Die Familie von Heinrich und Irene Rabinowicz, geb. Elias


Kaiser-Friedrich-Ring 65 Wiesbaden, Judenhaus, Judenhäuser Wiesbaden, Bernhard Scheidt, Rosa Scheidt Fechheimer, Minna Scheidt Kahn, Isaak Kahn, Luise Scheidt Kaufmann, Abraham Alfred Kaufmann, Frieda Wolf, Sally Wolf, Paula Helene Wolf Kassel, Julius Kassel, Ilse Betty Kassel, Friedel Scheidt Oppenheimer, Louis Oppenheimer, Eleanor Morris, Hugo Kaufmann, Helga Simon Kaufmann, Emma Scheidt Essinger, Julius Essinger, Rolf Essinger, Otto Essinger, Anna Essinger, Siegmund Scheidt, Anna Scheidt Frank, Otto Frank, Helmuth Friedrich Frank, Edith Margot Frank,Bertha Berta Scheid Blütenthal, Davis Blütenthal, Simon Frank, Therese Frank Müller, Moses Max Frank, Anna Simon Frank, Leonie Frank Landsberg, Peter Kurt Frank, Judith Eva Landsberg, Lea Landsberg, Jenny Johanna Scheidt, Felix Kaufmann, Juden Wiesbaden, Klaus Flick
Das ehemalige Judenhaus Kaiser-Friedrich-Ring 65 heute
Eigene Aufnahme
Kaiser-Friedrich-Ring 65 Wiesbaden, Judenhaus, Judenhäuser Wiesbaden, Bernhard Scheidt, Rosa Scheidt Fechheimer, Minna Scheidt Kahn, Isaak Kahn, Luise Scheidt Kaufmann, Abraham Alfred Kaufmann, Frieda Wolf, Sally Wolf, Paula Helene Wolf Kassel, Julius Kassel, Ilse Betty Kassel, Friedel Scheidt Oppenheimer, Louis Oppenheimer, Eleanor Morris, Hugo Kaufmann, Helga Simon Kaufmann, Emma Scheidt Essinger, Julius Essinger, Rolf Essinger, Otto Essinger, Anna Essinger, Siegmund Scheidt, Anna Scheidt Frank, Otto Frank, Helmuth Friedrich Frank, Edith Margot Frank,Bertha Berta Scheid Blütenthal, Davis Blütenthal, Simon Frank, Therese Frank Müller, Moses Max Frank, Anna Simon Frank, Leonie Frank Landsberg, Peter Kurt Frank, Judith Eva Landsberg, Lea Landsberg, Jenny Johanna Scheidt, Felix Kaufmann, Juden Wiesbaden, Klaus Flick
Lage des ehemaligen Judenhauses
Belegung des Judenhauses Kaiser-Friedrich-Ring 65

 

 

 

 

 

 


Auch für das Ehepaar Rabinowicz war das Judenhaus Kaiser-Friedrich-Ring 65 die letzte Station vor der Deportation in den „Osten“. Und aus dem Osten war zumindest Heinrich Rabinowicz ursprünglich gekommen. Aber der pensionierte Bankprokurist bei der ‚Commerz- und Privatbank’ entsprach ganz und gar nicht dem Klischee, das man gemeinhin mit der Bezeichnung „Ostjuden“ verbindet.

Stammbaum der Familien Rabinowicz und Elias
GDB

Am 18. April 1874 war er in Warschau geboren worden,[1] somit eigentlich in Polen, aber ein polnischer Staat existierte zu dieser Zeit nicht mehr. Polen war seit der Neuordnung Europas nach dem Wiener Kongress, ein integraler Bestandteil des russischen Zarenreichs geworden, mal mit mehr, mal mit weniger Autonomie. Somit war auch die Rechtsstellung der Juden in diesem Großreich abhängig von den Beschlüssen, die in Moskau oder Petersburg gefasst wurden. Aber auch Warschau war ursprünglich nicht die Heimatstadt der Rabinowiczs. Erst kurze Zeit vor der Geburt von Heinrich scheinen die Eltern, Moritz und Helene Rabinowicz, geborene Rosenbaum, nach Warschau gezogen zu sein, denn der ältere Bruder von Heinrich, Franz Rabinowicz, war am 12. Juni 1870 noch in dem etwa 200 Kilometer östlich, schon dicht an der heutigen russischen Grenze gelegenen Bialystok geboren worden.[2]

Bialystok 1939
https://www.yadvashem.org/sites/default/files/byalistock2_0.jpg

Dort gab es seit dem 15. Jahrhundert die ersten jüdischen Siedler, denen im Laufe der folgenden Jahrhunderte auch dank bestimmter Privilegien – Steuererleichterungen und Niederlassungsfreiheit innerhalb der Stadt – immer mehr Glaubensgenossen in die Stadt folgten. Ende des 18. Jahrhunderts lebten dort etwa 1800 Jüdinnen und Juden, die nahezu die Hälfte der gesamten Bewohnerschaft ausmachten. Fast alle der rund einhundert Kramläden, die sich in der Umgebung des Marktplatzes befanden, waren in jüdischer Hand. Aber es gab auch eine Reihe jüdischer Handwerksbetriebe. So wurden z. B. auch nahezu alle 50 Brauereien der Stadt von Juden betrieben. Gleichwohl besaßen sie in rechtlicher und politischer Hinsicht keine Gleichstellung mit ihren christlichen Mitbewohnern.

In religiöser Hinsicht, immer auch verbunden mit politischen Implikationen, lassen sich im 19. Jahrhundert auch alle verschiedenen Strömungen des Judentums in Bialystok finden: Neben dem traditionellen Rabbinismus hatte auch der Chassidismus eine große Anhängerschar und neben der von der Aufklärung beeinflussten Bewegung, die auf Modernisierung und eine stärkere Assimilation drängte, gab es seit dem Ende des 19. Jahrhunderts auch eine wachsende Zahl von Zionisten, die angesichts der immer wieder aufflammenden Pogrome in der Gründung eines eigenen Judenstaats in Palästina ein prioritäres Ziel sahen. Andere, die sich in dem von der Arbeiterbewegung und dem Marxismus beeinflussten „Bund“ engagierten, wollten die Lebensverhältnisse konkret in ihrem Lebensumfeld verändern.

Man kann vermuten, dass die Rabinowiczs, eine der vielen Kaufmannsfamilien in Bialystok, eher mit der Strömung sympathisierten, die sich den westlichen Ideen der Aufklärung verpflichtet fühlte und in einer liberalen Wirtschaftsverfassung die beste Zukunft für die Völker und auch für sich selbst sahen. Gerade die jüdischen Kaufleute im polnischen Raum wussten als Vermittler der Waren zwischen Ost und West, zwischen Mitteleuropa und Russland, die Vorzüge eines möglichst ungehinderten Warenverkehrs zu schätzen, zumal, wenn sie selbst davon profitierten. Sie waren damit zugleich wichtige Protagonisten im Ideen- und Kulturtransfer von West nach Ost.

Als nach dem Anschlag auf Alexander II. im März 1881, der den Juden angelastet wurde, unter seinem Nachfolger Alexander III. nicht nur die zuvor gewährten Reformen auch für Juden wieder zurückgenommen wurden, sondern auch der Volkszorn sich in wüsten antisemitischen Pogromen austobte, kam es zu einer regelrechten Emigrationswelle gen Westen. Damals muss auch der Großvater von Heinrich Rabinowicz, Michel Rabinowicz, das Zarenreich verlassen haben.

Sterbeeintrag für Michel Rabinowicz
Sterberegister Frankfurt / a.M. 563 / 1890

Erstmals ist der 1829 in Bialystok geborene Michel Rabinowicz im Adressbuch der Stadt Frankfurt im Jahr 1883 aufgeführt. Aus dem Sterbeeintrag, er verstarb am 13. Februar 1890 in Frankfurt,[3] ist der Name seines Vaters Ephraim bekannt, nicht aber der seiner Mutter. Verheiratet war Michel Rabinowicz zum Zeitpunkt seines Todes mit Mindel Josefofna (!) Klugmann, über deren Geburtsjahr und –ort widersprüchliche Angaben vorliegen. Laut ihrem Sterbeeintrag war sie um 1840 in Bialystok, laut ihrer Krankenakte aber am 1. Februar 1838 in Lublin geboren worden.[4] In jedem Fall muss sie aber mindestens die zweite Ehefrau von Michel Rabinowicz gewesen sein, denn in der Sterbeurkunde seines Sohnes Moritz Rabinowicz, geboren laut diesem Dokument um 1851, wird eine Janda Charsatzky als dessen Mutter bezeichnet.[5] Moritz hatte aber noch eine Reihe weiterer Brüder bzw. Halbbrüder, die – soweit bekannt – dann in Bialystok geboren wurden und später ebenfalls Russland verließen.

Das Grab von Mindel Rabinowicz auf dem Jüdischen Friedhof Platter Straße
Eigene Aufnahme

In der bereits erwähnten Krankenakte von Mindel Rabinowicz, der zweiten Frau von Michel Rabinowicz, die 1890 angelegt worden war, gab diese an, fünf männliche Kinder im Alter von 11, 16, 22, 26 und 28 Jahren und eine Tochter im Alter von 12 Jahren geboren zu haben.[6] Die Namen der Kinder nennt sie leider nicht. Aber allein die Tatsache, dass Moritz Rabinowicz damals schon etwa 39 Jahre alt gewesen sein muss, beweist, dass Mindel nicht seine Mutter gewesen sein kann. Welche weiteren Kinder Janda Charsatzky außer Moritz gebar, ist nicht bekannt.

Auch wenn nicht mit Sicherheit zu sagen ist, wann Mitglieder der Familie erstmals nach Wiesbaden kamen, so spricht sehr viel dafür, dass Moritz derjenige war, der die Vorreiterrolle übernommen hatte. Im Adressbuch von 1882/83, also etwa zum gleichen Zeitpunkt wie sein Vater in Frankfurt, taucht der Name Rabinowicz erstmalig in Wiesbaden auf. Ein Rentner, vermutlich eher ein Rentier, dessen Vorname nicht genannt ist, hatte in der Wellritzstr. 20, eine Wohnung bezogen. Im folgenden Jahr scheint er, noch immer Rentner, in die Platter Str. 1e gezogen zu sein. Diesmal ist auch der Vorname Moriz – ohne ‚t’ – angegeben. Und wiederum im folgenden Jahr, noch immer unter der gleichen Adresse ist er nun mit der Berufsbezeichnung „Buchhalter“ eingetragen. Im gleichen Jahr erschienen auch die aufwändig gestalteten ‚Mitteilungen aus der Amtlichen Lebensmittel-Untersuchungs-Anstalt und Chemischen Versuchsstation“ des Dr. Schmitt, die dieser in der Schwalbacher Str. 30 betrieb. Unter den Mitarbeitern ist als Buchhalter ein Rabinowicz aufgeführt, allerdings hier wieder ohne Vorname.[7] Aber mit großer Wahrscheinlichkeit muss es sich um die 1882 nach Wiesbaden gekommene Person handeln, denn ein anderer Bewohner mit diesem Namen war damals in der Stadt nicht gemeldet. 1886 zog dieser Buchhalter dann in die Platter Str. 12 und danach für mehrere Jahre in die Rheinstr. 52, wo er dann auch explizit als Bürovorsteher der Schmitt’schen Untersuchungsanstalt aufgeführt ist.

Als Moritz Rabinowicz nach Wiesbaden kam, war er nicht allein, sondern er brachte schon seine Familie aus Bialystok mit. Wann er dort seine etwa ein Jahr ältere Frau Helene, genannt Heni, Rosenbaum geheiratet hatte,[8] ist nicht bekannt, aber es muss wohl spätestens Ende der 1860er Jahre gewesen sein, denn am 12. Juni 1870 war in Bialystok der bereits erwähnte Sohn Franz zur Welt gekommen.[9] Vier Jahre später wurde der zweite Sohn Heinrich, der spätere Judenhausbewohner, dann aber in Warschau geboren. Ob weitere Kinder aus der Ehe hervorgegangen waren, ist so wenig bekannt, wie die Dauer ihres dortigen Aufenthalts.

