Cheruskerweg 3


Henriette Heinrich Leoni Juden Wiesbaden
Das ehemalige Judenhaus im Cheruskerweg 3
Eigene Aufnahme
Judenhaus Wiesbaden Cheruskerweg 3 Leoni Henriette Heinrich Heinz Rosa Rosaline Gutman Wiesbaden
Lage des ehemaligen Judenhauses Cheruskerweg 3 in Wiesbaden-Biebrich
Belegung des Judenhauses Cheruskerweg 3

 

 

 

 

 


Henriette Leoni, ihr Sohn Heinrich und ihre Mutter Rosalin Marcus

Wie das Haus im Cheruskerweg 3 auf die Liste der Judenhäuser kam, ist kaum zu verstehen, weil es für die beabsichtige Nutzung, die Zusammenführung von Juden im Hinblick auf die Deportation, eigentlich völlig ungeeignet war. Es handelt sich hier um ein, wenn auch großzügiges Einfamilienhaus, in dem im Untergeschoß eine große Küche, im Parterre zwei Zimmer und eine geräumige Diele und im Obergeschoß noch einmal drei Zimmer gelegen waren. Daneben verfügte das Haus über einige Kellerräume, eine Dachkammer und einen Bodenraum.[1] In dem Haus hatte nach seiner Fertigstellung immer nur die Eigentümerfamilie gewohnt und selbst in der Zeit, als auch in Wiesbaden Juden zwangsweise umgesiedelt wurden, kamen nur zwei zusätzliche Mieter für wenige Wochen hinzu.

Das Haus liegt außerhalb des Stadtgebiets auf dem Mosbacher Berg, einem Viertel, das erst ab der Mitte des 19. Jahrhunderts sowohl von dem damals noch selbstständigen Biebrich als auch von Wiesbaden aus allmählich erschlossen wurde. Da, wo man von Wiesbaden aus den schönsten Blick in das Rheintal hat, wo seit der Mitte des 19. Jahrhunderts mit dem dortigen Aussichtsturm, mehreren Gaststätten mit Tanzlokalen und Biergärten ein gern besuchtes Ausflugsziel entstanden war, wo durch den Ausbau alter Feldwege zur Biebricher Allee und der Einrichtung einer Dampfbahn auch eine zeitgemäße Verkehrsanbindung realisiert worden war, begannen Ende des 19. Jahrhunderts die Planungen, dieses gesamte Areal durch private Investoren als attraktives Villengebiet für finanzkräftige Bürger, Zuwanderer und Rentiers weiter zu erschließen. Bereits in den Jahren vor der Jahrhundertwende hatten einzelne Persönlichkeiten wie der Dichter Gustav Freytag, der Schaumweinerzeuger Cassella oder der Ziegeleibesitzer Beckel hier Villen bezogen bzw. errichten lassen.

Einer der Investoren war der Biebricher Bauunternehmer Carl Störmann, der, unterstützt von den städtischen Gremien, das große Gebiet westlich der Biebricher Allee zwischen der heutigen Nassauer Straße und dem Cheruskerweg erstand, um dort eine Villenkolonie mit 30 bis 40 Landhäusern zu errichten. Drei Mustervillen, die 1906 fertig gestellt wurden, sollten die potentiellen Käufer vom Konzept und der Wohnqualität überzeugen. Eines der ersten Häuser, ein vergleichsweise einfaches Landhaus, errichtete sich der Investor Störmann selbst und bewohnte es über zwei Jahre während der Bebauung des gesamten Areals: das Haus im Cheruskerweg 3.[2] Am 3. Mai 1907 erwarb der Kaufmann Julius Leoni das Haus von seinem Vorbesitzer.[3]

Leoni Judenhaus Wiesbaden Cheruskerweg 3
Gründungsurkunde des Unternehmens
HHStAW 469/33 1170

1892 war Julius Leoni mit seinem Bruder Max Leoni von Düsseldorf nach Wiesbaden gekommen,[4] um hier den Sitz bzw. die Dependance des Familienunternehmens anzusiedeln. Zuvor bestand bereits in Düsseldorf eine von ihrem Vater Jakob Cohen gegründete Handelsgesellschaft für Wein und Sprituosen, die schon zu dieser Zeit eine Niederlassung in Mainz gehabt haben muss. Laut Düsseldorfer Adressbuch von 1890 nannte sich Jakob Cohen bereits Cohen-Leoni.[5] Er hatte seinem jüdisch klingenden Namen den „neutraleren“ Geburtsnamen seiner allerdings ebenfalls jüdischen Frau angehängt. Ob damit auch eine Distanzierung von der jüdischen Kultur und Religion einherging, ist nicht bekannt. Die beiden Söhne Julius und Max legten den eindeutig jüdischen Namensteil dann ganz ab, Max bereits 1892, Julius 1898.[6]

Judenhaus Cheruskerweg 3 Leoni Marcus Gutmann
Stammbaum der Familie Leoni / Marcus
(GDB-PLS)

