradezu unglaubliche Behördenwillkür nicht unerwähnt bleiben. Bei der Berechnung des „Schadens im beruflichen Fortkommen“ wollte die Behörde bei den überlebenden Kindern nur den Zeitraum zwischen 1934 und Oktober 1938, dem Datum der Ausweisung, als entschädigungsrelevant anerkennen. Denn – so der Bescheid – bei der Ausweisung habe es sich um keine „rechtsstaatliche Grundsätze verletzende nat.soz. Gewaltmassnahme im Sinne der §§ 1, 2 BEG (gehandelt), sondern um einen ausländerpolizeilichen Akt auf Grund eines zwischen der deutschen Reichsregierung und der polnischen Regierung in den dreissiger Jahren getroffenen Abkommens.“[16]

Ähnlich argumentierte man im Verfahren von Benjamin Gatterer. Hier wurde gesagt, dass der Entschädigungszeitraum nur bis zum 31.August 1940 gehe, weil danach allen Polen, unabhängig von ihrer Rassezugehörigkeit, die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten verboten wurde. Deswegen seien die Maßnahmen nicht als „rassische“ Verfolgungsmaßnahmen anzusehen.[17] Erst das OLG Frankfurt hat später diese unglaubliche Auffassung revidiert.[18]

 

Veröffentlicht: 12. 11. 2017

Letzte Änderung: 6. 4. 2020

 

 

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Anmerkungen:

 

1] Zu Dobcyca siehe https://sztetl.org.pl/de/stadte/d/888-dobczyce/99-geschichte/137239-geschichte-der-gemeinde. (Zugriff: 6.4.2020). In Dobcyca gab es vermutlich seit dem 16. Jahrhundert vereinzelte jüdische Bewohner, aber erst Ende des 19. Jahrhunderts gründete sich dort eine Gemeinde, die vor dem Ersten Weltkrieg einen Bevölkerungsanteil von etwa 11 Prozent ausmachte. Der wirtschaftliche Erfolg der jüdischen Bewohner als Handwerker,, besonders Gerber, Händler, Wirte und auch Unternehmer hatte immer wieder zu antisemitischen Aktionen geführt. Es könnte sein, dass Joseph Gatterer mit seiner Familie angesichts dieser wiederkehrenden Bedrohungen damals nach Deutschland geflohen war. Als die Deutschen 1939 Polen besetzten errichteten sie in Dobcyca ein Arbeitslagerregime. Im August 1942 wurden die noch lebenden Juden zunächst in das Ghetto Wieliczka und von da aus am 27.8.1942 nach Belcec verbracht und ermordet.

[2] Genealogische Datenbank der Paul-Lazarus-Stiftung Wiesbaden. Vor dem Hintergrund dieses Geburtsverlaufs ist es fraglich, ob die Angabe der Tochter Amalie Eisenkraft stimmt, die Familie sei bereits 1901 oder 1902 nach Wiesbaden gekommen, siehe HHStAW 518 749 (22).

[3] Im Wiesbadener Adressbuch ist sie 1907 erstmals verzeichnet und zwar mit dieser Adresse.

[4] Fälschlicherweise gibt die Amalia Eisenkraft in dem Entschädigungsverfahren als Adresse der Familie immer die Adelheidstr. 84 an, siehe HHStAW 518 749.

[5] HHStAW 518 749 (25, 38).

[6] HHStAW 518 53906 (6).

[7] HHStAW 518 53906 (8).

[8] Siehe zum Schicksal von Israel Arthur und seiner Familie die eidesstattlichen Erklärungen von ihm selbst und von seiner Schwester Amalie HHStAW 518 53906 (6, 33f, 35).

[9] HHStAW 518 53909 (21) Vermutlich stammt auch diese Wertung von der gleichen Hand wie die über den Bruder Israel Arthur.

