Elias Edgar und Franziska Kassel, geborene Cahn, und ihre Familien


Regina Beck, Regina Sichel, Julius Beck
Das Judenhaus heute
Eigene Aufnahme
Regina Beck, Regina Michel, Julius Beck
Lage des ehemaligen Judenhauses
Judenhaus Herrngartenstr. 11, Wiesbaden
Belegung des Judenhauses Herrngartenstr. 11

 

 

 

 

 

 


Das Ehepaar Elias und Franziska Kassel war erst im Frühjahr 1942 in das Judenhaus in der Herrngartenstr. 11 eingezogen und blieb dort auch nur das knappe halbe Jahr bis zu seiner Deportation. Wann die beiden jeweils nach Wiesbaden gekommen waren, ließ sich nicht mehr feststellen, denn Einträge in den Adressbüchern gibt es nicht und die Einwohnermeldekartei der Stadt wurde im Krieg zerstört. Da beide aus völlig unterschiedlichen Regionen kamen und bisher auch in völlig unterschiedlichen Lebenszusammenhängen standen, ist anzunehmen, dass sie sich auch erst in Wiesbaden kennen lernten.

Issak Cahn, Sophie Hess, Edgar Elias Kassel, Alice Amalie Kassel, Johanna Kassel, Franziska Cahn Boruttau Kassel, Seligmann Cahn, Carolina Danzig Cahn, Alfred Cahn, Karoline Rosenbaum Cahn, Siegmund Cahn, Dorothea Stender Cahn, Hugo Cahn, Emma Cahn Jülich Wolf, Juden Siegburg, Judenhaus Judenhäuser Wiesbaden, Herrngartenstr. 11
Stammbaum der Familien Kassel und Cahn
GDB

Edgar Julius Kassel, wie sein eingetragener Geburtsname eigentlich lautet, war am 12. Mai 1893 zwar im benachbarten Mainz geboren worden,[1] wo aber seine Eltern auch nicht zu den alteingesessenen Bürgern zählten. Sein Vater, der Kaufmann Isaak Kassel, war am 1. September 1849 in Schaafheim als Sohn von Judel und Regina Kassel, geborene Elkan, geboren worden. Seine Mutter, die mit Mädchenname Sophie Hess hieß, war die Tochter des Metzgerehepaars Mayer Herz Hess und Amalia Hess, geborene Strauss, aus dem bei Frankfurt gelegenen Bockenheim, wo auch die Eheschließung vollzogen worden war.[2] Bald darauf müssen sie nach Mainz gezogen sein, wo dann alle Kinder zur Welt kamen

Edgar war – soweit bekannt – das letzte von insgesamt fünf Kindern des Paares, von denen allerdings zwei schon im Kleinkindalter starben. Zunächst waren dem Paar am 22. September 1882 die Zwillinge Rosa und Johanna geschenkt worden, von denen aber nur Johanna überlebte.[3] Als dann drei Jahre später ihnen am 15. Januar 1885 erneut eine Tochter geboren wurde, erhielt auch sie, wohl in trauriger Erinnerung an das verstorbene Kind, den Namen Rosa. Aber auch diese Rosa überlebte nur einen einzigen Tag.[4] Wiederum drei Jahre später wurde am 11. Juni 1888 noch einmal eine Tochter geboren, die den Namen Alice Amalie erhielt.[5] Edgar selbst kam dann am 12. Mai 1893 zur Welt.[6] Seinen Vater konnte er später kaum noch in Erinnerung haben, da dieser bereits am 20. November 1896 im Alter von nur 47 Jahren in Mainz verstarb, als Edgar gerade einmal drei Jahre alt war.[7] Nach dem Tod des Vaters war die Witwe mit den Kindern wieder zurück nach Frankfurt gezogen, wo später die Tochter Alice Amalie auch nach dem Tod ihrer Mutter blieb. Sophie Kassel verstarb dort am 9. November 1929 im Alter von 69 Jahren.[8]

Über das weitere Leben von Edgar Kassel ist fast nichts bekannt. Aber allein aus der Tatsache, dass er später eine Rente als Kriegsversehrter erhielt, ergibt sich, dass auch er zu den vielen jüdischen Soldaten gehörte, die sich für die vermeintliche Verteidigung ihres Vaterlandes geopfert hatten. Schon zu Beginn des Krieges hatte er sich als Freiwilliger gemeldet, war am 20. September 1914 vereidigt und daraufhin zunächst der Ersatzkompanie des 16. Bayrischen Infanterie-Regiments zugeordnet worden. Wie einem weiteren Eintrag in dieser Kriegsstammrolle zu entnehmen ist, war der 21jährige damals zwar in Frankfurt gemeldet, aber tatsächlich als Kaufmann in Wien tätig.[9] Für Edgar Kassel liegen zudem eine ganze Reihe von Eintragungen in solchen Militärdokumenten vor, die zum einen mehrere Lazarettaufenthalte, aber auch die Teilnahme an einer Vielzahl von Schlachten dokumentieren, weshalb es geradezu an ein Wunder grenzt, dass er den Krieg überhaupt überlebte.[10] Im April 1918, als eigentlich schon längst klar war, dass der Krieg nicht mehr gewonnen werden konnte, hatte man ihn „wegen Tapferkeit vor dem Feind“ noch zum Vizefeldwebel befördert.[11]

Eine der vielen Eintragungen in den Kriegstammrollen für Edgar Kassel mit Angaben zu den Schlachten, an denen er beteiligt war
https://www.ancestry.de/imageviewer/collections/1631/images/31010_176562-00025?treeid=&personid=&hintid=&queryId=5a1e6f1776855037ae69ff692a369c9c&usePUB=true&_phsrc=Ekt3495&_phstart=successSource&usePUBJs=true&pId=1526446&lang=de-DE

Über sein Leben nach dem Ende des Krieges liegen keine Informationen vor. Erst im Jüdischen Adressbuch von 1935 wird er als kaufmännischer Angestellter, wohnhaft in der Moritzstr. 47 als Bürger der Kurstadt geführt. Aber weder konnte sein beruflicher Werdegang ermittelt, noch konnten Firmen gefunden werden, die ihn beschäftigt hatten.

Wie bei Edgar Kassel bleiben auch bei seiner späteren Frau Franziska viele Lebensphasen im Dunklen. Auch sie war das fünfte und zugleich letzte Kind ihrer Eltern Eljakum Seligmann und Carolina Cahn, geborene Danzig, die in dem südwestlich von Bonn gelegenen Siegburg lebten.[12] Eljakum Seligmann Cahn stammte aber ursprünglich aus dem etwa 20 km entfernten Uckerath, wo er am 28. Oktober 1831 geboren worden war. Sein Vater, der Metzger und Handelsmann Abraham Cahn, war derjenige, der 1846 den festen Familiennamen Cahn für sich und seine Nachkommen angenommen hatte. Er war 1799 als Sohn von Hirsch Cahn und Jent Marx in Kurscheid geboren worden und lebte zuletzt in Uckerath, wo er am 29. April 1859 verstarb.[13] Verheiratet war Abraham Cahn mit Eva Moses, die um 1802 als Tochter von Moses Levi und Schöngen / Schängen Simon geboren wurde. Sie starb nur wenige Monate nach ihrem Mann am 16. Oktober 1859 ebenfalls in Uckerath.[14]

Issak Cahn, Sophie Hess, Edgar Elias Kassel, Alice Amalie Kassel, Johanna Kassel, Franziska Cahn Boruttau Kassel, Seligmann Cahn, Carolina Danzig Cahn, Alfred Cahn, Karoline Rosenbaum Cahn, Siegmund Cahn, Dorothea Stender Cahn, Hugo Cahn, Emma Cahn Jülich Wolf, Juden Siegburg, Judenhaus Judenhäuser Wiesbaden, Herrngartenstr. 11
Meldekarte der Familie Cahn in Siegburg
Mit freundlicher Genehmigung des Stadtarchisvs Siegburg
Issak Cahn, Sophie Hess, Edgar Elias Kassel, Alice Amalie Kassel, Johanna Kassel, Franziska Cahn Boruttau Kassel, Seligmann Cahn, Carolina Danzig Cahn, Alfred Cahn, Karoline Rosenbaum Cahn, Siegmund Cahn, Dorothea Stender Cahn, Hugo Cahn, Emma Cahn Jülich Wolf, Juden Siegburg, Judenhaus Judenhäuser Wiesbaden, Herrngartenstr. 11
Holzgasse im Jahr 1902, die bevorzugte Wohngegend der jüdischen Bürger in Siegburg
Mit Genehmigung des Stadtarchivs Siegburg

Leider ist auf der Meldekarte der Familie von Seligmann Cahn in Siegburg nicht eingetragen, wann sie sich dort niedergelassen hatte, aber es muss spätestens 1870 gewesen sein, denn der älteste Sohn Alfred kam hier am 10. Oktober 1870 zur Welt. Auch die weiteren Kinder des Paares wurden in den folgenden Jahren dort geboren, Emma am 16. Oktober 1871, Siegmund am 18. März 1876, Hugo am 17. Januar 1879 und zuletzt Franziska am 9. Mai 1880.[15]

Betrachtet man diese beiden Familien Kassel und Cahn, die durch die Ehe von Edgar und Franziska in Wiesbaden zusammengeführt wurden, vor dem Hintergrund der kommenden Ereignisse, dann muss man eine fürwahr grauenhafte Bilanz ziehen. Abgesehen von den zwei früh verstorbenen Rosas sind von den insgesamt acht 1933 noch lebenden Kindern von Isaak und Sophie Kassel auf der einen und Seligmann und Carolina Cahn auf der anderen Seite vermutlich nur zwei, vielleicht ist sogar nur eines der Shoa nicht zum Opfer gefallen. Hinzu kommen die verschiedenen jüdischen Ehepartner und mehrere Kindeskinder, die ebenfalls ermordet wurden.

