Babette Weil und ihre Tochter Frieda


Judenhaus Bahnhofstr. 46 Wiesbaden
Das ehemalige Judenhaus Bahnhofstr. 46 heute
Eigene Aufnahme
Wiesbaden Bahnhofstr. 46 Sebald Strauss
Lage des ehemaligen Judenhauses
Juden Bahnhofstr 46 Wiesbaden
Belegung des Judenhauses Bahnhofstr. 46

 

 

 

 

 


 

Die Quellen, die Auskunft über das Leben von Babette Weil und ihrer Tochter Frieda geben, sind zu dürftig, als dass man dieses auch nur ansatzweise angemessen nachzeichnen könnte. Nur eine Steuerakte des Ehemanns bzw. Vaters David Weil ist im Hessischen Hauptstaatsarchiv vorhanden. Sie spiegelt zwar die finanziellen Probleme der Familie wider, gibt aber über die Personen selbst kaum Auskunft. Daher hinterlässt die weitgehende auf die Wirtschaftsbürger Weil reduzierte Darstellung notwendig ein verzerrtes Bild dieser Familie, die auf unterschiedliche Weise zum Opfer dieser Krisenzeit wurde.

Babette Weil war am 1. Dezember 1882 im bayrischen Nördlingen geboren worden, einer Stadt mit einer jüdischen Tradition, die bis in das 13. Jahrhundert zurückreicht. Ihr Vater, der am 8. März 1842 in Mönchsdeggingen geborene Aron Göggel, manchmal auch Geggel geschrieben, hatte sich dort als Händler niedergelassen. 1869 hatte er in erster Ehe Adelheid Schönwalder geheiratet, mit der er die beiden Kinder Hermann und August hatte.[1] Etwa drei Jahre nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete er in zweiter Ehe am 5. September 1876 Peppi Treuchtlinger. Sie gebar ihm drei weitere Kinder, zunächst Benjamin, der aber bereits nach vier Wochen verstarb, dann Rudolf und zuletzt, am 1. Dezember 1882 Babette.[2]

Göggel Weil Judenhaus Bahnhofstr. 46 Wiesbaden
Stammbaum der Familie Weil / Göggel
(GDB-PLS)

Babettes späterer Ehemann, David Weil, kam ebenfalls aus Süddeutschland, aus dem badischen Städtchen Rust, in dem sich ebenfalls über viele Jahrhunderte hinweg jüdisches Leben etabliert hatte.[3] Er war am 7. Oktober 1875 als viertes von insgesamt 7 Kindern des Kaufmanns und Gastwirts Lazarus Weil und seiner Frau Victoria Löwenstein geboren worden. Die vielfach verzweigte Familie Weil stellte eine wichtige Säule der dortigen jüdischen Gemeinde dar.[4] Nicht nur waren in der Vergangenheit mehrere Mitglieder im Synagogenrat aktiv, der Großvater von David Weil, ebenfalls ein David Weil, ursprünglich von Beruf Metzger, hatte um die Mitte des 19. Jahrhunderts die Lizenz erworben, das bisher einzige jüdische Gasthaus in Rust zu betreiben, ein Privileg, das an viele Voraussetzungen gebunden war.[5]

Der jüngere David Weil war wie sein Vater von Beruf Kaufmann und – wie viele andere Juden auch – in der Textilbranche tätig. In den frühen zwanziger Jahren vertrat er als Agent die damals im französischen Straßburg angesiedelte Textilgroßhandlung „D.Weil & Co.“. Der Name der Firma legt nahe, dass er, der selbst auch früher dort wohnte, auch einer der Gesellschafter war, aber gesichert ist das nicht. Anfang der zwanziger Jahre war er nach Wiesbaden gekommen und hatte in der Wielandstr. 2 ein erstes Zuhause gefunden. Nicht bekannt ist, ob er zu diesem Zeitpunkt schon mit Babette Göggel verheiratet war und sie zusammen in den Rheingau gekommen waren. Aus der zumindest bald danach geschlossenen Ehe ist nur ein Kind, die Tochter Frieda Weil, hervorgegangen. Als sie am 31. Januar 1924 in Wiesbaden geboren wurde, war ihre Mutter bereits 42, der Vater sogar 49 Jahre alt

Allem Anschein nach war David Weil früher zu einem nicht unerheblichen Vermögen gekommen, denn er fuhr in dieser Zeit bereits eine große Limousine und im August 1924 erwarb er das Haus in der Taunusstr. 41 zu einem Preis von 35.000 RM.[6] Die Familie zog aber nie selbst in dieses Haus in einer der Prachtstraßen Wiesbadens ein, sie bewohnte eine der unmittelbar am Neropark gelegenen Villen.

