Chaim Cynowicz


Juden Judenhaus Wiesbaden Adelheidstr. 94
Die Adelheidstr. 94 heute
Eigene Aufnahme
Adelheidstr 94, Judenhaus, Wiesbaden
Lage des Hauses
Adelheidstr. 94, Judenhaus Wiesbaden
Belegung des Judenhauses

 

 

 

 

 


Am 15. Oktober 1940 war Israel Chaim Cynowicz[1] laut Gestapo-Kartei in das Judenhaus in der Adelheidstr. 94 verbracht worden. Auch er stammte ursprünglich aus Polen, aus dem kleinen Ort Jedwabno bei Lomza, westlich von Bialystok gelegen, aber anders als die Gatterers oder Kehs war er nicht schon im Oktober 1938 zwangsweise über die Grenze gebracht worden. Dies geschah erst vier Jahre später.

Chaim Cynowicz, Judenhaus Adelheidstr. 94, Wiesbaden, Samuel Krasnoborski
Yankel Cynowicz, der Großvater von Chaim väterlicherseits
https://www.geni.com/photo/view/6000000011307148470?album_type=photos_of_me&photo_id=6000000011549518243

In dieser Gegend um Bialystok waren schon die Vorfahren von Chaim Cynowicz seit Generationen ansässig, so auch seine Großeltern väterlicherseits, Yankel und Gitel Cynowicz, geborene Krzywonos.[2] Aus der Ehe der Eltern von Chaim, den polnischen Bauern Yosef und Shirke Reizl Cynowicz, geborene Krasnoborski, waren vier Söhne hervorgegangen. Chaim Israel, geboren am 23.8.1902 oder 1901 war der älteste.[3] Um den am 23. August 1901 geborenen Isreal Chaim[4] hatte sich der in Wiesbaden lebende Großvater offensichtlich besonders bemüht und ihn nach Deutschland geholt, um ihm nach seinem Abitur in Byalistock eine angemessene Ausbildung zu ermöglichen. Dies muss um das Jahr 1920/21 gewesen sein.[5] Gewohnt hat Israel Chaim bei dem Großvater in der Langgasse 2, wo auch dessen Geschäft angesiedelt war. Samuel Krasnoborski, der Vater von Israel Chaims Mutter Reizl, war schon 1906 mit seiner Frau Chaja, geborene Spiwak, nach Deutschland ausgewandert und hatte in Wiesbaden in der Langgasse 2 mit Erfolg ein Geschäft für Textilien gegründet.[6] Er galt darüber hinaus in der hiesigen Gemeinde als recht bedeutender Talmudgelehrter, der über eine sehr umfangreiche und auch wertvolle theologische Büchersammlung verfügt haben muss.[7]

Yosef Chaim Cynowicz, Shirke Reizl Krasnoborski, Chaim Israel Meier Cynowicz, Moses CynowiczJudenhaus Wiesbaden Adelheidstr. 94
Stammbaum der Familie Cynowicz
GDB

Schon bald nach der Übersiedlung Israel Chaims nach Wiesbaden, nämlich im Jahr 1922, starb der Großvater und Isreal Chaim führte den Laden mit seinem zu dieser Zeit wohl recht großen Kundenstamm selbstständig weiter.[8]

Nach Aussagen des ehemaligen Geschäftspartners Samuel Spinat handelte es sich um ein gut gehendes, ja sogar prosperierendes Unternehmen, das als ein „Abzahlungs- und Versandgeschaeft in Textilien im grossen Umfang gefuehrt“ worden sei. Man habe ein umfassendes Sortiment an Wäsche, Stoffen, auch Seiden- und Samtstoffen, wie auch englisches Tuch vorrätig gehalten. Er bezifferte den Wert des Warenlagers in den guten Zeiten vor 33 auf bis zu 70.000 RM, zuzüglich Außenstände in Höhe von etwa 15.000 RM. Sein Einkommen, das er mit drei weiteren Angestellten erwirtschaftet habe, hätte monatlich bei etwa 1.200 RM gelegen. Seine 3 Zimmer-Wohnung sei mit Teppichen, Ölgemälden und einem Radio „gut bürgerlich“ eingerichtet gewesen – so Samuel Spinat.[9]

