Emma Löwenstein, geborene Blum


Lanzstr. 6 heute
Das ehemalige Judenhaus Lanzstr. 6 heute
Eigene Aufnahme
Lage Lanzstr 6
Lage des ehemaligen Judenhauses Lanzstr. 6
Belegung des Jugendhauses Lanzstr. 6

 

 

 

 

 


Als Emma Löwenstein am 30. Januar 1939 in das Haus Lanzstr. 6 einzog, traf sie dort auf Verwandte, die gleich in doppelter Weise mit ihrer Familie aus Trier verbunden waren. Albert Mayer, der Ehemann der Hausbesitzerin Olga Mayer, war in seiner ersten Ehe mit der schon früh verstorbenen Mary Levy verheiratet gewesen. Diese war die Enkelin von Leon Blum und seiner Frau Jeanette, geborene Levy, die zugleich auch die Großeltern von Emma Löwenstein, geborene Blum waren.

Isaak Löwenstein, Hannchen Emanuel Löwenstein, Emanuel Löwenstein, Clara Wilhemine Auerbach Löwenstein, Johanna Löwenstein, Jakob Emil Löwenstein, Emma Esther Löwenstein Blum, Anna Pearson Löwenstein, Harold Ferdinand Pearson, Ludwig Löwenstein, Hedwig Löwenstein Isay, Bertha Charlotte Herzberg Löwenstein, Max Emanuel, Max Emanuel Löwenstein, Eva Ottilie Herzberg, Maria Hiegemann Herzberg, Emma Löwenstein Lichtenstätter, Salomon Lichtenstätter, Leon Blum, Johanna Levy Blum, Theresia Blum Strauss, Justine Blum Wolff, Adolf Blum, Paula Blum Mayer, Robert Blum, Erich Mayer, Uriel Kurt Mayer, Brunhilde Schneider Mayer, Thomas Mayer, Ruth Mayer, Moses Mayer, Martha Löb, Albert Mayer, Regine Mayer, Otto Mayer
Stammbaum der Familien Löwenstein und Blum
GDB

Leon Blum, der um 1802 in Herxheim geborene Fabrikbesitzer, hatte zu einem nicht bekannten Zeitpunkt die aus Bischofsheim stammende Jeanette Levy geheiratet. Jeanette, auch Johanna oder Johannette genannt, war am 30. März 1805 in der rheinhessischen Gemeinde zur Welt gekommen. Beide blieben ihr gesamtes Leben in Herxheim, wo Leo / Leon am 16. Juni 1865, seine Frau am 22. April 1859 verstarben.[1] Nachdem ihre ältere Tochter Esther schon im Alter von 34 Jahren zu Grabe getragen worden war,[2] heiratete ihr Witwer Alexander Levy deren jüngere Schwester Sara Blum und zog mit ihr nach Straßburg. Der einzig bekannte Sohn von Leon und Jeanette Blum, Samuel, geboren am 10. Dezember 1837, schloss noch während seiner Zeit in Herxheim eine Ehe mit Theresia Strauss, der Tochter des im saarländischen Illingen ansässigen Viehhändlers Salomon Strauss. Die dort am 29. August 1839 Geborene war eines von zehn Kindern, die ihre Mutter Gottliebe / Gutta, geborene Guggenheim, zur Welt gebracht hatte.[3] Wann die Ehe zwischen Samuel Blum und Theresia geschlossen worden war, konnte nicht ermittelt werden. Aber die ersten beiden bekannten Kinder des Paares, zwei Töchter, wurden noch in Herxheim geboren. Zunächst erblickte Justine dort am 20. August 1866, danach Emma Esther am 23. Februar 1869 das Licht der Welt. Zwischen 1869 und 1873 muss die Familie dann nach Trier gezogen sein, denn dort wurden am 11. März 1873 zunächst Adolf,[4] dann Paula am 16. Dezember 1878 [5] und nach zwei weiteren Jahren am 2. September 1880 noch Robert geboren.[6]

Isaak Löwenstein, Hannchen Emanuel Löwenstein, Emanuel Löwenstein, Clara Wilhemine Auerbach Löwenstein, Johanna Löwenstein, Jakob Emil Löwenstein, Emma Esther Löwenstein Blum, Anna Pearson Löwenstein, Harold Ferdinand Pearson, Ludwig Löwenstein, Hedwig Löwenstein Isay, Bertha Charlotte Herzberg Löwenstein, Max Emanuel, Max Emanuel Löwenstein, Eva Ottilie Herzberg, Maria Hiegemann Herzberg, Emma Löwenstein Lichtenstätter, Salomon Lichtenstätter, Leon Blum, Johanna Levy Blum, Theresia Blum Strauss, Justine Blum Wolff, Adolf Blum, Paula Blum Mayer, Robert Blum, Erich Mayer, Uriel Kurt Mayer, Brunhilde Schneider Mayer, Thomas Mayer, Ruth Mayer, Moses Mayer, Martha Löb, Albert Mayer, Regine Mayer, Otto Mayer
Anzeige von ‚Blum & Loeb‘ im Adressbuch Trier 1975

In Trier hatte sich Samuel Blum erfolgreich als Kaufmann etablieren können. Zusammen mit dem aus dem Hunsrück stammenden Leopold Loeb gelang es ihm, eine Weingroßhandlung und Weinbrennerei aufzubauen, die in der Johannisstr. 290 gelegen war und sogar eine Dependance in London besaß.[7] Aber noch vor seinem Tod am 7. März 1896 scheint er aus dem Unternehmen ausgeschieden zu sein, denn bereits 1895 firmierte das Geschäft nur noch unter der Bezeichnung ‚Leopold Loeb AG’.

Nach seinem Tod lebte die Witwe weiterhin in Trier, wo sie am 3. Januar 1920 verstarb.[8] In der Moselstadt hatte ihre Tochter Emma etwa 30 Jahre zuvor in eine ebenfalls dort ansässige Kaufmannsfamilie eingeheiratet. Am 12. Dezember 1890 war sie die Ehe mit Jacob Emil Löwenstein eingegangen, dem Sohn von Manuel / Emanuel und Clara Wilhelmine Löwenstein, geborene Auerbach.[9]

Heiratsurkunde von Jakob Emil Löwenstein und Emma Esther Blum
Heiratsregister Trier 243 / 1890
Die Väter Emmanuel Löwenstein und Samuel Blum fungierten als Trauzeugen

 

Die Familie gehörte aber mit großer Wahrscheinlichkeit zu den Zugezogenen der Stadt, denn Jacobs Vater, der um 1832 geboren Emanuel Löwenstein,[10] ist in den Unterlagen der städtischen Volkszählung von 1852 noch als einziger Bewohner der Familie aufgeführt. Als Zwanzigjähriger hatte er eine Anstellung als „Commis.“, als Buchhalter, bei der vielköpfigen, jüdischen Kaufmannsfamilie Marx. Ab 1865 ist er dann in den Adressbücher auch als Kaufmann und Bürger der Stadt notiert.[11] Seine Frau Clara Wilhelmine war dagegen am 20. März 1837 in der Moselstadt geboren worden.[12] Außer Jacob Emil gebar sie – soweit bekannt – noch zwei weitere Töchter, zunächst Johanna am 3. Juni 1860 [13] und relativ spät noch Emma am 24. März 1873.[14] Zuvor war am 1. Juni 1867 noch Emils jüngerer Bruder Ludwig geboren worden.[15]

Blum u Loeb
Anzeige für die Familie und das Kaufhaus Löwenstein & Co.
Eintrag im Adressbuch Trier von 1920
Brotstr. Trier
Die Brotstraße mit dem Kaufhaus ‚Löwenstein & Co‘ um 1925

Laut Adressbuch von 1890, dem Jahr vor seinem Tod, betrieb Emanuel Löwenstein eine „Kurzwarenhandlung en gros“ in der Simonstr. 47, wo auch sein Sohn Emil gemeldet war. Dieser wird hier ebenfalls als „Commis“ bezeichnet und war vermutlich im väterlichen Betrieb angestellt.[16] Nach dem Tod von Emanuel Löwenstein am 28. Februar 1891,[17] wurde das Geschäft von seiner Witwe und von Emil weitergeführt. Aber 1896 ist Emil Löwenstein, inzwischen verheiratet, schon als alleiniger Inhaber des Textilgeschäfts im damaligen Adressbuch eingetragen. Durch die Geburt ihres einzigen Kindes, der Tochter Anna am 25. Juli 1893,[18] war die Familie inzwischen auch größer geworden und vielleicht deswegen in die Johannisstr. 14 gezogen. Die Mutter Clara Löwenstein hatte nach dem Tod ihres Gatten noch viele Lebensjahre vor sich. Sie wurde erst im hohen Alter von 83 Jahren am 24. November 1920 in Trier zu Grabe getragen.[19]

Anzeige von Emil Löwenstein im Adressbuch Trier 1901

Beruflich hatte sich der Sohn von dem Handelsunternehmen des Vaters ein Stück weit emanzipiert. Bis zur Jahrhundertwende erscheint Jakob Emil Löwenstein in den Adressbüchern zunächst noch einfach als Kaufmann, dann ab dem Jahr 1901 als „Direktor des Vereins Creditreform, eingetragener Verein“. Es handelte sich bei diesem Verein um eine Art Frühform der heutigen Schufa, der das Ziel verfolgte, das Kreditwesen zu reformieren und Kreditgeber vor der Insolvenz der Gläubiger, im Besonderen im Handwerk und Kleingewerbe, zu schützen.[20] Daneben war er aber auch noch Eigentümer der „S. Blum, Agentur und Kommission“, die ihren Firmensitz in seiner Privatwohnung in der Petrusstr. 5 hatte. Nicht bekannt ist aber, in welchem Geschäftsfeld diese Firma aktiv war. Da sie aber offenbar ursprünglich seinem Schwiegervater gehörte, liegt es nahe, dass sie sich im Weinhandel betätigte.

1933 lebten knapp 800 Bürger jüdischen Glaubens in Trier, etwas mehr als ein Prozent. Ihre führenden Köpfe, zumeist Anhänger des fortschrittlichen Liberalismus, waren in das politische und wirtschaftliche Leben der Stadt integriert. Aber auch in Trier hatte sich im Laufe der 20er Jahre die Stimmung gegenüber den Juden zu wandeln begonnen. Im November 1925 gründete sich zunächst eine kleine NSDAP-Ortsgruppe, die 1930 schon 150 und dann 1932 sogar um die 800 Mitglieder hatte. Wie überall waren die jüdischen Geschäftsleute und im Besonderen die jüdischen Kaufhäuser die primären Angriffsziele der rechten Propaganda. Noch bevor es am 1. April 1933 den landesweiten Boykott gegen die angebliche ausländische „Gräuelpropaganda“ gab, waren diese bereits im März erstmals boykottiert worden.

Emma Löwenstein Blum Wiesbaden
Erstmaliger Eintrag von Emma Löwenstein im Wiesbadener Adressbuch von 1934/35

Jakob Emil Löwenstein hat diese Zeit nicht mehr erlebt. Er verstarb am 20. September 1929 wenige Jahre bevor diese Zeit der Verfolgung begann.[21] Wann Emma Löwenstein Trier verließ, lässt sich nicht mehr sicher sagen. Erstmals ist sie im Wiesbadener Adressbuch des Jahres 1934/35 notiert. Demnach hatte sie die Stadt schon bald nach der Machtübernahme der Nazis, die auch in Trier auf kommunaler Ebene sofort alle wichtigen Posten besetzten, verlassen und war nach Wiesbaden gezogen. Da sie dort nicht als Witwe eines jüdischen Geschäftsmanns stadtbekannt war, hoffte sie vermutlich, in der Kurstadt vor Anfeindungen gefeit zu sein. Eine Wohnung fand sie damals zunächst in der Schwalbacher Str. 1. Aber schon im folgenden Jahr zog sie in das in der gleichen Straße gelegene Haus mit der Nummer 7, wo sie sich im ersten Stock des Vorderhauses einquartieren konnte.

Unter dieser Adresse erreichte sie am 7. September 1938 die Sicherungsanordnung der Devisenstelle in Frankfurt.[22] Bereits am 30. Juli war die Zollfahndungsstelle Mainz aktiv geworden und hatte die Frankfurter Behörde gebeten, in dieser Angelegenheit aktiv zu werden. Die Zollfahndung hatte sie darauf aufmerksam gemacht, dass Emma Löwenstein ein Vermögen von knapp 70.000 RM besitzen würde, verwitwet und ihre Tochter Anna bereits in die USA ausgewandert sei. Eine Nichte – gemeint ist vermutlich Charlotte, die Tochter von Ludwig und Hedwig Löwenstein – plane im Oktober ebenfalls dorthin auszureisen, weshalb der dringende Verdacht bestehe, dass auch die Mutter bzw. Tante solche Pläne verfolge. Wie selbstverständlich wurde ihr unterstellt, dass sie versuchen würde, ihr Vermögen illegal ins Ausland zu transferieren. Ohne die offizielle Sicherungsanordnung der zuständigen Devisenstelle abzuwarten, hatte man von Seiten der Mainzer Behörde die vorhandenen Vermögenswerte vorläufig gesichert, sodass Emma Löwenstein keinen Zugriff mehr darauf hatte. Nur über die Zinsen der Papiere und Konten durfte sie ab Ende Juli noch frei verfügen.[23]

Emma Löwenstein protestiert gegen die Sicherungsanordnung und fordert einen Freibetrag
HHStAW 519/3 4578 (8)

Zum Zeitpunkt als die Anordnung an sie herausgegangen war, befand sich Emma Löwenstein auf einer sechswöchigen Reisen zu Verwandten. Als sie am 12. Oktober wieder zurück nach Wiesbaden kam und Geld abheben wollte, beschied ihr die Bank, dass ihre Konten gesperrt seien, woraufhin sie sich an die Devisenstelle wandte: „Ich beabsichtige nicht auszuwandern oder in anderer Weise meine Vermögenswerte der Devisenbewirtschaftung zu entziehen. Ich stehe im 70 Lebensjahr und habe mein Vermögen im Inland teils in Wertpapieren und auch in einer Hypothek fest angelegt, sodaß irgend eine Gefahr nicht vorliegt, die eine derartige Sicherungsanordnung erforderlich machte.“ Sie wies zudem darauf hin, dass sie bereits vor ihrer Abreise die von ihr geforderte Reichsfluchtsteuer bereitgestellt habe. Wenn die Anordnung nicht zurückgenommen werde, solle man ihr wenigstens einen monatlichen Freibetrag von 500 RM zubilligen, damit sie ihren Lebensunterhalt bestreiten könne. Auch würde sie das Geld zur Unterstützung ihrer Verwandten benötigen, die ohne ihr Geld „sonst evtl. hungern müßten“. [24] Der Freibetrag wurde ihr daraufhin bewilligt.