Edgar Kassel und Franziska Cahn hatten keine Kinder. Als sie am 7. Februar 1942 die Ehe eingingen,[16] war er schon 48, seine Frau sogar schon 61 Jahre alt. Anders als ihr Mann, war sie bereits einmal verheiratet gewesen. Auf der Meldekarte der Familie Cahn und auch in ihrer Entschädigungsakte ist ihr Beruf mit Opernsängerin angegeben. Wo sie diese Ausbildung absolviert hatte, ist nicht bekannt. Allerdings ist sie – ebenfalls laut Meldekarte – am 30. Januar 1901 als Zwanzigjährige von Siegburg nach Dresden gezogen, in eine Stadt, in der man ganz sicher entsprechende Qualifikationen erwerben konnte. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sie in Sachsen ihren ersten Mann, den am 1. Juli 1877 in Königsberg geborenen Tenor Alfred Julius Boruttau, kennen lernte.

Alfred Julius Boruttau, Issak Cahn, Sophie Hess, Edgar Elias Kassel, Alice Amalie Kassel, Johanna Kassel, Franziska Cahn Boruttau Kassel, Seligmann Cahn, Carolina Danzig Cahn, Alfred Cahn, Karoline Rosenbaum Cahn, Siegmund Cahn, Dorothea Stender Cahn, Hugo Cahn, Emma Cahn Jülich Wolf, Juden Siegburg, Judenhaus Judenhäuser Wiesbaden, Herrngartenstr. 11
Konzertkritiken des „Watschenkonzerts in Wien 1913 mit A.J. Burottau
https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?apm=0&aid=rpt&datum=19130401&seite=07

Alfred Julius Boruttau war ursprünglich promovierter Philologe, hatte aber nach seinem Doktorat auf Anraten bedeutender Künstler noch seine Stimme ausbilden lassen und machte anschließend als Sänger Karriere an verschiedenen Bühnen Europas.[17] Nach seiner ersten Verpflichtung am Landestheater in Linz, holte ihn kein geringerer als Gustav Mahler an die Wiener Hofoper. Über Prag kam er 1907 an das Opernhaus in Leipzig und lebte damals möglicherweise nicht weit von Franziska Cahn entfernt. 1910 bis 1912 soll er große Konzerttouren nach Amerika unternommen haben. Ob Franziska Cahn ihn damals schon begleitete ist nicht bekannt, aber nach seiner Rückkehr heirateten die beiden am Heiligen Abend des Jahres 1912 in Aachen.[18] Dass die Eheschließung an einem christlichen Festtag stattfand, ist nur auf den ersten Blick verwunderlich, denn Franziska Cahn war, so ist auf der Meldekarte verzeichnet, bereits am 17. April 1910 zum evangelischen Glauben übergetreten und entsprechend sind auch in der Heiratsurkunde beide Ehepartner als evangelisch ausgewiesen. Als einer der Trauzeugen fungierte allerdings der jüdische Kaufmann Isaak Herz aus Aachen. Er wird vermutlich ein bekannter der Braut gewesen sein, die damals in Aachen in der Beeckstr. 39 wohnte. Ihr Mann war zu diesem Zeitpunkt noch in Wien in der Bernbrunngasse 55 wohnhaft.[19]

https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?apm=0&aid=nfp&datum=19130401&seite=12

Nach der Eheschließung ist allerdings nur noch der Werdegang des berühmteren Ehemanns zumindest teilweise zu verfolgen, unklar ist, inwieweit seine Frau ihn dabei begleitete. Alfred Julius Boruttau ging nach der Hochzeit wieder nach Wien, wo er sich im Kreise der avantgardistischen Musiker wie Arnold Schönberg und Alban Berg engagierte und auch bei dem Skandalkonzert, dem berühmten „Watschenkonzert“, auf der Bühne stand.[20] Er widmete sich der folgenden Zeit primär dem Liedgesang, hatte aber in verschiedenen Engagements an deutschen Bühnen auch noch Auftritte im Opernrepertoire. Daneben trat er als bedeutender Gesangslehrer in Erscheinung. Sein Hauptwerk „Grundlagen, Ausbau und Grenzen der Stimmkunst“ erschien 1941 nach seinem Tod am 25. Juni 1940 in München. Im Vorwort zu dieser Veröffentlichung heißt es:
„Der Verfasser gibt in ihm die Erkenntnisse seiner Tätigkeit als Bühnensänger und Stimmbildner an die junge Generation weiter. Er hinterlässt so ein lebendig fortwirkendes Erbe, das gleichzeitig seine verdienstvolle Arbeit als Vorsitzender unseres Fachbeirates abschließt.
Ein Abglanz der menschenführenden Kraft, die von dieser strahlenden Persönlichkeit lebenslang ausging und in den letzten Jahren unsere Gemeinschaft segensvoll durchdrang, möge aus diesen Blättern auch auf die suchende Nachwelt wirken!“
[21]

Ganz offensichtlich hatte sich der Autor und Sänger Boruttau inzwischen von seinen „Jugendsünden“ distanziert und war „in den letzten Jahren“ zu einem hoch geachteten Mitglied der national gesonnenen Künstlerschaft des Dritten Reiches aufgestiegen. Von seiner jüdischen Frau hatte er sich – aus welchen Gründen auch immer – schon vor vielen Jahren getrennt. Als die Devisenstelle Frankfurt von Franziska Boruttau im Februar 1940 eine Vermögenserklärung verlangte, gab sie darin an, dass sie von ihrem Mann geschieden sei und sie seinen derzeitigen Aufenthaltsort nicht kenne.[22] Eine grobe zeitliche Orientierung, wann die Trennung stattgefunden haben muss, gibt eine Postkarte, die Alfred Julius Boruttau und seine zweite Frau Grete am 19. August 1924 vom Ostseebad Rauschen an einen Dr. Nüchtern im Konzerthaus Wien geschickt hatten.[23] Demnach hatte die Trennung von Franziska Boruttau wohl schon einige Zeit vor diesem Datum stattgefunden.

Wo sich Franziska Burottau all die Jahre aufhielt, ob sie zumindest bis zum Beginn der NS-Herrschaft noch Engagements hatte, konnte nicht geklärt werden. Auch wenn ihr Name in den Wiesbadener Adressbüchern nicht erscheint, so muss sie nach Auskunft der Polizei im Entschädigungsverfahren spätestens seit 1938 in der Stadt gelebt haben.[24] Ihre damalige Adresse war die Moritzstr. 37I . Sie war zu dieser Zeit auch schon längst keine Opernsängerin mehr, sondern verdiente ihren Lebensunterhalt – wie auf ihrer Gestapokarteikarte vermerkt ist – als Hausangestellte.

Ihr einzig bekannter Arbeitgeber war die Familie Kronenberger, die auch Eigentümer des Hauses Moritzstr. 37 war. Nach dem Tod von Gudela Kronenberger, geborene Hess, im Jahr 1934 bestand die Familie nur noch aus Albrecht Kronenberger und seinen beiden Söhnen Willi und Albrecht.[25] Der Vater Louis Kronenberger besaß eine Viehhandlung vorrangig für Mastkälber und hatte seinen älteren Sohn Willi in diese Firma aufgenommen. Der jüngere Albrecht hatte eine akademische Ausbildung absolviert und war als Jurist promoviert worden. Seine Praxis hatte er in der 6 Zimmer-Wohnung der Familie im ersten Stock eingerichtet. Hier hatte nach Zeugenaussagen auch die Haushälterin Frau Boruttau ihr eigenes Zimmer.[26] Der Familie Kronenberger gelang noch rechtzeitig die Flucht aus Deutschland, allerdings wurden sie dabei in alle Winde zerstreut. Der erste, der Deutschland verließ, war Willi, der schon im Mai 1936 nach Südafrika auswanderte und dort eine Familie gründete.[27] Albrecht konnte Ende 1937 in die USA ausreisen.[28] Nachdem er das Haus verkauft hatte, gelang dem Vater noch sehr spät, nämlich im Februar 1941, die Flucht nach Kuba, von wo er noch im selben Jahr weiter in die USA übersiedeln konnte.[29] Den größten Teil des sehr guten Mobiliars der Wohnung, konnte zwar noch der Spedition übergeben werden, ist aber wohl nie bei seinem Eigentümer angekommen. Was nicht verschifft werden sollte oder nicht verkauft werden konnte, erhielt die Haushälterin Franziska Boruttau, die nach der Wohnungsauflösung in zwei Mansardenzimmer im dritten Stock zog und sich mit den zurückgelassenen Möbeln dort eine eigene kleine Wohnung einrichtete.[30]

Noch während der Zeit, in der sie als Hausangestellte tätig war, hatte die Devisenstelle im Februar 1940 von ihr eine Vermögenserklärung verlangt. Sie besaß damals nur ein Sparkassenkonto in Höhe von 900 RM.[31] Die Behörde befreite sie daraufhin von der Verpflichtung, ein gesichertes Konto anzulegen und setzte ihren Freibetrag auf 160 RM fest. Als sie dann im Juli 1941 ein kleines Paket von IG-Farben-Aktien im Wert von 1.000 RM als Schenkung erhielt und sie mit ihrem Sparkonto, dessen Einlage sich binnen des vergangenen Jahres sogar leicht vergrößert hatte, ein kleines Vermögen von fast 2.000 RM besaß, bestand die Devisenstelle dann doch auf der Anlage eines gesicherten Kontos.[32] Laut der jetzt erneut abgegebenen Vermögenserklärung konnte sie zur Deckung ihres Lebensunterhalts zudem auf eine Rente von monatlich 50 RM zurückgreifen, die sie von der Reichsversicherungsanstalt für Angestellte erhielt. Sie benötigte nach eigenen Angaben 35 RM für die Wohnung, 100 RM für die übrigen Lebenshaltungskosten und 25 RM monatlich für sonstige Ausgaben.[33] Statt der erbetenen 140 RM gestattete die Devisenstelle jedoch nur einen Freibetrag von 110 RM.[34] Kurz nach dieser Mitteilung musste Franziska Boruttau vermutlich zwangsweise, vielleicht auf Betreiben des neuen Hauseigentümers, ihre Wohnung verlassen und in das Judenhaus in der Herrngartenstr. 11 einziehen. Auf ihrer Gestapokarteikarte ist der 26. August 1941 als Einzugsdatum vermerkt.