Mit seinem Einkommen hatte er regelmäßig seine Eltern in Polen und andere Familienmitglieder unterstützt. Seinen Bruder Moshe Cynowicz  hatte er 1926 nach Deutschland geholt, damit dieser hier in Frankfurt an einem Rabbinerseminar auf seine Kosten die theologischen Studien fortführen konnte, die er in Polen begonnen hatte. Er sei, so die Angaben von Moshe, an den Wochenenden immer in Wiesbaden bei ihm gewesen und habe im Geschäft geholfen. Auf Grund des guten Einblicks, den er dadurch gewonnen habe, konnte er die Angaben anderer Zeugen über die zunächst gute Geschäftsentwicklung bestätigen.[10] Angesichts des wachsenden Antisemitismus verließ Moshe Cynowicz schon 1932 Wiesbaden und auch Deutschland, um nach Palästina auszuwandern.

Ebenso wurde nach Angaben von Moshe der Bruder Herz / Hersh, der in Polen geblieben war und von 1926 bis 1930 in Wilna Jura studierte, während der gesamten Studienzeit finanziell von Israel Chaim unterstützt.[11] Rechtzeitig hatte auch er seine Flucht vorbereitet und so war es ihm gelungen im indischen Exil, in Bombay, wo er ein Handelsunternehmen gegründet hatte, der Verfolgung in Europa zu entkommen.[12] Er spielte nach dem Krieg eine bedeutende Rolle in der – allerdings eher zerstrittenen – jüdischen Gemeinschaft Indiens, wurde sogar zum Vorsitzenden des Central Jewish Board gewählt und nahm zum Beispiel 1959 als Delegierter des Jüdischen Weltkongresses in Stockholm teil.[13]

Auch der Neffe Abraham Cynowicz, den Israel Chaim, selbst ledig und kinderlos, in der Tradition des Großvaters bei sich aufgenommen hatte, um ihm hier in Deutschland eine Ausbildung zu ermöglichen, profitierte von der Großherzigkeit des Onkels.[14] Von 1930 bis 1936 lebte Abraham bei seinem Onkel bis die Verhältnisse hier so unerträglich wurden – ihm war der Zutritt zur Schule verwehrt worden -, dass Israel Chaim beschloss, Abraham die Auswanderung nach Palästina zu finanzieren.[15]

Wie bei allen jüdischen Geschäftsleuten waren ab 1933 die Umsätze deutlich eingebrochen und auch vor unmittelbarer körperlicher Gewalt hatten die Nazis, aber auch seine ehemaligen Kunden nach Aussagen der Bekannten und Verwandten im Entschädigungsverfahren nicht zurückgeschreckt. Mehrer Male sei er in seiner Wohnung überfallen worden und auch Besuche bei potentiellen Kunden habe er bald nicht mehr gewagt. „Herr Cynowicz sah sehr jüdisch aus,“ stellte Samuel Spinat diesbezüglich in seiner eidesstattlichen Erklärung fest.[16]

Etwa zur gleichen Zeit, in der Abraham Deutschland verließ, gab Israel Chaim das Geschäft in der Langgasse auf. „Er musste den Platz wechseln, weil er in den Nächten beunruhigt war wegen verschiedener Leute, die ihn bedrohten“ [17] und zog in die Yorckstr. 17. [18] Ob es hier überhaupt noch zu einer größeren Geschäftstätigkeit kam, ist eher unwahrscheinlich. Sein Beruf ist schon im Jüdischen Adressbuch 35 mit „Privatlehrer“ angeben. Aber auch dazu gibt es keine weiteren Zeugnisse und Belege.[19]

Chaim Israel Cynowicz, Judenhaus Adelheidstr. 94, Wiesbaden
Brief von Chaim Israel Cynowicz an die Devisenstelle Frankfurt
HHStAW 519/3 2431 (14)

