Weitere Bewohner des Judenhauses Kaiser-Friedrich-Ring 80


Das ehemalige Judenhaus Kaiser-Friedrich-Ring 80 heute Eigene Aufnahme
Das ehemalige Judenhaus Kaiser-Friedrich-Ring 80 heute
Eigene Aufnahme
Lage
Lage der beiden Judenhäuser der Brüder Selig am Ring und in der Oranienstraße
Belegung des Judenhauses Kaiser-Friedrich-Ring 80
Belegung des Judenhauses Kaiser-Friedrich-Ring 80

 

 

 

 

 

 

 


In der Zeit, in der das Haus Kaiser-Friedrich-Ring 80 zum Judenhaus geworden war, lebten insgesamt 23 jüdische Bewohner in dem Gebäude, andere waren zuvor ausgezogen, wie etwa das Ehepaar Lang, dessen Schicksal aber dennoch in diesem Kapitel dargestellt wurde. Dreizehn der Bewohner wurden aus dem Haus in den Tod geschickt, entweder am 10. Juni oder am 1. September 1942. Einige der Judenhausbewohner verließen das Haus noch einmal und wurden entweder freiwillig oder zwangsweise in anderen Häusern untergebracht.

Hedwig Cohn, geborene Rosenthal, zog am 1. November 1941 aus. Sie war bisher bei der Familie Terhoch untergebracht gewesen. Ihre neue Adresse war das Judenhaus Weißenburger Str. 6, wo sie bei der Witwe Alma Mayer unterkommen sollte. Auch wenn sie von dort schon am nächsten Tag in das Jüdische Krankenhaus in Frankfurt überstellt wurde, so ist der Artikel über ihr Schicksal dennoch diesem Judenhaus zugeordnet. Aber auch das Krankenhaus in Frankfurt war nur eine weitere Zwischenstation auf ihrem Weg in den Tod. Zuletzt verlegte man sie in die psychiatrische Anstalt in Bendorf-Sayn, von wo sie am 15. Juni nach Sobibor deportiert und ermordet wurde.

Am 1. September wurde auch Clara Merten aus dem Judenhaus Kaiser-Friedrich-Ring 80 nach Theresienstadt deportiert. Sie wohnte dort nur etwa zwei Wochen, die letzten beiden Wochen vor der Deportation. Das Schicksal der im westpreußischen Mewe geborenen kurzzeitigen Bewohnerin des Hauses ist im Kapitel über das Judenhaus Grillparzer Str. 9 dargestellt. Allerdings sind noch viele Fragen zu ihrem familiären Hintergrund ungeklärt. Seit Mai 1932 war die Witwe mit ihrer „Base“ Elsa Merten – ob mit diesem nicht klar definierten Begriff tatsächlich ihre Cousine gemeint ist, gehört zu diesen Unklarheiten – nach Wiesbaden gekommen und hatten zuletzt im Judenhaus Grillparzerstr. 9 gewohnt, von wo aus Elsa Merten schon am 10. Juni 1942 deportiert wurde. Am 17. August 1942 kam dann Clara aus diesem Judenhaus in das am Kaiser-Friedrich-Ring, der letzten Station vor Theresienstadt, wo sie am 21. Januar 1943 zu Tode kam.

Daniel Gallinger, der vom 5. August 1940 bis zum 9. Mai 1941 im Judenhaus Kaiser-Friedrich-Ring 80 wohnte, musste auch noch einmal seine Unterkunft wechseln. Als er ebenfalls am 1. September 1942 nach Theresienstadt deportiert wurde, wohnte er im Judenhaus in der Lortzingstr. 7. Sein Schicksal wird im Kapitel über dieses Haus dargestellt. Ermordet wurde er am 29. September 1942 in Treblinka.

Siegfried Samuel Kahn, seine Frau Isabella, geborene Berg, und ihre Tochter Lotte waren am 4. Mai 1940 in den Kaiser-Friedrich-Ring 80 eingezogen. Ihren Sohn Paul hatten sie bereits im Dezember 1938 mit einem Kindertransport nach Holland vermeintlich in Sicherheit gebracht. Ihre Tochter war schon im September 1940 aus dem Haus am Ring ausgezogen und nach Frankfurt gegangen. Die Eltern blieben noch länger als ein Jahr dort. Im August 1941 zogen sie in das Judenhaus Mainzer Str. 60. Keinem aus der Familie gelang es, sich der Verfolgung zu entziehen. Alle fielen sie dem Holocaust zu Opfer. Über das Schicksal der Familie wird im Kapitel zum Judenhaus Mainzer Str. 60 umfassend berichtet.

Antonie Sternheim, geborene Eichengrün, war verwitwet, als sie in das Judenhaus am Kaiser-Friedrich-Ring 80 einzog. Ihr am 15. Februar 1934 „tot aufgefundener“ erster Ehemann Alfred Fröhling besaß in der Wiesbadener Marktstr. 9 ein Spielwarengeschäft. Die Witwe wohnte in der Zeit, die sie im Judenhaus am Ring verbrachte, im dritten Stock des Hauses bei der Familie Rosenau. Im Frühjahr 1940 war sie dort eingezogen und blieb bis Mai 1941. Sie konnte danach noch einmal in der Dotzheimer Str. 53 in einem Haus wohnen, das nicht als Judenhaus deklariert war. Das war dann wieder bei ihrer letzten Adresse der Fall. In der Wallufer Str. 13 verbrachte sie aber nur noch eine kurze Zeitspanne mit ihrem zweiten Ehemann Gustav Sternheim und dessen beiden Schwestern Ida und Käthe. Käthe wurde schon mit dem Transport vom 10. Juni 1942 nach Lublin bzw. Sobibor in den Tod geschickt, die drei anderen deportierte die Gestapo am 1. September 1942 nach Theresienstadt, wo sie ihr Leben verloren. Ihr Schicksal wird ausführlich im Kapitel zum Judenhaus Wallufer Str. 13 dargestellt.

 

Veröffentlicht: 21. 09. 2023

 

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