Im nächsten Schreiben an die Behörde teilte sie dieser am 10. März 1942 mit, dass sie am 7. Februar des Jahres Elias Kassel geheiratet habe.[35] Am gleichen Tag hatte auch er einen Brief an die Devisenstelle in Frankfurt mit dem gleichen Inhalt geschrieben, allerdings noch ergänzt, dass seine neue Adresse seitdem ebenfalls die Herrngartenstr. 11 sei. [36]

Issak Cahn, Sophie Hess, Edgar Elias Kassel, Alice Amalie Kassel, Johanna Kassel, Franziska Cahn Boruttau Kassel, Seligmann Cahn, Carolina Danzig Cahn, Alfred Cahn, Karoline Rosenbaum Cahn, Siegmund Cahn, Dorothea Stender Cahn, Hugo Cahn, Emma Cahn Jülich Wolf, Juden Siegburg, Judenhaus Judenhäuser Wiesbaden, Herrngartenstr. 11Issak Cahn, Sophie Hess, Edgar Elias Kassel, Alice Amalie Kassel, Johanna Kassel, Franziska Cahn Boruttau Kassel, Seligmann Cahn, Carolina Danzig Cahn, Alfred Cahn, Karoline Rosenbaum Cahn, Siegmund Cahn, Dorothea Stender Cahn, Hugo Cahn, Emma Cahn Jülich Wolf, Juden Siegburg, Judenhaus Judenhäuser Wiesbaden, Herrngartenstr. 11Elias und Franziska Kassel, geborene Cahn, teilen der Devisenstelle in Frankfurt ihre Eheschließung  und ihre Adresse im Judenhaus Herrngartenstr. 11 mit.
HHStAW 519/3 3299 (11) und HHStAW 519/3 2391 (10)

 

 

Edgar Kassel hatte zuvor in der Moritzstr. 47 ein Zimmer nur wenige Häuser entfernt von Franziska Boruttaus vorheriger Wohnung angemietet und es könnte gut sein, dass sie sich damals näher gekommen waren und nun den Entschluss fassten, in dieser schweren Zeit die letzte Wegstrecke ihres Lebens gemeinsam zu gehen. Hintergrund für diese Entscheidung könnte das Schicksal seiner Schwester Johanna gewesen sein, zu der er offenbar noch in Verbindung stand, obwohl sie wohl seit längerer Zeit in Österreich lebte. Sie hatte am 25.Mai 1906 in Frankfurt den aus Wien stammenden Fabrikarbeiter Leo Leib Adler geheiratet und war zu einem nicht bekannten Zeitpunkt mit ihm in die österreichische Hauptstadt verzogen.[37]

Issak Cahn, Sophie Hess, Edgar Elias Kassel, Alice Amalie Kassel, Johanna Kassel, Franziska Cahn Boruttau Kassel, Seligmann Cahn, Carolina Danzig Cahn, Alfred Cahn, Karoline Rosenbaum Cahn, Siegmund Cahn, Dorothea Stender Cahn, Hugo Cahn, Emma Cahn Jülich Wolf, Juden Siegburg, Judenhaus Judenhäuser Wiesbaden, Herrngartenstr. 11
Briefumschlag des nicht zustellbaren Schreibens der Devisenstelle an Elias Kassel
HHStAW 519/3 3299 (2)

Anhand der Devisenakte von Edgar Elias Kassel kann man rekonstruieren, dass er im Frühjahr 1940 für sechs Wochen seine Schwester und ihren Mann in Wien besucht hatte. Ein Schreiben der Devisenstelle, in dem ihm mitgeteilt werden sollte, dass für ihn eine JS-Mappe angelegt worden sei und er eine Vermögenserklärung abgeben solle, war unzustellbar wieder an den Absender zurückgegangen. Eine Anfrage der Behörde bei der Wiesbadener Polizei ergab, dass Elias Kassel einen Nachsendeantrag für seine Post nach Wien in die Mosergasse 11/12 gestellt hatte. Aus dem Haus mit dieser Adresse, vermutlich einem Judenhaus, wurden eineinhalb Jahre später am 23. November 1941 Johanna und ihr Mann Leo Leib Adler herausgeholt.[38] Sie hatten sich mit nahezu 1000 weiteren Juden zunächst im Sammellager in der Sperlgasse einzufinden. Vom Aspangbahnhof brachte sie am 28. November der Zug mit der Nummer „Da 29“, der eigentlich nach Riga hatte gehen sollen, nach Kowno / Kaunas, wo er am folgenden Tag ankam. Sie wurden alle unmittelbar nach ihrer Ankunft im dortigen Fort IX erschossen.[39]

Issak Cahn, Sophie Hess, Edgar Elias Kassel, Alice Amalie Kassel, Johanna Kassel, Franziska Cahn Boruttau Kassel, Seligmann Cahn, Carolina Danzig Cahn, Alfred Cahn, Karoline Rosenbaum Cahn, Siegmund Cahn, Dorothea Stender Cahn, Hugo Cahn, Emma Cahn Jülich Wolf, Juden Siegburg, Judenhaus Judenhäuser Wiesbaden, Herrngartenstr. 11
Elias Kassel gibt gegenüber der Devisenstelle Auskunft über seine Lebenssituation
HHStAW 519/3 3299 (7)

Man wird vermuten können, dass Elias Kassel von der Deportation seiner Schwester und seines Schwagers erfahren hatte, dass sie sofort umgebracht worden war, konnte er aber nicht gewusst haben. Nach der Rückkehr von seinem letzten Besuch in Wien im März 1941 teilte er der Devisenstelle mit, dass sein fester Wohnsitz weiterhin Wiesbaden, Schwalbacher Str. 77I sei. Er habe diese Reise als Erholungsreise statt einer Kur genehmigt bekommen. Weiterhin erklärte er, dass er ab sofort anstelle seines bisherigen Vornamens Edgar den Namen Elias ausdrücklich „ohne den Zusatz Israel“ führen werde. Auch über sein Einkommen gab er Auskunft: 96,90 RM erhielt er aus der Kriegsversehrtenrente inklusive einer Frontzulage von 15 RM, dazu aus der Rentenversicherung insgesamt knapp 40 RM, sodass ihm monatlich etwa 140 RM zur Verfügung standen. Auch bei Elias Kassel wurde auf die Einrichtung eines Sicherungskontos verzichtet und man beschied ihm, dass er über 200 RM monatlich frei verfügen könne.[40] Die Heirat hatte aber dann zur Folge, dass am 24. März 1942 das „Vermögen“ gemeinsam veranlagt und gesichert wurde.[41] Versuche von Elias Kassel, diese Maßnahme abzuwenden, blieben letztlich erfolglos.

Issak Cahn, Sophie Hess, Edgar Elias Kassel, Alice Amalie Kassel, Johanna Kassel, Franziska Cahn Boruttau Kassel, Seligmann Cahn, Carolina Danzig Cahn, Alfred Cahn, Karoline Rosenbaum Cahn, Siegmund Cahn, Dorothea Stender Cahn, Hugo Cahn, Emma Cahn Jülich Wolf, Juden Siegburg, Judenhaus Judenhäuser Wiesbaden, Herrngartenstr. 11
Todesmeldung von Elias Kassel aus Mauthausen
https://collections.arolsen-archives.org/G/SIMS/01012603/0156/109738120/001.jpg

Etwa ein Vierteljahr später wurde Franziska Kassel laut einer eidesstattliche Erklärung von einer unbekannten Person denunziert. Welche Anschuldigung damals erhoben wurde, ist nicht überliefert. Sie wurde am 25. Juli 1942 in das Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück überstellt, ihr Mann, auf dessen Karte ein entsprechender Eintrag nicht zu finden ist, wurde am gleichen Tag in Mauthausen eingeliefert, wo er die Gefangenennummer 11902 erhielt.[42] Nur wenige Tage blieb er dort noch am Leben. Laut dem Eintrag auf der Karteikarte von Mauthausen wurde er am 31. Juli 1942 angeblich „Auf der Flucht erschossen“.[43] Dass er tatsächlich mit größter Wahrscheinlichkeit einer Exekution zu Opfer fiel, wird offensichtlich, wenn man sich die Untersuchung von Marsalek über die Massenrepressalien in diesem Konzentrationslager vergegenwärtigt. „Auf der Flucht erschossen“ war der übliche Kode für solche Aktionen, bei denen – nur die exakt nachweisbaren sind gezählt – 2500 Gefangene zwischen 1941 und 1943 umgebracht wurden. Viele andere verübten angeblich Selbstmord oder wurden in den Tod getrieben.[44] Betrachtet man nur die letzten Tage im Juli 1942, dann zählt die Statistik am 28. Juli „11 Häftlinge auf der Flucht erschossen“ und einen „Freitod“. Am 30 Juli wurde vor allen auf dem Appellplatz angetretenen Häftlingen ein Gefangener gehängt,[45] drei weitere wurden „auf der Flucht erschossen“. Am folgenden 31. Juli wurden erneut acht Häftlinge „auf der Flucht erschossen“ – Elias Kassel muss einer dieser acht gewesen sein.[46]

Totenbuch Mauthausen
Totenbuch Mauthausen mit demEintrag für Elias Kassel
Mauthausen Archiv (Sign.MM/Y46

Es ist nicht mehr sicher zu sagen, ob er einer reinen Repressionsaktion zum Opfer fiel oder tatsächlich infolge einer misslungenen Flucht erschossen wurde, denn auch letzteres kann nicht ausgeschlossen werden. Wenn man überhaupt eine Chance zur Flucht haben wollte, dann musste man das versuchen, solange man bei Kräften und von der mörderischen Arbeit im Steinbruch von Mauthausen noch nicht völlig ausgelaugt war. Aber nur sehr wenigen ist das in all den Jahren gelungen.[47]