Inzwischen war aber bedingt durch die krisenhafte Entwicklung der Weimarer Republik die finanzielle Lage von David Weil mehr als prekär. Die Straßburger Firma war durch die im Versailler Vertrag festgelegte neue Grenze zwischen Deutschland und Frankreich vom deutschen Markt abgeschnitten worden und ging in die Insolvenz. Wieso er aber dann 1925/26 zunächst als stiller Teilhaber mit Bürgschaften, dann ab August 1927 auch als persönlich haftender Gesellschafter in die mit 900.000 RM inzwischen völlig überschuldete und unter Geschäftsaufsicht stehende Firma „Rheinische Webwaren Gesellschaft – Adolf & Ernst Weill – Mainz“ einstieg, ist nicht mehr nachvollziehbar. Dieses Engagement trieb ihn und seine Familie letztlich in den finanziellen Ruin. Sein Rechtsanwalt Stern teilte am 7. September 1927 dem Finanzamt Wiesbaden mit, dass „das gesamte Privatvermögen des Herrn David Weil und seiner Ehefrau verloren“ sei.[7] Einkommen würden allein noch durch die Mieteinnahmen aus dem Haus in der Taunusstraße erzielt, aber auch die würden dadurch kompensiert werden, dass auf dem Grundstück, das inzwischen mit einem Wert von 45.000 RM bilanziert wurde, eine zu verzinsende Grundschuld von 100.000 RM eingetragen sei, mit der wiederum die Ansprüche von Gläubigern der „Mainzer Wollwarenfabrik“ abgedeckt wurden.[8] Nach den Maßgaben der Geschäftsaufsicht durften Weils nur das Allernotwendigste zum Lebensunterhalt aus der Firma entnehmen.[9] Seit 1928 lebte auch die 78jährige Mutter von Babette Weil, die ebenfalls ihr gesamtes Vermögen durch die Inflation verloren hatte, im gemeinsamen Haushalt im Nerotal 8.[10]

Judenhaus Wiesbaden Bahnhofstr. 46 Babette Weil David Frieda
Briefkopf der „Rheinischen Webwaren Gesellschaft“
HHStAW 685 834a (62)

1928, nachdem David Weil alleiniger Inhaber der am Boden liegenden Firma geworden war, wurde sie in „Herrenkleiderfabrik Weil“ umbenannt und ein Jahr später von Mainz nach Wiesbaden in die Platter Str. 73 verlegt. Die Aktiva wie auch Passiva waren alle auf die neue Firma übertragen worden, sodass sich finanziell für David Weil keine Veränderung ergab.[11] Mit Krediten von Verwandten konnte er die in einem Vergleich beschlossenen Ansprüche der Gläubiger schlecht und recht bedienen. Am 1. Mai 1929 wurde die Firma aber wegen wachsender Verluste endgültig stillgelegt.[12] Trotz der bereits mehr als desolaten Zustände hatte David Weil 1930 als einer der Gesellschafter auch noch für die Steuerrückstände einer weiteren Firma, der „Otto Weil & Co. Textilhandels-G.m.b.h.“ mit Sitz in Frankfurt gebürgt,[13] eine Bürgschaft die zusätzlich zu seinen eigenen Steuerschulden auch noch fällig geworden war.

Notiz des Finanzamts Wiesbaden über die finanzielle Lage von David Weil im März 1930
HHStAW 685 834c (o.P.).

Im Dezember 1930 musste David Weil einen Offenbarungseid leisten, weil auch eine weitere seiner Firmen vor dem Konkurs stand und nur durch die Offenlegung seiner Finanzen ein Vergleichsverfahren in die Wege geleitet werden konnte. Die Firma, eine Aktiengesellschaft, an der er und seine Frau jeweils zur Hälfte beteiligt waren, war während der Inflationszeit  gegründet worden, hatte danach wohl nie größere Gewinne erzielt. Die Produktion von Hemden und Schlafanzügen war mittels Hausier- und Absatzhandel vertrieben worden.[14] Infolge der Weltwirtschaftskrise war das Geschäft, das auf eine eher arme Kundschaft ausgerichtet war, nicht mehr in der Lage die fälligen Raten zu zahlen. Auch gab es kaum Möglichkeiten die Außenstände gerichtlich einzutreiben.