 

1887 kam dann ein Josef Rabinowicz nach Wiesbaden, der sich ebenfalls mit dieser Adresse in der Rheinstraße anmeldete und dort ein Kommissionsgeschäft betrieb. Man kann vermuten, dass es sich um einen nahen Verwandten von Moritz / Moriz Rabinowicz handelte, wahrscheinlich sogar um einen Bruder. Leider liegen im Stadtarchiv keine weiteren Unterlagen über ihn und – sofern vorhanden – seine Familie vor, aber die verwandtschaftliche Nähe zu Moritz Rabinowicz begründet sich nicht nur aus der gemeinsamen Wohnung, sondern auch aus einem anderen Zusammenhang.

Zwar ist dieser Josef Rabinowicz im Adressbuch von 1890/91 nicht gelistet, aber dann in dem des folgenden Jahres wieder, jetzt mit der Adresse Lehrstr. 4, eine Adresse, die er bis 1897/98 behielt.
In dem Jahr, als Josef erstmals mit dieser Adresse gemeldet war, verstarb am 6. April 1891 Mindel Rabinowicz, die bereits erwähnte zweite Frau von Michel Rabinowicz, zwar nicht in diesem Haus – die Sterbenachricht war von den Städtischen Kliniken Wiesbadens dem Standesamt überbracht worden -, aber ihre Wohnanschrift war ebenfalls die Lehrstr. 4.[10] Da der Geburtseintrag von Josef nicht vorliegt, ist auch nicht klar, ob sie seine Stiefmutter oder aber – was wahrscheinlicher ist – seine Mutter war.
Zwei Jahre zuvor war bereits ein weiteres Familienmitglied ebenfalls in der Rheinstr. 52 eingezogen, bei dem es sich mit Sicherheit um einen Bruder von Moritz handelte und dem dieser wahrscheinlich eine Berufstätigkeit in Wiesbaden vermittelt hatte. Israel Rabinowicz, geboren um 1862 in Bialystok, war promoviert und von Beruf Ingenieur. Diese Berufsbezeichnung ist in seiner Sterbeurkunde vermerkt, in den Adressbüchern wird er dagegen als Chemiker bezeichnet. Seine Anstellung fand er in der Lebensmittel-Untersuchungs-Anstalt, in der sein Bruder inzwischen zum Bürovorsteher aufgestiegen war.[11] Lange blieb Israel Rabinowicz aber nicht in Wiesbaden. 1890 hatte er die Stadt wieder verlassen. Am 18. April 1906 verstarb er in Berlin Lankewitz.[12] In seiner Sterbeurkunde ist zwar nur der Name des zuletzt in Frankfurt wohnhaften Vaters Michel Rabinowicz genannt, die Mutter sei unbekannt, aber aus der Altersangabe kann man schließen, dass er der älteste von den zuvor genannten Kindern von Mindel Rabinowicz gewesen sein wird.

Mindel Rabinowicz, die zwar auch in Wiesbaden gemeldet war, hat aber vermutlich nie wirklich in der Lehrstraße gewohnt. Die Zeit nach ihrem Wegzug aus Frankfurt hatte sie größtenteils in der Heilanstalt auf dem Eichberg bei Kiedrich verbracht. Dort war sie am 7. September 1890 aufgenommen worden, die Einweisung war von der Polizeibehörde Wiesbaden genehmigt worden, nachdem ihr Sohn Heinrich Rabinowicz sich bereit erklärt hatte, die Verpflegungskosten der Unterbringung zu übernehmen.[13] Heinrich, geboren am 17. Januar 1864 in Bialystok,[14] müsste der 26jährige Sohn gewesen sein, den die Mutter in ihrer Aufzählung an zweiter Stelle genannt hatte.

Die ersten beiden Seiten der Krankenakte von Mindel Rabinowicz
HHStAW 430/1 2421 (o.P.)

Er hatte nicht nur die finanzielle Verantwortung für seine Mutter übernommen, sondern kümmerte sich auch sonst um ihr Befinden. Eine große Zahl von Briefen ist in der Krankenakte erhalten geblieben, in denen er sich bei der Anstaltsleitung nach ihrem Zustand erkundigt oder sie um die Weitergabe von Briefen und Paketen an sie bittet. Auch Grüße von den Geschwistern übermittelte er an sie, Briefe von diesen lassen sich aber in der Akte nicht finden. Sehr oft besuchte Heinrich seine Mutter auch persönlich in der Klinik. Einmal hatte er sie wohl auch mit nach Hause genommen, musste sie dann aber krankheitsbedingt sehr schnell wieder zurückbringen.
Offensichtlich litt sie unter einer Paranoia, glaubte, man wolle sie vergiften oder sogar erhängen. Angesichts dessen, was Jüdinnen und Juden in wenigen Jahrzehnten später bevorstehen sollte, möchte man diese Paranoia geradezu als seherische Fähigkeit der Patientin deuten wollen.
Real war aber die Ursache für ihre Erkrankung, für die es zuvor keinerlei Anzeichen gegeben hatte, der plötzliche Tod ihres Mannes gewesen. Er war eingetreten, als sie sich auf einer Reise befand und er war bereits begraben, als sie nach Frankfurt zurückkehrte. Sie habe wochenlang nur geweint, heißt es in der Anamnese. Hinzu kam ein Erbschaftsstreit, in dessen Gefolge erstmals Verfolgungswahnvorstellungen aufgetreten waren, die sich zunächst auf konkrete Personen bezogen, dann aber generalisiert wurden.
Unklar bleibt, was eine Pflegerin in den ersten Tagen im Patientenprotokoll notierte: „Patientin schlief in den ersten Nächten schlecht (…) Zum Teil aus religiös-jüd. Bedenken.“[15]

Die ganze Sorge um die Mutter verhinderte nicht, dass sie zunehmend schwächer wurde und am 16. März 1891 in die Städtischen Kliniken nach Wiesbaden verlegt werden musste, wo sie dann am 6. April verstarb.[16]

Einer der vielen Briefe, die Heinrich Rabinowicz an die Leitung der Anstalt auf dem Eichberg gerichtet hatte
HHStAW 430/1 2421 (o.P.)

Die meisten der Briefe, die Heinrich Rabinowicz an die Direktion der Heilanstalt Eichberg schickte, trugen den Briefkopf „Zur Krone – M. Wolf“, manchmal auch Briefköpfe von Hotels in Speyer, Pirmasens oder im Saarland. Ganz offensichtlich hatte er damals noch keinen festen Wohnsitz in Wiesbaden. Wo er damals gemeldet war, konnte aber nicht ermittelt werden. Aus dem verwendeten Briefpapier kann man allerdings schließen, dass er als Handelsvertreter bei der renommierte Firma ‚M. Wolf – Manufakturwarenhandlung’, die ihr Geschäft in der Langgasse 36 betrieb, angestellt war.[17] Einmal erwähnt er auch in einem seiner Briefe, dass er ab einem bestimmten Datum wieder „auf Tour“ sei, er deshalb nicht persönlich vorbeikommen könne. In einem anderen, leider undatierten Brief schreibt er, ‚nächste Woche ziehen wir nach Wiesbaden und ist schon alles vorbereitet“.[18]

1891 wurde er dann tatsächlich Bürger der Stadt Wiesbaden und bezog dann eine Wohnung in der Langgasse 32, also in unmittelbarer Nachbarschaft seines Arbeitgebers. Als er im folgenden Jahr, am 3. November 1892, in Berlin die dort geborene Recha Abraham heiratete, gab er als Wohnort Wiesbaden an.[19] In der Friedrichstr. 41 kam am 2. September 1893 die Tochter Margarethe Sara zur Welt.[20] Die Ehe hatte aber nur knapp zehn Jahre Bestand, wurde dann am 21. September 1901 geschieden und Recha nahm 1903 wieder ihren Mädchennamen Abraham an.[21]

1896 eröffnete Heinrich Rabinowicz in der Langgasse 33 eine eigene Manufakturwarenhandlung, zog aber selbst in eine Wohnung im zweiten Stock der Friedrichstr 36, die er aber um 1897 verließ, um sich in die Oranienstr. 60 einzumieten. Seit diesem Zeitpunkt findet man dann keinen Eintrag mehr für sein Geschäft und ab 1902, nach der Trennung von seiner Frau, fehlt ein solcher auch für ihn selbst,. Es deutet alles darauf hin, dass er damals zu seinem Bruder Josef gezogen war, der ebenfalls Textilhändler war und seit 1898 nicht mehr in der Lehrstraße, sondern in der Kirchgasse 6 wohnte. Möglicherweise hatten die beiden nun allein stehenden Brüder – von Josef ist nicht bekannt, dass er verheiratet war – in der folgenden Zeit zusammen gewohnt und auch gemeinsam einen Manufakturhandel betrieben. Da es keinen Hinweis darauf gibt, dass Josef Rabinowicz nach 1905 noch in Wiesbaden lebte, geschweige denn dort verstarb, muss man davon ausgehen, dass er etwa zu diesem Zeitpunkt weggezogen war.

Die Wohnung in der Kirchgasse 6 übernahm nach seiner Neuverheiratung sein Bruder Heinrich. Seine neue Lebenspartnerin war die evangelisch getaufte Martha Irma Frieda Buchwald, geboren am 6. April 1879 in Arnsdorf im Kreis Görlitz. Die Eheschließung mit der Tochter des Opernsängers Emil Robert Buchwald und seiner Frau Franziska Emilia Martha, geborene Strauß, fand am 10. November 1904 in Wiesbaden statt, wo auch der Vater der Braut damals in der Sonnenberger Str. 26 wohnte.[22] Die Mutter, ebenfalls evangelischer Konfession, war zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits verstorben.[23]

Eher außergewöhnlich ist, dass etwa fünfzehn Jahre später, am 30. März 1920, der Bruder von Heinrichs zweiter Frau Martha, Siegfried Buchwald, Margarethe, die Tochter von Heinrich aus der ersten Ehe mit Recha Abraham, heiratete.[24] Heinrich Rabinowicz war somit zugleich Schwager wie auch Schwiegervater des am 23. Februar 1895 in Magdeburg geborenen Siegfried Buchwald.[25]

In beiden Ehen, die nach NS-Jargon als Mischehen galten, wurden Kinder geboren, die wiederum den Status von „Halbjuden“ hatten. Erich, der Sohn von Moritz und Martha Rabinowicz wurde nur sieben Jahre alt. Er verstarb am 1. August 1913 in Wiesbaden, wo die Eltern seit etwa 1910 in der Kirchgasse 20 wohnten.
Auch der Vater erlebte die Zeit des Nationalsozialismus nicht mehr. Er verstarb am 6. Dezember 1932 in dem Wiesbadener Stadtteil Sonnenberg.[26] Seine Frau hatte seinen Tod dem Standesamt gemeldet, war somit selbst damals noch am Leben. Auch 1935 lebte sie noch in Wiesbaden. Im Jüdischen Adressbuch von 1935 ist sie jetzt als Bewohnerin der Lahnstr. 2 vermerkt. Ihr weiters Schicksal ist jedoch nicht bekannt. Vermutlich war die 53jährige bald danach von Wiesbaden weggezogen, denn ein Sterbeeintrag ist dort nicht vorhanden.

Die Familie von Margarethe und Siegfried Buchwald wurde noch gegen Ende der NS-Herrschaft zerstört, wenn gleich auch nur die jüdische Ehefrau und Mutter der beiden in der Ehe geborenen Kinder ihr Leben verlor.
Neben dem am 19. November 1922 in Wiesbaden geborenen Sohn Robert Michael muss es nach Angaben des Vaters noch ein zweites Kind gegeben haben,[27] über das aber keine näheren Informationen vorliegen. Die Familie lebte zur Zeit der Geburt von Robert in der Moritzstr. 68 und der Vater hatte als Bankbeamter bei der Dresdner Bank trotz der Krisenjahre eine gesicherte Stellung. Zumindest ist diese Berufsbezeichnung auch in den folgenden Jahren in den Adressbüchern angegeben. Gegen Ende der Weimarer Republik zog die Familie dann nach Sonnenberg in die Schillerstr. 5. Robert, Kind einer „privilegierten Mischehe“ und evangelisch getauft, genoss eine höhere Schulausbildung und konnte sogar noch eine Hochschule besuchen, die er als Maschinenbauingenieur abschloss.[28] Ob er noch eine Anstellung fand, ist nicht bekannt.