Die Villa in der Lanzstr. 4 war baugleich mit der im Krieg zerstörten Lanzstr. 6 Mit Dank an Herrn D. Schaller
Die Villa in der Lanzstr. 4 war baugleich mit der im Krieg zerstörten Lanzstr. 6
Mit Dank an Herrn D. Schaller

Im Februar des folgenden Jahres, nachdem sie die ersten beiden Raten der Judenvermögensabgabe bezahlt hatte und ihr Kontostand auf nur noch 2.600 RM gesunken war, bat sie um Aufhebung der Sperre ihres „Safes“ bei der Nassauischen Landesbank, da der Vertrag in Kürze ablaufen werde. Noch einmal beteuerte sie, dass sie keine Auswanderungsabsichten hege und ihre Wertpapiere bei der genannten Bank hinterlegt seien. Als Postskriptum fügte sie an, dass sie seit dem 1. Februar 1939 in der Lanzstr. 6 wohne.[25]

Es sind auch die kleinen Gemeinheiten im Alltag, die das Leben der Juden so unerträglich machten. So wurde Emma Löwenstein auf Grund dieser Bitte nach Frankfurt zur Devisenstelle vorgeladen, wo ihr dann mitgeteilt wurde, dass sie diesen Antrag in doppelter Ausführung einreichen müsse. Für diese Lappalie musste die alte Frau eine beschwerliche Fahrt nach Frankfurt auf sich nehmen. Offenbar durfte sie aber dann die beiden Hypothekenbriefe über insgesamt etwa 2.000 RM aus dem Safe entnehmen und den Vertrag auflösen.[26]

Emma Löwenstein Blum
Vermögenserklärung von Emma Löwenstein aus dem Jahr 1940
HHStAW 519/3 4578 (15)

Am 25. Januar 1940 wurde dann eine neue Sicherungsanordnung gegen sie erlassen, laut der sie nur noch über monatlich 300 RM von ihrem Vermögen verfügen durfte.[27] Verbunden war diese neue Verfügung mit der Verpflichtung zur Abgabe einer neuen Vermögenserklärung. Die reichte Emma Löwenstein am 15. Februar 1940 bei der Devisenstelle ein. Demnach belief sich ihr damaliges Vermögen noch auf insgesamt 27.000 RM, darunter Wertpapiere in Höhe von 14.000 RM und Hypothekenbriefe über 24.500 RM. Abgezogen hatte sie den bereits hinterlegten, aber formal sich noch in ihrem Besitz befindlichen Betrag von 11.600 RM für die Reichsfluchtsteuer. Ihr Jahreseinkommen im laufenden Jahr bezifferte sie auf 3.713 RM, für das folgende Jahr auf etwa 2.500 RM. In diesem Bereich bewegten sich auch die von ihr veranschlagten Ausgaben, die sie auf monatlich mit 312 RM schätzte: Für die Miete im Haus ihres Schwagers benötigte sie 52 RM, für den Lebensunterhalt 200 RM, 8 RM erhielt eine Stundenfrau, 20 RM fielen unter die Rubrik Sonstiges.[28] 32 RM sollte ihre „Schwester Frau Benny Wolff“ in Köln erhalten, wobei Benny nicht der Name der Schwester, sondern der ihres Mannes war. Die Schwester war die am 20. August 1866 geborene Justine, die damals in Köln lebte und mit Benny Wolff verheiratet war.[29] Nach Einreichung dieser Unterlagen erhöhte die Devisenstelle den Freibetrag am 17. Februar 1940 geringfügig auf 320 RM.[30]

Eingänge verbuchte Emma Löwenstein nur noch aus Hypothekenrückzahlungen eines Herrn Schütz, der zunächst am 6. Oktober 1941 1.500 RM, dann noch einmal am 2. April 1942 den gleichen Betrag auf ihr gesichertes Konto einzahlte.[31] Inzwischen war im Februar 1940 ihr Freibetrag aber wieder auf nur noch 270 RM reduziert worden.[32]

Am 21. August 1942, d.h. eine Woche bevor die für die Deportation vom 1. September 1942 vorgesehenen Menschen, zu denen auch Emma Löwenstein gehörte, sich in der Sammelstelle in der ehemaligen Synagoge in der Friedrichstraße einzufinden hatten, wurde sie noch einmal aufgefordert, eine aktuelle Vermögenserklärung abzugeben. Emma Löwenstein ist dieser Aufforderung nicht mehr nachgekommen. Vermutlich hatte sie schon längst den Entschluss gefasst, sich nicht mehr den Qualen einer Deportation und dem Aufenthalt in einem Konzentrationslager auszusetzen. Theresienstadt sollte nicht der Ort werden, wo sie sterben wollte. Am 29. August 1942, zwei Tage bevor der Transport Wiesbaden verließ, wurde sie nachmittags um 17.00 Uhr in ihrem Zimmer, ein Mansardenraum im dritten Stock der Lanzstr. 6, tot aufgefunden.

Sterbeeintrag Emma Löwenstein wiesbaden
Sterbeeintrag für Emma Esther Löwenstein, geb. Blum
Sterberegister Wiesbaden 1854 / 1942

Man gab sich behördlicherseits keine große Mühe mehr mit der Toten. Auf der Sterbeurkunde heißt es einfach: „Vater unbekannt, Mutter unbekannt, Witwe von unbekannt“. [33]
Allerdings gab es ein formales Problem bei der Aneignung der Vermögenswerte von denjenigen, die sich wie Emma Löwenstein der Deportation durch die Selbsttötung entzogen hatten. Eine schriftliche, unterschriebene Erklärung, durch die der Übereignung des Vermögens an den Reichsfiskus ein scheinlegales Mäntelchen umgehängt wurde, lag in diesen Fällen nicht vor. Deshalb formulierte die Gestapo Frankfurt am 11. September 1942 eine Order, wie die Finanzämter mit solchen Fällen umzugehen hätten:
“Betrifft: Beschlagnahme des Vermögens derjenigen Juden, die nach Bekanntwerden ihrer für den 1.9.1942 vorgesehenen Evakuierung verstorben sind.

Auf Grund des §1 der VO des Herrn Reichspräsidenten zum Schutze von Volk und Staat vom 28.2.1933 beschlagnahme ich hiermit mit Wirkung vom 1.8.1942 die gesamten inländischen Vermögenswerte folgender Juden, die nach Eröffnung der Evakuierungsvfg verstorben sind:“ Die Liste, die darauf folgte enthielt 35 Namen, darunter auch den von „Emma Löwenstein, geb. Blum, Emma Sara , geb. 23.2.69 in Herxheim, zuletzt in Wiesbaden Lanzstr. 6 wohnhaft, verstorben am 29.8.1942.“[34]

 

Anna Pearson, geb. Löwenstein
Anna Pearson, geb. Löwenstein
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Nur wenige Spuren konnten von Emil und Emma Löwensteins Tochter Anna gefunden werden. Sicher ist immerhin, dass sie der Shoa nicht zum Opfer fiel. So ist bisher unklar, wann genau sie Trier und wann sie Deutschland verließ. Allerdings betrat sie laut dem Taufeintrag ihrer Tochter schon 1919 amerikanischen Boden. Irritierend ist aber dann, dass sie ein Jahr später, am 24. Juli 1920, in der amerikanischen Botschaft in Luxemburg einen Passantrag stellte, es handelte sich sogar um eine „Emergency Passport Application“.[35] In welcher Notlage sie sich befand, geht aus dem Dokument nicht hervor, dafür offenbart der Antrag andere wichtige Fakten aus ihrem Leben. Anna Löwenstein war zu diesem Zeitpunkt bereits verheiratet und trug den Nachnamen Pearson. Ihr Ehemann Harold Ferdinand Pearson, geboren am 13. April 1886 in Malmö / Schweden,[36] war schon im Jahr 1906 mit seinen Eltern und vier Geschwistern über Dänemark in die USA eingewandert [37] und seit dem 26. Mai 1920 amerikanischer Staatsbürger. Anna selbst besaß einen am 23. Juni 1920 ausgestellten amerikanischen Pass. Möglicherweise waren die Dokumente im Zusammenhang mit ihrer Eheschließung erteilt worden, denn ihr Mann gab auf dem Antrag an, dass er seine Frau seit einem Jahr kennen würde und ihr gemeinsamer Wohnort South Bend in Indiana sei.

Harald Pearson
Harald Pearson
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Auf dem Antrag von Anna Pearson ist zu lesen, dass sich ihr Mann seit dem 12. Juni 1920 für eine begrenzte Zeit in Europa, angegeben sind die Länder Luxemburg und Deutschland, aufhalten würde. Seinem eigenen Passantrag ist zu entnehmen, dass Harold Pearson von Beruf Musiker war.[38] Vielleicht befand er sich als Mitglied eines Orchesters auf einer Konzertreise in Europa und wurde von seiner Ehefrau damals begleitet. Sie wiederum gab an, dass sie ihren Emergency Passport zur Einreise in die Länder Luxemburg, Belgien und die USA benötige. Da das die Stationen für eine Rückreise in die USA sind, könnte Anna Pearson aus irgendwelchen Gründen veranlasst gewesen sein, die Rückfahrt sehr dringend und ohne ihren Mann antreten zu müssen. Aber das müssen Spekulationen bleiben.
Offenbar lebten sie aber danach beide wieder im Bundestaat Indiana in den Vereinigten Staaten.

Dort wurde dem Paar am 14. Juli 1921 in ihrem Wohnort South Bend die Tochter Edith Esther geboren.[39] Wie ihr Vater, der der evangelischen Kirche angehörte, wurde auch die Tochter evangelisch getauft. Man wird davon ausgehen können, dass auch die Mutter sich inzwischen zumindest ihrer religiösen jüdischen Wurzeln entfremdet hatte.[40] Über den weiteren Lebensweg, auch über ihren Tod, liegen keine Informationen vor.

 

Justine Wolff

Anders als für Emma Löwenstein wurde das Ghetto Theresienstadt für ihre ältere Schwester Justine und deren Ehemann Benno / Benni Wolff zum Ort ihres Todes. Am Heiligen Abend 1895 hatten die beiden in Trier geheiratet.[41] Benni, wie er zumeist genannt wurde, war von Beruf Kaufmann und am 14. Juli 1867 geboren worden. Sein Vater, der Kaufmann Salomon Wolff, war zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben, aber seine Mutter Mina Wolff, geborene Cossmann, lebte noch in Essen, der Geburtsstadt ihres Sohnes. Zum Zeitpunkt der Eheschließung war Benni Wolff allerdings im lothringischen Metz wohnhaft.
Nach der Hochzeit zogen beide nach Köln, wo Benni Wolff ein Schuhgeschäft eröffnete. Das Ehepaar – Kinder wurden soweit bekannt nicht geboren – zog mehrfach in der Stadt um, aber der Ehemann blieb – so die biographischen Angaben der Stolpersteininitiative in Köln –[42] der Schuhbranche bis zuletzt treu. In den zwanziger Jahren betrieb er zusammen mit einem Kompagnon für eine gewisse Zeit ein Schuhkommissionslager, ging aber danach wieder alleine auf Reisen, um als Handelsvertreter seine Waren in Schuhgeschäften anzubieten.
Die letzte selbstgewählte Wohnung, die sie in Köln besaßen, lag in der Dasselstr. 6 in der Neustadt Süd. Vermutlich waren sie dort noch von Emma Löwenstein besucht worden, als sie im Oktober 1938 auf Reisen war und bei ihrer Rückkehr nach Wiesbaden die Sicherungsanordnung vorfand. Sie hatte damals angegeben, sich außer in Trier auch in Köln aufgehalten zu haben. Möglicherweise hatten Wolffs zu diesem Zeitpunkt bereits in die Beethovenstr. 16 umziehen müssen, in ein Ghettohaus, ähnlich dem, in dem Emma Löwenstein die letzte Zeit ihres Lebens in Wiesbaden verbrachte.