Als die Devisenstelle Frankfurt im Februar 1940 die Anlage einer JS-Mappe verfügte und Israel Chaim Cynowicz zur Abgabe einer Vermögenserklärung aufforderte, war dieser bereits völlig verarmt. Er habe kein Vermögen und lebe von „markweise“, offensichtlich bar eingezogenen Außenständen, die noch aus der Zeit seines früheren Betriebes stammten. Seine monatlichen Ausgaben gab er mit insgesamt 42 RM an, 17 RM für Wohnen und 25 RM für Essen und Kleidung. Er bat die Devisenstelle auf die Anordnung, Geld nur noch über ein gesichertes Konto entgegennehmen zu dürfen, zu verzichten, weil er ansonsten unweigerlich der öffentlichen Wohlfahrtspflege zur Last fallen würde. „Wenn ich diesen Kleinschuldnern Einschreibebriefe gemäss Vordruck übersenden würde, bekäme ich bestimmt nichts mehr herein, da diese kleinen Leute den Weg zum Einzahlen nicht beschreiten würden.[20] Die von der Devisenstelle verlangte Aufstellung dieser Außenstände offenbarte, elf Posten in einem gesamtwert von 325 RM von zahlungswilligen ehemaligen Kunden, aber auch fünf weitere Posten, die er als „zweifelhaft“, also nicht mehr realisierbar bezeichnete.[21]

Chaim Cynowicz, Reb Meyer Chinwicz, Judenhaus Adelheidstr. 94 Wiesbaden
‚Page of Testimony‘ für Reb Meir Cynowicz, den Bruder von Chaim Cynowicz
https://namesfs.yadvashem.org/YADVASHEM/17032106_312_4673/56.jpg.

Am 15. Oktober 1940 verließ er laut Gestapo-Kartei diese Wohnung in der Yorckstraße wieder, diesmal, nach Aussage des Neffen Abraham, unter unmittelbarem Zwang. Er sei „von der Polizei gezwungen“ worden, „mit anderen Juden zusammen in die Adelheitstr. zu ziehen.“[22]

Über die letzten beiden Jahre seines Lebens, die er hier verbrachte, ist nichts bekannt. Am 10. Juni 1942 wurde er „nach dem Osten evakuiert“. In Majdanek oder wahrscheinlicher in Sobibor wurde er umgebracht.
Auch sein Bruder, der Rabbi Meir wurde ein Opfer der Shoa. Er wurde 1943 in Bialystok ermordet. Ein Freund hat für ihn in Yad Vashem eine ‚Page of Testimony’ hinterlegt.

 

Veröffentlicht: 13. 11.2017

Letzte Änderung 8. 4. 2020

 

 

 

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Anmerkungen:

[1] Die Schreibweise des Namens ist in den Quellen sehr unterschiedlich: Cynowitsch im Gedenkbuch des Bundesarchivs und auch im Wiesbadener Adressbuch, Cynowitz in der Gestapo-Kartei, Tzinovitz in der Shoa-Datenbank von Yad Vashem, Zinowitsch in einem Schreiben des Wiesbadener Steueramts an die Entschädigungsbehörde. In der Entschädigungsakte wird ansonsten durchgängig die hier benutzte Variante Cynowicz verwendet, ebenso im Jüdischen Adressbuch von 1935.

[2] Siehe https://www.geni.com/family-tree/canvas/6000000014911348923. (Zugriff: 7.4.2020).

[3] Im Erbschein des Amtsgerichts Wiesbaden vom 5.11.1958 für den Erblasser Israel Chaim sind zwei Brüder, nämlich Hersch, geboren 1907, und Moshe, geboren 1905, als Erben erwähnt. Die Genealogische Datenbank der Paul-Lazarus-Stiftung  nennt noch einen Meir Cynowicz, der 1904 geboren wurde. Diese Angaben stimmen auch mit denen bei GENI überein, hier werden allerdings auch noch zwei Töchter aufgeführt, Gitel und Etka, deren Lebensdaten jedoch nicht bekannt sind. Siehe https://www.geni.com/family-tree/canvas/6000000014911348923. (Zugriff: 7.4.2020).