In den letzten Jahren der NS-Herschaft wurden auch die Ehen, die bisher einen Sonderstatus genossen hatten, immer mehr drangsaliert. So waren Buchwalds verpflichtet worden, eine andere „Mischehefamilie“, deren Kinder jüdisch erzogen worden waren, die daher nicht als „privilegiert“ galt, bei sich in der Wohnung aufzunehmen.[29]

Karteikarte für Robert Buchwald aus dem KZ Buchenwald
https://collections-server.arolsen-archives.org/G/SIMS/01010503/0228/52401664/001.jpg

Am 8. Mai 1944 war Robert in Wiesbaden nach einer Denunziation wegen Waffenbesitzes verhaftet worden. Es gibt allerdings keine Hinweise darauf, dass er sich diese für irgendwelche Widerstandsaktionen beschafft hatte. Sein Vater gab später im Entschädigungsverfahren an, sein Sohn habe sich diese „aus Liebhaberei (…) von einem Arbeitseinsatz mitgebracht“.[30] Die Gestapo hegte selbstverständlich andere Vermutungen und nahm ihn unverzüglich in Haft. Man habe ihn dort halbtot geschlagen, berichtete der Vater nach dem Krieg. Es könnte sein, dass der auf seiner Krankenkarteikarte allerdings unter der Rubrik „Kinderkrankheiten“ gemachte Eintrag „1944 Unfall: re[chte] Armgelenkprellung. Seitd[em] Arm leicht versteift, 4. Finger versteift“ von dieser Gewaltaktion herrührte.[31] Möglich ist aber auch, dass es sich um einen tatsächlichen Arbeitsunfall handelte, denn nach seiner Gestapohaft war er zunächst in das „Arbeitserziehungslager Heddernheim“ bei Frankfurt eingeliefert worden, wo er u.a. für die Rüstungsfirma Rheinmetall Zwangsarbeit leisten musste.

Die Karteikarte war dann in Buchenwald angelegt worden, wohin man Robert am 21. August 1944 von Heddernheim aus überführt hatte. Er war dort damals, abgesehen von seinen Status als Mischling I. Grades, vermutlich wegen des Waffenbesitzes auch als politischer Häftling mit der Nummer 76424 eingeordnet worden. Am 19. September erkrankte er dort an der Ruhr, konnte bzw. musste aber schon am 27. die Krankenstation wieder verlassen.[32] Er blieb in dem KZ bis zur Befreiung des Lagers im April 1945. In den Wirren der letzten Tage gelang ihm die Flucht.

Sterbeurkunde für Margarete Buchwald, geb. Rabinowicz
Sterberegister Wiesbaden 1252 / 1944

Aber nicht nur Robert war damals inhaftiert worden, die gleiche Beschuldigung des illegalen Waffenbesitzes wurde auch gegen die Eltern erhoben. Zwei Tage nach ihrem Sohn wurden auch sie von der Gestapo verhaftet und wiederum zwei Tage später kam Margarethe Buchwald in der Haft ums Leben. In ihrer Sterbeurkunde ist als Todesursache „Selbstmord durch Erhängen“ eingetragen.[33] Die Angabe hatte damals die Kriminalpolizei gemacht, im Entschädigungsverfahren hatten Zeugen der Inhaftierung zumindest Zweifel an dieser offiziellen Version geäußert und einen Mord nicht ausgeschlossen.[34]

Ihr Mann Siegfried Buchwald war mit seinem Sohn nach Heddernheim verbracht worden, wo er vom 16. Mai 1944 bis zum 22. März 1945 verblieb.[35] Es müssen grausame Lebens- und Arbeitsbedingungen in diesem Lager, das aus drei Häftlingsbaracken mit jeweils etwa 30 Gefangenen bestand, geherrscht haben: Die Baracken waren voller Läuse, Waschgelegenheiten befanden sich nur im Freien und häufiges Exerzieren raubte den ohnehin völlig Entkräfteten die letzten Reserven. Eine dünne Kartoffelsuppe aus Schalen, Wasser und ein wenig Margarine, war die alltägliche Nahrung, die für ihren schweren und Kräfte zehrenden Arbeitseinsatz für die Rüstungsindustrie völlig unzureichend war.

Vater und Sohn konnten nach dem Krieg wieder in ihre Heimatstadt und sogar in ihre alte Wohnung in der Schillerstr. 5 zurückkehren, wo Siegfried Buchwald bis zu seinem Tod 1973 lebte.[36] Robert wohnte 1948 zunächst in der Emser Str. 44, dann, nachdem er im Jahr 1949 eine namentlich nicht bekannte Frau aus dem mittelhessischen Dillenburg geheiratet hatte, ebenfalls in Sonnenberg. In den fünfziger Jahren, der genaue Zeitpunkt konnte nicht ermittelt werden, emigrierte er in die USA, lebte zunächst in Michigan, zog aber dann weiter nach Seattle in Washington. Dort verstarb er am 23. Mai 2011.[37]

 

Anders als seine Brüder bzw. Halbbrüder Moritz, Israel, Josef und Heinrich, war der Kaufmann Salomon Rabinowicz, am 17. Oktober 1878 in Bialystok geboren, nach seiner Ankunft im Westen nicht weiter nach Wiesbaden gezogen, sondern zunächst in Berlin geblieben, wo viele Flüchtlinge auf ihrem Weg in das gelobte Amerika hängen blieben.[38] Am 2. April 1908 hatte er, der Sohn der damals bereits verstorbenen Michel und Mindel Rabinowicz, in Berlin Else Käthe Brandt geheiratet.[39] Sie war die Tochter des ebenfalls bereits verstorbenen jüdischen Kaufmannspaares Eugen und Hedwig Brandt, geboren am 9. August 1882 in Berlin. Vermutlich hatte das Paar aber zumindest zeitweise die Hauptstadt verlassen, denn am 4. Juli 1910 wurde ihr Sohn Werner in Stettin geboren.[40] Am 10. September 1911 kam dann noch die Tochter Hilde zur Welt.[41] Allerdings ist nicht bekannt, wo das geschah, auch nicht, wann die Familie wieder nach Berlin zurückkehrte.

Dort betrieb Salomon Rabinowicz ein Handelsgeschäft für Chemie- und Drogeriewaren, das 1921 gegründet worden war.[42] Möglicherweise war auch Salomons Bruder Israel nach seinem Weggang aus Wiesbaden an der Firma beteiligt, zumindest hätte er aufgrund seiner akademischen Ausbildung in dieser Sparte eine wichtige Stütze sein können. Aber das müssen Spekulationen bleiben. Am 18. Januar 1933, also unmittelbar vor der „Machtergreifung“ war Salomon Rabinowicz dann in Berlin-Wilmersdorf in der Prager Str. 16 verstorben.[43] Die Firma, die zuletzt in der Elberfelder Str. 15 im Bezirk Tiergarten angesiedelt war, existiert aber noch bis 1939. Offensichtlich hatten seine Witwe Else und ihr Sohn Werner die Firma noch eine Zeit lang weiter betreiben können. Im Adressbuch Berlins sind beide mit der Adresse Elberfelder Str. 15 bis 1940 eingetragen und bei Werner kann man bis 1937 den Zusatz lesen „Chem Ind Vertret“, was wohl so viel wie Chemie-Industrie-Vertreter oder Ähnliches heißen wird.
Zwar ist Werner auch 1941 noch mit dieser Anschrift im Adressbuch Berlins aufgeführt – jetzt aber allgemein als Handelsvertreter -, die Mutter aber nicht mehr. Sie muss sich damals entschlossen haben, Deutschland zu verlassen. Wie ihr das gelang und auf welchem Weg sie in ihr argentinisches Exil gelangte, ist nicht bekannt. Sie verstarb am 3. November 1945 in Argentinien und überlebte die Zeit des Nationalsozialismus somit nur um wenige Monate.[44]

Auch ihrer Tochter Hilde gelang es, nach Südamerika auszuwandern – ob vor oder nach der Mutter, konnte nicht geklärt werden. Vermutlich war sie damals schon mit Gert / Gerd Jakobson verheiratet, der sich in Südamerika Gerardo nannte. In der Ehe waren vor 1943 schon drei, dem Namen nach nicht bekannte Kinder geboren worden.[45] Weitere Informationen über ihr Leben in ihrem südamerikanischen Exil konnten nicht in Erfahrung gebracht werden.

Dem in Deutschland zurückgebliebenen Werner gelang die Flucht nicht mehr. Er fiel dem Holocaust zum Opfer, wenn auch durch eigene Hand. Die Tagebucheintragungen, die seine innig mit ihm verbundene Lebensgefährtin Gerda Meyer von 1929 bis 1948 nahezu täglich notierte, geben auf berührende Weise auch Auskunft über die letzten gemeinsamen Monate des Paares.[46] Gerda Meyer hatte in knappen, aber umso eindringlicheren Notizen festgehalten, wie sich allmählich die Situation der Juden in Berlin veränderte, wie die stetig wachsende Zahl der Restriktionen des NS-Staates das Leben der Jüdinnen und Juden immer mehr zur Qual werden ließ. Sie hatte genau protokolliert, wann es Juden verboten wurde, Haustiere zu halten, an welchem Tag sie ihre Elektrogeräte abzugeben hatten, wann das Gemüse auf ihrer Lebensmittelkarte gestrichen wurde oder ab wann sie den Gelben Stern zu tragen hatten, um nur einige wenige Beispiele zu nennen. Auf Grund solcher Einschränkungen hatte auch Werner sein Studium an der Humboldt Universität, das er im April 1929 aufgenommen hatte, bereits am 1. Januar 1934 wieder aufgeben müssen.[47] Für Juden gab es an deutschen Universitäten keinen Platz mehr. Vermutlich war er dann in die elterliche Firma eingetreten, war aber spätestens nach deren Liquidation zwangsweise zur Arbeit verpflichtet worden. Zuletzt hatte er im Straßenbau arbeiten müssen.
Im Laufe der Zeit häufen sich im Tagebuch von Gerda Meyer dann solche Einträge, die den Verlust von lieben Menschen dokumentieren – Freunde, Bekannte und Verwandte, die auf einmal nicht mehr da waren. Manche konnten zunächst noch emigrieren. Immer öfter geht es dann aber um die Frage, wie man der Aufforderung, sich für den Abtransport in den Osten bereitzuhalten, am besten würde entziehen können. Später trug sie nur noch resigniert einen oder mehrere Namen mit der Bemerkung „abtransportiert“, „mussten fort“ oder „wurden abgeholt“ ein. Auch den Namen von Auschwitz notierte sie in diesen Aufzeichnungen, ein Ort, von dem später niemand etwas gewusst oder gehört haben wollte.

Seit Januar 1943 hatten mehrere Großtransporte Berlin mit dem Ziel Auschwitz verlassen und vom Ende Februar an dienten diese Transporte dazu, sich auch der bisher zurückgestellten Zwangsarbeiter in kriegswichtigen Industrien zu entledigen.[48] In den Tagen bis zum 6. März fuhr fast täglich ein Zug in dieses Lager des Grauens. Rund 8000 Jüdinnen und Juden wurden allein im März von Berlin aus dorthin verbracht. Allerdings bestanden die Transporte nicht ausschließlich aus Bewohnern der Hauptstadt, sondern Jüdinnen und Juden aus den verschiedensten Regionen Deutschlands wurden damals über Berlin deportiert. Auch wurden die Deportierten nicht alle sofort im Gas ermordet, sondern die Insassen der Züge mussten auf der bekannten Rampe von Auschwitz zunächst das Selektionsverfahren über sich ergehen lassen. Ein nicht unbeträchtlicher Teil wurde erst einmal in eines der Arbeitslager eingewiesen und einigen wenigen gelang es sogar zu überleben.

Unter denjenigen, die am 1. März deportiert werden sollten, befanden sich jetzt sogar die jüdischen Arbeitskräfte in kriegswichtigen Industrien, die bisher zudem durch ihren Status als Partner in einer Mischehe geschützt waren. Diese Deportation hat deshalb eine besondere Bekanntheit erlangt, weil sie zu der einmaligen Aktion in der Rosenstraße führte, in der die nichtjüdischen Partner die Freilassung ihrer verhafteten Ehemänner bzw. -frauen erzwangen. Dennoch verließ am 1. März ein Transport mit mehr als 1700 Jüdinnen und Juden Berlin mit dem Ziel Auschwitz.