Issak Cahn, Sophie Hess, Edgar Elias Kassel, Alice Amalie Kassel, Johanna Kassel, Franziska Cahn Boruttau Kassel, Seligmann Cahn, Carolina Danzig Cahn, Alfred Cahn, Karoline Rosenbaum Cahn, Siegmund Cahn, Dorothea Stender Cahn, Hugo Cahn, Emma Cahn Jülich Wolf, Juden Siegburg, Judenhaus Judenhäuser Wiesbaden, Herrngartenstr. 11
Die Hinrichtung von Hans Bonarewitz in Mauthausen
Bundesarchiv Bild 192-249,KZ Mauthausen, Hinrichtung Bonarewitz.jpg
Issak Cahn, Sophie Hess, Edgar Elias Kassel, Alice Amalie Kassel, Johanna Kassel, Franziska Cahn Boruttau Kassel, Seligmann Cahn, Carolina Danzig Cahn, Alfred Cahn, Karoline Rosenbaum Cahn, Siegmund Cahn, Dorothea Stender Cahn, Hugo Cahn, Emma Cahn Jülich Wolf, Juden Siegburg, Judenhaus Judenhäuser Wiesbaden, Herrngartenstr. 11
Die Todesstiege im Steinbruch von Mauthausen
Bundesarchiv Bild 192-269, KZ Mauthausen

Franziska Kassel überlebte ihren Mann nur wenige Wochen. Das nördlich von Berlin gelegene KZ Ravensbrück, in das man sie eingeliefert hatte, war ein 1939 speziell für Frauen errichtetes Konzentrationslager, in dem diese unter schlimmsten Bedingungen zur Zwangsarbeit herangezogen wurden. Neben Textilwerkstätten und anderen Produktionsstätten der SS, hatten sich dort auch Firmen wie Siemens niedergelassen, um die billigen Arbeitskräfte zu nutzen. Auch die landwirtschaftlichen Betriebe der Umgebung profitierten von diesem Arbeitskräftereservoir. Am schlimmsten hatte es aber die getroffen, die man für die dort vielfach durchgeführten grauenvollsten medizinischen Experimente auswählte. Aber auch diejenigen, die „nur“ arbeiten mussten, waren dem Tod geweiht. Nach einem Vierteljahr galten sie als nicht mehr hinreichend produktiv und wurden umgebracht, im Lager selbst oder sie wurden in eines der Vernichtungslager überführt. Genau diese Zeitspanne war auch Franziska Kassel noch gegeben worden, wobei in ihrem Fall nicht die zu geringe Arbeitsleistung, sondern ihre jüdische Herkunft der Grund für ihre Abschiebung nach Auschwitz war. Das RSHA hatte im Spätsommer beschlossen, Ravensbrück „judenfrei“ zu machen. Deswegen rollte am 6. Oktober 1942 ein Zug mit mehr als 600 Jüdinnen von Ravensbrück zu den Gaskammern von Auschwitz. Am 11. Oktober wurde sie dort ermordet.[48]

Issak Cahn, Sophie Hess, Edgar Elias Kassel, Alice Amalie Kassel, Johanna Kassel, Franziska Cahn Boruttau Kassel, Seligmann Cahn, Carolina Danzig Cahn, Alfred Cahn, Karoline Rosenbaum Cahn, Siegmund Cahn, Dorothea Stender Cahn, Hugo Cahn, Emma Cahn Jülich Wolf, Juden Siegburg, Judenhaus Judenhäuser Wiesbaden, Herrngartenstr. 11
Die Frauen in Ravensbrück
Bundesarchiv, Bild 183-1985-0417-15 / CC-BY-SA 3.0

Wie Franziska selbst, hatten auch zwei ihrer Geschwister Siegburg verlassen, bevor das NS-Regime seine Herrschaft über ganz Deutschland errichtete. Nur die beiden ältesten, Alfred und Emma, waren in ihrem politisch eigentlich vom katholischen Zentrum dominierten Heimatort geblieben und wurden mit ihren Familien Opfer der bald auch dort einsetzenden Verfolgung.[49] Unmittelbar nach der „Machtergreifung“ kam es zu gewaltsamen Angriffen auf jüdische Mitbürger, die aber zu diesem Zeitpunkt und auch bei dem Anfang April ausgerufenen „Judenboykott“ von der Mehrheit noch in Schutz genommen wurden. Gleichwohl konnten auch in Siegburg die kommunalen Machpositionen 1933 ohne großen Widerstand von den Anhängern der NSDAP übernommen werden. Spätestens als dann in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 die jüdischen Geschäfte geplündert wurden und die Synagoge in Flammen stand, war jedem Juden klar, in welcher Gefahr er schwebte.

Zwei Wochen nach dem Novemberpogrom verstarb Alfred Cahn, der älteste Sohn von Seligmann und Carolina Cahn am 23. November angeblich eines natürlichen Todes. Ob er, von Beruf Fabrikarbeiter, bei den 45 in Siegburg nach der Pogromnacht verhafteten männlichen Juden im Alter zwischen 18 und 70 Jahren war, ist nicht überliefert, aber doch sehr wahrscheinlich. Diese waren zunächst in einer Arbeitsanstalt Brauweiler festgehalten worden, bevor ein Teil von ihnen nach Dachau überführt wurde. Im Januar waren aber alle nach wenigen Wochen wieder entlassen worden. Ob der Tod von Alfred Cahn in einem mittelbaren oder unmittelbaren Zusammenhang mit den Ereignissen dieser Tage stand, wäre zumindest einer genaueren Recherche wert. Er hinterließ in seinem Haus in der Luisenstr. 50 seine Frau Karoline, geborene Rosenbaum, die er am 26. Juni 1908 geheiratet hatte.[50] Sie war am 5. Februar 1878 in Hörnsheim im Spessart geboren worden und hatte insgesamt fünf Kinder geboren. Zwei, Hilde und Max, waren bereits im Kleinkindalter verstorben, Erna, Selma und Erich wuchsen in Siegburg in der Luisenstr. 50 auf.

Issak Cahn, Sophie Hess, Edgar Elias Kassel, Alice Amalie Kassel, Johanna Kassel, Franziska Cahn Boruttau Kassel, Seligmann Cahn, Carolina Danzig Cahn, Alfred Cahn, Karoline Rosenbaum Cahn, Siegmund Cahn, Dorothea Stender Cahn, Hugo Cahn, Emma Cahn Jülich Wolf, Juden Siegburg, Judenhaus Judenhäuser Wiesbaden, Herrngartenstr. 11
Karoline Cahn
Mit Genehmigung des Stadtarchis Siegburg

Vermutlich war die Tochter Selma das einzige Familienmitglied, das nicht der Shoa zum Opfer fiel. Die beiden anderen Kinder wurden wie auch die Mutter in den Lagern des Ostens umgebracht oder suchten die Flucht in den Tod. Karoline Cahn konnte dem Tod der Vernichtungsmaschinerie selbst auch nicht entkommen. Im März – April 1942 hatte man auch in Siegburg begonnen, die Juden in Vorbereitung auf die geplanten Deportationen räumlich zu konzentrieren, zunächst in Judenhäusern in der Stadt, wo sie unter unglaublich beengten Verhältnissen zusammengepfercht wurden. Vier bis sechs Personen stand ein einziges Zimmer zum Wohnen, Essen und Schlafen zur Verfügung.[51] Aber schon im Juni ging man noch einen Schritt weiter und ghettoisierte die noch in Siegburg verbliebenen Juden in dem ehemaligen Reichsarbeitsdienstlager Much am Ortsrand der Stadt.

Issak Cahn, Sophie Hess, Edgar Elias Kassel, Alice Amalie Kassel, Johanna Kassel, Franziska Cahn Boruttau Kassel, Seligmann Cahn, Carolina Danzig Cahn, Alfred Cahn, Karoline Rosenbaum Cahn, Siegmund Cahn, Dorothea Stender Cahn, Hugo Cahn, Emma Cahn Jülich Wolf, Juden Siegburg, Judenhaus Judenhäuser Wiesbaden, Herrngartenstr. 11
Das Lager Much bei Siegburg
Mit Genehmigung des Stadtarchivs Siegburg

In dem umzäunten, aber nicht ständig bewachten Lager, konnten bzw. mussten sich die Internierten nach Maßgabe einer strengen Lagerordnung selbst verwalten. Die Ausstattung wie auch die Versorgung mit Lebensmitteln war völlig unzureichend und auch hier herrschte größte Enge. Drei Familien waren jeweils in einem Raum untergebracht, sodass jeder jeweils eine Ecke zur Verfügung stand. Eine örtliche Firma hatte als „Heimarbeit“ Arbeitsaufträge an die Internierten vergeben, damit diese eine Beschäftigung haben würden – so die offizielle, zynische Version. Trotz aller Verbote und Kontaktbeschränkungen gab es aber offensichtlich doch immer wieder Menschen, besonders aus der bäuerlichen Nachbarschaft, die die jüdischen Familien mit Nahrungsmitteln verbotenerweise unterstützten und dafür sogar Vorladungen und Bestrafungen in Kauf nahmen. Auch manche Freunde und Bekannte aus der früheren Zeit hielten den Kontakt mit Besuchen aufrecht. Mitte Juni begann dann die „Evakuierung“ des Lagers Much in vier Schüben.