Justine Wolff, Blum
Todesfallanzeige für Justine Wolff, geb. Blum, aus Theresienstadt
https://ca.jewishmuseum.cz/media/zmarch/images/3/9/7/7561_ca_object_representations_media_39731_large.jpg

Am 2. Oktober 1942 verließ ein relativ kleiner Transport mit der Bezeichnung ‚III/7‘ die Stadt Köln mit dem Ziel Theresienstadt. 42 Personen befanden sich darin, zwei von ihnen überlebten das Ghetto. Justine und Benni Wolff, beide über 70 Jahre alt, hatten dazu nicht mehr die Kraft. Sie gehörten zu denjenigen, die den dortigen unmenschlichen Lebensbedingungen zum Opfer fielen. Beide verstarben schon wenige Wochen nach der Ankunft, Benni Wolff am 16. Dezember, Justine Wolff nur wenige Tage später am 29. Dezember 1942 angeblich an Angina Pectoris, wie auf der Todesfallanzeige festgehalten.[43] Vor ihrer Wohnung in der Dasselstraße wurden zu ihrem Gedenken Stolpersteine verlegt.[44]

 

Paula Mayer

Auch Paula, die fast zehn Jahre jüngere Schwester von Emma, verlor zusammen mit ihrem Mann Otto Mayer ihr Leben in Theresienstadt. Am 9. November 2023 fand im Düsseldorfer Landtag zum Gedenken an alle Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft eine Veranstaltung statt, in der das Leid der jüdischen Bevölkerung exemplarisch an dem Schicksal von Otto und Paula Mayer in einer eindrucksvollen Inszenierung durch eine Schülergruppe aufgezeigt wurde.[45]

Am 26. März 1903 hatte Paula in Trier den aus Kleinbockenheim stammenden Otto Mayer geheiratet. Der am 28. März 1875 Geborene war der Sohn von Moses und Martha Mayer, geborene Löb,[46] der zum Zeitpunkt der Eheschließung in Straßburg gemeldet war. Es handelte sich dabei um eine Ehe zwischen zwei bereits verwandtschaftlich verbundenen Familien. Otto Mayer war der jüngere Bruder von dem am 13. Dezember 1869 geborenen Albert Mayer, der in erster Ehe mit Marie Levy verheiratet war, die allerdings schon 1923 verstarb. Marie Levy war die Enkelin von Leon und Jeanette / Johanna Blum, geborene Levy, die auch die Großeltern von Paula Blum waren. Es ist zu vermuten, dass sich Otto und Paula durch diese familiären Verbindungen bereits seit langem kannten. Albert Mayer war dann auch der Trauzeuge bei der Eheschließung seines Bruders. Zudem war er, bzw. eigentlich seine zweite Frau Olga, die Eigentümerin des Judenhauses in Wiesbaden, in dem Paulas Schwester Emma bis zu ihrer Deportation wohnte.[47]

Paula u Otto Mayer
Paula und Otto Mayer 1932
Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf, Konvolut Mayer, GED-31-245-300

Otto Mayer, ein überzeugter Patriot, der im Ersten Weltkrieg als Vizefeldwebel gedient, schwer verwundet und mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet wurde, war wie sein Bruder beruflich ebenfalls in der Textilbranche tätig. Während Albert Mayer später zum Miteigentümer an einer thüringischen Weberei aufstieg, besaß sein Bruder Otto in Düsseldorf ein Geschäft für „Kleiderstoffe en gros“, zunächst in der Heinestraße, später dann in der Karlstraße. Paulas Bruder Robert Blum, der ebenfalls von den Nazis ermordet wurde, war in dem Unternehmen als Prokurist tätig.[48] In die Stadt am Rhein waren Paula und Otto Mayer noch im Jahr der Eheschließung 1903 gezogen, wo dann am 11. November des gleichen Jahres ihr erster Sohn Erich geboren wurde.[49] 10 Jahre später kam am 2. Juli 1913 mit Kurt ein weiterer Sohn zur Welt.[50] Ab 1926, möglicherweise hatte er in Folge der Inflation sein Geschäft aufgeben müssen, verdiente Otto Mayer den Lebensunterhalt für seine Familie als selbstständiger Repräsentant für Stoffe. Er arbeitete damals auch für thüringische Firmen, vermutlich auch fürdie seines Bruders Albert.
Erich, der ältere Sohn, hatte einen für die damalige Zeit sehr modernen Beruf ergriffen. Als Werbetexter in einer Zeit des beginnenden Massenkonsums, in der die bildende Kunst die Reklame als neue Sparte für sich gerade zu entdecken begann, war das ein Beruf, der große Perspektiven versprach. Mit dem Machtantritt der Nazis waren aber für einen Juden alle Möglichkeiten verschlossen. Da Juden kein Mitglied der Reichsschriftumskammer sein durften, war mit diesem Ausschluss für Erich Mayer ein faktisches Berufsverbot verbunden. Am Heiligen Abend 1931 hatte er die Konzertpianistin und Cembalistin Brunhilde Schneider geheiratet.[51] Wenn er nun den Namen seiner Frau in seinen eigenen Namen aufnahm, sich fortan Erich Mayer-Schneider nannte,[52] dann wird man das sicher als Indiz für sein modernes männliches Rollenverständnis werten dürfen. Mit ihr zusammen zog er im Januar 1936 zunächst nach Konstanz, dann im folgenden Jahr in die Schweiz, wo man ihm eine Stelle in seinem Beruf angeboten hatte. In St. Gallen, wo sie fortan lebten und die Zeit der Nazidiktatur trotz einer angedrohten Ausweisung im Jahr 1940 überstanden, wurden ihnen am 24. März 1943 zunächst die Tochter Ruth, dann 1946 der Sohn Thomas geboren.[53]

Erichs Bruder Kurt hatte nach seinem Abitur noch ein Studium in Berlin an der ‚Jüdischen Lehranstalt’ aufnehmen können, und wohnte 1939 in Charlottenburg in der Witzlebenstr. 13.[54]

Als sich die Situation für Juden in Deutschland immer mehr verschärfte, als am 9. November 1938 die Synagogen brannten, waren die Eltern in Düsseldorf alleine. Vielleicht hätte es zuvor auch für sie noch Möglichkeiten gegeben, Deutschland zu verlassen, aber jetzt, wo immer mehr die tatsächliche Gefahr erkannten, wollten viele raus und gleichzeitig sank die Aufnahmebereitschaft der anderen Staaten. Ihrem Sohn Kurt gelang es noch unmittelbar nach dem Pogrom am 25. November 1939 über Italien nach Palästina ausreisen, wo er den jüdischen Namen Uriel annahm.

Otto Mayer
Otto Mayer
Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf, Konvolut Mayer, GED-31-245-300

Bei dem Novemberpogrom waren Paula und Otto Mayer selbst verschont geblieben, weil der verantwortliche NSDAP-Mann, der sich an dem Abend auf einer privaten Feier befand, nicht alle Listen der jüdischen Bewohner bei sich trug. Aber das Geschehen an diesem Tag hatte sie dennoch tief getroffen, wie man einem Brief vom 13. November an Erich in der Schweiz entnehmen kann: „Liebe Kinder, dein Brief lieber Erich war ein Labsal für uns durch die gute Nachrichten über euch. Wir sind gesund & bis jetzt ist Alles beim Alten, doch da Vater nicht arbeiten kann, bangt uns vor der Zukunft von Kurt und uns. – Vorerst sind wir so erschüttert & erstarrt, dass wir nicht schreiben können, deshalb seid uns nicht böse, wenn wir es nicht tun.“[55]

In einem weiteren Brief vom 18. November ist zu lesen, welche Konsequenzen sich danach für sie unmittelbar ergaben. Ihre Wohnung wurde gekündigt und der Vermieter drang darauf, die Möbel umgehend einer Spedition zu übergeben. Auf Grund der neuen Mietgesetze kamen als neue Vermieter im Prinzip nur noch jüdische Hausbesitzer in Frage, die aber ihre Wohnungen erst einmal entsprechend herrichten mussten. Erich riet ihnen, sich kurzfristig eine einfache, neue Bleibe zu suchen. Sie sollten der Wohnungsfrage keinen großen Wert beimessen. „Das alles ist Nebensache geworden. (…) Es darf nur ein Übergang sein. (…) Ich bitte euch also bewusst unsentimental und sehr energisch sofort alles auf eine Radikallösung abzustellen und eure Pläne, kühner und unbürgerlicher zu fassen. Werde euch raten und helfen wie es nur geht. Wir können an gar nichts anderes mehr denken, Arbeit und Musik stellen nur eine bewusste Betäubung dar. Das Essen schmeckt nicht mehr und das ist gut so.“[56]

Mögliche Auswege, die Erich offenbar eruiert hatte, erwiesen sich als Sackgassen, weshalb er den Eltern riet, zu Kurt nach Palästina zu gehen oder sogar eine Ansiedlung in Rhodesien ins Auge zu fassen, wie sie damals in manchen Zeitungen propagiert wurde. Der Vater sei doch noch jung, kräftig und unverbraucht.
Wie aus weiteren Briefen hervorgeht, bemühte sich Erich sehr intensiv über viele Kontakte eine Rettung für seine Eltern zu organisieren. Aber – wie auch in anderen Familien in ähnlichen Situationen – waren die Eltern zögerlich, versuchten die Kinder zu beruhigen. Man schlafe gut, gehe täglich mehrer Stunden an der frischen Luft spazieren und genieße schöne Musik: Es werde „nichts überstürzt, nicht ins Blaue gereist und nicht irgendwo hin, sondern lieber abgewartet, was wir sowieso müssen, bis sich etwas Positives und mit gewissen Garantien verbunden gefunden hat. Ich rechne lieber und stark bewusst mit jeder auch der ernstesten Möglichkeit, bevor ich in ein Land gehe, dem ich nichts bieten kann und das mir also auch nichts bieten kann. Bevor Kurt ausgereist ist, kommt für uns nichts in Frage. Er soll und muss sich alleine seinen Weg bahnen. Nur Palästina allein kommt für Kurt in Frage. Irgendetwas anderes ist ausgeschlossen. Mit einem großen Schub in einer äquatoriales Gebiet zum siedeln, beabsichtige ich keinesfalls.“[57]

Ende März 1939 konnten sie eine neue Wohnung in der Erasmusstraße 18, einem modernen Mietshaus mit 12 Parteien, beziehen, die ihnen sogar besser gefiel als ihre alte und zudem auch noch billiger war. Am 25. Februar 1940 schrieb Otto Mayer an seine Söhne: „Hier im Hause sind wir nach wie vor mit unserer gemütlichen Wohnung sehr zufrieden, haben nette Nachbarn und Mitbewohner, mit denen wir gemütlichen Verkehr pflegen, es sind Leute, die richtig zu uns passen, kultiviert u. lebensbejahend. Es kommt auch schon einmal vor, wie z.B. am letzten Freitagabend, dass wir uns erst um 2 Uhr Nachts erinnerten, dass wir eigentlich schlafen müssten. Mit Salm’s, Baum’s, Maxen’s Eltern, Dr. Kl. u.s.w. kommen wir aber auch viel zusammen, das Zusammengehörigkeitsgefühl ist stark ausgeprägt und belebt das Leben.“[58]
Auch mit den Bewohnern der Umgebung kamen sie sehr gut zurecht. Mit einigen – offensichtlich auch Nichtjuden – hatte Otto Mayer abends in einer Kneipe gesessen und sich bei einigen Bieren bestens unterhalten, wie er in einem Brief vom 31. März schrieb. Wenn man wollte, konnte man offensichtlich auch 1941, wenige Monate bevor die Deportationen in Düsseldorf begannen, die Realität noch immer ausblenden: „… ich kann euch sagen, es ist knorke und wir sind begeistert und sehr zufrieden.“[59]

Angesichts der vielen Einschränkungen im alltäglichen Leben, die der jüdischen Bevölkerung in den folgenden Monaten sukzessive aufgebürdet wurden, hätten Otto und Paula Mayer eigentlich erkennen müssen, welchen Illusionen sie noch immer aufsaßen. Auch jetzt scheint zumindest der Vater noch geglaubt zu haben, es werde schon alles irgendwie gut gehen. „Ich bin ein ausgesprochener Fatalist geworden“, schrieb er an Erich. „In der schön geheizten Wohnung, in den Pantoffeln und bei barem Genießen meiner Brasil. Ich habe dann derzeitig keine höheren Ansprüche ans Leben. Hoffen wir, dass in absehbarer Zeit wieder Verständnis unter den Völkern entsteht, die die Menschheit in Gesundheit und Zufriedenheit und nutzbringende Arbeit blühen und gedeihen lässt.“ [60]
Deutlich mehr Sorgen machte sich aber die Mutter, die sie, anders als ihr Mann, auch gegenüber den Kindern äußerte. Während im Herbst 1941 Otto Mayer den Kindern von seiner neuen „ehrenamtlichen“ Aufgabe in der Wohnungskommission berichtete – man ist da „nach jeder Seite hin mit meiner erfolgreichen Arbeit zufrieden“ -, schrieb Paula nur zwei Wochen später: „Liebe Kinder, heute nur in kurzen Worten die Nachricht, dass wir voraussichtlich am nächsten Sonntag den Zweiten verreisen. Sobald wir die Adresse haben, bekommt ihr sie. Wir sind sehr, sehr traurig und bin ich im Augenblick nicht in der Verfassung, mehr zu schreiben. Lebt wohl! Bleibt gesund. Unsere Gedanken sind immer bei euch und Kurt. Ob wir uns wiedersehen? Behaltet lieb eure Mutter.[61]

Otto und Paula informieren ihre Kinder über die bevorstehende Deportation
Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf, Konvolut Mayer, GED-31-250-300

In den folgenden Wochen gingen mehrer Deportationen von Düsseldorf in den Osten. Bei der ersten vom 27. Oktober 1941 wurde Paulas Bruder Robert nach Litzmannstadt / Lodz verschleppt. Anders als zunächst angekündigt, blieben Paula und Otto Mayer wegen der Funktionsstelle von Otto in der Wohnungskommission noch verschont. Es dauerte fast noch ein Dreivierteljahr, bis dann auch sie auf der Deportationsliste des Transports VII/1-566 standen: „Liebe Kinder, nun ist es soweit. Wir reisen am Montag den 20. 7. Ihr könnt euch denken, wie es uns ums Herz ist. Schreibt bitte sofort, dann erreicht’s uns vielleicht noch. Am besten vielleicht an Rudolf Braunschweig und deine Frau auf der Etage, die noch hier sind und noch nicht reisen. Ihr könnt ja eine Karte & einen Brief schreiben. Manchmal ist das Eine oder and’re schneller. (…) Ich muss schon Schluss machen, bin zu gerührt & muss doch standhaft bleiben. Ausf. Nachr. im Brief & viell. noch Karten folgen. Behaltet uns lieb Ihr 2 Lieben, einen festen Kuss Eure Mutter.“ Der Vater notierte noch auf derselben Karte: „Meine Lieben Kinder! Also Dienstag in 8 Tagen geht die Reise los nach Theresienstadt, an der Elbe gelegen zwischen Dresden u. Prag, das wegen der schönen Lage sehr gelobt wird. Da wir in Gesellschaft meiner früheren Kriegskameraden und alten Leuten reisen, wobei ich die Leitung habe, sind wir etwas optimistisch gestimmt. Im Übrigen wollen wir keine rührselige Stimmung aufkommen lassen und hoffe ich, was aber keinesfalls bestimmt ist, daß wir bald schreiben können wegen Adresse und so weiter. Jedenfalls schreiben wir auch in den nächsten Tagen und Ihr werdet ja wie umseitig angegeben an Rudolf schreiben. Indessen herzlichste Grüße u. Küsse Euer Vater.“[62]