PoT Werner Rabinowicz
Page of Testimony für Werner Rabinowicz
https://namesfs.yadvashem.org/YADVASHEM//jpg/10102021_40047/437.jpg
Werner Rabinowicz
https://photos.yadvashem.org/photo-details.html?language=en&item_id=14697700&ind=0

Auch für den Tag, an dem Werner Rabinowicz die Flucht in den Tod wählte, dem 6. März 1943, war einer dieser Transporte angesetzt worden. Ob er für diesen vorgesehen war, ist nicht bekannt. Schon früher hatte er auf verschiedenen Transportlisten gestanden, aber immer wieder war es ihm bisher gelungen, sich der Deportation zu entziehen. Bereits im Mai 1942 war er für die „Evakuierung“ vorgesehen gewesen, aber ein Arzt hatte ihm ein Attest ausgestellt, das besagte, er sei wegen eines Unfalls gehunfähig und könne seine „Transportunterlagen“ im Büro der ‚Reichsvereinigung der Juden’ in der Oranienburger Straße nicht abholen. In der folgenden Zeit hatte ihn sein Arbeitgeber mit Unabkömmlichkeitsbescheinigungen für die Kriegswirtschaft vor der Deportation bewahren können. Ein anderes Mal war er gerade auf Spätschicht, als die Gestapo kam, um ihn zu holen. Pures Glück hatte ihn bisher vor dem sicheren Tod bewahrt. Aber die Schlinge zog sich immer enger zu und Werner musste erkannt haben, wie hoffnungslos seine Situation war, zumal er an Diabetes litt. Mit dieser Krankheit ein Lager zu überleben, war völlig aussichtslos. Das muss ihm klar gewesen sein. Gegenüber einem qualvollen Tod in einem der Lager zog er es vor, durch eine selbstbestimmte Entscheidung aus dem Leben zu scheiden und so angesichts der Barbarei noch im Sterben seine Würde als Mensch zu verteidigen.
Gerdas Tagebucheintrag an diesem Tag lautet schlicht „Werner“.[49]

Er war nicht der einzige, der sich damals in Berlin zu diesem letzten Schritt entschloss. Goeschel, der sich bei seiner Recherche über die Selbstmorde im Dritten Reich primär auf die Berliner Verhältnisse bezieht und die steigende Selbstmordrate besonders vor Deportationen dokumentierte, nennt auch mehrere konkrete Beispiele, die sich in diesen ersten Märztagen 1943 zugetragen haben – Werner Rabinowicz ist allerdings nicht erwähnt. Oft scheinen die eher assimilierten Jüdinnen und Juden sich zur Selbsttötung entschlossen zu haben, nicht nur, weil sie sich dem jüdischen Selbsttötungsverbot nicht verpflichtet fühlten, sondern auch weil ihre ohnehin brüchige Identität zwischen Deutsch-sein-wollen und Jüdisch-sein-müssen die inneren Kräfte zum Durchhalten oft schon seit langem aufgezehrt hatte.[50]

Werners damalige Lebenspartnerin Gerda Meyer gelang es, die Zeit der nationalsozialistischen Diktatur zu überleben. 1941 hatten sich die beiden kennen gelernt, im November taucht sein Name erstmals in Gerdas Tagebüchern auf. Gerda, geboren 1910 in Berlin, war ein sogenannter „Mischling ersten Grades“. Ihr Vater Fritz Meyer war Jude, ihre Mutter Anni, geborene Balleer, Christin. Die sozial engagierte Gerda hatte nach ihrem Abschluss an der Oberschule und einem einjährigen Aufenthalt in einer Familie in England einen Platz an der von der Jüdin Alice Salomon gegründeten ‚Sozialen Frauenschule’ in Berlin Schöneberg einen Ausbildungsplatz erhalten. An dieser interkonfessionell ausgerichteten Schule, in der aber auch eine Reihe jüdischer Lehrkräfte angestellt war, wurden junge Frauen auf eine Berufstätigkeit im sozialen Bereich vorbereitet. Die Ausbildung sollte sie dazu befähigen, jenseits von der althergebrachten Fürsorge den Anforderungen an eine Arbeit in den wachsenden sozialen Brennpunkten des großstädtischen Lebens professionell gerecht zu werden. Gerda hatte mit großer Begeisterung und viel Engagement diese Chance genutzt und 1933 nach einer zweijährigen Ausbildung die Schule mit einer sehr guten Beurteilung abgeschlossen, die staatliche Anerkennung als Sozialarbeiterin blieb der „Halbjüdin“ anschließend aber versagt. So musste sie eine Stelle als Buchhalterin in einer Fabrik annehmen, deren Chef sich allerdings in der folgenden schweren Zeit immer schützend vor sie stellte und verhinderte, dass auch ihr Name auf einer der Transportlisten stand. Auch wenn sie keinen gelben Stern tragen musste, so schwebte auch sie immer in Gefahr und litt unter den vielfältigen Einschränkungen für Juden. Schlimmer noch: Bereits 1933 hatte sich ihre Schwester Irmgard angesichts der politischen Verhältnisse, deren Konsequenzen sie offenbar schon früh heraufziehen sah, das Leben genommen. Von ihren Eltern, ihr Vater als „Volljude“ war unmittelbar bedroht, war sie getrennt worden, als diese im April 1940 unter schwierigen Umständen über Italien nach Südafrika auswanderten,[51] wohin ihr Bruder Hans Erich mit seiner Frau bereits 1937 geflüchtet war. Fritz Meyer verstarb am 3. Dezember 1942 in Johannesburg / Südafrika,[52] Gerdas Mutter kehrte nach dem Krieg nach Berlin zurück, wo sie 1952 verstarb.

Gerda selbst hatte am Ende der NS-Zeit in Berlin auch noch den Kampf um die Hauptstadt mit all seinem Grauen und Schrecken durchleben müssen. Nach Kriegsende konnte sie seit August 1945 dann doch noch in ihrem erlernten Beruf in Berlin eine Stelle finden und erhielt dann 12 Jahre nach ihrem Abschluss auch die staatliche Anerkennung als Sozialarbeiterin. Es waren vielfältige Aufgaben, die sie in dieser Zeit größten Elends und knappester Ressourcen zu bewältigen hatte. Obwohl in Westberlin ansässig, verließ sie nach dem Mauerbau 1961 die eingeschlossene Stadt und ließ sich im Ruhrgebiet nieder, wo ihr in ihren letzten beruflichen Lebensjahren mit dem Aufbau der Jugendgerichtspflege in Essen noch eine sehr wichtige und erfüllende Aufgabe übertragen wurde. 2009 verstarb sie im Alter von fast 100 Jahren.

 

Hatten im 19. Jahrhundert zeitweise vier Brüder Rabinowicz in Wiesbaden gelebt, drei zeitweise in der Rheinstr. 52, so waren es in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg nur noch zwei: Heinrich der Kommissionshändler und Moritz der ehemalige Bürovorsteher am Schmitt’schen Laboratorium. Diese Tätigkeit übte er bis 1904 aus, danach erscheint er in den Adressbüchern nur noch als Kaufmann, wohnhaft im dritten Stock des Hauses Moritzstr. 72. 1906 übernahm er die Hauptagentur der „Vaterländischen Lebensversicherungs AG – Elberfeld“. Auch zog die Familie für einige Jahre in eine deutlich bessere Wohngegend, nämlich in die Adolfsallee 57. Allerdings kehrte sie dann 1910 wieder in der Moritzstraße zurück, wo sie in den folgenden Jahren im zweiten Stock des Hauses 39 wohnen blieb.[53]

Ab 1913 findet man unter der gleichen Adresse neben Moritz Rabinowicz einen eigenen Eintrag für seinen Sohn Heinrich, der die Stellung eines Bevollmächtigten der ‚Mitteldeutschen Kreditbank’ innehatte. [Bild]

Offensichtlich finanziell abgesichert konnte dieser am 4. Dezember 1915 eine eigene Familie gründen. Er heiratete an diesem Tag Irene Elias, die am 6. März 1890 in Berlin geborene Tochter von Samuel und Ester Elias, geborene Fichtenholz.[54] Da deren Vater, der zwar bereits verstorben war, in der Heiratsurkunde als Bankier bezeichnet wird, kann man vermuten, dass Heinrich seine Frau ihm Rahmen seiner beruflichen Ausbildung kennen lernte, die ihn vielleicht auch in der Hauptstadt geführt hatte, wo ja auch weitere Angehörige der Familie lebten.
Aber wahrscheinlich gab es auch eine verwandtschaftliche Beziehung zur Mutter seiner Braut. Seine Großmutter mütterlicherseits, Sara Rosenbaum, war ebenfalls eine geborene Fichtenholz. Bei einem solchen außergewöhnlichen Namen kann es sich kaum um ein Zufall handeln.

Das Grab von Helene und Moritz Rabinowicz auf dem Jüdischen Friedhof Platter Straße
Eigene Aufnahme

Auch nach der Eheschließung blieben Heinrich und Irene Rabinowicz die folgenden Jahre in der Moritzstr. 39 wohnen.
Etwa ein halbes Jahr vor Beginn des Ersten Weltkriegs verstarb am 14. April 1914 zunächst die Mutter von Heinrich,[55] dann wiederum ein halbes Jahr nach dem Ende des Krieges musste der Vater begraben werden. Er war am 6. Mai 1919 im Paulinenstift entschlafen.[56] Gewohnt hatten die Eltern bis zuletzt in der Moritzstraße.[Bild – Gräber noch machen]
Ebenfalls in der Moritzstr. 39 lebte in all den Jahren auch Heinrichs Bruder Franz Rabinowicz, der allerdings in keinem der Adressbücher aufgeführt ist, da er ledig geblieben war und keinen eigenen Hausstand gegründet hatte. Welche berufliche Tätigkeit er ausgeübt hatte, ist nur vage feststellbar. Auf seiner Gestapokarteikarte wird er als „Tech. Kaufmann i. R.“ bezeichnet und von Juni 1931 an bezog er ein Ruhegehalt von der Reichsversicherungsanstalt für Angestellte von etwas mehr als 100 RM. Wo er aber früher gearbeitet hatte, konnten den noch erhaltenen Steuerakten nicht entnommen werden.[57]

Es scheint, als sei sein Bruder Heinrich nach der Bewältigung der Inflationskrise in der Hierarchie der Bank aufgestiegen zu sein, denn ab dem Jahr 1924 trägt er im Wiesbadener Adressbuch nicht mehr nur den Titel eines Bevollmächtigten, sondern den eines Prokuristen. Vielleicht handelt es sich aber bei dieser Umbezeichnung auch nur um eine sprachliche Veränderung, denn im Hinblick auf die Funktion meinen die beiden Begriffe ja eigentlich das Gleiche.

Aber es steht außer Frage, dass das Paar in den Jahren der Weimarer Republik in wirtschaftlich „guten Verhältnissen“ lebte, wie später im Entschädigungsverfahren eine Bekannte an Eides statt erklärte.[58] Sicher reichte ihr Vermögen nicht an das heran, was gemeinhin bei einem „jüdischer Bankier“ assoziiert wird, aber es waren solide und geordnete Verhältnisse, in denen die Eheleute lebten.

Helene Biske, adoptierte Rabinowicz und verheiratete Michaelis
https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/902027411:3998?lang=de-DE

Kinder waren aus der Ehe nicht hervorgegangen. Stattdessen hatte das Paar ein Mädchen namens Helene Biske adoptiert. [59] Es handelte sich dabei um die am 19. Januar 1915 in dem damals russischen Charkow geborene Tochter von Alexander und Olga Biske.[60]

Der Vater erscheint in den späteren Dokumenten – so auch in seinem Sterbeeintrag – mit dem Namen Biske, in der Heiratsurkunde der beiden ist sein Nachname und der seiner Eltern aber mit Bisk angegeben. Alexander Bisk, Kaufmann, war am 15. Januar 1868 in Kiew als Sohn von Salomon und Anna Bisk, geborene Pritzken, geboren worden.[61] Seine Frau Olga, geborene Elias, war die am 1. Mai 1881 in Berlin geborene ältere Schwester von Irene Rabinowicz, also ebenfalls eine geborene Elias. Die adoptierte Helene war somit deren Nichte.[62]

Heiratsurkunde Alexander Bisk(e) und Olga Elias
Heiratsregister Schöneberg 467 / 1901
Heiratsregister Schöneberg 467 / 1901

Wann die Adoption stattgefunden hatte, konnte bisher nicht ermittelt werden, vermutlich geschah das aber noch zu Lebzeiten von Helenes Vater. Ihre Mutter starb nach ihren Angaben bei ihrer Geburt, also vermutlich in den ersten Monaten des Jahres 1915. Die zweite, bereits am 4. Oktober 1905 geborene Tochter von Alexander und Olga Biske, die ebenfalls in Charkow zur Welt kam, war Nina Katharina, immerhin zehn Jahre älter als Helene.