In einem Schriftwechsel mit dem Wiesbadener Amtsgericht etwa zwanzig Jahre nach ihrem Umzug in das Rhein-Main-Gebiet wehrte sich Julius Leoni vehement gegen das Ansinnen des Gerichts, den vor vielen Jahren vollzogenen Namenswechsel noch einmal durch entsprechende Anzeigen in den örtlichen Zeitungen publizieren zu lassen. Das sei ihm „persönlich sehr unerwünscht“ und würde „in den interessierten Handelskreisen kaum verstanden“, da er hier nie anders als mit „Leoni“ gezeichnet habe.[7] Die Quellen erlauben kein Urteil darüber, ob den Brüdern ihre jüdischen Wurzeln selbst peinlich und unangenehm waren, oder ob sie angesichts des im Kaiserreich immer wieder aufkeimenden Antisemitismus eher geschäftliche Nachteile und gesellschaftliche Isolation befürchteten, sollte ihr wirklicher Name auf einmal einen solchen, bisher verschwiegenen Bezug ermöglichen.

Im Wiesbadener Adressbuch von 1894/1895 sind Julius und Max Leoni erstmals als Bewohner der Stadt eingetragen, beide mit der Adresse Goethestr. 11, der heutigen Mathias-Claudius Straße. Hier waren auch die beiden Firmen gemeldet: „Leonie & Co“, eine Weingroßhandlung, und die bekannte Cognac-Brennerei „Goupil, Leoni Fils & Co.“ Letztere war ursprünglich 1882 in Bordeaux in Frankreich gegründet worden, aber 1898 unter Beibehaltung des wohlklingenden Namens in die alleinigen Hände der Leonis übergegangen.[8] Die Wohnadressen und damit auch die Firmenadressen der beiden Brüder wechselten in den Folgejahren mehrfach. Während Max zunächst nur von der Goethestrasse 1895/96 in die Oranienstr. 54 und anschließend, um die Jahrhundertwende, noch in die Adelheidstr. 91 zog, wechselte sein Bruder bereits 1895 erstmals seine Unterkunft, blieb allerdings in der gleichen Straße. Im folgenden Jahr wohnte er in der Adelheidstr. 83, ab 1901/02 im 3. Stock des Hauses Kaiser-Friedrich-Ring 29. Nicht bekannt ist, wann und wo Julius Leoni die am 12. März 1870 in Frankfurt geborene Henriette Marcus geheiratet hat.[9] In der neuen Wohnung kam am 30. Juni 1902 das erste Kind des Paares, der Sohn Hermann Ernst zur Welt. Möglicherweise war die Geburt des zweiten Sohnes Heinrich, genannt Heinz, am 8. Januar 1905 der Grund dafür, dass die Familie damals in das nahegelegene Haus mit der Nummer 47 zog.

Leonie Wiesbaden Judenhaus Chewruskerweg 33 Henriette Heinrich
Briefköpfe des Unternehmens
HHStAW 469/33 1170

Im Jahr zuvor war bereits der Sitz der Unternehmen in das neue Viertel seitlich der heutigen Biebricher Allee verlegt worden, wo Max Leoni das Haus an der Ecke Neuendorfer Straße / Biebricher Straße erworben hatte.[10] Im folgenden Jahr kaufte der Bruder die weiter oben auf der Adolfshöhe gelegene Landhausvilla im Cheruskerweg 3.

Über die geschäftliche Entwicklung der beiden Unternehmen ist wenig bekannt, da Steuerakten nicht mehr existieren. Vermutlich vor 1912 muss Max Leoni wieder zurück in seine Heimatstadt Düsseldorf verzogen sein. Er blieb aber weiterhin Gesellschafter der in Wiesbaden verbliebenen Unternehmen.[11] Nur wenige Jahre später verstarb sein Bruder Julius,[12] womit die Auflösung der Unternehmen begann. Auch der ältere Sohn von Julius und Henriette Leoni, Hermann Ernst, muss zu diesem Zeitpunkt schon gestorben sein, denn Max Leoni erwähnt im Zusammenhang mit den sich nun ergebenden Erbschaftsangelegenheiten, dass Heinz der einzige Sohn des Paares sei.[13]

Werbung der Firma Goupil, Leoni Fils & Co.
Werbung der Firma Goupil, Leoni Fils & Co.
HHStAW 469/33 1170

Zwar hatte Max Leoni mit den Erben von Julius, der Witwe Henriette Leonie und ihrem Sohn Heinz, vereinbart, das Unternehmen weiterzuführen, aber schon in dieser Übereinkunft war der alsbaldige Austritt von Max aus der Gesellschaft festgelegt worden.[14] Etwa ein Jahr später, am 18. Oktober 1916 wurde die Gesellschaft dann gänzlich aufgelöst und das Unternehmen an den Wiesbadener Weinhändler Christian Brückel veräußert.[15]

Das weitere Leben von Henriette und ihrem Sohn Heinz bleibt für die folgenden Jahre weitgehend im Dunkeln.