Otto und Paula Mayer
Transportliste vom 22.7.1942 mit Otto und Emma Mayer
nach Theresienstadt
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Tatsächlich erreichte sie noch der Brief bzw. die Karte aus der Schweiz, die Erich an ihren zurückgebliebenen Mitbewohner Rudolf Braunschweig geschickt hatte. Der konnte ihnen dann auch noch knapp über den Tag der Abreise ihrer Eltern berichten, natürlich durchdrungen von dem Versuch, das Schreckliche dieses Abschieds hinter trostreichen Worten zu verdecken:

„22. Juli 1942
Sehr geehrter Herr Mayer, gestern haben ihre lieben Eltern die Reise nach Theresienstadt angetreten. Ich war bis zur Abfahrt bei ihnen und freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass beide die Reise in wirklich guter Stimmung begonnen haben. Beide waren von vollbildlicher Tapferkeit. Ihre Mutter war frohen Mutes und ihr Vater als Transportleiter voll Tätigkeit, wirkte überall aufmunternd. Alles verlief glatt und planmäßig. Die Nachrichten, die ich inzwischen von Theresienstadt erhielt, sind als durchaus zufriedenstellend zu bezeichnen. Ich hoffe, Ihnen bald von dort ausführlicher berichten zu können. Die beiden an uns gerichteten Karten vom 14. haben ihre Eltern am letzten Tage noch erhalten und sich sehr gefreut. Ich werde Sie selbstverständlich über alles was ich höre, laufend unterrichten. Mit Recht herzlichen Gruß auch von meiner Frau für Ihre Gattin und Sie.
Ihr Rudolf Braunschweig“
[63]

Todesfallanzeige für Otto Mayer aus Theresienstadt
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Paula Mayer
Todesfallanzeige für Paula Mayer, geb. Blum, aus Theresienstadt
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Dass es noch irgendwelche Kontakte gab, dass noch Nachrichten aus Theresienstadt herausdrangen, in denen die Kinder etwas über das elendige Leben ihrer Eltern im Ghetto erfuhren, ist höchst unwahrscheinlich. Zusammen bewohnten sie dort bis zu ihrem Tod das Gebäude L 415.

Otto Mayer verstarb dort schon am 26. September 1942, gerade einmal zwei Monate nach seiner Ankunft im Konzentrationslager, an einem Darmkatarrh.[64] Paula Mayer hielt noch einige Wochen länger durch. Sie verstarb laut dem von Dr. Feldmann ausgestellten Totenschein am 11. Januar 1943 an einem Hirnschlag.[65] Gleichgültig, was damals auf den Scheinen eingetragen wurde, es steht außer Frage, dass es sich in beiden Fällen um Mord handelte.

 

Über das weitere Leben von Uriel Kurt Mayer in Palästina bzw. Israel konnte nichts in Erfahrung gebracht werden, obgleich er derjenige war, der nach Aussage seines Neffen Thomas Mayer sich intensiv mit dem Schicksal der Familie befasst hatte.
Sein älterer Bruder Erich gründete in St. Gallen in der Schweiz eine Familie, in der am 24. März 1946 die Tochter Ruth und 1946 der Sohn Thomas geboren wurden. Sein Vater übernahm dort die Leitung einer gut gehenden Werbeagentur und der Sohn stieg als Fotograf ebenfalls in diese Branche ein. Als Werbefotograf, noch mehr als Architekturfotograf hat er sich im Laufe der Zeit einen internationalen Ruf erworben. Aber auch alles andere, das sein fotografisches Auge reizt, wurde zum Objekt seines künstlerischen Schaffens.[66] Seit 1969 lebt er in Neuss, unweit der Stadt, aus der seine Eltern einst in den Tod deportiert wurden.

 

Robert Blum

Emma Löwensteins jüngster Bruder Robert war der erste von ihren Geschwistern, der deportiert wurde. Wie all den anderen Juden, die ihr Leben im Ersten Weltkrieg für ihr vermeintliches Vaterland eingesetzt hatten, nutze ihnen diese Opferbereitschaft nichts mehr, als die Nazis an die Macht kamen und die Juden insgesamt für die Niederlage verantwortlich gemacht wurden. Trotz Eisernem Kreuz, trotz Verwundetenabzeichen, trotz seinem Rang als Vizefeldwebel, gehörte auch Robert Blum von nun an zu den Vaterlandsverrätern.
Über sein Leben ist nur wenig bekannt. Wann er von Trier, seiner Heimatstadt, nach Düsseldorf ging, wo seine Schwester Paula lebte, konnte nicht ermittelt werden. Eine zeitlang soll er sich auch in Eller an der Mosel aufgehalten haben. Der ledig gebliebene Kaufmann, der auch als Reisevertreter tätig war, hatte in dem Unternehmen seines Schwagers Otto Mayer die Stellung eines Prokuristen inne. Mehrfach wechselte er seine Wohnung. Zuletzt, seit Juli 1939 wohnte er in der Karlstr. 95, einem Judenhaus mit einer größeren Zahl jüdischer Mieter, darunter auch Helene Heilbronn, mit der er schon länger befreundet war.[67]
Noch bevor auf der Wannseekonferenz im Januar 1942 der systematische Mord an den europäischen Juden beschlossen wurde, musste Robert Blum sich auf einen Transport begeben, der ihn in den Osten brachte. Allerdings gingen diese ersten Züge aus Deutschland, anders als die wenigen zuvor aus Österreich, nicht in das Generalgouvernement, sondern in den dem Deutschen Reich inzwischen inkorporierten Warthegau, dort in die ehemalige polnische Stadt Lodz, die unter deutscher Herrschaft in Litzmannstadt umbenannt worden war. In dieser großen Industriestadt hatten die deutschen Eroberer bereits ein Ghetto mit nahezu 160 000 polnischen Juden eingerichtet, die dort unter schlimmsten Bedingungen, durch Stacheldraht von der übrigen Bevölkerung getrennt, dahinvegetierten. 60.000, so war der ursprüngliche Plan im RSHA, sollten aus Deutschland hinzukommen, was aber von Seiten der Ghettoverwaltung abgewehrt werden konnte. So blieb es bei der Zahl von zusätzlich etwa 20.000, die im Herbst 1941 aus verschiedenen deutschen Großstädten dorthin verbracht wurden. Am 1. Oktober 1941 hatte Eichmann die organisatorischen Vorbereitungen abgeschlossen und am 11. Oktober ging das Schreiben an die jeweiligen Leitstellen der Gestapo heraus, so auch an die in Düsseldorf.[68] Am 27. Oktober um 7.50 Uhr sollte der Zug mit etwa 1.000 Personen den Bahnhof Düsseldorf verlassen, darunter etwa 250 aus der Stadt selbst. Die übrigen waren zuvor aus anderen Städten wie Essen, Wuppertal usw. zugeführt worden. Als Sammellager war der städtische Schlachthof am Güterbahnhof vorgesehen, der über eine Verladerampe für das Vieh, jetzt für Menschen, verfügte. Die von der „Evakuierungsaktion“ Betroffenen waren unmittelbar nach Eintreffen des Schreibens über ihren anstehenden „Abschub“ – so einer der üblichen NS-Termini für die Deportationen – informiert worden. Das ergibt sich aus einem knappen Brief, den Roberts Schwester Paula Mayer am 16. Oktober an ihren Sohn Erich in der Schweiz schrieb: „Wir werden diesmal später schreiben, da wir viel Arbeit durch Onkel Robert haben. Er reist nächste Woche mit guten Bekannten.“[69]
Am frühen Morgen des 27. Oktober 1941 verließ der Zug mit 343 Familien, 160 ledigen Juden und 227 ledigen Jüdinnen den Güterbahnhof Düsseldorf-Derendorf. Fast 100 der Insassen waren noch im Kindesalter.[70]
Die Lebensbedingungen in dem völlig überfüllten Ghetto waren grauenhaft, viele Insassen starben in der Folgezeit an Hunger, Krankheit oder Überarbeitung. Interessanterweise war es damals noch erlaubt, Postkarten nach Hause zu schicken, sicher mit der Absicht, in dieser „Testphase“ eine Beunruhigung in der Heimat möglichst zu verhindern. Auch von Robert Blum gibt es eine solche Karte, datiert mit dem 11. Dezember 1941, die allerdings nie ihren Adressaten fand. Sie gehört zu den vielen tausend Karten, die in der Zensur hängen geblieben waren. Adressiert war sie an einen Siegfried Blume, richtete sich aber an einen größeren Freundeskreis:
“Ich bestätige meine jüngste Karte und schreibe heute erneut, da ich glaube, das letzte Mal eine falsche Strassennummer angegeben zu haben, und habt ihr vielleicht so meine Karte nicht erhalten. Ich nehme gern (?) an, dass es Euch Beiden gut geht. Ich habe eine Grippe hinter mir und erfreue mich jetzt als Rekonvaleszent eines zuletzt starken Hustens. Familie Brock, Kom (?) Blumenthal u.s.w. wohnen alle hier zusammen, und sehen wir uns fast täglich. Von meiner Schwester, Schwager und meiner Schwester aus Wiesbaden hatte bereits sehr liebe Grüsse. Ich bin nur noch Nachrichten von Köln und Euch erwartend.(!) Frau Heilbronn ist immer noch leidend und in ärztlicher Behandlung. Schreibt recht bald wie es Euch geht und seid sehr herzlich gegrüßt von Eurem Freund Robert Blum[71]

Robert Blum
Postkarte von Robert Blum aus Litzmannstadt / Lodz
Mit freundlicher Genehmigung der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf

Wenn schon diese völlig harmlose Postkarte vermutlich wegen der Erwähnung von Krankheiten die scharfe Zensur nicht passieren konnte, kann man erahnen, was über die wahren Zustände im Ghetto alles verschwiegen werden musste. Aber einige Nachrichten müssen von Robert doch die Ghettomauern überwunden haben. Zwar schrieben Paula und Otto Mayer noch Anfang Dezember an ihre Söhne: „Von Robert leider immer noch keine Nachricht, aber auch die anderen haben noch nicht geschrieben.“ Eine Woche später hatten sie selbst zwar von ihm noch immer nichts gehört, konnten aber berichten, dass „in den letzten Tagen vereinzelt kurze Nachrichten von seinen Freunden eingetroffen (seien), die gesundheitlich Gutes berichten.“[72] Ende Dezember trafen weitere Karten aus dem Ghetto in Düsseldorf ein. So konnte Paula Mayer ihren Söhnen am 26. Dezember berichten: „Von Robert hören wir 2x, daß er bis auf seinen alljährlichen Husten G.s.D. [Gott sei Dank – K.F.] gesund ist.“ Otto Mayer fügte noch an: „Robert hat 2 Mal verhältnismäßig zufrieden geschrieben, einige Nachrichten scheinen bei ihm und uns noch nicht eingetroffen zu sein, irgendwie ausführlich berichtet er nicht, aber die Feststellung, daß er gesund ist, muß im Augenblick auch genügen. Meine geldliche Unterstützungen, die ich ihm 3-Mal zukommen ließ, sind ihm sehr erwünscht. Pakete sollen wir vorerst nicht senden.“[73]

Sicher machte man sich zu Hause Sorgen, aber dennoch war die Beruhigungsstrategie offenbar erfolgreich. Die positiven Nachrichten wurden aufgenommen, sie waren die kleinen Strohhalme der Hoffnung, an denen man sich angesichts der eigenen Hilflosigkeit festzuhalten versuchte. Vielleicht – so redete man sich ein – war alles doch nicht so schlimm.