Issak Cahn, Sophie Hess, Edgar Elias Kassel, Alice Amalie Kassel, Johanna Kassel, Franziska Cahn Boruttau Kassel, Seligmann Cahn, Carolina Danzig Cahn, Alfred Cahn, Karoline Rosenbaum Cahn, Siegmund Cahn, Dorothea Stender Cahn, Hugo Cahn, Emma Cahn Jülich Wolf, Juden Siegburg, Judenhaus Judenhäuser Wiesbaden, Herrngartenstr. 11

 

Abtransport der Siegburger Juden aus dem Lager Much
Mit Genehmigung des Stadtarchivs Siegburg

Issak Cahn, Sophie Hess, Edgar Elias Kassel, Alice Amalie Kassel, Johanna Kassel, Franziska Cahn Boruttau Kassel, Seligmann Cahn, Carolina Danzig Cahn, Alfred Cahn, Karoline Rosenbaum Cahn, Siegmund Cahn, Dorothea Stender Cahn, Hugo Cahn, Emma Cahn Jülich Wolf, Juden Siegburg, Judenhaus Judenhäuser Wiesbaden, Herrngartenstr. 11

 

 

 

 

 

In der dritten Gruppe, bestehend aus 28 Personen, war auch Karoline Cahn. Am 19. Juli 1942 wurden die Menschen mit drei Lastwagen nach Köln in die dortigen Messehallen gebracht, von wo am folgenden Tag fast 1200 Juden mit dem Zug, der die Nummer „Da 219“ erhalten hatte, in das Ghetto Minsk deportiert wurden. Was dort im Wald von Maly Trostinez geschah hatte der SS-Unterscharführer Arlt in seinem Tätigkeitsbericht notiert: „Am 21., 22. und 23 Juli werden neue Gruben ausgehoben. Am 24. Juli trifft bereits wieder ein Transport mit 1000 Juden aus dem Reich hier ein. Vom 25. bis 27. Juli werden neue Gruben ausgehoben. Am 28. Juli Großaktion im Minsker russ. Ghetto. 6000 Juden werden zur Grube gebracht. Am 29. Juli [werden] 3000 deutsche Juden zur Grube gebracht.“[52] An welchem der Tage Karoline Cahn vor der Grube stand, um von Gewehrsalven niedergestreckt zu werden, ist nicht bekannt. Vielleicht wurde sie bei ihrer Ankunft auch in einen Gaswagen getrieben und hatte darin einen grauenhaften Erstickungstod erleiden müssen.
Auf diesem Transport war auch die älteste Tochter Erna, geboren am 10. August 1909. Sie hatte Siegburg 1939 verlassen und war nach Köln gezogen. Möglicherweise fand dieser Umzug im Zusammenhang mit ihrer Eheschließung statt. Allerdings ist das Datum nicht bekannt, auch konnte bisher der Ehemann selbst nicht identifiziert werden, gewiss ist aber, dass sie in Köln den Nachnamen Lazarus führte. Von dort aus, wo sie nach den Recherchen der Stolpersteingruppe Siegburg 1939 im Gebäude eines jüdischen Kinderheims wohnte,[53] wurde auch sie am 20. Juli 1942 nach Minsk bzw. Maly Trostinez deportiert und ermordet.[54]

Issak Cahn, Sophie Hess, Edgar Elias Kassel, Alice Amalie Kassel, Johanna Kassel, Franziska Cahn Boruttau Kassel, Seligmann Cahn, Carolina Danzig Cahn, Alfred Cahn, Karoline Rosenbaum Cahn, Siegmund Cahn, Dorothea Stender Cahn, Hugo Cahn, Emma Cahn Jülich Wolf, Juden Siegburg, Judenhaus Judenhäuser Wiesbaden, Herrngartenstr. 11
Erich Cahn
Mit Genehmigung des Stadtarchivs Siegburg

Ihr Bruder Erich, geboren am 8. August 1913 und von Beruf Fellhändler, der schon nach dem Novemberpogrom vom 15. November bis zum 2. Dezember 1938 in Dachau inhaftiert worden war, wurde bereits am 7. Dezember 1941 von Köln aus in den Osten „evakuiert“. Im Ghetto von Riga soll er sich etwa ein Jahr nach seiner Ankunft am 22. November 1942 selbst das Leben genommen haben.[55]
Selma, geboren am 20. Dezember 1911, war wohl das einzige der Kinder, das den Holocaust überlebt hat. Sie hatte 1929 Eduard Mertens geheiratet, der mit großer Wahrscheinlichkeit nicht jüdischer Abstammung war. In einem Schreiben des Wiesbadener „Konsulenten“ und Leiters der Bezirksvertretung der Reichsvereinigung der Juden in Hessen-Nassau Berthold Guthmann vom 1. April 1943, in dem es um die Erbschaft der Ermordeten Elias und Franziska Kassel ging, schrieb dieser an die Devisenstelle in Frankfurt, dass er „um die Ermittlung der Erben mit der als zu einem Drittel erbberechtigt festgestellten Frau Selma Mertens, Siegburg, Holzgasse 21, noch bemüht“ sei.[56] Wenn Selma im April 1943 noch lebte, sogar in ihrem Heimatort, während alle anderen jüdischen Bewohner zu diesem Zeitpunkt von dort längst deportiert worden waren, dann ist davon auszugehen, dass sie damals noch den unsicheren Schutz einer Mischehe genoss. Ob sie tatsächlich überlebte, ist dennoch ungewiss, aber ihr Name erscheint in keiner der einschlägigen Todeslisten.

Issak Cahn, Sophie Hess, Edgar Elias Kassel, Alice Amalie Kassel, Johanna Kassel, Franziska Cahn Boruttau Kassel, Seligmann Cahn, Carolina Danzig Cahn, Alfred Cahn, Karoline Rosenbaum Cahn, Siegmund Cahn, Dorothea Stender Cahn, Hugo Cahn, Emma Cahn Jülich Wolf, Juden Siegburg, Judenhaus Judenhäuser Wiesbaden, Herrngartenstr. 11
Elias und Franziska Kassel unterstützen deren Schwester in Siegburg
HHStAW 519/3 3299 (15)

Dass die am 16. Oktober 1871 in Siegburg geborene Emma auch eine Tochter von Seligmann und Carolina Cahn war, erschließt sich nicht auf den ersten Blick. Sie erscheint eigenartigerweise auch nicht auf der Meldekarte der Familie und wohl deshalb hat auch Tiemann sie in seinem Buch über die Siegburger Juden nicht als ein weiteres Kind des Paares identifiziert. Nur eine kleine Anmerkung auf der Vermögenserklärung von Elias Kassel vom 28. März 1942 belegt diese verwandtschaftliche Verbindung. Darin führt er unter den monatlichen Ausgaben den folgenden Posten an: „an Frau Emma Jülich Schwester m. Frau – 20 RM.“[57] Zwar gab es in Siegburg eine Emma, geborene Cahn, aber die war nicht mit einem Ehemann namens Jülich, sondern mit David Wolf verheiratet. Dieser David Wolf war allerdings in Siegburg bei der örtlichen Bevölkerung als „der  Jülich“ bekannt und wurde wohl im Allgemeinen auch so angesprochen. Er war laut Einwohnerkartei Handelsreisender und trat wohl nebenbei auch als Artist auf. Aus der Ehe mit Emma Cahn, die 1900 geschlossen worden war, wurden drei Kinder geboren, zunächst am 9. Januar 1902 Hans und am 24. August 1905 ein weiterer Sohn Ernst. Wann die Tochter Marianne, genannt Mary, zur Welt kam, ist nicht überliefert. Auch das Schicksal des Vaters ist nicht bekannt. Seit dem Ende des Ersten Weltkriegs ist er in Siegburg nicht mehr wohnhaft gewesen, wobei unklar ist, ob er sich von der Familie getrennt hatte oder im Krieg gefallen war. Emma, die sich im Adressbuch von 1935 als Witwe bezeichnete, verdiente damals mit einem kleinen Laden für Milchprodukte, den sie im Haus in der Holzgasse 49 betrieb, den Lebensunterhalt für sich und wohl früher auch für die Kinder.[58] Marianne ist bei Tiemann nicht mehr aufgeführt, hatte demnach 1933 Siegburg bereits verlassen. Ihr Schicksal konnte nicht geklärt werden. Ernst und Hans wohnten während der NS-Zeit zumindest anfangs noch im Haus der Mutter.

Emma Wolf, David Jülich Wolf, Ernst Wolf, Hans Wolf, Marianne Wolf
Ernst Wolf
https://www.joodsmonument.nl/en/page/194251/ernst-wolf

Wann Ernst in die Niederlande flüchtete, konnte nicht ermittelt werden. Nachdem die deutschen Truppen das Land okkupiert hatten, war auch er festgenommen und im Lager Westerbork inhaftiert worden. Am 1. Juni 1943 wurde er von dort aus nach Sobibor deportiert und drei Tage später ermordet.[59]
Sein Bruder Hans wohnte in Köln, als auch er am 7. Dezember 1941 von dort aus nach Riga verbracht wurde. In den letzten Tagen des Novembers und den ersten Tagen des Dezembers 1941 waren insgesamt zehn Züge aus ganz Deutschland mit jeweils meist mehr als 1000 Juden dorthin gefahren. Zwar gab es in dem Transport, in dem Hans Wolf war, fast 90 Überlebende, aber er selbst blieb verschollen und musste amtlich für tot erklärt werden.[60]

 