Das Grab von Heinrich Rabinowicz auf dem Jüdischen Friedhof Platter Straße
Eigene Aufnahme

Während der Russischen Revolution flüchtete der Vater mit den beiden Kindern nach Deutschland. Als er am der am 20. Juni 1932 in Wiesbaden in den Städtischen Kliniken starb, wohnte er in der Moritzstr. 39, im Haus, in dem auch seine leibliche Tochter Helene und deren Adoptiveltern lebten.[63] Er scheint sich aber nicht länger in Wiesbaden aufgehalten zu haben, Helen gab später an, sie sei von ihren Adoptiveltern erzogen worden.[64] Auch ist sein Name in den Adressbüchern Wiesbadens nirgends zu finden. Seine Tochter Helene war zum Zeitpunkt seines Todes 17 Jahre alt, die ältere Schwester Nina bereits 26. Letztere, von Beruf Kosmetikerin, heiratete am 31. März 1933 in Berlin den in Moskau geborenen „Kunstgewerbler“ Eugen Adler.[65] Wo sie die Jahre zuvor gelebt hatte, ob sie möglicherweise ebenfalls eine längere Zeit in Wiesbaden verbrachte, ist nicht bekannt. Sie überstand die Zeit des Nationalsozialismus in der Schweiz und verstarb an 7. August 2001 in Saint Tropez.[66]

Helene besuchte in Wiesbaden das Lyzeum II, die heutige Elly Heuss Schule, mit sehr großem Erfolg. Ihr Abschlusszeugnis, mit dem ihr die Mittlere Reife verliehen wurde, glänzt mit vielen guten und sehr guten Zensuren, einzig die Fächer Musik und Handschrift sind mit „nur“ genügend bewertet. Das Schulamt beurteilte ihre Leistungen als „wesentlich über dem Durchschnitt stehend“ und attestierte ihr die Fähigkeit zum Erwerb der Hochschulreife.[67]

Weshalb sie dennoch bereits Ostern 1932 die Schule verließ, ist nicht mehr nachzuvollziehen. Es mag auch damals schon vereinzelt Pöbeleien gegen jüdische Schülerinnen gegeben haben, aber kaum in einem Umfang, der zu einem solchen Schritt gezwungen hätte. Ihre ehemalige Klassenlehrerin vermutete, dass sie sich zur Journalistin ausbilden lassen wollte, wofür eine akademische Ausbildung damals nicht als Voraussetzung galt.[68] Und Journalistin zu werden war tatsächlich ihr großer Berufswunsch, den sie allerdings nie realisieren konnte. Nach ihrem Schulabgang arbeitete sie zunächst in dem Wiesbadener Verlag ‚Westdruckerei’, der aber 1933 von den Nazis geschlossen wurde.[69] Wahrscheinlich hatte sie dort sogar eine richtige Lehre begonnen, denn in der Umzugsmeldung, laut der sie am 1. August 1933 mit Heinrich Rabinowicz, dessen Frau und Bruder Franz aus der Moritzstraße in den Kaiser-Friedrich-Ring 42 umzog, ist ihr Beruf mit Lehrling angegeben. Nachdem sie diese notgedrungen abbrechen musste, bekam sie für eine kurze Zeit noch eine schlecht bezahlte Anstellung bei der jüdischen Firma ‚Steinberg & Vorsanger’, bis ihr dann – so ihre eigene Angabe – als staatenlose Ausländerin ein generelles Arbeitsverbot erteilt wurde.[70] Alle beruflichen Pläne waren damit zunichte gemacht worden, ein Grund mehr, Deutschland schon damals zu verlassen.

Ummeldung der Familie Rabinowicz in den Kaiser-Friedrich-Ring 42
HHStAW 685 642 EK (o.P.)

Das alles hatte aber noch eine weitere Konsequenz: Die Steuerakte ihres Adoptivvaters Heinrich Rabinowicz aus dem Jahr 1935 enthält einen von ihm handschriftlich eingefügten Vermerk folgenden Inhalts: „Auf meinen Antrag ist seitens des Amtsgerichts Wiesbaden die Adoption der Helene Rabinowicz mit Wirkung vom 3. Oktober 1935 aufgehoben worden. Helene führt ab 3. Oktober wieder den Namen ihres verstorbenen Vaters ‚Biske’.“[71]

Aufhebung der Adoption von Helene Biske
HHStAW 685 643 EK (16)

Auf wessen Initiative hin dieser juristische Akt vollzogen wurde, ist nicht bekannt, aber er diente, wie Helene Biske später erläuterte, im Wesentlichen als Schutzmaßnahme: Mit ihrem ursprünglicher Namen Biske hätte sich ihre jüdische Herkunft leichter verschleiern lassen, als mit dem ihrer Adoptiveltern.

Unmittelbar nach der Aufhebung der Adoption, noch 1935, ging sie nach Belgien, wo sie zunächst in Brüssel lebte. Möglicherweise hatte ihr ihr ehemaligen Arbeitgeber Heinz Spett, der nach seiner Emigration auch in der belgischen Hauptstadt lebte, dazu die notwendige Unterstützung gewährt. Dort heiratete sie am 6. Juli 1936 den Chemiker und Patentanwalt Dr. Walter Michaelis. Ihr Ehemann war am 14. Februar 1902 in Bleicherode in Thüringen geboren worden, hatte aber vor seiner Emigration zuletzt in Berlin gelebt.[72] In Brüssel kam am 5. Februar 1937 ihr gemeinsamer Sohn Georg zur Welt.[73] Es waren einige wenige Jahre, in denen es ihnen auch finanziell recht gut gegangen sein muss, da Walter Michaelis als Angestellter des ‚Gasparcolor Laboratoriums’ recht gut verdiente und auch Helen eine Anstellung als Sekretärin bei der gleichen Firma gefunden hatte.[74]

Aber nicht erst mit der Okkupation der Benelux-Staaten und der Eroberung Frankreichs im Frühsommer 1940 ging diese kurze Zeit des eher unbeschwerten Lebens zu Ende. Bereits 1939 wurden sie durch das Schicksal von Walters Bruder Artur erneut unmittelbar mit den Folgen der nationalsozialistischen Politik konfrontiert.

Arthur Michaelis, der den Beginn der verschärften Verfolgung ab dem Herbst 1938 in Deutschland noch am eigenen Leibe erfahren hatte und in Buchenwald inhaftiert worden war, wurde durch Intervention des Bleicheroder Bürgermeisters Anfang Dezember wieder entlassen, allerdings mit der Auflage, den väterlichen Betrieb zu verkaufen und innerhalb von 8 Wochen Deutschland zu verlassen. Aufgenommen wurde er mit seiner vierköpfigen Familie dann von der Familie seines Bruders in Brüssel.

Eigentlich hatte man in den folgenden Monaten geplant, von dort aus gemeinsam in die USA auszureisen. Bereits im September 1935 hatte Walter Michaelis vom britischen Southampton und erneut im August 1938 vom französischen Le Havre aus zunächst alleine Reisen in die USA unternommen, vermutlich um die Chancen für eine dauerhafte Übersiedlung zu eruieren.[75]

Für die bereits geplante Ausreise am 15. Mai 1940 waren alle notwendigen Papiere beschafft, aber wenige Tage zuvor war der Krieg im Westen ausgebrochen und beide Familien wurden als feindliche Ausländer inhaftiert. Zwar durften die Frauen mit den Kindern abends wieder nach Hause, die Brüder wurden, wie viele andere Tausende jüdische Flüchtlinge auch, von der belgischen Regierung nach Frankreich deportiert und in verschiedenen Lagern im Süden interniert. Arthur und Walter Michaelis kamen damals nach Gurs. Die weitere Geschichte ist in einer knappen Biographie über die Familie Michaelis so zusammengefasst:
“Der Versuch der beiden Ehefrauen, an der Küste mit ihren drei kleinen Kindern die belgisch-französische Grenze zu überschreiten, scheiterte am “J“ in Wilhelmine Michaelis [die Frau von Arthur Michaelis – K.F.] ́ Ausweis. Per Anhalter, zu Fuß und mit Übernachtung in Scheunen ging es zurück nach Brüssel. Die Schwägerin konnte arbeiten, Wilhelmine versorgte die Kinder, sie bekam auch Unterstützung vom belgischen Staat. Aus Gurs kam Post von den Männern. Im Januar 1941 gelang es den Frauen, über Paris und Vichy und [die] Grenze zum unbesetzten Frankreich nach Marseille zu kommen. Nach dem Wechsel der Männer in ein Lager bei Marseille [Les Milles – K.F.] erhielten die zwei Familien ein Visum, und am 30.03 verließen sie per Frachtschiff Frankreich Richtung Martinique. Dort hielten sie sich 6 Wochen auf. Am 30.05.1941 kamen sie in New York an, wo bereits die Brüder Lothar und Edgar lebten.“[76]

 

 

 

 

 

Einreise der beiden Familien Michaelis in die USA im Jahr 1941
https://ancestry.dediscoveryui-content/view/788008:9127

Arthur blieb mit seiner Familie in New York. In der ersten Zeit verdienten sie sich mit einer Suppenküche das Geld zum Überleben, später konnten sie dann ein größeres Restaurant eröffnen und zuletzt trat Arthur Michaelis noch als Buchhalter in den Staatsdienst ein.

Arthur Michaelis
http://www.blankgenealogy.com/showmedia.php?mediaID=10987&medialinkID=16856

Walter und seine Familie zogen bald nach ihrer Ankunft weiter an die Westküste. Welchen tragischen Hintergrund der Tod von Walter Michaelis mit nur 39 Jahren und nach nur einem halben Jahr Aufenthalt in den USA hatte, konnte nicht ermittelt werden. Er verstarb am 18. August 1941 in Los Angeles.[77] Helen, die sich in den USA Hella nannte, hatte nicht wieder geheiratet, sie verstarb am 2. Mai 1996 ebenfalls in der Westküstenmetropole, wenige Wochen nachdem ihr Sohn George am 10. März des gleichen Jahres im kalifornischen Pacific Palisades verstorben war.[78]

In der Zeit als sich Helene mit ihrer Familie noch im benachbarten Belgien und Frankreich aufhielt, beschlossen Heinrich und Irene Rabinowicz im November 1940 angesichts ihres hohen Alters und der sehr düsteren Zukunft ihr Testament zu machen. Darin setzten sie sich zunächst gegenseitig als alleinige Erben ein. Im Weiteren heißt es: „Bei Ableben des überlebenden Ehegatten ist unsere Nichte Frau Nina Schläpfer geb. Biske – Schweizerische Bürgerin – per Adresse Frau Schläpfer in Zürich, Toblerstraße 94, die Erbin des Überlebenden,“[79] Nicht Helen, die langjährige Adoptivtochter, sondern deren Schwester wurde somit als Erbin eingesetzt. Vermutlich hatte diese Entscheidung aber rein pragmatische Gründe und ist nicht auf einen Bruch zwischen Helen und ihrem Onkel bzw. Tante zurückzuführen. Nina wohnte inzwischen in der neutralen und somit sicheren Schweiz, wohingegen Helene damals in völlig ungesicherten Verhältnissen, vermutlich auch ohne festen Wohnsitz in Belgien und Frankreich umherirrte und auf eine Möglichkeit zur Ausreise in die USA wartete.