Heinrich hatte nach seinem Abitur noch ein Studium aufnehmen können, das er mit der Zulassung zum Lehramt an Gymnasien in den Fächern Deutsch, Geschichte und Geographie abschließen konnte. Seine weitere praktische Ausbildung absolvierte er an dem Staatlichen Reform-Realgymnasium am Luisenplatz und an der Riehlschule in Biebrich. In den verschiedenen Zeugnissen von Schulleitung und ausbildenden Kollegen wurde ihm eine umfassende wissenschaftliche Bildung attestiert, im Unterricht scheint er aber wegen seiner – so ihm Gutachten des Direktors Wallbott – „etwas ängstlich und zaghaft(en) Natur“ mitunter Probleme mit den Schülern gehabt zu haben.[16] Ob er nach Beendigung seiner Referendariatszeit noch eine Anstellung erhalten hatte, geht aus der Akte nicht hervor. Somit ist auch nicht klar, ob er mit einem eigenen Gehalt zum gemeinsamen Lebensunterhalt beitragen konnte. Aber spätestens mit dem sogenannten „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933 wird auch er entlassen worden und ohne Einkommen gewesen sein.

Inzwischen hatte sich der Haushalt um eine weitere Person erweitert. Laut dem Eintrag auf ihrer Gestapo-Karteikarte war 16. Juli 1939 Rosa Marcus aus München kommend bei ihnen eingezogen. Rosa, genauer Rosalin Marcus, geboren am 17. Januar 1851 in Hohebach bei Künzelsau in Württemberg, war die Mutter von Henriette Leoni.[17] Henriette war das erste von insgesamt drei Kindern des Kaufmanns Hermann Marcus und seiner Frau. Es folgten vermutlich zunächst der Sohn Karl, dessen Geburtsdatum aber nicht bekannt ist und dann die Tochter Ida, die etwa neun Jahre später, am 25. April 1879 in München geboren wurde. München scheint dann auch der Lebensmittelpunkt der Familie geblieben zu sein. Nicht nur kam die Mutter von dort nach Wiesbaden, auch die beiden Geschwister von Henriette, der ledig gebliebene Karl und die Schwester Ida, die dort mit dem Architekten Paul Wilhelm verheiratet war, lebten in den dreißiger Jahren noch in der bayrischen Metropole.

Von der Mutter liegen leider keinerlei Akten vor, sodass auch nicht zu sagen ist, ob sie eine weitere finanzielle Last darstellte oder etwas zum gemeinsamen Einkommen beitragen konnte. Rosa Marcus verstarb ein halbes Jahr bevor die Deportationen von Wiesbaden aus einsetzten am 17. Oktober 1941 im Alter von 90 Jahren an Herzversagen.[18]

Mit dem Erlass einer Sicherungsanordnung im Jahr 1940 forderte die Devisenstelle Frankfurt von Mutter und Sohn eine Vermögenserklärung. Während die Mutter noch knapp 7.500 RM angeben konnte – mehr als die Hälfte umfasste der Wert des Hausgrundstücks, das 1935 mit einem Einheitswert von 8.200 RM taxiert worden war -, schrieb Heinz Leoni, dass er keinerlei Vermögen, weder Bankkonten, noch andere Werte als seinen Anteil am Haus besitzen würde.[19] Auch wenn die Akten darüber keine Auskunft geben, so wird man zumindest Henriette Leoni nach der Reichspogromnacht zur obligatorischen „Sühneleistung“ herangezogen haben. Im Mai 1940 wurde das Konto von Henriette Leoni gesichert und ihr ein Freibetrag von 300 RM zugesprochen.[20] Heinrich blieb wegen des nicht vorhandenen Vermögens von der Maßnahme befreit, erhielt aber auch nur einen Freibetrag von 150 RM Diesen Betrag, den er in bar in Empfang nehmen durfte, erhielt er von seinem Onkel Karl Marcus aus München.[21] Ihren Lebensunterhalt mussten sie ansonsten aus den geringen Erträgnissen des kleinen Depots von knapp 3.000 RM bestreiten.

Am 29. Dezember 1941 verstarb Karl Marcus. Zwei Monate später teilte die Devisenstelle München ihren Kollegen in Frankfurt mit, dass Henriette Leoni und ihre Schwester Ida den Verstorbenen beerben und sie somit jeweils zur Hälfte in den Besitz des Nachlasses von mehr als 100.000 RM kommen würden. Das Vermögen von Karl Marcus bestand aus einem beträchtlichen Bankguthaben, aber zum größeren Teil aus Ansprüchen in Form verzinslicher Darlehen.[22] Aber einen Nutzen hatten die Angehörigen von diesem Erbe nicht mehr.