Stolperstein für Robert Blum in der Hermannstr. 13
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/e/e5/D%C3%BCsseldorf%2C_Stolperstein_Robert_Blum%2C_Hermannstra%C3%9Fe_13_%282017%29.jpg/617px-D%C3%BCsseldorf%2C_Stolperstein_Robert_Blum%2C_Hermannstra%C3%9Fe_13_%282017%29.jpg

Aber es war schlimm, schlimmer als man es sich hätte vorstellen können. Schon das Leben im Ghetto selbst, wo bereits bis zum Frühjahr 1942 fast 15 Prozent der 20.000 neu zugeführten Bewohner verreckt waren. Das Schlimmste stand den Ghettobewohnern aber noch bevor. Von Januar 1942 an wurden zunächst die dort schon zuvor inhaftierten polnischen Juden in das Vernichtungslager Kulmhof / Chelmo transportiert und ermordet: 45.000 polnische Jüdinnen und Juden. Im Mai begannen dann die Transporte der im Herbst 1941 aus dem Reich zugeführten Juden. Auf der Transportliste vom 5. Mai stand auch der Name von Robert Blum und der von Helene Heilbronn. Als ehemaligem Frontkämpfer gelang es Robert Blum, dass die beiden Namen wieder gestrichen wurden und ihnen noch ein kurzer Aufschub gewährt wurde. Am 3. Juni wechselten sie noch einmal innerhalb des Ghettos die Wohnung. Von der Fischstr. 15, wo sie bei ihrer Ankunft zunächst eingewiesen worden waren, zogen sie in die Königsberger Str. 24a. Bevor er den Zug in eines der Vernichtungslager besteigen musste, verstarb er dort am 4. August 1942 angeblich an einem Schlaganfall.[74]
Seine Freundin Helene Heilbronn musste mit ihrer Schwester Frieda Schott und deren elfjährigen Tochter Bella noch die Fahrt nach Chelmo antreten, wo sie auf barbarischste Weise in Gaswagen ermordet wurden.[75]

 

Emma Lichtenstädter, geborene Löwenstein, und ihre Familie

Auch in einer Familie von Emma Löwensteins verstorbenem Ehemann Emil Löwenstein gab es viele Opfer des Holocaust zu beklagen. Seine älteste, ledig gebliebene Schwester Johanna, geboren am 3. Juni  1860 in Trier, war jedoch noch vor der Jahrhundertwende am 21. Dezember 1893 in Trier im Alter von 33 Jahren verstorben.[76]

Die gesamte Familie seiner jüngsten Schwester Emma verlor in der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft ihr Leben. Emma, geboren am 24. März 1873 in Trier,[77]  hatte am 17. Juni 1995 in ihrer Heimatstadt Trier den im hessischen Marköbel geborenen Kaufmann Salomon Lichtenstädter geheiratet. Seine Eltern Moses und Rebekka Lichtenstädter, geborene Strauß, waren inzwischen von Marköbel nach Frankfurt gezogen, wo auch der am 6. Juli 1864 geborene Sohn zum Zeitpunkt der Eheschließung wohnte.[78] In Frankfurt war der Vater bereits vor der Hochzeit seines Sohnes verstorben und auch Max, das einzige Kind des neu vermählten Paares, wurde dort am 2. November 1896 geboren.[79]

Wie lange die Familie noch in der Mainmetropole lebte, bevor sie in die Reichshauptstadt zog, ist nicht bekannt. Erstmals erscheint Salomon Lichtenstädter im Jahre 1908 im Adressbuch der Stadt Berlin, wo er bis zu dem Zeitpunkt seiner Flucht nach Holland mit seiner Familie am Luisenufer 50 wohnte. Nachdem ihr Sohn Max am 15. Juli 1921 durch die Heirat von der aus Speicher bei Bitburg stammenden Sanny Salomon eine eigene Familie gegründet hatte,[80] zog dieser aus und lebte fortan mit seiner am 27. April 1898 geborenen Frau am Halleschen Ufer 6 im dritten Stock. Im folgenden Jahr wurde ihnen am 23. September 1922 die Tochter Ruth geschenkt und dann am 11. August 1927 noch der Sohn Hans.[81]

Emma und Salomon Lichtenstädter waren somit bereits Großeltern als die Nationalsozialisten ihre Herrschaft errichteten. 1936 wechselten zunächst beide Paare die Wohnung, aus welchen Gründen, konnte nicht ermittelt werden. 1937 ist Max Lichtenstädter schon nicht mehr im Adressbuch verzeichnet, sondern nur noch seine Eltern. Laut Gedenkbuch des Bundesarchivs Koblenz war er mit seiner Familie bereits am 5. Oktober 1936 nach Holland geflüchtet, wohin wohl im folgenden Jahr – zumindest sind auch sie im Berliner Adressbuch des Jahres 1938 nicht mehr aufgeführt – auch die Eltern folgten.
Im holländischen Groningen fanden sie wieder zusammen, vermutlich im Glauben, ihren Verfolgern entkommen zu sein. Die Eltern Salomon und Emma Lichtenstädter lebten dort mit der jüdischen Familie Trom zusammen in der Ambonstraat 9a,[82] Max mit seiner Frau und den beiden Kindern in der Troelstralaan 34a.[83] Aber Holland war kein sicherer Ort. Nach dem Überfall der deutschen Truppen auf die westlichen Nachbarn und der Besetzung des Landes wurde – anders als von den Militärs gewollt – unter dem Generalkommissar Seyss-Inquart auch in den Niederlanden eine „zivile Verwaltung“ durch die SS geschaffen, die die Vernichtung der heimischen oder dorthin geflüchteten Jüdinnen und Juden systematisch in die Wege leitete. Lebten 1930 etwa 112.000 Juden im Land, so war ihre Zahl bis zur Okkupation auf etwa 140.000 angestiegen.[84] Bereits zu Beginn des Jahres 1941 waren alle registriert worden, ab Juli wurden die Pässe mit einem „J“ gekennzeichnet und ab Mai 1942 wurde das Tragen des gelben Sterns in der Öffentlichkeit zur Pflicht. Damit waren alle Vorbereitungen für die kommenden Deportationen, getarnt als Arbeitseinsatz, abgeschlossen. Das in den Torfsümpfen gelegene Westerbork wurde als das zentrale Sammellager eingerichtet, von dem aus die Züge in die Vernichtungslager nach Polen, hauptsächlich nach Auschwitz und nach Sobibor, rollten.

Westerbork
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In Westerbork wurden auch Salomon und Emma Lichtenstädter interniert. Emma war, so lässt sich ihrer Karteikarte aus dem Lager entnehmen, bereits am 12. November 1942 gefasst und dorthin gebracht worden,[85] ihren Mann hatte man erst am 10. April des folgenden Jahres dort eingeliefert.[86] Am 25. Mai 1943 brachte sie dann ein Transport in die Vernichtungsstätte Sobibor, das am 28. Mai erreicht wurde. Der Weg von der Rampe führte für die Insassen des Zuges direkt in die Gaskammern.

Emma Lichtenstädter
Sterbeeintrag für Emma Lichtenstädter in Groningen
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Das Schicksal der Familie ihres Sohnes Max ist verbunden mit nur wenig bekannten Plänen innerhalb der SS-Führungsriege in der Endphase des Dritten Reichs. Vom 5. Oktober 1942 bis zum 1. Februar 1944 wurde auch sie in dem Sammellager Westerbork gefangen gehalten.[87] Dann wurden die gesamte Familie nach Bergen-Belsen überstellt, wo sie alle ein weiteres Jahr inhaftiert blieben. Mit diesem 1943 gegründet Lager verfolgten die Nationalsozialisten einen ganz besonderen Zweck. Es sollten hier primär Jüdinnen und Juden gesammelt werden, die quasi als Faustpfand zum Austausch von deutschen Staatsbürgern im Feindesland ausersehen waren – ein Projekt, das allerdings nicht immer im Einklang mit der im RSHA exekutierten Judenpolitik stand und von Eichmann auf jede nur mögliche Weise boykottiert, aber von Himmler im Prinzip mitgetragen und zuletzt auch aus Eigeninteresse sogar sehr gefördert wurde. Auch die Möglichkeit der Devisenbeschaffung spielte bei diesen Planungen eine nicht unwesentliche Rolle.[88]

Salomon Lichtenstädter
Karteikarte der Familie Lichtenstädter aus Westerbork
https://collections-server.arolsen-archives.org/V/Ous_partitions/33/01020402/aa/ev/dn/001.jpg

Holländische Juden wurden neben französischen und belgischen in diesem Konzept wegen ihrer vielfältigen verwandtschaftlichen oder auch wirtschaftlichen Beziehungen zum feindlichen Ausland für einen solchen Menschenhandel als besonders nützlich angesehen. Klar war aber, dass diese, in den Dokumenten als „Austauschjuden“ bezeichneten Insassen der „Endlösung“ zugeführt würden, sollten die Verhandlungen, die auf verschiedenen Ebenen sowohl vom Auswärtigen Amt, wie auch über das RSHA geführt wurden, scheitern. Und letztlich warteten nahezu alle „Austauschhäftlinge“ vergebens auf ihre Freiheit.
Auch die Privilegien, die man ihnen zunächst noch gewährte, wurden auf Grund der immer schwierigeren militärischen und wirtschaftlichen Lage des Reichs immer weiter aufgehoben. Hinzu kam, dass Bergen-Belsen in der Endphase des Krieges auch als Sanitätssammellager für die Erkrankten der anderen Konzentrationslager fungieren sollte. Eine große Zahl von Todkranken wurde in den letzten Monaten, Wochen und sogar noch Tagen nach Bergen-Belsen geschafft, wodurch der Ort zu einem Todeslager für etwa 37.000 Menschen wurde.[89]
Die Kritik an den Zuständen hatte zur Folge, dass Himmler, der weiterhin an seinem Projekt des Gefangenenaustauschs festhielt, den grotesken Befehl gab, dass kein Jude mehr auf „unnatürliche“ Art und Weise ums Leben kommen dürfe.[90] Anfang Februar 1945 hatte tatsächlich eine Austauschaktion von Gefangenen aus Theresienstadt stattgefunden, durch die etwa 1.200 Jüdinnen und Juden gerettet werden konnten, darunter auch die Familie der Tochter von Amalie Hirsch aus Wiesbaden. Geplant waren weitere Züge, auch solche Züge aus Bergen-Belsen, die laut einer Gesprächsnotiz zwischen Eichmann und dem Inspekteur für Theresienstadt Wisliceny zum Ziel hatten, eine Entlastung der Situation in Bergen-Belsen herbeizuführen: „Dort sind jetzt mehr als 60.000 Juden aus den verschiedenen Konzentrationslagern, besonders aus Auschwitz angehäuft. In Zukunft werden Transporte nur noch nach Theresienstadt dirigiert. Wir haben außerdem nach Bergen-Belsen telegraphiert, dass man von dort 3.000 ebenfalls nach Theresienstadt überführen soll, vor allem Juden aus Griechenland und solche mit amerikanischer Staatsangehörigkeit.“[91]

Bergen-Belsen 1945
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/42/The_Liberation_of_Bergen-belsen_Concentration_Camp%2C_April_1945_BU3805.jpg

Aber inzwischen entwickelten sich die Zustände in Bergen-Belsen immer chaotischer, da selbst die SS-Hierarchie zu keinem konsistenten Handeln mehr in der Lage war. Aus den unterschiedlichsten Lagern erreichten noch immer Züge mit völlig entkräfteten und kranken Gefangenen Bergen-Belsen, währen von dort zur gleichen Zeit Transporte in die Lager abgingen, die noch nicht von den alliierten Truppen erreicht worden waren. Der geplante Transport mit den „Austauschjuden“, von denen ein Teil in die Schweiz, andere nach Schweden und Holland gebracht werden sollten, musste verschoben werden, weil der Gesundheitszustand der Ausgewählten inzwischen so miserabel war, dass sie als nicht transportfähig angesehen wurden. Die Gefangenen selbst, vertreten durch einen Judenältesten wehrten sich gegen eine solche Verlegung. 60 Prozent von ihnen waren damals an Fleckfieber, 40 Prozent an Typhus erkrankt.[92] Am 10. März erging eine weitere Anordnung von Himmler, die in ihrer Absurdität nur die Wahnwelt offenbart, in der sich der Reichsführer SS bereits befand, aber keine reale Folgen mehr haben konnte. Er befahl, „dass der Seuche mit allen medizinischen Mitteln entgegengetreten wird. Wir können in Deutschland keine Seuchen auftreten lassen. Es ist weder an Einsatz von Ärzten noch von Medikamenten zu sparen. Die Gefangenen stehen unter meinem besonderen Schutz.“[93]
Am 10. April, die britischen Truppen waren nur noch 15 km vom Lager entfernt, besuchte noch der wenige Tage zuvor von Himmler eingesetzte Reichssonderkommissar für alle Konzentrationslager Kurt Becher Bergen-Belsen. Schon während seines Besuchs war die wohl bereits im Vorfeld beschlossene Aktion, die „Austauschjuden“ aus den verschiedenen Lagerteilen in drei großen Transporten nach Theresienstadt zu bringen, angelaufen. Im ersten Zug befanden sich etwa 2.500, im zweiten 1.700 und im dritten noch einmal 2.500 Menschen.
Über das Schicksal dieser Transporte, besonders des dritten, geben Wencks Recherchen Auskunft:

„Alle „Marschfähigen“ wurden gezwungen, die 5-6 km bis zur Rampe mit ihrem Gepäck zu Fuß zurückzulegen, während für die Kranken, Frauen und Kinder Lastwagen zur Verfügung standen. Auf dem Weg zur Rampe begegneten sie den KL-Häftlingen, die zu diesem Zeitpunkt noch nach Bergen-Belsen geschickt wurden. Bis der Zug gefüllt war, dauerte es allein 36 Stunden, da die etwa 2.500 Menschen so geschwächt waren, daß sie noch nicht einmal zu den LKW, geschweige denn bis zur Verladerampe, zu gehen vermochten. Sogar die in diesem Falle für acht bis zehn Tage berechnete Marschverpflegung in Form von Kohlrüben wurde den meisten zu schwer, so daß sie sich dieser entledigten. Auch dieser [der dritte – K.F.] Zug verließ Bergen-Belsen mit dem Ziel Theresienstadt. Der erste und der dritte Transport irrten durch das zerstörte Deutschland – für die „Evakuierten“ bedeutete diese Fahrt eine Verlängerung ihrer Leiden. Aufgrund der Bombenangriffe betrug die durchschnittliche Fahrtdauer des Zuges, der Bergen-Belsen unter Leitung des SS-Haupsturmführers Heinz Schlegel als erster verlassen hatte, drei bis vier Stunden täglich. Nach einwöchiger Fahrt, auf der es für die Insassen des Zuges keinerlei Verpflegung, kaum Wasser oder nur die Möglichkeit gegeben hatte, den Zug für die Verrichtung der menschlichen Notdurft zu verlassen, wurden sie am 13. April 1945 bei Farsleben/Magdeburg von amerikanischen Truppen befreit. Kurz vor der Ankunft der amerikanischen Truppen setzten sich die 50 Wachleute, die den Transport begleitet hatten, ab, nachdem sie die Häftlinge vor dem Zug zum Appell hatten antreten lassen, um ihre zivile Kleidung gegen Lebensmittelkonserven einzuhandeln. Nach ihrer Befreiung wurden diese ehemaligen Häftlinge zunächst in Farsleben, dann in Hillersleben untergebracht, um von dort in ihre Heimatländer zurückzukehren.