Nina Schläpfer, die nach Auflösung ihrer zweiten Ehe und der erneuten Wiederverheiratung im Jahr 1941 den Namen Barbeau trug,[80] wurde nach dem Tod von Heinrich und Irene Rabinowicz als Erbin eingesetzt. Sie verzichtete nach dem Krieg allerdings zu Gunsten ihrer Tante Lydia, der Schwester ihrer Mutter, auf die ihr daraus resultierenden Rechte.[81]

Geburtsurkunde von Lydia Elias
Geburtsurkunde von Lydia Elias
HHStAW 518 1058 (9)

Für Lydia hatte die Wiesbadener Gestapo eigens eine Karteikarte angelegt, als sie am 31. Juli 1940 für knapp vier Wochen nach Wiesbaden zu Besuch ihrer Schwester kam und bei ihr im Kaiser-Friedrich-Ring 65 wohnte. „Zu Besuch auf 3-4 Wochen“ ist auf der Karte vermerkt. Am 26. August fuhr sie zurück nach Berlin, wo sie damals in der Münchener Str. 16 wohnte.

Lydia Elias hatte am 25. Juni 1919 in Berlin Schöneberg den evangelischen Kaufmann Heinz Robert Werner Kärgell geheiratet.[82] In der Urkunde ist sie selbst noch als der Mosaischen Religion zugehörig vermerkt worden, aber in der nach dem Krieg ausgestellten polizeilichen Meldebescheinigung wird ihre Konfession mit evangelisch angegeben. Ob ihr der Austritt aus der jüdischen Glaubensgemeinschaft das Überleben rettete, ist nicht bekannt, aber eher unwahrscheinlich, da in dieser „Mischehe“ – soweit bekannt – keine Kinder geboren wurden. Hinzu kommt, dass die Ehe am 18. Oktober 1935, d. h. unmittelbar nach der Verabschiedung der Nürnberger Gesetze, geschieden wurde. Das mag Zufall sein, aber es sieht ganz danach aus, als habe sich der Ehemann damals von seiner nach NS-Rechtsvorstellungen weiterhin als jüdisch geltenden Partnerin getrennt.[83]

Wo und unter welchen Umständen Lydia Kärgell die Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft überlebte, konnte bisher nicht in Erfahrung gebracht werden. In einer Erklärung im Zusammenhang mit dem Entschädigungsverfahren für ihre Schwester, das sie selbst nach dem Krieg eingeleitet hatte, schrieb sie, „dass ihre Schwester in ihren Briefen, in denen sie über ihre Leiden in W[iesbaden] berichtete, sehr vorsichtig sein musste, und dass sie mich, die ich mich damals auch in großer Sorge in tiefem Leid befand, nach Möglichkeit schonen wollte.“[84]

Einreiseunterlagen von Lydia Kärgel, geb. Elias für Brasilien
https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/1685766:9800?lang=de-DE

Woher sie kam, als sie sich laut der bereits erwähnten Meldebestätigung am 21. Juni 1945 in Berlin wieder anmeldete, ob aus einem Konzentrationslager, einem Versteck oder aus dem Ausland, ist darin nicht festgehalten. Als sie 1954 das Entschädigungsverfahren einleitete, arbeitete sie als Stenotypistin und Dolmetscherin bei den amerikanischen Streitkräften in Berlin.[85] In den 60er Jahren unternahm Lydia Kärgell mindestens eine Reise nach Brasilien, vermutlich um dort Verwandte zu besuchen. Wer das gewesen sein könnte, ist allerdings nicht bekannt.[86]

 

In dem von Lydia Kärgell angestrengten Entschädigungsverfahren kam zur Sprache, welches Leid ihre Schwester Irene und ihr Schwager Heinrich in der NS-Zeit zu ertragen hatten.

Wie bei allen anderen Jüdinnen und Juden ging es dem NS-Staat zunächst darum, die Kontrolle über deren Einkommen und Vermögen zu erlangen. Wann Heinrich Rabinowicz seine aktive berufliche Laufbahn beendet hatte, ist den Akten nicht zu entnehmen, aber in mehreren Briefen Ende der 30er und Anfang 40er Jahre schrieb er, dass er nach einer 42jährigen Dienstzeit von seinem Ruhegeld leben würde.[87] Grob geschätzt muss er etwa mit der Machtübertragung der Regierungsgeschäfte an die Nazis verrentet worden sein. Die Höhe seines Ruhegehalts betrug 1940 rund 242 RM im Monat und speiste sich aus drei verschiedenen Quellen. Daneben besaß er 1938 noch ein Wertpapierdepot über etwa 16.000 RM und ein Bankkonto, auf dem sich 1938 rund 600 RM befanden. Am 27. Juli 1938 stellte die Zollfahndungsstelle Mainz bei der Devisenstelle in Frankfurt den Antrag, für dieses Vermögen eine Sicherungsanordnung zu erlassen, was einen Monat später auch geschah.[88] Damit war eine freie Verfügung über die eigenen Finanzen nicht mehr möglich. Heinrich Rabinowicz wusste, dass er diese Maßnahme nicht verhindern konnte, aber er wehrte sich in einem Brief an die Devisenstelle gegen die vorgebrachte Begründung:
“Ich habe gegen die Massnahme nichts einzuwenden, dagegen muss ich gegen die von Ihnen angebrachten ‚Gründe’ Widerspruch erheben. Ich befinde mich im 65. Lebensjahr und hatte und habe niemals die Absicht auszuwandern. Auch den Verdacht, wonach ich meine Wertpapiere ins Ausland zu verbringen beabsichtige, muß ich als in keiner Weise berechtigt zurückweisen. Ich habe mir niemals etwas zu schulden kommen lassen und bin nach einer Dienstzeit von 42 Jahren als Bevollmächtigter und Prokurist bei der Commerz- & Privatbank bezw. ihrer Rechtsvorgängerin in Ehren in den Ruhestand versetzt worden.
Ich bitte daher, nach meinen vorstehenden Darlegungen die in ihrem Schreiben vorgebrachten ‚Gründe’ als in keiner Beziehung stichhaltig betrachten zu wollen.“
[89]
Hatte er geglaubt, die Nazibürokraten damit beeindrucken zu können ? Man weiß es nicht. Vermutlich ging es ihm mehr um die Selbstachtung. Die Lügen und Unterstellungen sollten nicht unwidersprochen bleiben, immerhin ein mutiger Schritt in dieser Zeit. Im Nachhinein muss man leider feststellen, dass es wohl ein Fehler gewesen war, eine Auswanderung nie ernsthaft in Erwägung gezogen zu haben.

Zunächst konnte das Ehepaar Rabinowicz, neben der Rente, zur Bestreitung des Lebensunterhalts auf die Erträgnisse aus den Wertpapieren zurückgreifen. Da diese aber immer weniger Zinsen abwarfen – es handelte sich zu einem beträchtlichen Teil um russische und polnische Papiere –[90] musste Heinrich Rabinowicz Ende 1939 die Devisenstelle um einen monatlichen fixen Freibetrag bitten, woraufhin ihm zur Rente zusätzliche 200 RM gewährt wurden.[91] Dadurch verminderte sich natürlich allmählich der Wert seines Depots und damit auch die daraus resultierenden Erträge.

Begründet hatte er die Bitte mit einer Erkrankung, die ihm permanente hohe Arzneikosten verursachten. Zum einen litt er seit etwa zwanzig Jahren an einer Augenerkrankung, die seine Sehkraft auf dem einen Auge um 50, auf dem anderen sogar um 90 Prozent vermindert hatte.[92] Zum anderen wurde er seit frühester Kindheit gegen die Schuppenflechte behandelt. Durch eine fehlerhafte Röntgenbehandlung war seine Gesichtshaut schwer geschädigt, vernarbt und zum Teil „papierdünn“ geworden, wie der behandelnde Arzt attestierte.[93]

Inzwischen war das Vermögen auch auf Grund der Zahlung der Judenvermögensabgabe, der Zwangssteuer für Juden zur Finanzierung der in der Reichspogromnacht entstanden Schäden, erheblich reduziert worden. In vier Raten waren zunächst insgesamt 3.200 RM zu zahlen, ein Betrag, der nur durch die Übertragung von Wertpapieren entrichtet werden konnte. Die fünfte Rate wurde dann im November 1939 eingefordert.[94]

Berechnung der Judenvermögensabgabe für Franz Rabinowicz
HHStAW 685 642 EK (10)

Auch sein Bruder Franz war für diese Abgabe noch veranlagt worden. Er sollte bei einem Vermögen von 17.000 RM insgesamt 3.400 RM abtreten, jeweils in Raten von 850 RM.[95] Die ersten beiden Raten hatte er noch selbst zahlen können. Am 24. März 1939 war er dann im Krankenhaus Paulinenstift an Angina Pectoris verstorben.[96] Sein Bruder Heinrich wurde als Alleinerbe seines Vermögens verpflichtet, auch die noch ausstehenden zwei Raten zu begleichen. Als er aufgefordert wurde, auch die fünfte Rate zu zahlen, legte er erfolglos Widerspruch dagegen ein.[97]

Allerdings betrug Heinrichs Gesamtvermögen trotz der geleisteten Zahlungen durch die – mit erheblichen Steuern belastete – Erbschaft seines Bruders im Jahr 1940 wieder etwa 18.000 RM, wie aus der im Februar abgegebenen Vermögenserklärung zu entnehmen ist. Sein Jahreseinkommen bezifferte er damals auf etwa 3.700 RM, seinen monatlichen Bedarf auf 410 RM.[98]

Abgesehen von den diversen Sondersteuern für Juden eignete sich der klamme Staat zur Finanzierung seiner Eroberungspläne auch den Schmuck und die Edelmetalle der Jüdinnen und Juden an. Die Verordnung aus dem Februar 1939 verpflichtete sie, diese Wertgegenstände – von wenigen Ausnahmen abgesehen – bei den kommunalen Pfandleihstellen abzuliefern. Der festgesetzte Betrag, der dafür ausgezahlt wurde orientierte sich ausschließlich am Edelmetallgehalt, nicht am handwerklichen bzw. künstlerischen Wert des Schmucks. Lydia Kärgell gab im Entschädigungsverfahren für ihre Schwester an, diese habe Schmuck im Wert von etwa 5.000 RM damals abgeben müssen, dazu Kleidung, u. a. Pelze, im Wert von weiteren 1.500 RM.[99]

Diese Verluste waren sicher schlimm, schlimmer war aber die alltägliche Demütigung, die die beiden, zu Parias degradiert, in ihrem Alltag ertragen mussten. Auch darüber hat Lydia Kärgell in einem Schreiben an die Entschädigungsbehörde sehr eindrücklich Zeugnis abgelegt.