Die knappen finanziellen Ressourcen waren vielleicht auch der Grund dafür, dass die Familie am 22. September 1930 mit Schwiegermutter und der Hausgehilfin, also zu fünft, aus dem Haus im Nerotal in die Franz-Abtstr. 12 zog, wo sie eine Wohnung im 2. Stock bezog.[15] Aber auch dieses Haus lag in einem der begehrtesten Villenviertel von Wiesbaden.

Umzug der Familie Weil in die Abtstr. 12
HHStAW 685 834a (16)

Im Mai 1932 gründete David Weil noch eine weitere Firma mit dem Namen „D. Weil – Wäschefabrikation – Wiesbaden“, die ihren Sitz ebenfalls in der Franz-Abtstr. 12 hatte.[16] Aber auch damit gelang es ihm nicht, dieses Konglomerat an Firmen und Beteiligungen wieder aus den roten Zahlen herauszubringen. 1931 gab David Weil ein Jahreseinkommen von 220 RM an. Sein Bruder Fritz Weil, der noch in Straßburg lebte, unterstützte ihn, der zuletzt gar kein eigenes Einkommen mehr hatte, in dieser schwierigen Zeit mit 1.800 RM.[17]

Angesichts permanenter Steuerschulden, auch wegen einer nicht immer korrekt geführten Buchhaltung,[18] war spätestens ab dem Zeitpunkt, als der Antisemitismus zur Staatsräson erhoben wurde, auf ein Entgegenkommen der Finanzbehörden nicht mehr zu hoffen. Die Situation wurde immer bedrohlicher, verschärfte sich zudem dadurch, dass David Weil Anfang 1933 schwer erkrankte, arbeitsunfähig wurde und nach einer Operation am 27. Februar 1934 verstarb.[19]

Für Babette Weil ging der Kampf um das finanzielle Überleben weiter. Die Firma, die „Wäschefabrikation D. Weil“ wurde von ihr weitergeführt, machte auch nach 1934 weiter rückläufige Umsätze – 1934 immerhin noch fast noch 11.000 RM, in den folgenden Jahren aber bald weniger als 5.000 RM. Was von diesem Umsatz als Einkommen übrig blieb, ist den Akten nicht zu entnehmen. Es muss aber so wenig gewesen sein, dass ihr in München lebender Bruder Rudolf sie monatlich mit 150 RM unterstützte.[20]

Vermutlich nicht allzu lange nach dem Tod von David Weil, zogen seine Witwe und die Tochter Frieda aus der Franz-Abt-Straße in die Lanzstr. 2 zur Freifrau von Linstow, ebenfalls eine Villa in bester Lage.[21] Auch mit dem erneuten Wohnungswechsel Ende Juli 1939 in die Tennelbachstr. 21 in Wiesbaden-Sonnenberg verschlechterte sich ihre Wohnsituation nicht. Die dortige „Villa Hohnstein“ gehörte dem jüdischen Ingenieur Paul Moser, der dort mit seiner Frau und seinen zwei Kindern wohnte.

Im Sommer 1940 ging die Tochter Frieda laut einer Notiz auf der Gestapo-Karteikarte für sechs Wochen nach Frankfurt. Der Zweck dieses Aufenthalts ist nicht bekannt. Am 15. Juli kam sie zurück, woraufhin Mutter und Tochter gemeinsam in die Adelheidstr. 70 zogen.[22] Es handelte sich um die Wohnung im zweiten Stock des Hauses, in dem damals die jüdische Witwe Berta Weinberg wohnte. Das Haus selbst war aber nicht in jüdischem Besitz, weshalb es eher unwahrscheinlich ist, dass es sich hier, obwohl zeitlich passend, um ein Zwangseinquartierung handelte. Auch diese Wohnung verließen sie schon nach etwa einem Vierteljahr wieder. Ihr nächster Verbleib war dann das Judenhaus in der Bahnhofstr. 46.

Hedwig Strauss über ihre zukünftigen Mieter im Judenhaus
HHStAW 1183 – 1 (o.P.).