Der dritte „Evakuierungszug“ hatte aus Personenwagen 3. Klasse mit Güterwaggons bestanden und wurde mit 50-60 Personen pro Wagen belegt. Zwei Tage lang hatte der Zug noch an der Eisenbahnrampe gestanden und war erst in der Nacht vom 10. auf den 11. April 1945 abgefahren. Er kreuzte zwei Wochen lang durch Deutschland, bevor die Häftlinge am 25. April bei Tröbitz in der Niederlausitz von sowjetischen Truppen befreit wurden. Während der Fahrt trafen die Insassen dieses Zuges mehrmals auf die ungarischen Häftlinge des zweiten „Evakuierungstransports“, die sich Nahrungsmittel in den verschiedenen Bahnhöfen besorgt hatten und diese nun z.B. an die „Sternlager“-Insassen verkauften oder eintauschten. Die Fahrt ging nur kilometerweise voran, oft mußte der Zug dieselbe Strecke zurückfahren, um Bombardierungen und zerstörten Gleisstrecken auszuweichen. Da die SS-Angehörigen die Häftlinge nicht mehr streng bewachten, war es ihnen möglich, bei den zahlreichen Halten Nahrungsmittel bei Bauern zu kaufen oder zu erbetteln, Wasser zu holen oder gelegentlich sogar zu baden. Obwohl auch die SS-Angehörigen sich zusammen mit dem Lokführer bemühten, Nahrungsmittel herbeizuschaffen, kamen insgesamt 198 Menschen auf dieser Fahrt ums Leben. Flecktyphus, der sich immer weiter ausbreitete, und die allgemeine Erschöpfung waren die Hauptursachen für diese Opfer und auch für solche, die noch nach der Befreiung der Häftlinge zu beklagen waren. In Tröbitz sollten sich dann auf Geheiß der SS alle „Marschfähigen“ zum Weitermarsch bereit machen, doch nur 200 Menschen meldeten sich. Trotz dieser Befehlsverweigerung erfolgten keine Sanktionen, da die SS-Angehörigen inzwischen sich selbst in Gefahr sahen; zum Teil hatten sie daher auch den Häftlingen jetzt persönlich geholfen. Vor der Annäherung sowjetischer Truppen begannen sie, sich abzusetzen und ließen den Zug mit den Austauschhäftlingen zurück. Nach der Befreiung wurden die meisten dieser ehemaligen Häftlinge durch die sowjetische Militärverwaltung in Tröbitz einquartiert.[94]

Namentlich genannte Tode des ‚verlorenen Zuges‘, darunter auch Ruth und Sanny Lichtenstätter
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Dieser letzte der Züge erhielt später die Bezeichnung der „verlorener Zug“. Am Ende seiner Odyssee durch das nicht besetzte Deutschland fand man in den Waggons unter den Gestrandeten 200 Leichen. 320 weitere Menschen starben in den folgenden Tagen und Wochen an der Typhus-Epidemie, darunter auch 26 Tröbitzer.[95] 700 konnten gerettet werden. Max und Sanny Lichtenstädter mit ihren beiden Kindern überlebten die Todesfahrt des „verlorenen Zuges“ nicht. Sie gehören zu denjenigen, an deren tragisches Schicksal in dem kleinen Ort ein Ehrenfriedhof und eine Gedenkstätte erinnern. Ihr Vater ist allerdings dort nicht begraben worden. Als Sterbeort von Max Lichtenstädter wird in den Opferlisten der östlich von Hamburg gelegene Ort Büchen angegeben, ein Ort, den der Zug damals vermutlich passiert hatte. Irgendwo unterwegs auf einer der Etappen hatte Max Lichtenstädter im „verlorenen Zug“ sein Leben verloren.[96]

 

Dr. Ludwig Löwenstein

Wie Emil Löwenstein erlebte auch sein jüngerer Bruder Ludwig die Zeit des Nationalsozialismus selbst nicht mehr. Als er am 27. März 1925 in Trier verstarb, hatte er noch nicht einmal das 58ste Lebensjahr erreicht.[97] Anders als sein Bruder, der das väterliche Geschäft übernommen und als Kaufmann reüssierte, durfte Ludwig studieren. Nach Abschluss seiner Ausbildung ließ er sich als promovierter Arzt und Sanitätsrat in Trier nieder.

Hedwig Löwenstein Isay
Kennkarte für Hedwig Löwenstein, geb. Isay

Am 18. Juni 1891 heiratete er dort Hedwig Isay aus Cochem an der Mosel. Ihr Vater Isidor Isay lebte, wie auch seine Tochter, inzwischen in Trier, während die Mutter Bertha, geborene Hirsch, zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits verstorben war. Hedwig, geboren am 10. Dezember 1867, war damals 23 Jahre, ihr Ehemann zwei Wochen vor der Trauung 24 Jahr alt geworden.[98]
Ein Jahr nach der Hochzeit war am 18. Mai 1892 mit Bertha Charlotte ihr erstes Kind zur Welt gekommen,[99] der Sohn Max Emanuel folgte am 21. Mai 1896.[100] Die Familie lebte in der Simeonstr. 10, wo der Vater auch seine Praxis eingerichtet hatte. Bei ihnen wohnte nach der Jahrhundertwende auch die Mutter bzw. Großmutter Clara Löwenstein. Später zog die Familie des Sohnes in die Saarstr. 13, die Mutter in die Johannisstr. 13, wo sie dann 1920, fünf Jahre vor ihrem Sohn, verstarb.[101]

Neben seiner praktischen Tätigkeit als Mediziner trat Ludwig Löwenstein auch als Autor in Erscheinung. So verfasste er eine Würdigung für einen Trierer Kollegen, der wesentlich zur Eindämmung des Kindbettfiebers beigetragen hatte, und äußerte sich 1897 in einer längeren Abhandlung zur Praxis der Beschneidung von Neugeborenen in der jüdischen Glaubenstradition.[102] Gerade dieser Artikel ist von besonderem Interesse, weil er auch die Haltung des Autors zur jüdischen Glaubenslehre und Kultur offenbart. So lehnt er den Brauch der Beschneidung nicht generell aus medizinischen oder weltanschaulichen Gründen ab, überhöht ihn aber auch nicht dogmatisch. So schreibt er im Vorwort: „Wer übrigens glaubt, in meiner Schrift eine Polemik gegen die rituelle Cireumeision als solcher zu finden, der wird enttäuscht sein: das maasse ich mir gar nicht an, öffentlich den Stab zu brechen über eine biblische Institution, die tausenden so heilig ist, dass sie, ihr nachzukommen, nicht einmal Opfer am Leibe ihrer geliebten Kinder scheuen. Die Formen aber, unter welchen dieser Brauch ausgeübt wird, sind keine biblische, sie sind von Auslegern der Bibel – berufenen wie unberufenen – ersonnen und ausgebildet und demgemäss sind sie wandelbar und tatsächlich im Laufe der Zeit je nach Bedarf unter dem Drucke der Verhältnisse modifiziert worden.“ Welche Form der Ausübung des Brauchs angemessen und erlaubt sein dürfte, sei daher nicht Sache der Theologen, sondern allein die der Ärzte. So erläutert er im Weiteren unter Verweis auf vielfältige Unglücksfälle und Verletzungen die Bedingungen, unter denen an dem Ritual festgehalten werden könne. Man müsse nicht auf den Mohelim, den traditionellen Beschneider verzichten, aber die Ärzte „als Vertreter der Wissenschaft, die bei der Ausübung der Ceremonie der Religion ihre Hand leiht, als Hüter der Humanität und Wächter der Hygiene“ hätten bei diesem Ritual eine entscheidende Verantwortung.[103]
Ohne Zweifel offenbart sich Ludwig Löwenstein als Vertreter eines modernen Judentums, in dem nicht Dogmen und Traditionen, sondern die Erkenntnisse der Aufklärung als Grundslage auch des religiösen Lebens akzeptiert und eingefordert werden sollten. Von daher war es für ihn ganz sicher auch kein Problem, als „Dirigierender Arzt“ auch im Evangelischen Krankenhaus der Stadt tätig zu sein.[104] Unbegreiflich wäre es ganz sicher für ihn gewesen, wie nach seinem Tod die absolute Irrationalität in ganz neuer und unfassbar brutaler Gestalt das Leben der Menschen in Deutschland zu bestimmen vermochte. Betroffen waren davon auch seine Hinterbliebenen.

Gustav Herzberg
Einbürgerungsantrag von Dr. Gustav Herzberg in den USA
https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/3648938:3998?tid=&pid=&queryId=fa92db90-4985-4000-9401-078395c381f8&_phsrc=svo2984&_phstart=successSource

Seine Tochter Charlotte, die am 6. November 1919 in ihrer Heimatstadt den promovierten Chemiker Dr. Gustav Joseph Herzberg geheiratet hatte,[105] musste aus Deutschland fliehen. Ihr Ehemann war am 1. April 1882 in Düren zur Welt gekommen, wo die Eltern, der Kaufmann Leeser Louis Herzberg und seine, zum Zeitpunkt der Hochzeit allerdings bereits verstorbene Frau Ottilie, geborene Salomon, in der Eisenbahnstr. 52b ein Fruchthandelsgeschäft besaßen. Spätestens seit dem Ende des Ersten Weltkriegs lebte der Sohn mit seinem Vater aber in Köln.
Charlotte und Gustav Herzberg blieben nach der Hochzeit in Trier, wo sie in der Saarstr. 19, also in unmittelbarer Nähe zu den Eltern, eine Wohnung angemietet hatten. Dort wurde am 10. August 1921 auch ihre Tochter Eva Ottilie geboren.[106] Noch konnte diese zunächst die öffentlichen Schulen besuchen, musste aber zuletzt auch auf die jüdische Schule der Stadt wechseln. Ihr Vater, der in Trier in der Moltkestr. 7 ein chemisches Labor betrieb, hatte nach dem Machtantritt der Nazis unter den Boykottaufrufen zu leiden. Die Entscheidung der Familie, Nazi-Deutschland zu verlassen, muss schon früh gefallen sein, denn bereits am 30. Oktober 1937 erreichten sie auf dem Schiff „Este“ von Hamburg aus in San Franzisko amerikanischen Boden.[107] Offensichtlich war eine Schwester von Gustav Herzberg mit ihrem Mann schon vorher in die USA emigriert, denn als Kontakt war auf den Papieren ein Schwager Ferdinand Blumenthal im kalifornischen Oakland angegeben. Sie selbst blieben aber in San Franzisko.

Im Februar 1938 beantragten Charlotte und Gustav Herzberg die amerikanische Staatsbürgerschaft,[108] die ihnen im Juli 1943 verliehen wurde.[109] Da Gustav als Chemiker einen begehrten Beruf ausübte, hatte er vermutlich keine Schwierigkeiten Arbeit zu finden. Zumindest beim Zensus des Jahres 1940 war er als Chemiker in einer Großbäckerei angestellt,[110] 1942, als er für den Militärdienst registriert wurde, war er dort bereits zum Chefchemiker aufgestiegen. Nicht verwunderlich, dass sie schon 1940, wenige Jahre nach ihrer Ankunft, ein eigenes Haus in San Franzisko besaßen.

Grab von Gustav Herzberg
https://images.findagrave.com/photos/2017/197/UNCEM_1500264022828.jpg

Gustav Herzberg war aber nur noch eine kurze Zeit in Freiheit und Wohlstand vergönnt. Am 12. November 1944 verstarb er in San Franzisko.[111] Seine Witwe überlebte ihn um mehr als 30 Jahre. Sie verstarb im März 1975 in San Diego, wo inzwischen ihre Tochter Eva lebte.

Einbürgerungsantrag von Eva Ottilie Herzberg in den USA
https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/3648922:3998?tid=&pid=&queryId=8cb6d683-90f6-48c7-9b2b-413e0f65dcd2&_phsrc=svo2986&_phstart=successSource

Sie war in die Fußstapfen ihres Vaters getreten und hatte nach ihrer Schulausbildung einen Masterabschluss im Fach Chemie erworben. Nachdem sie erste Berufserfahrungen in einem Krankenhaus gesammelt hatte, erhielt sie eine Anstellung in der Firma, in der auch ihr Vater tätig gewesen war.
1946 heiratete sie Isador Henry Schwartz und zog mit ihm in dessen Heimatstadt San Diego, wo dieser eine Druckerei besaß. Später lehrte sie Chemie an einem College in San Diego. Mit Joan, Deborah, Amy und Rebecca wurden dem Paar vier Töchter geboren, die inzwischen alle eine akademische Karriere gemacht, eigene Familien gegründet und ihren Eltern eine Reihe von Enkelkindern geschenkt haben.
1991 verstarb Isador Henry Schwartz an Krebs, Eva Schwartz wurde am 13. Februar 2015 auf dem Friedhof von Cypress, etwa 20 Kilometer nordöstlich von Long Beach, Kalifornien, zu Grabe getragen.[112]

Charlottes jüngerer Bruder Max Emanuel hatte zunächst in Trier die höhere Schule besucht, die er 1914 wegen des Kriegsausbruchs nur mit dem „Notabitur“ abschließen konnte.[113] Als Kriegsfreiwilliger war er zunächst in Würzburg stationiert, wo er neben seiner militärischen Ausbildung auch ein Studium der Rechtswissenschaften aufnahm. Spätestens im April 1915 wurde auch er an die Front geschickt und zwar in Flandern. Der Name Ypern steht für eine der wohl grausamsten Schlachten des Ersten Weltkriegs, in der die Deutschen erstmals das Tabu, Gas als Waffe einzusetzen, brachen. Auch Max Löwenstein wurde zu einem Opfer dieser völlig inhumanen Kampfform und musste schwer gezeichnet in ein Lazarett eingeliefert werden.