„Ganz schlimm wurde die Situation aber erst, nachdem das Tragen des ‚Judensternes’ angeordnet worden war. Immer wieder wurden sie auf der Strasse belaestigt, beschimpft, angespieen, meine Schwester wurde mehrmals umgestossen, sodass sie sich verletzte, im Winter in den Schnee geworfen. Mein kraenklicher Schwager verliess das Haus kaum noch, sodass alles meiner Schwester ueberlassen blieb. Der einzige Laden, in dem Juden einkaufen durften, war sehr weit von ihrer Wohnung entfernt, und fahren war ‚natuerlich’ verboten. Diese Gänge waren ein wahres Martyrium fuer meine empfindsame Schwester. Nach einem Bombenangriff mussten  sie sofort ihre Wohnung verlassen und haben monatelang (oder war es ueber 1 Jahr?) in einem moeblierten Zimmer in der Mainzer Str. gewohnt. Danach konnten sie zwar in ihre Wohnung, die sie sowieso mit 2 anderen Ehepaaren teilen mussten, zurueck, doch war inzwischen alles Wertvolle, wie Daunendecken, Waesche, Kunstgegenstaende usw., daraus verschwunden. Als es mit dem Kriege immer schlechter stand, wurden auch die Massnahmen gegen Juden immer haerter. So musste meine Schwester wieder und wieder auf Befehl der SS fuer diese ganze Haeuser reinigen und dazu mit Eimer, Besen und Schrubber durch die Stadt ziehen. Nach diesen Arbeiten war sie derartig mit Schmutz bedeckt, dass sie ihr starkes Haar nicht selber sauber bekam und es, da sie nicht zum Friseur gehen durfte, von der juedischen Gemeindeschwester waschen lassen musste. Vorladungen zur Gestapo und Haussuchungen waren an der Tagesordnung. So waren meine Geschwister garnicht zu traurig, als sie den Bescheid bekamen, dass sie am 1. September 1942 ‚abtransportiert’ werden wuerden.“[100]

Heinrich Rabinowicz
Heinrich Rabinowicz informiert die Devisenstelle über seinen finanziellen Bedarf
HHStAW 519/3 5589 (18)

Die Situation, die Lydia Kärgell hier beschreibt, ist die nach dem Umzug von Heinrich und Irene Rabinowicz in das Judenhaus Kaiser-Friedrich-Ring 65, der laut Eintrag in ihrer Gestapokarteikarte am 17. Oktober 1941 stattgefunden hatte. Aber diese Angabe scheint falsch zu sein. Die Devisenstelle hatte Heinrich Rabinowicz im Mai 1942 zur Abgabe einer aktuellen Aufstellung seiner monatlichen Ausgaben aufgefordert. Erst vier Wochen später reagierte er auf diese Aufforderung mit der Begründung, dass ihn das Schreiben erst jetzt erreicht habe, da es an seine alte Adresse Kaiser-Friedrich-Ring 42 geschickt worden sei. Er habe aber am bereits am 9. Februar 1940 die Behörde von seinem – zu ergänzen wäre: erzwungenen – Umzug in das Judenhaus Kaiser-Friedrich-Ring 65 unterrichtet.[101] Das Paar hatte demnach etwa eineinhalb Jahre länger in dem Judenhaus gelebt, als die Karteikarte angibt.
Dort wohnten sie 1942 im ersten Stock zusammen mit den Ehepaaren Kahn-Hut, Kleeberg und den Schwägerinnen Recha Abraham und Adele Bonne. Jedem dieser Paare stand ein Zimmer zur Verfügung. Die Wohnsituation war somit zumindest zuletzt noch schwieriger als von Lydia Kärgell dargestellt. Den zeitweilig erzwungenen Auszug aus dem Haus hatten auch diese Mitbewohner zu ertragen, verbunden mit dem gleichen Verlust an ihrem zurückgelassenen Eigentum. Man hatte das Stockwerk freigemacht, um „deutschen Volksgenossen“ eine Unterkunft zu bieten, nachdem deren Wohnungen durch Bombeneinschläge unbewohnbar geworden waren. Rabinowiczs wurden deswegen für etwa ein halbes Jahr in das Judenhaus Mainzer Str. 2 umquartiert, das dem jüdischen Kinderarzt Dr. Moritz Hirsch gehörte.

Im Juni 1942 setzte die Devisenstelle den Freibetrag für das Ehepaar Rabinowicz von dem bisher gewährten Betrag von 400 RM auf 220 RM herab. Heinrich Rabinowicz versuchte mit zwei Attesten, die seine Krankheiten und die damit verbundenen Ausgaben bestätigten, die Behörde dazu zu bewegen, ihm wenigsten 300 RM zu bewilligen. Und die Devisenstelle ging tatsächlich auf die Bitte ein und beließ den Betrag bis September auf der bisherigen Höhe von 400 RM. Bis September ! Es scheint fast so, als habe die Behörde damals schon gewusst, was für den September geplant war.

Ob die Aufforderung, sich für den 1. September für die „Evakuierung in den Osten“ bereit zu machen von dem Ehepaar Rabinowicz tatsächlich eher positiv aufgenommen wurde, wie Lydia Kärgell vermutete, sei dahingestellt. Inzwischen wusste man auch in Wiesbaden, was diese angeblichen Evakuierungen tatsächlich bedeuteten, sonst hätten sich nicht so viele in den letzten Tagen davor in den Tod geflüchtet.

Todesfallanzeige für Heinrich Rabinowicz aus Theresienstadt
https://ca.jewishmuseum.cz/media/zmarch/images/3/7/9/65436_ca_object_representations_media_37904_large.jpg

Heinrich und Irene Rabinowicz bestiegen an der Viehverladestation des Hauptbahnhofs den Zug, der sie über Frankfurt nach Theresienstadt brachte. Heinrich Rabinowicz verlor dort schon nach einem knappen Vierteljahr sein Leben. Er verstarb dort am 27. November 1942 an einem „akuten Darmkatarrh.[102] Seine Frau wurde am 1. Februar 1943 noch nach Auschwitz verbracht. 1001 Personen saßen in diesem Transport mit der Bezeichnung ‚Cu’. 155 Männer und 63 Frauen wurden auf der Rampe selektiert und in das Lager eingewiesen, alle übrigen, darunter auch Irene Rabinowicz, wurden sofort in die Gaskammern geschickt und ermordet.[103]

 

 

Veröffentlicht: 04. 07. 2022
Letzte Revision: 29. 09.2022

 

 

<< zurück                              weiter >>


 

Anmerkungen:

 

[1] Dieses Geburtsdatum ist in allen Dokumenten durchgängig angegeben, z. B. im Sterbeeintrag von Arolsen 1005 / 1952. Einzig in der Heiratsurkunde Wiesbaden 651 / 1915 wird der 6. April 1874 genannt, allerdings mit dem Zusatz „alten Stils“, also nach dem Julianischen Kalender. Die Umrechnung ergibt im Gregorianischen Kalender ebenfalls den 6. April.

[2] Sterberegister Wiesbaden 627 / 1939. Siehe zum Judentum in Bialystok https://sztetl-org-pl.translate.goog/de/stadte/b/397-bialystok/99-geschichte/137067-geschichte-der-gemeinde?_x_tr_sl=auto&_x_tr_tl=de&_x_tr_hl=de. (Zugriff: 25.5.2022).

[3] Sterberegister Frankfurt 563 / 1890.

[4] Sterberegister Wiesbaden 324 / 1891 und HHStAW 430/1 2421 (o.P.).

[5] Sterberegister Wiesbaden 798 / 1919.

[6] HHStAW 430/1 2421 (o.P.).

[7] Mitteilungen aus der Amtlichen Lebensmittel-Untersuchungs-Anstalt und Chemischen Versuchsstation, Berlin 1885, S. 60.

[8] Sterberegister Wiesbaden 587 / 1914. Sie war in Berdycew im Gouvernement Kiew als Tochter von David und Sara Rosenbaum, geborene Fichtenholz, zur Welt gekommen.

[9] Sterberegister Wiesbaden 627 / 1939.

[10] Sterberegister Wiesbaden 324 / 1891.

[11] Siehe Wiesbadener Adressbuch 1888/89.

[12] Sterberegister Lankewitz 66 / 1906. Verheiratet war er mit Anna Baumann. Ob in der Ehe Kinder geboren worden waren, ist nicht bekannt.

[13] HHStAW 430/1 2421 (o.P.).

[14] Heiratsregister Wiesbaden 926 / 1904.

[15] Ebd.

[16] Sterberegister Wiesbaden 324 / 1891.

[17] Inhaber der Firma waren Benjamin, Bertram und Eduard Wolf.

[18] Ebd. Vermutlich stammt der Brief aber aus dem Oktober 1890, denn in der Akte sind die vorherigen und nachfolgenden Briefe in diesem Monat geschrieben worden.

[19] Heiratsregister Berlin VIII 915 / 1892. Ihre Eltern waren Hermann Abraham und seine Frau Röschen, geborene Abraham.

[20] Geburtsregister Wiesbaden 1298 / 1893.

[21] Beischreibung im Heiratsregister Berlin VIII 915 / 1892.

[22] Heiratsregister Wiesbaden 926 / 1904.

[23] Sie verstarb am 22.2.1898 im Alter von nur 38 Jahren in Wiesbaden, Sterberegister Wiesbaden 173 / 1898. Der Witwer zog später wieder nach Magdeburg und ging eine neue Ehe ein. Er verstarb dort am 13.3.1922, Sterberegister Magdeburg 559 / 1922.

[24] Heiratsregister Wiesbaden 292 / 1920.

[25] HHStAW 518 12957 (5).

[26] Sterberegister Sonnenberg 37 / 1932, dazu HHStAW 365 916 (130).

[27] HHStAW 518 12957 (8b).

[28] https://collections-server.arolsen-archives.org/G/SIMS/01010503/0228/52401666/001.jpg. (Zugriff: 15.6.2022).

[29] HHStAW 518 12957 (8b).

[30] Ebd.

[31] https://collections.arolsen-archives.org/de/search/person/5627551?s=robert%20Buchwald&t=222836&p=1. (Zugriff: 15.6.2022).

[32] Ebd.

[33] Sterberegister Wiesbaden 1252 / 1944.

[34] HHStAW 518 12957 (8b).

[35] Ebd. (8c).

[36] https://dfg-viewer.de/show?tx_dlf%5Bdouble%5D=0&tx_dlf%5Bid%5D=https%3A%2F%2Fdigitalisate-he.arcinsys.de%2Fhstam%2F925%2F3138.xml&tx_dlf%5Bpage%5D=16&cHash=8708cec0fae7b32cc2ab27c523455c18. (Zugriff: 15.6.2022).

[37] https://search.ancestry.de/cgi-bin/sse.dll?indiv=1&dbid=3693&h=90188195&tid=&pid=&queryId=682f36ce8c9e071210a42a49705d0f01&usePUB=true&_phsrc=XNI63&_phstart=successSource. (Zugriff: 15.6.2022).

[38] Es sei an dieser Stelle an die wunderbare Schrift von Joseph Roth, Juden auf Wanderschaft erinnert, in der er die verschiedenen Fluchtorte der sogenannten Ostjuden beschreibt, darunter auch Berlin. Darin heißt es auf S. 47 einleitend: „Kein Ostjude geht freiwillig nach Berlin. Wer in aller Welt kommt freiwillig nach Berlin? Berlin ist eine Durchgangsstation, in der man aus zwingenden Gründen l.inger verweilt. Berlin hat kein Getto. Es hat ein jüdisches Viertel, hierher kommen die Emigranten, die über Hamburg und Amsterdam nach Amerika wollen. Hier bleiben sie oft stecken. Sie haben nicht genug Geld. Oder ihre Papiere sind nicht in Ordnung. (Freilich: die Papiere! Ein halbes jüdisches Leben verstreicht in zwecklosem Kampf gegen Papiere.)
Die Ostjuden, die nach Berlin kommen, haben oft ein Durchreisevisum, das sie berechtigt, zwei bis drei Tage in Deutschland zu bleiben. Es sind schon manche, die nur ein Durchreisevisum hatten, zwei bis drei Jahre in Berlin geblieben.
Von den alteingesessenen Berliner Ostjuden sind die meisten noch vor dem Kriege gekommen. Verwandte sind ihnen nachgereist. Flüchtlinge aus den okkupierten Gebieten kamen nach Berlin. Juden, die in Rußland, in der Ukraine, in Polen, in Litauen der deutschen Okkupationsarmee Dienste geleistet hatten, mußten mit der deutschen Armee nach Deutschland.“
Im Jüdischen Adressbuch von Berlin aus dem Jahr 1931/32 sind etwa 35 Personen mit dem Namen Rabinowicz eingetragen, darunter auch ein Josef Rabinowicz, aber ob es sich dabei um den aus Wiesbaden Verzogenen handelt, ist doch eher ungewiss. Siehe https://digital.zlb.de/viewer/image/34039536_1931_1932/439/LOG_0030/. (Zugriff: 15.6.2022).

[39] Heiratsregister Berlin 261 / 1908. Im Sterbeeintrag von Salomon Rabinowicz ist als Heiratsdatum der 6.4.1908 eingetragen, siehe Sterberegister Berlin-Britz 37 / 1933.

[40] https://www.mappingthelives.org/bio/9b69ef78-7487-49e4-9091-94164fca3234. (Zugriff: 15.6.2022).

[41] Information von Michael Bruck.

[42] https://www2.hu-berlin.de/djgb/www/find/2?sort=unternehmen&page=678. (Zugriff: 15.6.2022).

[43] Sterberegister Berlin Britz 37 / 1933. Auch im Jüdischen Adressbuch von Berlin aus dem Jahr 1931/32 ist er mit dieser Adresse aufgeführt.

[44] https://www.ancestry.de/family-tree/person/tree/79093113/person/112006255460/facts. (Zugriff: 15.6.2022).

[45] https://www.ancestry.de/family-tree/person/tree/10622958/person/25562398076/facts. (Zugriff: 15.6.2022).