Im April 1942 mussten sie der Devisenstelle noch einmal ihre Lebenshaltungskosten mitteilen. 100 RM gaben sie für Lebensmittel, 40 RM für Wasser, Strom und Gas, 20 RM für Kleidung aus. 100 RM mussten für Reparaturen am Haus aufgebracht werden. Weitere Ausgaben, wie etwa die Hauszinssteuer, beliefen sich auf 75 RM. Auch wenn sie ihren Bedarf insgesamt mit 350 RM bezifferten, bewilligte man ihr nur noch einen Freibetrag von 240 RM.[23]

Henriette und Heinz Leoni erhielten im alltäglichen Leben aber auch Unterstützung von zumindest einem Mitglied der evangelischen Kirche, der auch Henriette und Heinz Leonie inzwischen angehörten, während der verstorbene Ehemann bzw. Vater Julius Leonie katholisch getauft war.[24] Der zunehmende Druck des NS-Regimes auf die Kirche, im Besonderen der Versuch, den Arierparagraphen auch innerhalb der Kirche durchzusetzen, hatte auch in der Wiesbadener Gemeinde zur Organisation oppositioneller Kräfte geführt, die sich als im Gegensatz zu den ‚Deutschen Christen’ als ‚Bekennende Kirche’ verstand. Zu dieser Gruppe gehörten auch Henriette und Heinz Leoni, aber auch Henriettes Schwester Ida und deren nichtjüdischer Ehemann, der Architekt Paul Wilhelm. Sie müssen des Öfteren in Wiesbaden zu Besuch gewesen sein, denn eine weitere Person, die zu diesem oppositionellen kirchlichen Kreis zählte, Frieda Ruf, war mit der Familie Leonie seit vielen Jahren befreundet und kannte auch die Wilhelms aus München gut. In einer eidesstattlichen Erklärung, die sie im Rahmen ihres eigenen Entschädigungsverfahrens abgeben musste, gab sie später Auskunft über die Lebensumstände der Leonis in der Phase der Deportationen 1942:

„Ich kenne Frau Leoni ungefähr 15 Jahre und wusste, dass beide, wie auch ich, der bekennenden Kirche angehörten, wodurch sie durch die Gestapo sehr zu leiden hatten. Sie wurden wüst beschimpft und bekamen alle Lebensmittel, die ihre Schwester aus München schickte, abgenommen. Als Herr Leoni am 10. Juni 1942 deportiert wurde tröstete ich seine Mutter und besuchte sie jeden Tag. Ich holte ihr Gemüse vom Markt, wenn ich etwas nach 12 Uhr erhielt und besorgte ihr die anderen Lebensmittel. Dadurch sah ich wie wenig Lebensmittel die Juden erhielten. So brachte ich ihr oft Gemüse, Kartoffeln und Kuchen und besorgte ihr bei meinen Verwandten Eier, die sie nicht erhielt. Die letzten vier Tage vor ihrer Deportation nähte ich ihr die Kleider enger für den Transport nach Theresienstadt.
Am 28. August 1942 kam die Gestapo auf die Anzeige der Nachbarschaft und verhaftete den Schwager von Frau Leoni, der mit seiner Frau zum Abschied gekommen war. Am anderen Tage brachte Frau Wilhelm ihre Schwester, Frau Leoni, nach der Synagoge in der Friedrichstraße, von der der Abtransport am 1. September erfolgte. Dann ging sie zur Polizei und fragte nach ihrem Mann und wurde auch verhaftet.“
[25]

Paul Wilhelm hat den Holocaust überlebt, seine jüdische Frau Ida Wilhelm wurde am 12. Dezember 1942 in Auschwitz ermordet.[26]

Heinrich Leoni Majdanek Judenhaus Wiesbaden
Totenliste von Majdanek
http://yvng.yadvashem.org/index.html?language=en&s_lastName=Leoni&s_firstName=&s_place=Wiesbaden&s_dateOfBirth=&s_inTransport=

Heinz Leoni wurde, wie schon aus dem Schreiben von Frieda Ruf hervorgeht, mit dem zweiten großen Transport am 10. Juni 1942 von Wiesbaden aus über Frankfurt mit insgesamt etwa 1250 Juden deportiert. Er gehörte wohl zu den etwa 190 bis 250 Männern im Alter von 15 bis 50 Jahren, die man an der Rampe in Lublin selektierte, um ihre Arbeitskraft für den Aufbau des KZs Majdanek noch ausnutzen zu können. Die übrigen Insassen des Transports wurden vermutlich unmittelbar nach ihrer Ankunft in Sobibor ermordet. Heinz Leonis Name erscheint auf einer Liste von Insassen des Konzentrationslagers Majdanek. Sein Todestag ist wie der vieler anderer auf der Liste mit dem 4. August 1942 angegeben.[27] Nach knapp zwei Monaten war die weitere „Verwertung“ dieser Menschen offensichtlich nicht mehr lohnend gewesen.