[4] Bezüglich des Geburtsjahrs von Israel Chaim Cynowicz gibt es in den Akten gewisse Unstimmigkeiten. Nach eigenen Angaben in der Vermögenserklärung von 1940 nennt er das Jahr 1902, dieses Jahr ist auch in der Archivdatenbank der PLS übernommen und in der Opferliste vermerkt. Entsprechend ist es auch im Gedenkbuch des Bundesarchivs eingetragen. Aber nicht nur die wenig sichere Angabe auf der Karteikarte der Gestapo, sondern auch die Akten im Entschädigungsverfahren nennen durchgängig das Jahr 1901. Siehe HHStAW 518 38025 (1 [Antrag], 5 [Rotes Kreuz], 6 ,7 ,8, 24 [Entschädigungsbehörde], 31 [Amtsgericht Wiesbaden], 33 [Regierungspräsident], 37 [Finanzamt Wiesbaden], 38 [Magistrat Wiesbaden], 57 [Jüdische Gemeinde], 68 [Eidesstattliche Erklärung des Neffen Abraham Cynowicz], o.P. [Eidesstattliche Erklärung des Bruders Moshe Cynowicz], 103 Landgericht Wiesbaden], 114 [Oberlandesgericht Frankfurt].

[5] Es wird aber auch noch andere Gründe gegeben haben, die Juden veranlasst haben könnten, diese Region zu verlassen. 1941, nachdem die sowjetischen Truppen das Gebiet, das sie zuvor gemäß den Vereinbarungen des Hitler-Stalin-Pakts zunächst besetzt hatten, nach dem Überfall von Nazi-Deutschland auf die UdSSR wieder räumten, kam es in Jedwabne, der Heimatstadt der Familie Cynowicz am 10.7.1941 zu einem Massaker der polnischen Bevölkerung an ihren jüdischen Mitbürgern. Hunderte wurden in eine Scheune gesperrt, die anschließend von dem Mob angezündet wurde. Man kann sicher davon ausgehen, dass solche antisemitischen Stimmungen nicht erst mit dem Einmarsch der deutschen Truppen aufkamen, sondern mehr oder weniger latent auch in den Jahrzehnten zuvor vorhanden waren. Siehe zu dem Massaker vom Juli 1941 https://www.welt.de/geschichte/article174158346/Jedwabne-1941-Das-Pogrom-zu-dem-Polen-alle-Fragen-verbietet.html. (Zugriff: 7.4.2020).

[6] HHStAW 518 38025 (54) Erstmals erscheint sein Name im Wiesbadener Adressbuch von 1904/05, damals wohnhaft in der Neugasse 22, im 2. Stock des Hinterhauses. Als Beruf ist Zigarettenarbeiter angegeben. Bis zum Adressbuch 1910/11, in dem er als Bewohner im selben Haus, aber jetzt im 3.Stock des Vorderhauses aufgeführt ist, fehlt ein Hinweis auf seine Anwesenheit in Wiesbaden. Ab 1914 ist er mit seiner auch späteren Geschäftsadresse Langgasse 2 eingetragen.

[7] HHStAW 518 38025 (19). Der Wert Bibliothek wurde im Entschädigungsverfahren von Samuel Spinat auf 7 – 8.000 RM geschätzt.
Auf seinem Grabstein auf dem Jüdischen Friedhof am Hellkundweg ist zu lesen:
Hier ruht
der Kenner der Thora
ein gläubiger und fürchtiger Mann
lernte fleißig alle seine Tage.
Herr Shmuel Mordechai Sohn von Meir Krasnoborski
Seit dem Tag da er hier war
ein treues Mitglied der Bet-Midrash
unter der Leitung von
Dr. Kahn Shalita
geboren in Latwia
starb im 76. Jahr seines Lebens
in Wiesbaden (am) 27. Sivan 5682

[8] Die Großmutter starb sechs Jahre später. Nach Angaben des städtischen Steueramts wurde das Gewerbe erst am 15.2.1925 auf seinen Namen angemeldet, siehe HHStAW 518 38025 (38).