[46] Die Tagebücher hatte Frau Cordier, eine Großnichte von Gerda Meyer, im Nachlass ihrer Großtante gefunden und als Zeitzeugnis von unschätzbarem Wert der Nachwelt erhalten. In einer filmischen Dokumentation, in der viele Auszüge aus den Tagebüchern vorgetragen werden, wird zugleich ihre Biografie und im Besonderen auch ihr beruflicher Werdegang dargestellt. Eng verbunden ist damit auch die Entwicklung der von Alice Salomon gegründeten ‚Sozialen Frauenschule’ in Berlin Schöneberg. Mit dem Titel der Dokumentation „Aufbruch, Abbruch, Wiederkehr – Tagebuchnotizen einer Absolventin der Sozialen Frauenschule“ ist zugleich ihr eigenes Leben, wie auch das der Ausbildungsstätte, die GerdaMeyer für ihr gesamtes Leben prägte, knapp und präzise erfasst. Der Film, der unter https://www.youtube.com/watch?v=zjwhAPGNdrw (Zugriff: 15.6.2022) zu sehen ist, wurde mit Unterstützung des ‚Digitalen Deutschen Frauenarchivs’ produziert. Wesentliche Inhalte zu den folgenden Ausführungen beruhen auf den Aussagen dieser Dokumentation und den im Vorspann des Films vorgetragenen Erläuterungen von Frau Cordier. Nur wenn auf andere Quellen zurückgegriffen wird, werden diese durch zusätzliche Anmerkungen belegt. In MyHeritage wird Gerda Meyer unter dem Namen Gerda Margaret Rabinowitch, geborene Meyer, geführt.  Siehe https://www.myheritage.de/research/collection-1/myheritage-stammbaume?itemId=256654791-7-500150&action=showRecord. (Zugriff: 15.6.2022). Dafür, dass Werner und Gerda tatsächlich formaljuristisch verheiratet waren, gibt es keinen Beleg. Aber Gerda war nach dem Selbstmord ihres Partners später keine Ehe mehr eingegangen.

[47] https://www.hu-berlin.de/de/ueberblick/geschichte/juedische-studierende/namensliste. Eintrag unter Nr. 1657. (Zugriff: 15.6.2022).

[48] Zu den Transporten siehe Gottwaldt / Schulle, Judendeportationen, S.. 400-421, zu dem hier genannten Transport S.406 f. Die Ereignisse um den Widerstand in der Rosenstraße wurden von Margarethe von Trotta in einem Kinofilm mit dem Titel „Rosenstraße“ thematisiert. Zu den Mitkämpfern bei dieser Aktion gehörte auch Gertrud Link, geborene Katzenstein, eine Verwandte des Ehepaars Katzenstein aus Wiesbaden, die Eigentümer des Judenhauses Emser Str. 26a waren. Siehe dazu in diesem Kapitel die Anm. 3.

[49] In Yad Vashem hat Michael Bruck, ein in Israel lebender Verwandter von Werner Rabinowicz, eine ‚Page of Testimony’ für ihn eingestellt, siehe https://yvng.yadvashem.org/nameDetails.html?language=en&itemId=14667764&ind=1. (Zugriff: 15.6.2022).

[50] Goeschel, Selbstmord, siehe bes. S. 170 ff.

[51] Nicht richtig ist die in ‚Mapping the Lives’ gemachte Angabe, Gerda Meyer habe Deutschland 1941 verlassen. Möglicherweise wurde die Tochter mit der Mutter verwechselt, die ihren jüdischen Ehemann begleitet hatte.  Siehe https://www.mappingthelives.org/bio/0f4fbb42-fa4f-4c6f-b1b3-0ac4d2d9bf6c und https://www.mappingthelives.org/bio/997a4b3c-1516-46ed-b435-f7ccd0a8ab06. (Zugriff: 15.6.2022)

[52] https://www.geni.com/people/Fritz-Meyer/6000000049170510908. (Zugriff: 15.6.2022).

[53] Zwar ist in den beiden Jahren 1911 und 1912 die Hausnummer 9 angegeben, danach aber wieder die 39. Möglicherweise handelt es sich hier um einen Druckfehler.

[54] Heiratsregister 651 / 1915. Im Jüdischen Adressbuch von 1935 ist ihr Vorname mit Irma angegeben, sie selbst hat aber in der Heiratsurkunde und in anderen Dokumenten mit Irene unterzeichnet und auch auf der Gestapokarteikarte ist Irene als Vorname angegeben.

[55] Sterberegister Wiesbaden 487 / 1914.

[56] Sterberegister Wiesbaden 798 / 1919.

[57] HHStAW 685 642, zur Rente siehe Einkommensteuerakte (2)

[58] HHStAW 518 1058 (42).

[59] Insofern ist die Angabe im Erinnerungsblatt des Aktiven Museums Spiegelgasse für Heinrich und Irene Rabinowicz nicht ganz richtig. Es heißt dort lapidar: „Es [das Paar – K.F.] hatte keine Kinder.“ Siehe http://www.am-spiegelgasse.de/wp-content/downloads/erinnerungsblaetter/EB-Rabinowicz-Heinrich.pdf. (Zugriff: 15.6.2022).

[60] HHStAW 518 77704 (29) und http://www.blankgenealogy.com/getperson.php?personID=I2261&tree=Blank1. (Zugriff: 15.6.2022).

[61] Heiratsregister Berlin Schöneberg 467 / 1901. In der Heiratsurkunde seiner Tochter ist er mit Biske angegeben, siehe HHStAW 518 77704 (29).

[62] Es handelte sich möglicherweise um die zweite Ehe von Alexander Bisk(e). In Zürich lebte in den zwanziger und dreißiger Jahren eine Marie / Maria Biske, eine Zahnärztin mit ihrer Mutter Olga Biske, allerdings geborene Breithard und nicht Elias. Marie war am 25.2.1896 in Kiew geboren worden. 1940 wanderte sie über Angola nach Brasilien aus. Auf dem Antrag auf Einbürgerung gab sie den Namen ihres Vaters mit Alexander Biske an. Es kann sich um einen Zufall handeln, aber das erscheint eher unwahrscheinlich. Siehe https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/4359597:9800?lang=de-DE. (Zugriff: 15.6.2022).

[63] Sterberegister Wiesbaden 819 / 1932.

[64] HHStAW 518 77704 (4).

[65] Heiratsregister Berlin 148 / 1933. Eugen Adler war am 15.8.1903 geboren worden, seine Konfession ist in dem Heiratseintrag nicht angegeben.

[66] HHStAW 518 1058 (18)

[67] HHStAW 518 77704 (22).

[68] Ebd.

[69] Es handelte sich um einen Verlag, der in den zwanziger Jahren viel zum Weinbau veröffentlichte, aber auch Themen jüdischen Lebens in seinem Programm hatte, u. a. wurden dort die Jüdische Wochenzeitung für Wiesbaden und Umgebung sowie für Mainz und Umgebung herausgegeben. Auch hatte der Verlag die jeweiligen Jüdischen Kalender für die beiden Städte in seinem Programm. Aber auch theoretische Schriften zu r Lage der Juden in Deutschland wurden hier publiziert. So war 1932 noch die Schrift von Hugo Marx, „Was soll werden? Das Schicksal der deutschen Juden in der sozialen Krise“ erschienen.
Der Geschäftsführer der Firma, der Jude Heinz Henry Spett, hatte den Verlag und die Druckerei 1923 gegründet. 1933 emigrierte er nach Belgien, wohin später auch weitere Familienmitglieder kamen, u.a. sein Bruder, der Großhändler für Süßwaren Max mit seiner Familie, die zuvor ebenfalls in Wiesbaden gelebt hatten. Heinz Spett, seiner Frau und den beiden Kindern gelang es, sich über Frankreich in die USA zu retten. Verstorben sind sie in Israel.

[70] HHStAW 518 77704 (22)..

[71] HHStAW 685 643 Einkommensteuer (16).

[72] Walter Michaelis war eines von vier bekannten Kindern des Unternehmerehepaars Wolfried und Anna Michaelis, geborene Grafenberg. Walters Brüdern Lothar und Edgar sowie seiner Mutter war die Emigration in die USA gelungen, bevor auch Walter dorthin gelangte. Siehe zur Familie http://www.steinheim-institut.de/cgi-bin/epidat?id=blr-1802&lang=de. (Zugriff: 15.6.2022). Zur jüdischen Gemeinde Bleicherode und zur Bedeutung der Familie Michaelis siehe https://www.jüdische-gemeinden.de/index.php/gemeinden/a-b/417-bleicherode-thueringen. (Zugriff: 15.6.2022).

[73] https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/902027411:3998. (Zugriff: 15.6.2022).

[74] HHStAW 518 777 4 (65).

[75] https://www.ancestry.de/imageviewer/collections/7488/images/NYT715_5701-0449?treeid=&personid=&hintid=&usePUB=true&usePUBJs=true&pId=21982667. (Zugriff: 15.6.2022).

[76] http://www.blankgenealogy.com/histories/Biographies/Grafenberg/Karl%20and%20Arthur%20Michaelis%20English%20German.pdf. (Zugriff: 15.6.2022), dazu https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/788008:9127?lang=de-DE. (Zugriff: 15.5.2022)

[77] http://www.blankgenealogy.com/getperson.php?personID=I2260&tree=Blank1. (Zugriff: 15.6.2022). In ihrer eidesstattliche Erklärung schrieb sie nur knapp: „Wir waren kaum in Los Angeles angekommen, als mein Mann starb.“, HHStAW 518 77704 (4).

[78] https://www.ancestry.de/family-tree/person/tree/175814514/person/142284631514/story. George Michaelis war mit Judith Ann Parchen verheiratet.

[79] HHStAW 518 1058 (57). Daraus ergibt sich, dass die Ehe mit Eugen Adler inzwischen aufgelöst worden war und sie stattdessen eine neue Ehe eingegangen war. Wann dies geschehen war und wann sie in die Schweiz emigrierte, konnte nicht ermittelt werden.

[80] Nina hatte am 2.8.1941 in New York den französischen Staatsbürger Henri Pierre Leon Barbeau, geboren am 7.9.1907, geheiratet. Das Paar lebte später wieder in Frankreich. Nina Barbeau verstarb am 7.8.2001 in Saint Tropez. Siehe https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/90307508:61788 und https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/13952323:62201. (Zugriff: 15.6.2022).

[81] HHStAW 518 1058 (17).

[82] Heiratsregister Charlottenburg 649 / 1919. Ihr Ehemann war am 14.4.1886 in Berlin als Sohn von Hermann Robert  Martin Kärgell und seiner Frau Mathilde Marie Rosa geboren worden.

[83] Siehe Beischreibung in der Heiratsurkunde Charlottenburg 649 / 1919.

[84] HHStAW 518 1058 (14).

[85] Ebd. (1).

[86] https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/1685766:9800?lang=de-DE. (Zugriff: 15.5.2022). Vielleicht gab es noch eine Verbindung zur Familie von Alexander Biskes erster Familie, aus der die Tochter Marie nach Brasilien ausgewandert war.

[87] HHStAW 519/3 5589 (15).

[88] HHStAW 519/3 5589 (1, 6).

[89] Ebd. (4).

[90] HHStAW 685 643 (1) und 518 1058 (49 f.).

[91] HHStAW 519/3 5589. (9, 10, 16).

[92] Ebd. (22)

[93] Ebd. (21).

[94] HHStAW 685 643 (10, 9a, 12).

[95] HHStAW 685 642 Einkommensteuer (10).

[96] Sterberegister Wiesbaden 627 / 1939.

[97] HHStAW 685 642 Einkommensteuer (17, 18, 19, 20).

[98] HHStAW 519/3 5589 (15).

[99] HHStAW 518 1058 (2).

[100] HHStAW 518 1058 (14).

[101] HHStAW 519/3 5589 (18).

[102] https://ca.jewishmuseum.cz/media/zmarch/images/3/7/9/65436_ca_object_representations_media_37904_large.jpg. (Zugriff: 15.6.2022).

[103] https://yvng.yadvashem.org/nameDetails.html?language=en&itemId=11610256&ind=1. (Zugriff: 15.6.2022). Zu diesem Transport siehe Gottwaldt / Schulle, Judendeportationen, S. 404.