Theresienstadt Hnriette Leoni Jüdin Wiesbaden
Todesfallanzeige Theresienstadt für Henriette Leoni

Seine Mutter Henriette Leoni wurde erst mit dem letzten großen Transport am 1. September 1942 aus Wiesbaden „evakuiert“. Wie die übrigen Teilnehmer des Transports wurde sie nach Theresienstadt verbracht. Ein knappes halbes Jahr gelang es ihr, hier zu überleben. In den Morgenstunden des 21. Februar 1943 verstarb sie im Zimmer 016 des Gebäudes L 110 an einem akuten Darmkatarrh.[28]

 

Heinrich Leoni Henriette Leoni Jude Wiesbaden
Stolpersteine vor dem Haus Cheruskerweg 3
Eigene Aufnahme

 

Noch vor der Deportation hatte der Regierungspräsident am 27. August 1942 das gesamte Vermögen von Henriette Leoni eingezogen.[29] Bereits zwei Tage davor hatte sich der erste Leichenfledderer gemeldet, um sich das Haus der noch nicht einmal Deportierten zu sichern. Ein im NS-Jargon „Alter Kämpfer“, ein gewisser Rudolf Birkenstock, NSDAP-Mitglied seit dem 1. Dezember 1931, zudem Mitglied der SS und Vater von fünf Kindern – deshalb auch Mitglied im „Reichsbund der Kinderreichen“ – bat das Finanzamt „um bevorzugte Berücksichtigung bei Vermietung oder Verkauf des z. Zt. im jüdischen Besitz befindlichen Hauses Cheruskerweg 3“. Da er derzeit mit seiner großen Familie sehr beengt leben müsse, die Kinder deshalb ständig Infektionskrankheiten ausgesetzt seien, bat er die Behörde nachdrücklich, natürlich nicht um des eigenen Vorteils Willen, sondern „im Interesse der Gesunderhaltung eines erbgesunden Nachwuchses (ihn) bei der Vergebung (!) vorerwähnten Grundstücks zu berücksichtigen.“ Er sei auch schon bei der Stadt Wiesbaden, bei der NSDAP-Orts- und Kreisleitung als Wohnungsbewerber vermerkt.[30]

Judenhaus Cheruskerweg 3 Wiesbaden Henriette Heinrich Leoni Rosalin Gutmann
NSDAP-Schreiben an das Finanzamt
HHStAW 519/2 2158 (5)

Das Finanzamt Wiesbaden hatte offensichtlich nicht auf dieses Schreiben reagiert, weshalb sich der Aspirant Anfang Oktober 1942 mit einem ähnlich lautenden Brief an die vorgesetzte Behörde, den Oberfinanzpräsidenten in Kassel, wandte. In diesem Brief erwähnt er zudem, dass ihm bereits am 25. Juli 1942 das Haus im Cheruskerweg 3 vom Gauwohnungskommissar schriftlich zugesagt worden sei.[31] Auf Anfrage des Oberfinanzpräsidenten beim Finanzamt Wiesbaden teilte dieses am 19. Oktober mit, dass die Räumung des Anwesens unmittelbar bevorstehe und das gesamte Haus an den Gestapo-Beamten Birkenstock vermietet werde. Die Wohnungsfürsorge der Staatspolizeistelle Frankfurt beabsichtige das Grundstück zu kaufen, um es als „Reichsdienstwohnung“ zu nutzen.[32]

Bevor dies geschehen konnte, wurde das Haus allerdings mit einem hohen Kostenaufwand – etwa 2.800 RM bei einem Einheitswert von 8.200 RM ! – von Grund auf renoviert. Der Maler und Tüncher Niebergall, der den größten Teil der Reparaturen durchführte, lieferte auf seiner Rechnung auch gleich die Begründung für die horrenden Kosten mit:
„Diese ehem. Jüdische Villa war durch die jahrelange jüdische Misswirtschaft total verludert. Durch Wasserrohrbruch und Abreissen der Regenrinne am linken Hausgiebel wurden Decken und Wände stark durchnässt und der Wandverputz war in grossen Stücken im Inneren sowohl wie an der äußeren Strassenfrontwand abgefallen und boten (! sic) einen üblen Anblick. Die vollständige Neuherrichtung, bezw. Instandsetzung der Wohnräume mit Küche, Waschküche, Keller und Vorratsräume einschliesslich Straßenfrontwand war aus hygienischen Gründen und zur Erhaltung der Substanz erforderlich.“[33]

Immobilienraub NS-Staat Judenhaus Cheruskerweg 3 Wiesbaden
Übertragung des Judenhauses Cheruskerweg auf das Deutsche Reich
HHStAW 519/2 I 2158 (39)

Nun wurde das Hausgrundstück, das bisher durch Verfügung vom 27.August 1942 nur eingezogen worden war, durch den entsprechenden Eintrag im Grundbuch auf das Reich übertragen. Auch im Fall Cheruskerweg 3 hielt man sich exakt an das zynische Regelwerk solcher Enteignungsabläufe. Dem Amtsgericht musste die rechtliche Grundlage der Eigentumsübertragung zunächst mitgeteilt werden. Dabei galt es bei dem Schicksal, welches die Erben des ursprünglichen Besitzers Julius Leoni ereilt hatte formal genau zu differenzieren. Der Hausanteil von Henriette Leoni, die durch die Deportation nach Theresienstadt im Deutschen Reich verblieben war, wurde „eingezogen“. Der Anteil von Heinrich Leoni hingegen, der am 10. Juni 1942 „nach dem Ausland abgeschoben“ worden war, war durch diesen Grenzübertritt automatisch „dem Reich verfallen“.[34] Im vorliegenden Fall gab es im Amtsgericht, anders als in einigen anderen Fällen, keine Widerstände gegen die Umschreibung des Hauseigentums, der am 25. Juni 1943 vollzogenen werden konnte.[35]