Siegmund, der jüngere Bruder von Emma, war von Beruf Bäcker, verdiente aber später laut den Hamburger Adressbüchern sein Brot als Händler. Er hatte seine Heimatstadt bereits im August 1908 verlassen und war, so der Eintrag auf der Meldekarte, nach Hamburg gegangen. Ein Jahr später befand er sich im Lager Lockstedt bei Plön. Eigentlich handelt es sich bei diesem Ort um einen großen alten Truppenübungsplatz der Preußischen Armee, der auf einem dortigen Gutshof angelegt worden war.[61] Es gibt keinen Hinweis darauf, was Siegmund Cahn dort machte, ob er noch seinem Beruf als Bäcker nachging, eine militärische Ausbildung absolvierte oder eine andere Aufgabe in diesem Bereich übernommen hatte. Seit dem 13. April 1910 war er dann wieder in Hamburg gemeldet. Die folgenden Lebensjahre liegen auch bei ihm weitgehend im Dunklen. Zu einem nicht bekannten Zeitpunkt hatte er die Nichtjüdin Dorothea Stender geheiratet, die am 14. November 1888 in Preetz im Kreis Plön geboren worden war. Seit Beginn der dreißiger Jahre wohnte das Paar in der Schubertstr. 6 im Hamburger Stadtteil Barmbeck, wo sie bis 1943 gemeldet waren.[62] Am 11. Dezember 1942 wurde Siegmund Cahn in die berüchtigte KZ Fuhlsbüttel eingewiesen, ein eigener von der Gestapo überwachter Bereich innerhalb des Hamburger Polizeigefängnisses, wo er bis zum 28. Januar 1943 blieb.[63] Da über die Inhaftierung nur noch die „Schutzhaftkostenabrechnungen“ vorliegen, aber keine Dokumente über die Hintergründe, ist auch nicht bekannt, ob er damals als Jude oder als Widerständler verhaftet worden war, d.h. zu welcher Opfergruppe er gehörte. Am 28. Januar 1943 wurde er dann von Hamburg zum Ort seiner Vernichtung gebracht. Aber auch hier ist ungewiss, wann und auf welchem Weg dies geschah. Ein größerer Transport mit jüdischen Gefangenen ging in diesem Zeitraum von Hamburg nur am 24. Februar 1943 los und der fuhr nicht nach Auschwitz, sondern nach Theresienstadt. Ein zweiter Eintrag in Yad Vashem nennt keinen Transport, gibt aber als Todestag von Siegmund Cahn den 13. Februar 1943 an. Dann wäre er nicht mit diesem großen Transport gekommen. Verlässlich ist die hierfür angegebene Quelle, nämlich die Sterbebücher von Auschwitz.[64] Offen bleibt aber, wann und auf welchem Weg er dorthin kam.
Nach dem Krieg, im März 1946, wandte sich seine Witwe an das Hamburger Komitee ehemaliger KZ-Häftlinge und bat darum, sie und ihre Tochter finanziell zu unterstützen. Dorothea Cahn war damals 57 Jahre alt, gänzlich ohne Einkommen und lebte von dem geringen Lohn, den ihre Tochter als Verkäuferin verdiente.

Weitgehend unbekannt ist das Schicksal von Hugo Cahn, dem am 17. Januar 1879 geborenen Bruder von Franziska Kassel. Nur anhand der Meldekarte der Familie lassen sich einige Aufenthaltsorte des jüngsten Sohns von Seligmann und Carolina Cahn rekonstruieren. So scheint er sich am 30. November 1903 nach Solingen abgemeldet zu haben, von wo er aber nach einigen Tagen weiter in das nur wenige Kilometer entfernte Benrath verzog. Ob er noch einmal zurück nach Siegburg kam, bevor er 1912 in das schweizerische Städtchen Arbon ging, ist zu vermuten, denn andernfalls wäre das kaum auf der Meldekarte verzeichnet worden. Der Aufenthalt im Jahr 1915 im bayrischen Sonthofen könnte unter Umständen im Zusammenhang mit dem Ersten Weltkrieg gestanden haben. Im Mai 1920 scheint er endgültig in die Schweiz, erneut nach Arbon, gezogen zu sein. Dort verlieren sich seine Spuren, aber allem Anschein nach blieb er dort vor der Verfolgung durch die Nazis verschont. Auch sein Name ist in den Opferlisten nicht zu finden.

Abgesehen von einigen nicht zu klärenden Fällen, waren die meisten der unmittelbaren Verwandten von Franziska Kassel in der Shoa ermordet worden. Es gibt aber mit Sicherheit eine Verwandte, die zu den Überlebenden gehörte: Alice Amalie, der am 11. Juni 1888 in Mainz geborenen älteren Schwester von Elias Kassel, war rechtzeitig die Flucht nach Amerika gelungen.[65] Sie war wie ihre Schwägerin von Beruf eine ausgebildete Konzertsängerin und es ist nicht ausgeschlossen, dass über dieses gemeinsame Interesse an Musik auch die Verbindung zwischen Franziska Cahn und den Geschwistern Kassel zustande gekommen war, zumal Alice Kassel einen Teil ihrer Ausbildung auch in Wiesbaden absolviert hatte.
Um überhaupt eine künstlerische Karriere machen zu können, musste sie zunächst einen Brotberuf erlernen, um die entsprechende Ausbildung finanzieren zu können. Als Angestellte im Bankgewerbe verdiente sie sich das Geld, um bei so bedeutenden Musikern wie Carl Schuricht, der in dieser Zeit über viele Jahre als Generalmusikdirektor in Wiesbaden wirkte, oder in Berlin bei dem jüdischen Sänger Juan Luria, den die Nazis in Sobibor ermordeten, Gesangsunterricht nehmen zu können. Ebenso gehörte die Wiesbadener Gesangspädagogin Elly Berlow zu ihren Lehrern.[66] Seit 1917 trat sie als Konzertsängerin hauptsächlich in Frankfurt auf und kam damit nach ihren Erinnerungen auf ein jährliches Einkommen von 4.000 bis 5.000 RM – genug in jedem Fall, um sich selbst und die damals noch bei ihr lebende Mutter zu ernähren.

Issak Cahn, Sophie Hess, Edgar Elias Kassel, Alice Amalie Kassel, Johanna Kassel, Franziska Cahn Boruttau Kassel, Seligmann Cahn, Carolina Danzig Cahn, Alfred Cahn, Karoline Rosenbaum Cahn, Siegmund Cahn, Dorothea Stender Cahn, Hugo Cahn, Emma Cahn Jülich Wolf, Juden Siegburg, Judenhaus Judenhäuser Wiesbaden, Herrngartenstr. 11Issak Cahn, Sophie Hess, Edgar Elias Kassel, Alice Amalie Kassel, Johanna Kassel, Franziska Cahn Boruttau Kassel, Seligmann Cahn, Carolina Danzig Cahn, Alfred Cahn, Karoline Rosenbaum Cahn, Siegmund Cahn, Dorothea Stender Cahn, Hugo Cahn, Emma Cahn Jülich Wolf, Juden Siegburg, Judenhaus Judenhäuser Wiesbaden, Herrngartenstr. 11Issak Cahn, Sophie Hess, Edgar Elias Kassel, Alice Amalie Kassel, Johanna Kassel, Franziska Cahn Boruttau Kassel, Seligmann Cahn, Carolina Danzig Cahn, Alfred Cahn, Karoline Rosenbaum Cahn, Siegmund Cahn, Dorothea Stender Cahn, Hugo Cahn, Emma Cahn Jülich Wolf, Juden Siegburg, Judenhaus Judenhäuser Wiesbaden, Herrngartenstr. 11

 

 

 

 

 

 

 

Programmzettel von Konzerten mit Alice Kassel in Frankfurt
HHStAW 518 18906 I (42, 43, 23)

Sicher wird man ihren Soloauftritt bei einem Konzert mit dem Frankfurter Symphonieorchester im Jahr 1928 für Erwerbslose und Kurzarbeiter, von dem das Programmblatt erhalten geblieben ist, als Indiz für ihre politische Haltung werten können.[67] Neben diesem sozialen Engagement war sie besonders im Synagogenchor der Frankfurt Westendsynagoge aktiv, wo sie ebenfalls vielfach als Solistin in Erscheinung trat.[68] In der früher zweitgrößten Synagoge der Stadt, die in der Reichspogromnacht durch Feuer nur schwer beschädigt, aber nicht zerstört wurde, kam damals das liberale Judentum zusammen, um seine Gottesdienste abzuhalten. Welche Bedeutung der Musik in der Liturgie dabei zukam, zeigt sich auch daran, dass es dort, wie in der Wiesbadener Synagoge am Michelsberg auch, eine Orgel gab, sogar eine aus der berühmten Walcker-Werkstatt.[69] Nach 1933 wurde es ihr als Jüdin zunehmend unmöglich, noch Engagements für Auftritte über die üblichen Konzertagenturen zu erhalten. Allein im Rahmen des Jüdischen Kulturbundes war das bei sehr dürftigen Honoraren noch möglich. Als regelmäßige Einnahme blieben ihr nur noch die 50 RM, die sie als Choristin des Synagogenchors erhielt, eine Anstellung, die sie von 1922 bis 1938 ausübte. Seit 1935 machte sie eine zusätzliche Ausbildung als Masseuse und Wirtschafterin im Rothschild-Hospital.[70] Zwar erhielt sie dafür kein Geld, aber immerhin drei kostenlose Malzeiten täglich.[71] Vermutlich spielte sie schon damals, als sie mit dieser Ausbildung begann, mit dem Gedanken, Deutschland zu verlassen. Sie hatte die Anträge für die Mitnahme von Umzugsgut bereits im Sommer 1938, also noch vor der Pogromnacht, bei der Devisenstelle Frankfurt eingereicht. Neben Kleidung und Wäschestücken gab es fast nichts, was sie mitnehmen wollte oder konnte. Interessant ist aber die relativ umfängliche Liste mit Büchern. Neben einigen Judaica und Noten waren das zumeist Klassiker der deutschen Literatur, aber es befand sich darunter auch das Werk „Wege der Liebe“ der russischen Revolutionärin und Feministin Alexandra Kollontai.[72]

Issak Cahn, Sophie Hess, Edgar Elias Kassel, Alice Amalie Kassel, Johanna Kassel, Franziska Cahn Boruttau Kassel, Seligmann Cahn, Carolina Danzig Cahn, Alfred Cahn, Karoline Rosenbaum Cahn, Siegmund Cahn, Dorothea Stender Cahn, Hugo Cahn, Emma Cahn Jülich Wolf, Juden Siegburg, Judenhaus Judenhäuser Wiesbaden, Herrngartenstr. 11
Schreiben von Alice Kassel an die Devisenstelle vor ihrer Emigration
HHStAW 519/3 10774

Unmittelbar nach dem Pogrom von 1938, bei dem auch die Orgel der Synagoge zerstört wurde, ergriff sie die Gelegenheit nach Panama auszuwandern. Ihr Mobiliar, darunter ein fast neues Schlafzimmer, ließ sie bei Verwandten zurück, die die Sachen zum Teil verkauften, zum Teil verschenkten. Einige Schmuckstücke und silberne Besteckteile hatte sie schon zuvor im städtischen Pfandhaus abliefern müssen.