[9] HHStAW 518 38025 (18f.) Die Entschädigungsbehörde haben diese Angaben zwar zunächst angezweifelt, ging auf Basis der Angaben von der Auskunftei Blum – ebd. (47) – von einem monatlichen Einkommen von nur 250 RM aus, mussten aber dann feststellen, dass ihre eigenen Erkundigungen zumindest teilweise fehlerhaft waren, vgl. ebd. (49, 54) Steuerunterlagen oder andere Belege waren und sind nicht mehr auffindbar.

[10] HHStAW 518 38025 (o.P.).

[11] Ebd. In einer undatierten eidesstattlichen Erklärung von Moshe, HHStAW 518 38025 (71) gibt dieser an, Israel Chaim habe einen Lift im Wert von ca. 6.000 RM mit Ölgemälden, Perserteppichen, Wäsche Porzellan, sogar einem Klavier an seinen Bruder Hirsch in Polen geschickt, der aber dort nie angekommen sei.

[12] HHStAW 518 38025 (70).

[13] https://www.bjpa.org/content/upload/bjpa/proc/PROCEEDINGS%20OF%20THE%20FOURTH%20PLENARY%20ASSEMBLY%20OF%20WORLD%20JEWISH%20CONGRESS%20STOCKHOLM%201959.pdf. (Zugriff: 7.4.2020).

[14] Um wessen Sohn es sich handelt, ist den Dokumenten nicht zu entnehmen, vermutlich aber von Hersch oder Meir, denn Moshe bezeichnet ihn ebenfalls als seinen Neffen, siehe die eidesstattliche Erklärung von Mosche Cynowicz in HHStAW 518 38025 (o.P.). Laut GENI war von den Brüdern allein Meir verheiratet. Seine Frau war Bobche, geborene Kopil Soltz. Siehe https://www.geni.com/people/Bobche-Cynowicz/6000000014912455684. (Zugriff: 7.4.2020).

[15] HHStAW 518 38025 (68).

[16] HHStAW 518 38025 (19).

[17] HHStAW 518 38025 (19), so der Freund Samuel Spinat.

[18] Samuel Spinat nennt als Zeitangabe für diesen Wohnungswechsel 1935/36, siehe HHStAW 518 38025 (19). Im Jüdischen Adressbuch 35 ist er bereits mit dieser Adresse vermerkt, sodass der Wohnungswechsel vermutlich eher 1934/35 stattgefunden haben muss. Laut Gestapo-Kartei, die keine Datierung enthält, hat er bei Kornfeld gewohnt.

[19] Diese Berufsbezeichnung wurde auch von der Gestapo für die Judenkartei übernommen. Ein Geschäftskollege, aber auch persönlicher Freund namens Abraham Bertram bezeugte die Belesenheit und auch die tiefe Religiosität von Israel Chaim Cynowicz. Sie hätten beide der zionistischen Bewegung nahe gestanden und vielfach über diese Fragen diskutiert. HHStAW 518 38025 (21).

[20] HHStAW 519/3 2431 (3, 4).

[21] Ebd. (6).

[22] HHStAW 518 38025 (68). Die Formulierung ist insofern nicht ganz glücklich, weil er nicht mit, sondern zu anderen Juden ziehen musste. Auch Anwalt Hoffmann wählt im Entschädigungsverfahren, offensichtlich nicht wirklich vertraut mit den Wiesbadener Verhältnissen, eine mehr als unglückliche Formulierung: Israel Chaim Cynowicz habe „seine 3 Zimmer-Wohnung in der Kleinen-Langgasse aufgeben und sich mit einem Zimmer in dem Juden-Viertel in der Adelaidstr. (sic!) begnügen müssen“. Ebd. (55). Abgesehen davon,, dass Cynowicz in der Kleinen Langgasse  vor seiner Einquartierung in der Adelheidstraße schon seit etwa 5 Jahren nicht mehr wohnte, ist die Rede von einem „Judenviertel“, quasi einem Ghetto, in Wiesbaden fern jeder Realität.
Auch auf seiner Gestapo-Kartei ist der Vermerk „bei Salomon“ zu lesen, was aber nicht die Wohnung selbst meinen kann, da Frau Salomon zu dieser Zeit schon längst verstorben war.