Am 1. Mai 1943 konnte der Gestapobeamte mit Frau und Kindern dann in das von allem Jüdischen vollständig gereinigte Haus einziehen.[36] Aber damit war der neue Mieter keineswegs zufrieden. Er versuchte unmittelbar nach seinem Einzug – wieder mit Hilfe der Gestapodienstelle in Frankfurt – den Mietpreis zu drücken. Wegen des Wohnraummangels habe der in der Außenstelle Wiesbaden tätige Kriminalassistent keine seinen finanziellen Verhältnissen entsprechende Wohnung gefunden, man möge deshalb die Miete des Hauses auf ein Fünftel seiner ordentlichen Dienstbezüge absenken, was faktisch eine Reduzierung des Mietzinses um mehr als 50 Prozent bedeutet hätte.[37] Ob es tatsächlich zu dieser Absenkung kam, geht aus den Akten nicht hervor. Das Finanzamt Wiesbaden wehrte sich allerdings gegen das Ansinnen der Gestapo und bat den Oberfinanzpräsidenten, es bei dem vereinbarten Mietpreis zu belassen. Man möge stattdessen die Gestapo veranlassen, so wurde vorgeschlagen, ihrem Beamten durch eine Mitbeihilfe die Situation tragbarer zu gestalten.[38]

Die Familie Birkenstock blieb bis zum Ende der NS-Herrschaft in der Wohnung. Möglicherweise war aber Rudolf Birkenstock im Krieg umgekommen oder aber in Gefangenschaft geraten, denn am 3. Juli 1945 erging vom Wohnungsamt die Anweisung, dass Frau Birkenstock mit ihren Angehörigen das Haus sofort zu räumen und Platz für eine achtköpfige Obdachlosenfamilie zu schaffen habe.[39]

Schon im April 1946, ein halbes Jahr vor seinem Tod, versuchte der Schwager von Henriette Leoni, Paul Wilhelm, eine Klärung der Besitzverhältnisse um das Haus und letztlich auch eine Rückerstattung zu erreichen. Er erhielt allerdings vom Finanzamt Wiesbaden die fragwürdige Antwort, dass man zu den Eigentumsverhältnissen keine Angaben machen könne, „weil die Akten hierzu in Verlust geraten“ seien, zudem werde die Angelegenheit sicher bald durch ein zu erwartendes Wiedergutmachungsgesetz geregelt werden.[40] Stattdessen beschlagnahmten am 11. September 1946 die amerikanischen Besatzungsbehörden das Haus für ihre Zwecke.[41]

Judenhaus Cheruskerweg 3 Wiesbaden
Eugenie Gorter
Thersienstadt-Lexikon
http://www.ghetto-theresienstadt.info/pages/g/gortere.htm

Wann das Haus wieder in die Hände von Familienangehörigen der ehemaligen Besitzer kam, ist nicht bekannt. Unmittelbare Nachkommen gab es nicht, auch keine Geschwisterkinder, die das Erbe hätten antreten können. Es war ein Neffe von Paul Wilhelm, der nach dem Krieg die komplizierten Erbschaftsangelegenheiten in die Hand nahm, für die wiederum die offiziellen Todeserklärungen von Henriette und Heinrich Leoni die Voraussetzung waren. Paul Wilhelm hatte als eigentlicher Erbe des Vermögens der Leonis vor seinem Tod noch verfügt, dass das „Fräulein Eugenie Gorter, Krankenschwester a.D.  (…) im Falle meines vorherigen Ablebens als Erbin für das Grundstück der Kaufmannswitwe Henriette Leoni, geb. Marcus, Biebrich-Wiesbaden, Cheruskerweg Nr. 3 für mich eintritt.[42] Eugenie Gorter, geboren am 18. März  1874 in München, war die Cousine von Henriette Leonie. Sie war als Krankenschwester im Ersten Weltkrieg hoch dekoriert worden, wurde in der NS-Zeit als Jüdin dann am 23 Juli 1942 in Theresienstadt inhaftiert. Zwar überlebte sie diesen KZ-Aufenthalt, aber ob sie noch in den Genuss des Erbes kam, ist nicht bekannt, sie verstarb am 5. April 1953.[43]

 

Außer den Familienmitgliedern lebten noch drei weitere Personen eher kurzfristig und auch erst ab dem Jahr 1942 in dem Judenhaus. Als erste war am 16. April 1942 Martha Hoff, geborene Fraenkel, in das Haus gekommen.[44] Auch sie war wie die Hauseigentümer zur evangelischen Kirche konvertiert, hatte sogar 1927 im Alter von 37 Jahren in Mannheim den evangelischen Pfarrer Dr. Hans Hoff geheiratet. Mit ihm war sie 1933 von dort nach Wiesbaden gekommen. Sie lebten hier zunächst in der Rüdesheimer Str. 13, ab Juli 1936 in der Richard-Wagner-Str. 26, wo ihr Mann am 1. Juli 1939 verstarb. In den folgenden zweieinhalb Jahren wohnte sie in der Oranienstr. 53. Ob ihr Einzug in den Cheruskerweg 3 am 16. April 1942 auf einer direkten Einweisung beruhte, muss bezweifelt werden. Wahrscheinlich ist vielmehr, dass sie, ebenfalls aktiv in der ‚Bekennenden Kirche’, über diese kirchlichen Verbindungen auch Henriette Leoni gut kannte und von ihr aufgenommen wurde, als sie – vielleicht gezwungener Maßen – ihre bisherige Wohnung verlassen musste. Es blieben ihr ohnehin nur noch fünf Wochen. Am 23. Mai 1942 wurde sie nach Izbica deportiert und wohl bald darauf in Sobibor ermordet.