Auch wenn die Datenbank des Stadtarchivs Wiesbaden diesen erneuten Wohnungswechsel als einen „erzwungenen Umzug“ charakterisiert, sprechen die konkreten Umstände gegen eine solche Annahme. Hedwig Strauss, die Eigentümerin des Hauses, erwähnte auf einer ihrer Postkarten an den Sohn im Exil die Wohnungsbesichtigungen der neuen Mieter. Sie schrieb am 10. Oktober 1940 geradezu genervt „Eben haben sich Frau Weyl (!) u. deren Tochter dein früheres Zimmer im IV. Stock, zum Zichsten Mal angesehen u. bis morgen an Hand geben lassen“,[23] was nicht nach unmittelbarem Zwang, sondern eher nach zögerlichen Überlegungen klingt, vielleicht sogar nach Abwägung verschiedener Alternativen. Laut Eintrag auf der Gestapo-Karteikarte dauerte es fast noch vier Wochen, bis sie dann tatsächlich die dortigen Räume übernahmen. Sie bezogen nach Angabe von Sebald Strauss im vierten Stock das Giebelzimmer, das ehemalige Zimmer von Alfred Strauss, dazu noch zwei Mansardenzimmer. „Unsere Wohnungen sind jetzt besetzt,.“ schrieb er abschließend an seinen Sohn, erwähnte aber noch, das es sich bei den neuen Mietern um die Witwe seines ehemaligen Klienten, des „Wäschefabrikanten Weil“, und dessen Tochter handle.[24] Nicht auszuschließen ist, dass die frühere Verbindung zu Alfred Strauss diese Wohnoption für Babette Weil sogar erst eröffnet hatte.

Die Wohnung blieb für die folgenden gut eineinhalb Jahre ihre letzte Unterkunft in Wiesbaden. Über das weitere Leben von Mutter und Tochter im Judenhaus gibt es keine weiteren Informationen. In den Briefen der Eigentümer an ihren Sohn werden sie nicht mehr erwähnt.

Auch über das Leben von Frieda, die beim Machtantritt der Nazis noch keine zehn Jahre alt war, ist wenig bekannt. Sie war Schülerin des Lyzeums, der neben der Marktkirche gelegenen höheren Mädchenschule. Auf einem Klassenfoto, das etwa 1935/36 aufgenommen worden sein könnte, steht sie in der letzten Reihe.[25] Ob es sich dabei um Zufall oder um die übliche Schikane gegenüber jüdischen Schülern und Schülerinnen handelte, lässt sich nicht mehr feststellen.[26]

Frieda und ihre Mutter waren die einzigen, die am 10. Juni 1942 aus dem Judenhaus Bahnhofstr. 46 „nach dem Osten evakuiert“ wurden. Alle anderen waren entweder bereits im Mai deportiert oder noch in andere Judenhäuser verbracht worden. In den Waggons des Zuges mit dem Ziel Lublin befand sich aus der Bahnhofstr. 46 nur noch Hedwig Woller, die man aber kurz zuvor noch in das Judenhaus in der Friedrichstr. 33 umgesiedelt hatte. Unmittelbar nach der Ankunft am Zielort wurden sie alle in die nahe gelegene Todesfabrik Sobibor überführt und, wie die allein zwischen Mai und Juli 1942 fast 100.000 anderen Opfer, mit dem abgeleiteten Kohlenmonoxid großer, eigens zu diesem Zweck installierter Dieselmotoren ermordet.

 

 

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Anmerkungen:

 

[1] Adelheid Schönwalder, geb. 9.11.1847 in Berolzheim, gest. 17.2.1876 in Nördlingen, war die Tochter des Pferdehändlers Hirsch Schönwalder und seiner Frau Fanny Gutmann. Die beiden Kinder waren Hermann, geb. 21.1.1870, gest. 15.11.1910 in Kaufbeuren, und August, geb. 26.5.1872. Sein weiteres Schicksal ist, abgesehen davon, dass er 1888 aus Deutschland auswanderte, unbekannt. Siehe http://www.alemannia-judaica.de/images/Noerdlingen/FS-GOEGGEL-ARON.pdf.