Kriegsranglisteneintrag für Max Löwenstein
https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/2885637:1631?_phcmd=u(%27https://www.ancestry.de/search/?name=Max_L%C3%B6wenstein&event=_trier-rheinland+pfalz-deutschland_32062&birth=1896&successSource=Search&queryId=893a52b2-f87d-4be0-a67f-bcd13d672e01%27,%27successSource%27)

1916 wurde er aus der Armee entlassen, sodass er wieder seine akademische Ausbildung aufnehmen konnte. Nach dem Studium in Bonn, Berlin und Münster legte er an der letztgenannten Universität 1920 sein Erstes Staatsexamen als Jurist ab. Bei seinem Versuch, 1923 das zweite, das Assessorenexamen, in Berlin abzulegen, scheiterte er und gab daraufhin eine Karriere im Justizwesen auf.
Bereits zuvor hatte er am 30. September 1920 in Trier Marie Gabriele Hiegemann aus Mannheim geheiratet. Sie war am 30. September 1900 als Tochter von Clemens und Clara Hiegemann, geborene Michels, zur Welt gekommen worden.[114] Eine Angabe zur Religion ist im Heiratseintrag weder bei Braut noch Bräutigam gemacht, allerdings ist bekannt, dass Max schon mit 17 Jahren zum Katholizismus konvertiert war. Am 15. Oktober 1923 wurde dem Paar in Mannheim ihr einziges Kind, der Sohn Walter geboren.
Als Einkommen bezog er zunächst eine – vermutlich eher kleine – Rente als Kriegsversehrter vom Versorgungsamt. Da diese nicht ausreichte um eine Familie zu ernähren, ihm diese ohnehin nur bis 1922 gezahlt wurde, war er genötigt, sich daneben auf verschiedene Weise auch als Freiberufler zu betätigen. In den Jahren 1923 bis 1924 soll er während der Besatzungszeit in Ludwigshafen in Diensten des französischen Zollwesens gestanden haben, angeblich – so die Angabe der Staatspolizei Trier im Jahr 1934 – unter dem falschen Namen Max Brun. Über den Zeitpunkt, wann die Familie wieder nach Trier zurückkehrte, liegen keine sicheren Angaben vor. In all den Jahren schrieb Max Löwenstein auch eine Reihe historischer und juristischer Artikel für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften.[115] 1926 übernahm er zudem einen Lehrauftrag mit 4 Wochenstunden an der Provincial-Lehranstalt für Weinbau in Trier, den er bis 1933 ausüben konnte. Mit diesem Jahr begann auch für ihn die Zeit der Verfolgung und bald auch die der Emigration.
Zunächst durfte er als Jude seine Lehrtätigkeit an der Weinbauschule nicht mehr ausüben, des Weiteren konnte er, da er als „gebürtiger Jude“ nicht in die Reichsschriftumskammer aufgenommen wurde, keine Artikel mehr veröffentlichen. Seine Abkehr vom jüdischen Glauben war für die Rassetheoretiker selbstverständlich ohne Belang.
Am gravierendsten war jedoch die gegen ihn erhobene Anklage, er habe Spionage für den Feind, die Franzosen, betrieben. Der Prozess wegen Landesverrats endete am 5. Januar 1935 mit einem Schuldspruch des OLGs Hamm, der ihm drei Jahr Gefängnis einbrachte. Schon seit dem 15. Februar 1934 hatte er als Untersuchungshäftling eingesessen. Da ihm diese Zeit angerechnet wurde, kam er im Februar 1937 wieder frei. Dass es sich dabei um völlig abwegige Anschuldigungen handelte, die vermutlich auch im Zusammenhang mit seiner früheren Anstellung bei den Franzosen gesehen werden müssen, kann man schon daran erkennen, dass das Gericht einem notorischen und bereits verurteilten Betrüger mehr Glauben schenkte, als einem bisher unbescholtenen Menschen – allerdings: einem Juden.[116]

Nach der Entlassung aus dem Gefängnis wurde das Paar am 26. Juni 1935 vermutlich primär aus persönlichen Gründen offiziell geschieden. Marie Gabriele Hiegemann nahm wieder ihren Mädchennamen an und zog zu ihren Eltern.[117]
Nach den Angaben der Polizei in Trier war Max Löwenstein nach seiner Entlassung bis zum 26. August 1939 dort gemeldet, was allerdings nicht den Tatsachen entsprechen kann. Schon im Oktober 1938 wurde ihm laut Anzeige im Deutschen Reichsanzeiger die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen, was bedeutet, dass er zu diesem Zeitpunkt die Staatsgrenze längst überschritten hatte.[118] Laut den Unterlagen des Zensus von 1939 soll er bereits im April 1935 einen Staatsangehörigenausweis erhalten haben, der vermutlich der Ausreise aus Deutschland dienen sollte.[119] Wann er von Trier in den kleinen Ort Sülm bei Bitburg in der Eifel gezogen war, ist nicht bekannt, aber von dort floh er vermutlich am 24. Februar 1937 zunächst nach Luxemburg und dann weiter nach Frankreich.[120] Seinen Lebensunterhalt verdiente er in seinem Exil zunächst als Hilfsarbeiter in einer Brauerei und in einem Hotel. 1938 konnte er dann in Toulouse als Sprachlehrer arbeiten. Seine verwitwete Mutter Hedwig Löwenstein folgte ihm 1939 nach Toulouse, nachdem sie zunächst gezwungen worden war, das Haus in Trier unter Wert zu verkaufen.
Die Phase der relativen Sicherheit in Frankreich war mit Beginn des Kriegs bald vorbei. Schon vom 19. September 1939 sei er bis zum 20. Juni 1940 interniert worden, gab er in seinem Entschädigungsverfahren zu Protokoll. Ob er am Ende entlassen wurde oder ob ihm die Flucht gelang, ist nicht bekannt. In dieser Zeit verstarb seine Mutter am 11. Januar 1941 in Toulouse im Alter von 73 Jahren an Herzschwäche, sicher nicht zuletzt verursacht durch die Strapazen der Flucht und dem Kummer angesichts der bedrohlichen Lage ihrer Familie. Einen Monat nach ihrem Tod entzogen die deutschen Behörden auch ihr am 13. Februar 1941 die Staatsangehörigkeit.[121]

Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft von Max Löwenstein
https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/26056:2027?nreg=1
Hedwig Löwenstein
Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft von Hedwig Löwenstein, geb. Isay.
https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/25981:2027

 

 

 

 

 

 

 

Max Löwenstein selbst konnte im November 1942, nachdem die Stadt von deutschen Truppen besetzt worden war, über die Pyrenäen nach Spanien entkommen – allerdings nicht in die Freiheit. Dort hätten ihn die Polizeibehörden aufgegriffen und ihn zunächst für drei Monate ins Gefängnis im katalonischen Lerida eingeliefert. Die restliche Zeit bis zum Kriegsende bzw. sogar darüber hinaus bis zum 12. Juni 1945 habe er in Gefängnissen in Barcelona und Madrid verbracht.
Nach seiner Freilassung ging er zurück nach Frankreich und auch wieder nach Toulouse. Auch führte ihn sein Weg für eine begrenzte Zeit wieder in das Land, das ihn zuvor zu Flucht gezwungen und ihm die Staatsangehörigkeit entzogen hatte, diesmal aber als Angestellter der französischen Besatzungsbehörden, für die er bis 1948 in Baden-Baden tätig war. Anschließend verdiente er dann seinen Lebensunterhalt wieder in seiner neuen Heimatstadt Toulouse als Sprachlehrer und Übersetzer. Dort verstarb er am 21. Januar 1967.[122] Auch seinem Sohn Walter muss die Flucht nach Frankreich gelungen sein. Möglicherweise war er mit seiner Großmutter 1939 gekommen, zumindest soll er sich damals ebenfalls in Toulouse aufgehalten haben. Über sein weiteres Leben konnte nur ermittelt werden, dass er am 5. Dezember 1991 ebenfalls in Toulouse verstarb.[123] Laut W. Körtels war ihm am 24. März 1947 in Vincennes ein Sohn geboren, dessen Name und dessen Mutter aber nicht bekannt sind.

 

Veröffentlicht: 06. 02. 2024

Letzte Revision: 22. 04. 2024

 

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Anmerkungen:

[1] Auskunft der Verbandsgemeinde Herxheim vom 6.11.2023.

[2] Marie Mayer, geborene Levy, war am 7.10.1872 geboren wurde, sie verstarb am 19.2.1923. Sterberegister Mühlhausen 105 / 1923.

[3] Registriert wurde die Geburt im Standesamt Uchtelfangen, einem Stadtteil von Illingen. Siehe https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/1500953543:61110. (Zugriff: 20.1.2024). Nicht richtig ist die Angabe im Gedenkbuch der Landeshauptstadt Düsseldorf, wonach Theresa Straus in Villingen geboren sein soll.
Siehe https://gedenkbuch-duesseldorf.de/memory-book/blum-robert/. (Zugriff: 20.1.2024).

[4] Geburtsregister Trier 121 / 1873. Adolf verstarb bereits am 9.3.1874 zwei Tage vor seinem ersten Geburtstag in Trier, Sterberegister Trier 93 / 1874.

[5] Geburtsregister Trier 626 / 1878

[6] Geburtsregister Trier 481 / 1880. Der Geburtstag ist im Gedenkbuch des Bundesarchivs Koblenz fälschlicherweise mit dem 2. statt dem 1. September angegeben. Das war der Tag der Registrierung, aber nicht der der Geburt.

[7] https://www.volksfreund.de/region/trier-trierer-land/podcast-praesentiert-geschichte-der-juedischen-trierer-familie-loeb_aid-56036097. (Zugriff: 20.1.2024).

[8] Sterberegister Trier 61 / 1920. Zuletzt hatte sie dort in der Fleischerstr. 77 gewohnt.

[9] Heiratsregister Trier 243 / 1890.

[10] Sterberegister Trier 146 / 1891. Die Eltern von Emanuel Löwenstein waren der Metzger Isaak Löwenstein und seine Frau Hannchen Emanuel, die beide in New York verstarben. Ihr Sohn Emanuel war noch in Rennerod im Westerwald geboren worden.

[11] https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/91941:61707?tid=&pid=&queryId=91e1597d-426d-4757-b6bc-6dbda57aa22b&_phsrc=svo2428&_phstart=successSource. (Zugriff: 20.1.2024)

[12] Ihre Eltern waren Mendel und Babette Auerbach, geborene Schloss, siehe Geburtsregister Trier 221 / 1837.

[13] Geburtsregister Trier 257 / 1860.

[14] Geburtsregister Trier 158 / 1873.

[15] Heiratsregister Trier 108 / 1891.

[16] Sterberegister Trier 146 /1891.

[17] Sterberegister Trier 46 / 1891.

[18] Geburtsregister Trier 573 / 1893.

[19] Sterberegister Trier 83 / 1920.

[20] https://de.wikipedia.org/wiki/Creditreform und https://www.creditreform.de/fileadmin/user_upload/central_files/img/startseite/creditreform/presse/Creditreform_Presseinformation_Unternehmensgeschichte.pdf. (Zugriff: 20.1.2024).

[21] Sterberegister Trier 9067 / 1929.

[22] HHStAW 519/3 4578 (4).

[23] Ebd. (1).

[24] Ebd. (8).

[25] Ebd. (10). Die Angabe über den Umzug stimmt mit dem auf ihrer Gestapokarteikarte notierten Datum überein.

[26] Ebd. (12), eine definitive Genehmigung ist aber in den Akten nicht vorhanden.

[27] Ebd. (13).

[28] Ebd. (15).

[29] Heiratsregister Trier 228 /1895.

[30] HHStAW 519/3 4578 (17).

[31] Ebd. (19, 21). Ein weiterer gleich lautender Betrag ging noch einmal im Januar 1943 ein, da war Emma Löwenstein längst tot. Ebd. (24).

[32] Ebd. (20).

[33] Sterberegister Wiesbaden 1854 / 1942.

[34] HHStAW 519/2 1381 o.P.).

[35] https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/30928427:61584 und https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/2045541:1174. (Zugriff: 20.1.2024).

[36] Geburtsregister Malmö 120 / 1886, https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/40434274:2262. (Zugriff: 20.1.2024).

[37] Seine Eltern waren Frans Gustaf und Anna Sofia Pearson, geborene Jansson. Seine Geschwister Ragnar Alexander, Ture Gustaf, Selma Sofia und Ellen Maria, siehe https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/228314:61085?ssrc=pt&tid=103064012&pid=260025580268. (Zugriff: 20.1.2024).

[38] https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/937121:1174?tid=&pid=&queryId=91b7df00-7d5f-4eda-8d17-4970c712dc04&_phsrc=svo2494&_phstart=successSource. (Zugriff: 20.1.2024).

[39] https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/301128082:60871. (Zugriff: 20.1.2024).

[40] Bei der im Heiratsregister 1970 bis 1979 von Onsoe-Ruhman, Kalifornien, eingetragenen Eheschließung einer Esther Pearson mit einem Eugen Alexander, die am 23.10.1971 stattfand, handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um die Tochter von Harold und Anna Pearson. https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/7874370:1144. Die Ehe wurde aber im folgenden Jahr wieder geschieden. Ester soll am 15. 2. 2006 in Corona, Kalifornien verstorben sein. Siehe https://www.ancestry.de/family-tree/person/tree/103064012/person/260179339383/facts. (Zugriff: 20.1.2024).

[41] Heiratsregister Trier 228 / 1895.

[42] https://museenkoeln.de/ns-dokumentationszentrum/default.aspx?s=2523&sfrom=1200&stid=2872&stt=K%C3%B6ln%20-%20Neustadt-S%C3%BCd#prettyPhoto. (Zugriff: 20.12.2023). Die biografischen Angaben folgen weitgehend dem dort veröffentlichten Beitrag.

[43] https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1555241 und https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de994262. (Zugriff: 20.12.2023).

[44] https://museenkoeln.de/ns-dokumentationszentrum/default.aspx?s=2523&sfrom=1200&stid=2872&stt=K%C3%B6ln%20-%20Neustadt-S%C3%BCd#prettyPhoto. (Zugriff: 20.12.2023).

[45] Die gesamte Veranstaltung ist online abrufbar unter https://www.landtag.nrw.de/home/mediathek/videoportal/veranstaltungen-und-ausstellunge/gedenken-an-opfer-der-reichspogr.html. (Zugriff: 20.1.2024).

[46] Heiratsregister Trier 75 / 1903.

[47] Siehe dazu oben das Kapitel über Albert und Olga Mayer.

[48] Siehe zu Robert Blum im vorliegenden Artikel den Abschnitt unten.