Das Exil bedeutete auch für sie wirtschaftliche Not und Entsagung. Ihre künstlerische Karriere konnte sie nicht mehr weiterführen, weil sie sich, verursacht durch das Klima in Panama, eine Stimmbandlähmung zuzog, die nie mehr richtig ausheilen sollte. Allein mit ihrer Zusatzausbildung als Masseuse konnte sie sich ihren Lebensunterhalt verdienen – etwa 100 Dollar im Monat. 1946 erhielt sie dann die Erlaubnis, in die USA einzureisen. Aber auch hier übersteig ihr Jahreseinkommen als Masseuse selten die 1000-Dollare Marke, lag oft sogar nur bei etwa der Hälfte.[73] Man kann sich vorstellen, dass man mit so wenig Geld in New York, wo sie damals in der Washington Avenue wohnte, nur schwer über die Runden kommen konnte. 1961 bat sie die Entschädigungsstelle brieflich darum, ihren Antrag endlich zu bearbeiten, da sie gerne in ein Altersheim gehen würde, „aber“, so schrieb sie, „dafür benötige ich etwas Geld und das habe ich leider nicht.“[74]

Issak Cahn, Sophie Hess, Edgar Elias Kassel, Alice Amalie Kassel, Johanna Kassel, Franziska Cahn Boruttau Kassel, Seligmann Cahn, Carolina Danzig Cahn, Alfred Cahn, Karoline Rosenbaum Cahn, Siegmund Cahn, Dorothea Stender Cahn, Hugo Cahn, Emma Cahn Jülich Wolf, Juden Siegburg, Judenhaus Judenhäuser Wiesbaden, Herrngartenstr. 11
Einwanderung von Alice Cahn in die USA
https://www.ancestry.de/imageviewer/collections/7488/images/NYT715_7114-0023?treeid=&personid=&hintid=&queryId=bc297d2f2090f81708fc1176d91b0499&usePUB=true&_phsrc=Ekt431&_phstart=successSource&usePUBJs=true&pId=3021360858&lang=de-DE

Am 21. Mai 1968 wurde Alice Amalie Kassel mit einer Demenzerkrankung in das Rockland State Hospital in Orangeburg im Staat New York eingewiesen, wo sie im Alter von 80 Jahren am 22. September 1968 verstarb.[75] Sie ist die einzige Jüdin aus den beiden Familien Kassel und Cahn, von der man mit Sicherheit weiß, dass sie dem Holocaust nicht zum Opfer fiel.

 

 

 

Veröffentlicht: 26. 12. 2020

Letzte Revision: 21.10. 2021

 

 

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Anmerkungen:

 

[1] Geburtsregister Mainz 833 / 1893. Den zusätzlichen Namen Elias nahm er erst später an Stelle des Zwangsnamens Israel an.

[2] Heiratsregister Bockenheim 124 / 1881.

[3] Geburtsregister Mainz 1420 und 1421 / 1882, Rosa starb am 3.7.1883, siehe dazu https://search.ancestry.de/cgi-bin/sse.dll?db=MainzFamilyRegisters&indiv=try&h=55578&requr=11541573556797440&ur=0&lang=de-DE. (Zugriff: 13.12.2020).

[4] https://search.ancestry.de/cgi-bin/sse.dll?_phsrc=Ekt559&_phstart=successSource&usePUBJs=true&indiv=1&dbid=8958&gsfn=Rosa&gsln=Kassel&gsfn_x=NN&gsln_x=NN&cp=0&new=1&rank=1&uidh=ij1&redir=false&msT=1&gss=angs-d&pcat=33&fh=0&h=55580&recoff=&ml_rpos=1&queryId=bf283c500f36e17fa76d70ca4d324f47. (Zugriff: 13.12.2020).

[5] Geburtsregister Mainz 914 / 1888.

[6] Heiratsregister Wiesbaden 102 / 1942.

[7] Sterberegister Mainz 1375 / 1896.

[8] Sterberegister Frankfurt I 1309 / 1929, dazu HHStAW 518 18906 I (21).

[9] https://www.ancestry.de/imageviewer/collections/1631/images/31433_bh06629-00119?treeid=&personid=&hintid=&queryId=5a1e6f1776855037ae69ff692a369c9c&usePUB=true&_phsrc=Ekt3479&_phstart=successSource&usePUBJs=true&pId=10303413. (Zugriff: 20.9.2021).

[10] Insgesamt lassen sich allein in Ancestry 11 solcher Einträge finden, z. Bsp. https://www.ancestry.de/imageviewer/collections/1631/images/31010_176573-00051?treeid=&personid=&hintid=&queryId=5a1e6f1776855037ae69ff692a369c9c&usePUB=true&_phsrc=Ekt3493&_phstart=successSource&usePUBJs=true&pId=1797190 und https://www.ancestry.de/imageviewer/collections/1631/images/31010_176562-00025?treeid=&personid=&hintid=&queryId=5a1e6f1776855037ae69ff692a369c9c&usePUB=true&_phsrc=Ekt3495&_phstart=successSource&usePUBJs=true&pId=1526446. (Zugriff: 20.9.2021).

[11] https://www.ancestry.de/imageviewer/collections/1631/images/31010_176573-00051?treeid=&personid=&hintid=&queryId=5a1e6f1776855037ae69ff692a369c9c&usePUB=true&_phsrc=Ekt3489&_phstart=successSource&usePUBJs=true&pId=1797190. (Zugriff: 20.9.2021).

[12] Meldekarte der Familie Cahn, Stadtarchiv Siegburg.

[13] http://www.steinheim-institut.de/cgi-bin/epidat?id=sgb-518&lang=de. (Zugriff: 13.12.2020). Wie seiner Grabinschrift zu entnehmen ist, muss Abraham Cahn neben Seligmann noch weitere Söhne und Töchter gehabt haben, allerdings konnte bisher nur der Name der Tochter Fanny ermittelt werden. Sie war 1828 in Sinzig geboren worden und verstarb am 16.10.1870 in Uckerath. http://www.steinheim-institut.de/cgi-bin/epidat?id=hen-0005. (Zugriff: 13.12.2020). Die Grabinschrift ihres Bruders Seligmann lautet:
Hier ist geborgen
Eljakum, Sohn des Awraham Hakohen.
Ein Mann, lauter und aufrecht,
(von) gutem Herzen und tugendhaft,
gottesfürchtig war er all seine Tage,
ihn betrauerten seine Gattin, seine Söhne und seine Töchter,
er starb in gutem Greisenalter und mit gutem Namen
am Vorabend des Versöhnungstages, und wurde begraben am
Nachfeiertag des Versöhnungstages 664 der kleinen Zählung.
Seine Seele sei eingebunden in das Bündel des Lebens“,

siehe Steine und Erde. Der Jüdische Friedhof in Siegburg, hg. Korte-Böger, Andrea, Siegburg 2004, Eintrag G 518.

[14] Ebd.

[15] Die Geburtsdaten sind entnommen Tiemann, Jan, Unbekannt verzogen. Deportation und Emigration der Juden aus Siegburg 1933-1942, Siegburg 2009, S. 87-89, beruhen aber auf den Angaben der Meldekarte der Familie Cahn, Stadtarchiv Siegburg. Allerdings fehlt auf der Karte der Eintrag für Emma Cahn.

[16] Heiratsregister Wiesbaden 102 / 1942.

[17] Zu Alfred Julius Boruttau siehe Kutsch, K.J.; Riemens, L., Großes Sängerlexikon, München 2003, S. 528.

[18] Eintrag auf der Meldekarte der Familie Cahn im Stadtarchiv Siegburg.

[19] Heiratsregister Aachen 1020 / 1912. Für Alfred Julius Boruttau war es nicht die erste Ehe. Er war zuvor mit Helen Maria Theresia Stastny verheiratet gewesen, von der er aber inzwischen geschieden worden war.

[20] Zeitgenössische Kritiken dieses Konzerts sind zu finden unter https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?apm=0&aid=rpt&datum=19130401&seite=07 und https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?apm=0&aid=nfp&datum=19130401&seite=12. (Zugriff: 13.12.2020).

[21] Boruttau, Alfred Julius, München, Über Grundlagen, Ausbau und Grenzen der Stimmkunst, München – Berlin, 1941, Vorwort.

[22] HHStAW 519/3 2391 (3).

[23] Die Karte wird z. Zt. Im Internet als Autograph angeboten, siehe https://www.kotte-autographs.com/de/autograph/boruttau-alfred-julius/#938492. (Zugriff: 13.12.2020).

[24] HHStAW 518 18912 (4).

[25] Willi war am 16.7.1902 in Wiesbaden geboren worden, Albrecht am 22.10.1903. Neben den beiden Söhnen hatten Kronenbergers auch noch eine Tochter namens Ilse Doris, die am 13.7.1901 geboren worden war. Sie verstarb am 10.11.1921 in Wiesbaden. Angaben nach Datenbank Jüdische Bürger Wiesbadens des Stadtarchivs Wiesbaden.

[26] HHStAW 518 21015 I (15).

[27] 1942 heiratete er in Kapstadt Minnie Cohn, mit der er eine Tochter hatte. Er verstarb am 4.8.1967 in Kapstadt.

[28] 1944 wurde Albrecht Bürger der USA. Zuvor hatte er 1941 die Bibliothekarin Hella Kaufmann geheiratet mit der er einen Sohn Matthew Lawrence hatte. Albrecht Kronenberger verstarb am 12.5.1958 in Bloomington. Angaben nach Datenbank Jüdische Bürger Wiesbadens des Stadtarchivs Wiesbaden.