[2] Die Eltern von Peppi Treuchtlinger, ihr Geburtsdatum ist nicht bekannt, waren Zadock und Rosa Treuchtlinger, geb. Engländer. Ihr erstes Kind Benjamin, geb. am 9.11.1873, verstarb am 9.12.1873, Rudolf, geb. am 8.2.1878, war mit einer Wienerin namens Berta verheiratet, die die Shoa überlebte. Er selbst verstarb am 9.11.1936 in München. Ebd.

[3] Debacher, Karl-Heinz, Geschichte der jüdischen Gemeinde Rust. In: Schicksal und Geschichte der jüdischen Gemeinden Ettenheim, Altdorf, Kippenheim, Schmieheim, Rust, Orschweier. Ettenheim 1988. Herausgegeben von der Ettenheimer Mitgliedergruppe des Historischen Vereins Mittelbaden, S. 399-435. Bis in die Mitte des 19. Jh. war die Gemeinde stetig gewachsen, bestand jedoch weitgehend aus mittellosen Familien. Entsprechend begann auch hier nach der erlangten Freizügigkeit die Abwanderung in die Städte bzw. nach Amerika. Ende des Jh. gab es noch knapp 100, 1933 nur noch 26 jüdische Einwohner in Rust.

[4] Lazarus Weil, geb.  28.5.1883, gest. am 19.6.1886, hatte am 9.6.1869 seine Frau Victoria Löwenstein geheiratet. Sie war die Tochter des Handelsmanns Moses Löwenstein aus Rixingen und seiner Frau Fanni , geb. Presburger. Lazarus und Victoria Weil hatten neben David noch sechs weitere Kinder. Die erste Tochter Dilla verstarb schon einen Tag nach ihrer Geburt am 6.1.1872. Der zweiten Tochter, geb. am 16.11.1872, wurde daraufhin ebenfalls der Name Dilla gegeben. Am 14.3.1874 folgte Frieda, danach David, dann Moritz am 4.3.1877, Isaak am 24.11.1878 und zuletzt Ida am 22.4.1881. Letztere wurde nur vier Jahre alt. Köbele, Albert, Ortssippenbuch Rust, Grafenhausen 1969. Den Hinweis auf das Ortssippenbuch Rust verdanke ich Herrn Stude vom ‚Förderverein Ehemalige Synagoge Kippenheim’.

[5] „David Weil hat sich von seinen Jugendjahren (…) nur still, häußlich und rechtschaffen betragen, so daß ihm nicht das mindeste zu Last gelegt werden kann. Ohngeachtet deßen was er von seinen Eltern ererbt hat, hat (er) sich nebst der Unterhaltung seiner zahlreichen Familie eine eigene Wohnung erworben und findet jetzt durch seine Fleiß und Thüchtigkeit ein ordentliches Auskommen, und er ist daher der erste unter den hiesigen Israeliten der sich zur Betreibung der Wirtschaft qualifiziert.“ StAF LRA Lahr 3480, zit. nach Debacher, Jüdische Gemeinde Rust, S. 414.

[6] HHStAW 685 834 b (12). Das Hausgrundstück war später allerdings mit einer Hypothek erheblich belastet. Im Bezug auf die Limousine ist interessant, dass es mehrere Eingaben von Zuträger beim Finanzamt Wiesbaden gab, die meldeten, dass das Auto von David Weil vor Restaurants und Hotels gesehen worden sei, es also privat und nicht zu Geschäftszwecken genutzt werde, siehe HHStAW 685 834 a (20 ff.).

[7] HHStAW 685 834 a (81) und 685 834 b (27). Auch Bebette Weil besaß 50 % des Aktienkapitals der Firma. Das Unternehmen selbst gehörte wiederum zu den „nicht bevorrechtigter Gläubigern“ der in Konkurs gegangenen Straßburger Firma „D. Weil“, die selbst durch die Schuldenlast von über 1 Mio. RM erdrückt worden war.

[8] Ebd. (82).

[9] Die Entnahmen beliefen sich im Jahr 1927 aber immerhin auf einen Betrag von rund 12.000 RM, ebd. (118).

[10] Ebd. (215).

[11] Ebd. (127, 157).

[12] Ebd. (164). Als Grund für das Scheitern gab David Weil an, dass das Ruhrgebiet sein Hauptabsatzgebiet gewesen sei, seine dortigen Kunden , zumeist Bergleute, die die Waren im Rahmen von Absatzgeschäften auf der Basis kleiner Ratenzahlungen erworben hätten, wegen der grassierenden Arbeitslosigkeit aber ihren Zahlungspflichten nicht mehr nachkommen könnten. Auch Pfändungsverfahren hätten angesichts der dortigen Notlage keinen Erfolg.