Amalie Blühdorn blieb sogar nur eine Woche im Cheruskerweg 3. Am 22. August 1942 zog sie dort ein, am 1. September 1942 musste sie Wiesbaden verlassen. Der Zug brachte sie nach Theresienstadt, wo sie schon nach zwei Monaten verstarb.[45]

Ein weiterer jüdischer Mieter war Hermann Meyer, der durch seine Mischehe mit Fredericke Meyer, geborene Derkum, zumindest einen wenn auch eher unsicheren Schutz genoss. Er war am 18. Juni 1942 eingezogen, musste dann, als das Haus renoviert wurde, am 20. November 1942 ausziehen. Eine neue Unterkunft fand er im Judenhaus Rheinstr. 81, das aber diese Funktion nach dem Ende der Massendeportationen inzwischen verloren hatte.[46]

 

 

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Anmerkungen:

 

[1] HHStAW 519/2 158 II. Grundrisszeichnungen des Hauses.

[2] Siehe zum Entstehen dieses gesamten Viertels umfassend die Ausführungen von Schmidt-von Rhein, Andreas Adolfshöhe und Biebricher Allee: Bindeglied zwischen Wiesbaden und Biebrich, in: Von Biebrich nach Wiesbaden, Kur-und Verkehrsverein e.V. (Hg.), Wiesbaden 1999, S.71-101. Hier sind auch zahlreiche Abbildungen zur Architektur des Viertels zu finden.

[3] HHStAW 519/2 2158 I (43). Grundbuchauszug. Im gleichen Jahr begannen die Bauarbeiten an der neuen Niederlassung der Sektkellerei Henkell an der Biebricher Allee.

[4] HHStAW 469/33 1170 (67).

[5] http://505083.forumromanum.com/member/forum/entry_ubb.user_505083.1387395050.1120083799.1120083799.3.adressbuch_oberbuergermeisterei_duesseldorf_fuer_jahr-rheinische_ahnen_und.html. (Zugriff: 05.04.2018). Hier ist auch der Hinweis auf die Mainzer Niederlassung zu finden.

[6] HHStAW 569/33 1170 (62). Dass es sich bei Leoni um den Familiennamen der Frau von Jakob Cohen handelte ergibt sich aus einem Schreiben von Julius Leoni an das Königliche Amtsgericht Wiesbaden vom 2.9.1911. Darin heißt es: „…; mein in Düsseldorf domiziliert gewesener und dort verstorbener Vater hatte bereits seit ca. 1875 den Doppelnamen Cohen-Leoni genannt Leoni angenommen. Mir selbst wurde durch Verfügung  der Königlichen Regierung, Wiesbaden  mit Urkunde vom 14. April 1898 (…) die Führung meines mütterlichen Namens Leoni gestattet.“ Ebd. (66).

[7] HHStAW 469/33 1170 (65 f.), auch (62).

[8] HHStAW 469/33 1170 (15).

[9] Geburtsregister der Stadt Frankfurt 1870/557.

[10] Heute Ecke Biebricher Allee / Carl-Schuricht-Straße. Im Adressbucheintrag des WAB 1903/04 wird extra auf die nächstliegende Haltestelle der nun elektrischen Straßenbahn in der Möhringstraße hingewiesen. Ab 1910 ist als Adresse die Hausnummer 37 angegeben. Ob dieser Änderung ein weiterer Umzug oder eine neue Nummerierung der Häuser zugrunde lag, konnte nicht geklärt werden.

[11] Er ist im WAB 1912 nicht mehr eingetragen. In einem Brief vom Juli 1915 gibt er Düsseldorf als Wohnsitz an, siehe HHStAW 469/33 1170 (97).

[12] Das Todesdatum von Julius Leoni war laut Aussagen von Henriette Leoni der 14.1.1915, siehe HHStAW 519/3 3580 (2). Er scheint nicht in Wiesbaden verstorben zu sein, denn ein Eintrag im Sterberegister ist nicht vorhanden.

[13] HHStAW 469/33 1170 (97).

[14] HHStAW 469/33 1170 (o.P.) Handelsregisterauszug. Die Vereinbarung ist datiert mit dem 19.7.1915.