[29] https://www.ancestry.de/imageviewer/collections/7488/images/NYT715_6535-0008?treeid=&personid=&hintid=&queryId=924d18f44e9528d4a5cc22652114069d&usePUB=true&_phsrc=Ekt453&_phstart=successSource&usePUBJs=true&pId=1006305674. (Zugriff: 13.12.2020). Vermutlich ist er 1956 in den USA verstorben, https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/501585040:61843?indiv=1&queryId=924d18f44e9528d4a5cc22652114069d&usePUB=true&_phsrc=Ekt452&_phstart=successSource. (Zugriff: 13.12.2020).

[30] So die einhellige Erinnerung von drei ehemaligen Bewohnern des Hauses, siehe HHStAW 518 21015 I (14, 15, 16).

[31] HHStAW 519/3 2361 (3).

[32] Ebd. (7). Die Deutsche Bank hatte die Behörde über die Schenkung informiert, leider aber nicht erwähnt, von wem die Wertpapiere kamen.

[33] Ebd. (8).

[34] Ebd. (9).

[35] Ebd. (10).

[36] HHStAW 519/3 3299 (11). Siehe auch Heiratsregister Wiesbaden 102 /1942.

[37] Leo Leib Adler war am 5.4.1869 als Sohn von David und Sara Adler, geborene Mittelmann, geboren worden, siehe Heiratsregister Frankfurt III 387 / 1906.

[38] Aus dem Haus wurden an diesem Tag 9 Personen deportiert, siehe https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=en&advancedSearch=true&wad_value=WIEN%209,%20MOSERGASSE%2011/12&wad_type=synonyms. (Zugriff: 13.12.2020).

[39] Gottwaldt / Schulle, Judendeportationen, S. 107 f. Dazu https://yvng.yadvashem.org/nameDetails.html?language=en&itemId=4953506&ind=1 und https://yvng.yadvashem.org/nameDetails.html?language=en&itemId=4958809&ind=1

[40] HHStAW 519/3 3299 (7, 9, 10).

[41] Ebd. (13).

[42] https://collections.arolsen-archives.org/archive/1526742/?p=1&s=Kassel%20Elias&doc_id=1526743. (Zugriff: 13.12.2020). dazu Marsalek, Hans, Die Geschichte des Konzentrationslagers Mauthausen, Wien 1980 2, S. 123.

[43] https://collections.arolsen-archives.org/G/SIMS/01012603/0156/109738120/001.jpg. (Zugriff: 13.12.2020). Seine Schwester Alice Amalie gab später an, er sei in seinem Wohnort Wiesbaden von der Gestapo erschossen worden, siehe HHStAW 518 18906 I (21). Dieser Irrtum beruhte vermutlich auf einer Falschinformation aus Wiesbaden, der eine Verwechslung von Edgar Elias Kassel mit Max Kassel zugrunde lag. Der Milchhändler Max Kassel war tatsächlich, allerdings schon 1933, von SA-Leuten in seiner Wiesbadener Wohnung erschossen worden.

[44] Masarek, Mauthausen, S. 216 ff.

[45] Bei dem Gehängten handelte es sich um den Häftling Hans Bonarewitz, dem im Juni versteckt in einer Kiste die Flucht aus dem Lager gelungen war. Nach 18 Tagen wurde er wieder gefasst und eine Woche auf dem Appellplatz den anderen als Warnung zur Schau gestellt. Am 30. Juli wurde er unter Musikbegleitung durch das Häftlingsorchester vor allen angetretenen Gefangenen gehängt. Ebd. S. 248.

[46] Ebd. S. 227.

[47] Siehe zu den Fluchtversuchen aus dem Lager ebd. S. 247-254.

[48] https://yvng.yadvashem.org/nameDetails.html?language=en&itemId=11418031&ind=1. (Zugriff: 13.12.2020).

[49] Siehe dazu Tiemann, Unbekannt verzogen, S. 24 ff.

[50] Heiratsregister Groß Rechtenbach 24 / 1908.

[51] Reifenrath, Much, S. 34.

[52] Zit. nach Gottwaldt / Schulle, Judendeportationen, S. 243. Siehe zu Maly Trostinez auch Rentrop-Koch, Petra, Maly Trostinet – ein Landgut als Vernichtungsstätte, in: Im Schatten von Auschwitz. Spurensuche in Polen, Belarus und der Ukraine: Begnen, erinnern, lernen. Hg. Langebach, Martin, Liever, Hanna, Bonn 2017, S. 152-169.
Einen beeindruckenden Bericht über einen Besuch an diesem Ort der Vernichtung mit Nachkommen von dort Ermordeten, in dem auch die Problematik heutiger Erinnerungskultur thematisiert wird, erschien von Simone Brunner am 27.1.2018 in der taz, siehe https://taz.de/NS-Vernichtungslager-bei-Minsk/!5477713/. (Zugriff: 13.12.2020): „Kein Museum oder keine Gedenkstätte wie in den ehemaligen Lagern von Auschwitz oder Buchenwald, deren Namen als Symbole des Entsetzens um die Welt gingen. Sondern nur Wälder und Wiesen, dort, wo schon die Plattenbauten der Stadt herannahen.
Kaum ein NS-Vernichtungsort war so effizient darin, die Erinnerung an das Grauen jener Tage zu tilgen. Keine Gaskammern, keine in Beton gegossenen Zeugen eines industriellen Mordens, wie etwa im Konzentrationslager von Auschwitz. Sondern nur ein Bahngleis, ein Schotterweg und eine schwer einsehbare Lichtung im Wald. Die meisten, die in den Zügen ankamen, wurden sofort nach ihrer Ankunft erschossen oder in einem mobilen Gaswagen erstickt. Ein Bahngleis, eine Waldlichtung, ein Schuss, eine Grube.“
Zu Maly Trostinez siehe auch die informative Seite bei Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Vernichtungslager_Maly_Trostinez, die auch Hinweise zu weiterführender Literatur enthält. (Zugriff: 13.12.2020).

[53] Siegburg aktuell vom 9.8.2019.

[54] https://yvng.yadvashem.org/nameDetails.html?language=en&itemId=11571032&ind=1, auch Gedenkbuch https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de909231, (Zugriff: 13.12.2020). Tiemann, Unbekannt verzogen, S. 87 gibt als ihr Deportationsdatum den 7.12.1941 an. An diesem Tag ging auch ein Transport von Köln ab, der allerdings nach Riga fuhr. Leider macht Tiemann keine Angaben zu der Quelle, auf die er seine Angabe stützt. Als Sterbeort gibt aber auch er Wilna an.

[55] dazu https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1520448. (Zugriff: 13.12.2020). Auch in diesem Fall weicht die Datumsangabe von Tiemann, Unbekannt verzogen, S. 66 und S. 87 von der des Gedenkbuchs des Bundesarchivs Koblenz ab. Er schreibt, dass er sich bereits kurz nach seiner Ankunft, noch im November 1941 in Riga erhängt habe. Diese Angabe ist auch von der Stolpersteingruppe übernommen worden. Siehe Siegburg Aktuell vom 9.8.2019. Yad Vashem nennt kein Todesdatum, siehe https://yvng.yadvashem.org/nameDetails.html?language=en&itemId=1146158&ind=1. (Zugriff: 13.12.2020).

[56] HHStAW 519/3 3299 (19).

[57] Ebd. (15).

[58] http://www.stadtarchiv-siegburg.de/web/stadtarchiv/93508/. (Zugriff: 13.12.2020). Dazu https://siegburg.de/stadt/newsletter/nl/91171/index.html vom 8.12.2018.

[59] https://www.joodsmonument.nl/en/page/194251/ernst-wolf und https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de993848. (Zugriff: 13.12.2020).

[60] https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de889863, dazu Gottwaldt / Schulle, Judendeportationen, S. 126.

[61] Lager Lockstadt spielte in der Weimarer Republik eine besondere Rolle als Zentrum rechter militanter Gruppierungen wie der berüchtigten Brigade Ehrhardt, die beim Kapp-Putsch eine führende Rolle spielte. Das Lager gilt auch als Keimzelle der SA in Schleswig-Holstein. Siehe dazu https://de.wikipedia.org/wiki/Lockstedter_Lager. (Zugriff: 13.12.2020).

[62] Siehe die entsprechenden Adressbücher von Hamburg. Er ist dort als „Cahn, S., Händler“ ausgewiesen. Es besteht aber kein Zweifel an der Identität, da Siegmund Cahn mit eben dieser Adresse auch bei der Volkszählung von 1939 erfasst worden ist, siehe https://www.mappingthelives.org/bio/b0490dc9-472d-4c45-bbc7-9a3f29f66631. (Zugriff: 13.12.2020).

[63] Information Staatsarchiv Hamburg vom 21.12.2020, Quelle: 331-1 II Polizeibehörde II_7253 und 7254).

[64]http://auschwitz.org/en/museum/auschwitz-prisoners/. (Zugriff: 13.12.2020).

[65] Geburtsregister Mainz 914 / 1888.

[66] HHStAW 518 18906 I (25).

[67] Ebd. (42).

[68] Ebd. (26, 43).

[69] https://bildsuche.digitale-sammlungen.de/index.html?c=viewer&bandnummer=bsb00004257&pimage=00623&lv=1&l=de. (Zugriff: 13.12.2020).

[70] Siehe dazu https://www.juedische-pflegegeschichte.de/juedische-krankenhaeuser-in-frankfurt-am-main-1829-1942/. (Zugriff: 13.12.2020).

[71] HHStAW 518 18906 I (5 f.).

[72] HHStAW 519/3 10774 (passim).

[73] HHStAW 518 18906 I (7, 57).

[74] Ebd. (53). Die Anträge wurden dann tatsächlich im Frühjahr 1961 bearbeitet, aber die Umzugskosten von Panama in die USA wurden ebenso wie der Verlust des Mobiliars und des Edelmetalls nicht entschädigt. Ebd. (55, 61, 64).

[75] Ebd. (99).