[13] HHStAW 685 834 b (79). Die Beteiligung an dieser Firma geht aus einem Schreiben des Finanzamts Frankfurt an das Finanzamt Wiesbaden hervor. David Weil hatte um Erlass dieser Forderung wegen seiner schwierigen finanziellen Situation in Wiesbaden gebeten. Ob die Behörde auf die Forderungen verzichtete, geht aus den Akten nicht hervor. Nicht geklärt werden konnte zudem, welche genaue Beziehung zu diesem Unternehmen, das sich offensichtlich auch in der Hand der Großfamilie Weil befand, bestand. Möglicherweise handelt es sich aber auch hier um einen Übernamen, denn ein Otto Weil ist in Rust nicht bekannt.

[14] Sitz der Firma war das Haus Am Römerberg 15, das im Besitz der Gesellschaft war und den Großteil des Kapitals dieser Firma ausmachte. Da aber die Gesellschaft alleine im Besitz von David und Babette Weil war, gehörte es auch faktisch zu deren vermögen.

[15] HHStAW 685 834 a (164). Die Kinderfrau und Hausgehilfin erhielt für ihre Tätigkeit kein Gehalt, sondern neben Kost und Logis nur ein kleines Taschengeld. Ebd. (215).

[16] Ebd. (187, 198). In der Steuererklärung für das Geschäftsjahr 1931 erläuterte David Weil das Wesen dieses Geschäfts: „Ich unterhalte kein eigenes Warenlager, kein eigenes Personal, kein eigenes Büro. Ich selbst nehme die Bestellungen meiner Kundschaft entgegen und beziehe die Ware nach Maßgabe der Bestellungen. Die Ware wird – wie gesagt – nur nach Bestellungen in Heimarbeit angefertigt und alsdann zum Kunden gebracht.“ HHStAW 685 834 c (50).

[17] Ebd. (188, 171). Der genannte Bruder Fritz ist im – nach Auskunft von Herrn Stude vom ‚Förderverein Ehemalige Synagoge Kippenheim’ sehr zuverlässigen – Ortssippenbuch Rust nicht vermerkt und auch sonst unbekannt. Es handelt sich vermutlich um einen Übernamen von Moritz oder Isaak Weil.

[18] Eine umfassende Betriebsprüfung aus dem Jahr 1929 belegt das unzweifelhaft, siehe HHStAW 685 834 c (o.P.).

[19] Ebd. (213).

[20] HHStAW 685 834 c ((83, 89, 95), 685 834 a (215). Zu diesem Zeitpunkt, September 1934, muss Peppi Goeggel, ihre Mutter noch bei ihr gelebt haben, denn die Unterstützung des Bruders wurde mit Babettes Fürsorge für die Mutter begründet.

[21] So die undatierte Angabe auf der Gestapo-Karteikarte von Babette Weil. Laut Eintrag im Jüdischen Adressbuch von 1935 war sie die Tochter des in Luxemburg lebenden jüdischen Industriellen A. Fuchs.

[22] Zum Schicksal der Witwe Berta Weinberg und zu dem ihres Sohnes Kurt siehe das Erinnerungsblatt des Aktiven Museums Spiegelgasse http://www.am-spiegelgasse.de/wp-content/downloads/erinnerungsblaetter/EB-Weinberg.pdf.

[23] HHStAW 1183 – 1 (Postkarte vom 18.10.40)., Hervorhebung K.F.

[24] HHStAW 1183 – 1 (4.2.41).

[25] Siehe das Bild im Erinnerungsblatt des Aktiven Museums Spiegelgasse  für Babette und Frieda Weil http://www.am-spiegelgasse.de/wp-content/downloads/erinnerungsblaetter/EB-Weil.pdf.

[26] Siehe zu diesen auch am Lyzeum üblichen Schikanen die Erinnerungen von Charlotte Opfermann, die ebenfalls Schülerin dieser Schule war. Stationen, Begegnungen 3, Hg. Förderkreis Aktives Museum Deutsch-Jüdischer Geschichte in Wiesbaden, Wiesbaden 1993 S. 12 ff.