[10] Der Ehemann von Henny Perlmann, Abraham Isaac Perlmann, war bereits am 14.8.1931 im Alter von 62 Jahren verstorben. Beile / Gitel brachte die Tochter Sabine und den Sohn Max mit in die Ehe, die beide nicht ehelich geboren worden waren. Mit großer Wahrscheinlichkeit war der Vater von Sabine Naftalie Rottenberg, der frühere, ebenfalls aus Galizien stammende Lebensgefährte von Beile / Gitel. Zumindest ist er im Geburtseintrag von Sabine zunächst als Ehemann eingetragen, dann allerdings wieder gestrichen worden, da die beiden – wie unter Ostjuden des Öfteren der Fall – nur nach jüdischem Ritus, aber nicht standesamtlich geheiratet hatten. Für Max gibt es einen solchen Eintrag allerdings nicht, was aber nicht ausschließt, dass Naftalie Rottenberg ebenfalls dessen Vater war. Während der am 25. 10.1918 in Wiesbaden geborenen Tochter Sabine später die Flucht nach Palästina gelang, verstarb der am 27.4.1922 ebenfalls in Wiesbaden geborene Max am 22.8.1931 im Alter von nur neun Jahren im Jüdischen Krankenhaus in Frankfurt. Er hatte vor seinem Tod im Jüdischen Waisenhaus im Frankfurter Röderbergweg 87 gelebt. Siehe Sterberegister Frankfurt V 789 / 1931.
Naftalie Rottenberg wiederum ist für das Wiesbadener Judentum in zweifacher Weise von besonderer Bedeutung. Er war der einzige Jude Wiesbadens, der, versteckt und beschützt von der Familie seiner zweiten, nichtjüdischen Frau Sophie Elisabeth Deller in der Adolfstr. 14 die Nazizeit von 1939 an bis 1945 überlebte. Er war es auch, der dann nach dem Ende der Diktatur die Neugründung der jüdischen Gemeinde in Wiesbaden initiierte und deshalb später zu deren Ehrenpräsident ernannt wurde.

[11] HHStAW 518 748 (8, 24).

[12] HHStAW 518 749 (6).

[13] HHStAW 518 749 (65f). Diese Schilderung wurde in den Akten von verschiedenen Personen bestätigt. Auch die gesundheitlichen Folgen für Frau Amalie Eisenkraft sind hier ärztlich attestiert, siehe ebd. (74).

[14] Nicht ganz stimmig erscheinen die Aussagen von Amalie Eisenkraft im eigenen Entschädigungsverfahren. Hier gab sie 1954 an, dass „im Jahre 1938 meine Eltern und meine Brüder in KZ Lagern interniert (wurden).
Im Jahr 1939 nach Ausbruch des Krieges mit Polen wurden meine Eltern sowie meine Brüder abgeschoben, … Schließlich wurden alle nach Polen deportiert, wo sie alle umgekommen sind, mit Ausnahme von Leon, der in Deutschland in einem KZ Lager umgekommen ist.“
Siehe HHStAW 518 749 (20).

[15]

Nicht ganz stimmig erscheinen die Aussagen von Amalie Eisenkraft im eigenen Entschädigungsverfahren. Hier gab sie 1954 an, dass „im Jahre 1938 meine Eltern und meine Brüder in KZ Lagern interniert (wurden).
Im Jahr 1939 nach Ausbruch des Krieges mit Polen wurden meine Eltern sowie meine Brüder abgeschoben, … Schließlich wurden alle nach Polen deportiert, wo sie alle umgekommen sind, mit Ausnahme von Leon, der in Deutschland in einem KZ Lager umgekommen ist.“
Siehe HHStAW 518 749 (20).

[1] https://www.ancestry.de/search/collections/1495/?name=_Gatterer&nreg=1. (Zugriff: 6.4.2020) Zwar ist auf der Karte von Max Gatterer als Zielort Tarnow angegeben, das aber nur etwa 30 km von Brzesko entfernt liegt und die größere Stadt ist. Auf der Transportliste vom 11.3.1941 von Krakau nach Slotwina-Brzesko ist er dann zusammen mit seinen Eltern  Josef und Ides Gatterer aufgeführt. In Krakau wurde auch eine Karteikarte für eine Itla Gatterer mit eben diesem Ziel erstellt. Es scheint daher nahe liegend, dass diese Itla identisch mit Ides Gatterer ist, weil auch keine andere Frau mit dem Namen Gatterer und einem ähnlich klingenden Vornamen in der Liste genannt ist. Allerdings weicht das Geburtsdatum der Karteikarte von dem, das sowohl in Wiesbaden, als auch auf der Transportliste vermerkte ist, ab. Die Karteikarte nennt das Geburtsjahr 1886, die anderen Dokumente das Jahr 1871. Siehe die Karteikarte unter https://cbj.jhi.pl/documents/868912/0/. (Zugriff: 23.1.2021). Die Transportliste kann unter The JewishGen Holocaust Database nach Registrierung gefunden werden. Zum Ghetto von Brzesko siehe https://en.wikipedia.org/wiki/Brzesko_Ghetto. (Zugriff: 6.4.2020).

.[16] HHStAW 518 44834 (27).

[17] HHStAW 518 748 (27).

[18] HHStAW 518 44834 (35, 36, 38,39, 41,42, 51).