[49] Geburtsregister Düsseldorf 7229 / 1903.

[50] https://gedenkbuch-duesseldorf.de/memory-book/mayer-otto/. (Zugriff: 20.1.2024).

[51] Heiratsregister Düsseldorf 202 / 1931. Geboren wurde sie am 4.1.1909 in Düsseldorf, siehe Geburtsregister Düsseldorf 42 / 1909.

[52] Die Änderung des Familiennamens erfolgte am 4.8.1932. Nach der Einbürgerung am 29.10.1952 wurde der Name am 26.11.1952 wieder in Mayer geändert. Angabe des Stadtarchivs Düsseldorf.

[53] Information Stadtarchiv Düsseldorf.

[54] https://www.mappingthelives.org/bio/ec093911-10e2-467b-9529-0a7485a23b24. (Zugriff: 20.1.2024).

[55] Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf, Konvolut Mayer, GED-31-250-300 (Briefe).

[56] Ebd.

[57] Ebd.

[58] Ebd.

[59] Ebd.

[60] Ebd.

[61] Ebd.

[62] Ebd.

[63] Ebd.

[64] https://ca.jewishmuseum.cz/media/zmarch/images/3/2/6/85697_ca_object_representations_media_32630_large.jpg. (Zugriff: 20.1.2024).

[65] https://ca.jewishmuseum.cz/media/zmarch/images/4/0/4/98384_ca_object_representations_media_40407_large.jpg. (Zugriff: 20.1.2024).

[66] Ein eindrucksvolles Dokument seines Schaffens hat das Kulturamt Neuss in Form eines Videos veröffentlicht, siehe https://www.youtube.com/watch?v=magXrwYhJy0. (Zugriff: 20.1.2024).

[67] Zu Helene Heilbronn und ihrem Ehemann Moritz Heilbronn siehe https://gedenkbuch-duesseldorf.de/memory-book/heilbronn-helene/. (Zugriff: 20.1.2024). Helene Heilbronn kam alleine in das Judenhaus. Ihr Mann, ein ehemaliger Lehrer, war am 11.2.1941 in die Heil- und Pflegeanstalt Grafenberg eingeliefert und von dort wenig später in die Mordanstalt Hadamar überführt und umgebracht worden.

[68] Ein Faksimile dieses Schreibens mit allen organisatorischen Hinweise, z.B. zum mitzunehmenden Gepäck, ist abgedruckt in Gottwaldt / Schulle, Judendeportationen, S. 56 ff.

[69] https://gedenkbuch-duesseldorf.de/memory-book/blum-robert/. (Zugriff: 20.1.2024).

[70]. Eine umfassende, 435 Seiten umfassende und reich mit Dokumenten und Fotos bebilderte Dokumentation über diese Deportation wurde von Angela Genger und Hildegart Jakobs im Jahr 2010 herausgegeben. Ausführlich wird darin auch auf die Lebensverhältnisse im Ghetto eingegangen. Siehe auch Gottwaldt / Schulle, Judendeportationen, S. 78 f.

[71] https://gedenkbuch-duesseldorf.de/memory-book/blum-robert/. (Zugriff: 20.1.2024).

[72] Ebd.

[73] Ebd.

[74] https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de845352 und https://gedenkbuch-duesseldorf.de/memory-book/blum-robert/ (Zugriff: 20.1.2024).

[75] Zum Vernichtungslager Chelmo und den dort angewandten Tötungsverfahren siehe Im Schatten von Auschwitz, S. 45-61. Der Todestag von Helene Heilbronn war der 3.10.1942, siehe https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de854773. (Zugriff: 20.1.2024).

[76] Geburtsregister Trier 257 / 1860 und Sterberegister Trier 853 / 1893.

[77] Heiratsregister Trier 103 / 1895.

[78] Ebd.

[79] Geburtsregister Frankfurt 5115 / 1896.

[80] https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/413:60772. (Zugriff: 20.1.2024).  Sanny Salomon war die Tochter von David und Auguste Salomon, geborene Abraham.

[81] https://www.wiewaswie.nl/nl/detail/print/14100658. (Zugriff: 20.1.2024).

[82] https://www.joodsmonument.nl/nl/page/137128/salomon-lichtenst%C3%A4dter. (Zugriff: 20.1.2024).

[83] https://www.joodsmonument.nl/en/page/135242/sanny-lichtenst%C3%A4dter-salomon. (Zugriff: 20.1.2024).

[84] Wenck, Bergen-Belsen, S. 202.

[85] https://collections-server.arolsen-archives.org/V/Ous_partitions/33/01020402/aa/ev/dj/001.jpg. (Zugriff: 20.1.2024).

[86] https://collections-server.arolsen-archives.org/V/Ous_partitions/33/01020402/aa/ev/di/001.jpg. (Zugriff: 20.1.2024).

[87] https://www.oorlogsbronnen.nl/tijdlijn/Max-Lichtenst%C3%A4dter/01/70221. (Zugriff: 20.1.2024).

[88] Siehe zur Rolle von Bergen-Belsen die Untersuchung von Wenck, Bergen-Belsen.

[89] Über die Verhältnisse im Lager sandte der damalige Leiter des KZs Kramer an seine Vorgesetzten in Berlin, den SS-Gruppenführer Glück als Inspekteur der Lager, am 1.3.1945 einen ungeschönten Bericht. Das Lager sei zu 30 Prozent überbelegt, es gäbe nicht genügend Schlafmöglichkeiten, sodass die Häftlinge im Sitzen schlafen müssten. Lebensmittel, wie Kartoffeln und Steckrüben würden nur noch für eine Woche ausreichen und es gebe auch keine Möglichkeit, weitere zu beschaffen. Zum Krankenstand schrieb er: „Der Krankenstand ist im Verhältnis zur Zahl der hier untergebrachten Häftlinge sehr hoch. Bei meiner Vorstellung am 1.12.44 in Oranienburg sagten Sie mir, daß Bergen-Belsen Krankenlager für alle Konzentrationslager in Norddeutschland werden soll. Besonders durch die in letzter Zeit aus dem Osten eingehenden Häftlingstransporte, die teilweise 8-10 Tage in offenen Loren gefahren wurden, hat sich die Zahl der Kranken ganz gewaltig gesteigert […] Die Kranken siechen hier langsam hin, bis sie an Herz- und Kreislaufschwäche eingehen. Wie schon geschrieben ist der tägliche Anfall an Toten 250-300. Von dem […] der eingehenden Transporte aus dem Osten kann man sich am besten eine Vorstellung machen, wenn ich mitteile, daß einmal bei einem Transport mit 1.900 Häftlingen über 500 Tote mitkamen. Die Bekämpfung des Fleckfiebers ist wegen Mangel an Desinfektionsmitteln sehr erschwert.“ Ebd. S. 356.

[90] Ebd. S. 358 f.

[91] Zit. nach ebd. S. 363.

[92] Ebd. S. 365.

[93] Zit. nach ebd. S. 367.

[94] Ebd. S. 369-370. Hier sind auch die jeweiligen Quellen angegeben.

[95] Siehe dazu https://www.gemeinde-troebitz.de/seite/36472/allgemeines.html mit weiterführender Literatur. (Zugriff: 20.1.2024).

[96] Er wurde für tot erklärt. Sein festgesetzter Todestag ist der 15. April 1945, siehe https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de915640. (Zugriff: 20.1.2024).

[97] Sterberegister Trier 279 / 1925.

[98] Heiratsregister Trier 108 / 1891.

[99] Geburtsregister Trier 417 / 1892.

[100] Geburtsregister Trier 407 / 1896.

[101] Sterberegister Trier 83 / 1920.

[102] file:///C:/Users/Nutzer/Downloads/Die%20Beschneidung%20im%20Lichte%20der%20heutigen%20medicinischen%20Wissenschaft.pdf. (Zugriff: 20.1.2024).

[103] Er verweist in seinem Text auch darauf, dass die Beschneidung kein Spezifikum der jüdischen Religion sei, sie zudem auch an Personen nichtjüdischen Glaubens ausgeübt wurde, die im Haus von Juden als Knechte oder dergleichen lebten, andererseits aber selbst Moses währen des Auszugs aus Ägypten über 40 Jahr auf die Beschneidung verzichtet habe, sie somit kein konstitutives Element jüdischer Identität sein kann.

[104] Siehe z.B. das Adressbuch des Jahres 1901, S. 143.

[105] Heiratsregister Trier 566 / 1919. Gustav Joseph hatte die drei Geschwister Jenny, geboren 1878, Maximiliam, geboren 1879, und Alfred, geboren 1883, siehe https://www.geschichtswerkstatt-dueren.de/juedische-mitbuerger-innen/article/1733-herzberg. (Zugriff: 20.1.2024).

[106] https://www.agf-trier.de/wp-content/uploads/2018/07/Romika_druck.pdf. (Zugriff: 20.1.2024).

[107] https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/835000:7949. (Zugriff: 20.1.2024).

[108] https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/3648938:3998?tid=&pid=&queryId=63e72b0c-50d1-4349-9880-9fd6b03ae15f&_phsrc=svo2533&_phstart=successSource und https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/3648922:3998?tid=&pid=&queryId=d1d69a95-6672-4baa-afab-6e356fed36ee&_phsrc=svo2535&_phstart=successSource. (Zugriff: 20.1.2024).

[109] https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/5535459:1629?tid=&pid=&queryId=f5756d76-5353-4f28-86dc-587b9f1c83fb&_phsrc=svo2547&_phstart=successSource. (Zugriff: 20.1.2024).

[110] https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/72275158:2442. (Zugriff: 20.1.2024).

[111] https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/7663290:60901. (Zugriff: 20.1.2024).

[112] Die Informationen über Eva Herzberg – Schwartz basieren auf einem von Willi Körtels bearbeiteten Artikel in: The Jewish News of Northern California vom 27.2.2015. Veröffentlicht ist er unter https://www.mahnmal-trier.de/Biographien_Nachtrag_23.pdf. (Zugriff: 20.1.2024).

[113] Über Max Löwenstein hat W. Körtels aus Trier umfassende Recherchen angestellt und in einem bisher unveröffentlichten Text zusammengefasst, der auch mit den entsprechenden Quellenangaben ausgestattet ist. Dieses Typoskript hat W. Körtels dem Autor des hier vorliegenden Textes freundlicherweise vorab zur Verfügung gestellt. Im Rahmen dieser Arbeit kann nur auf die wesentlichen Aspekte des Schicksals von Max Löwenstein eingegangen werden. Wenn nicht anders angegeben, dann beruhen die Angaben zur Biographie auf den Recherchen von W. Körtels. Sobald sein Text veröffentlicht wird, wird hier der entsprechende Quelleverweis eingefügt werden.

[114] Heiratsregister Trier 634 / 1900. Zu ihrer Herkunftsfamilie siehe den Familienbogen aus Mannheim unter https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/136882:7575. (Zugriff: 20.1.2024).

[115] Genannt seien hier die folgenden Veröffentlichungen: Strafvollstreckung im ausgehenden Kurstaate Trier, in: Trierische Chronik NF XV. 1918/19, S. 89-91; Von Recht und Wirtschaft im Kurstaate Trier, Trier 1926; Ein Beitrag zur Geschichte der Burg Montclair, in: Trierische Heimat 1927/28, S. 153-154; Zur Industriegeschichte Triers: Kalköfen in Zewen im 18.Jahrhundert, in: Trierische Heimat 1927/28, S. 108-109; Das kurtrierische Artillerie- und Ingenieurskorps, in: Rheinische Heimatblätter 1926, S. 320-323. Nach dem Krieg erschien 1948 in der Schweizer Juristenzeitschrift noch der Aufsatz: Die Franko-Saarländische Justiz-Konvention und ihr Einfluss auf das Justizwesen des Saarlandes. Die Hinweise auf die Veröffentlichungen von Dr. Max Löwenstein verdanke ich W. Körtels aus Trier.

[116] Es ist im gegebenen Rahmen nicht möglich, die von W. Körtels aufgearbeiteten Prozessakten umfassend wiederzugeben. Angeblich hatte Max Löwenstein seinen hoch verschuldeten Prozessgegner, der zugleich ein Darlehensnehmer von ihm war, erpresst und von ihm die Übergabe militärischer Geheimnisse verlangt, um diese dann an Luxemburg bzw. Frankreich weitergeben zu können. Der Prozess ist auch insofern von besonderem Interesse, weil er im Entschädigungsverfahren von Max Löwenstein eine Rolle spielte. Eine Entschädigung wurde ihm mit dem hinlänglich bekannten Argument verweigert, dass das, was damals Recht gewesen sei, jetzt – 1955 – nicht Unrecht sein könne. Zudem sei Landesverrat in allen Staaten ein schweres Verbrechen. Unabhängig davon, dass Max Löwenstein einen solches „Verbrechen“ mit größter Wahrscheinlichkeit gar nicht begangen hatte, besteht der eigentliche Skandal darin, dass man nicht bereit war, zwischen einem verbrecherischen Staat und einem Rechtsstaat zu unterscheiden.

[117] Heiratsregister Trier 634 / 1920 Beischreibung.

[118] https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/26056:2027. (Zugriff: 20.4.2024).

[119] https://www.mappingthelives.org/bio/df2f9b66-193a-490b-90d9-71900c7e93d6. (Zugriff: 20.1.2024).

[120] Die Angabe beruht auf einer Information, die W. Körtels von M. Junk übernommen hat, die dessen Datenbank „Jüdinnen und Juden in Trier“ entstammt.

[121] https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/25981:2027?nreg=1. (Zugriff: 20.4.2024).

[122] Körtels, Jüdische Biographien Trier, S. 184

[123] https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/6451633:62201?_phcmd=u(%27https://www.ancestry.de/search/?name=Walter_L%C3%B6wenstein&event=_trier-rheinland+pfalz-deutschland_32062&birth=1922&successSource=Search&queryId=66484a2a-1258-4203-a7e9-eacefc3a6ce8%27,%27successSource%27). (Zugriff: 20.4.2024).