[15] Ebd. Der neue Eigentümer legte nun nicht nur darauf Wert, dass die jüdischen Wurzeln des Geschäft im Verborgenen blieben, im schienen nach dem Ersten Weltkrieg auch die französischen Bezüge nicht mehr genehm zu sein. Statt „Distillerie Cognacaise“ bezeichnete sich die Firma nun urdeutsch als „Weinbrennerei“. Auf dem Briefkopf wurde zwar noch auf die Gründung in Bordeaux im Jahr 1882 verwiesen, aber darunter wurde „Seit 1898 ausschließl. In deutschem Besitz“ gesetzt. Ebd. (131). Der neue Eigentümer Bürkel erwarb 1920 auch das Lokal die „Alte Adolfshöhe“, das mit Parkanlage, Tanzsaal und Musikpavillon ursprünglich bedeutendste Lokal auf dem Mosbacher Berg. http://specknet.de/biebrich/index.php?seite=/biebrich/biebricheralleetext.php. (Zugriff: 05.04.2018)

[16] HHStAW 429/5 1757.

[17] Geburtsregister der Stadt Frankfurt 1870/557, dazu Eintrag auf der Gestapo-Karteikarte von Rosa Marcus

[18] Sterberegister der Stadt Wiesbaden 1941/1774. Laut diesem Eintrag waren die Eltern von Rosalin Gutmann Heinrich Gutmann und dessen Frau Charlotte Gutmann, geb. Eppstein. Anders als im Geburtseintrag von Henriette Marcus, wo als Hochzeitstag der Eltern der 9.6.1869 angegeben ist, ist im vorliegenden Sterbeeintrag von Rosa Marcus der 6.6.1869 als Tag der Eheschließung eingetragen.

[19] HHStAW 519/3 3580 (5) und HHStAW 519/3 3323 (3). Der Abdruck dieses Briefes auf dem Erinnerungsblatt des Aktiven Museums Spiegelgasse für Henriette und Heinrich Leoni ist leider mit einer falschen Quellenangabe versehen. Hier ist fälschlicherweise HHStAW 519/3 3317 statt HHStAW 519/3 3323 angegeben. Auch die Unterschrift von Henriette Leoni ist nicht der dort angegebenen Akte HHStAW 519/3 3375, sondern HHStAW 519/3 3580 (9) entnommen, siehe http://www.am-spiegelgasse.de/wp-content/downloads/erinnerungsblaetter/EB-Leoni-Henriette.pdf. (Zugriff: 05.04.2018).

[20] HHStAW 519/3 3580 (6)

[21] HHStAW 519/3 3323 (4).

[22] HHStAW 519/3 3580 (7).

[23] HHStAW 519/3 3580 (9, 10).

[24] Im Geburtseintrag von Heinrich wird der Vater als katholisch, die Mutter als dem israelitischen Glauben angehörig bezeichnet, siehe HHStAW 469/33 2181 (12).

[25] HHStAW 518 6859 (11).

[26] Siehe den Eintrag im Gedenkbuch des Bundesarchivs Koblenz. Wann und auf welchem Weg Ina Wilhelm, geb. Marcus, nach Auschwitz kam, geht aus dem Eintrag nicht hervor. Da sie Ende August 1942 noch in Wiesbaden war, im Dezember 1942 aber bereits ermordet wurde, müsste die Deportation in diesem Zeitraum vonstatten gegangen sein. Von München, ihrem eigentlich Wohnort, hat in dieser Zeitspanne allerdings kein Transport mehr stattgefunden, siehe http://www.muenchenwiki.de/wiki/Judendeportationen_aus_M%C3%BCnchen#August_1942. (Zugriff: 5.04.2018). Möglicherweise kam sie nach der Verhaftung in Wiesbaden nicht mehr frei und gelangte von hier aus auf Umwegen nach Auschwitz. Paul Wilhelm hat am 15.August 1945 noch sein Testament verfasst, siehe HHStAW 469/33 2181 (9).

[27] http://207.232.26.150/documentation4/14/11417007_03293698/00124.jpg. (Zugriff: 5.04.2018). Gerichtlich war am 24.8.1948 der Todestag von Heinrich Leonie auf den 31.12.1942 festgelegt worden, HHStAW 469/33 2182 (28).

[28]  Todesfallanzeige von Theresienstadt: https://ca.jewishmuseum.cz/media/zmarch/images/4/3/9/25410_ca_object_representations_media_43903_large.jpg. (Zugriff: 05.04.2018).

[29] HHStAW 519/3 2158 I (2).

[30] Ebd. (3).

[31] Ebd. (4). Zuvor scheint Birkenstock die NSDAP-Kreisleitung eingeschaltet zu haben. Diese trug ebenfalls das Begehren ihres Parteigenossen vor und forderte den zuständigen Beamten Schreck auf, „keine Schwierigkeiten zu machen“. Man habe – wie man glaubte –  Birkenstock bisher von einer Beschwerde beim Oberfinanzpräsidenten noch abhalten können. Siehe ebd. (5). Dieser hatte aber diese Bitte, sofern sie tatsächlich ergangen war, ignoriert und sich noch bevor der Brief der NSDAP überhaupt im Finanzamt ankam, an die vorrangige Behörde gewandt.

[32] Ebd. (14).

[33] HHStAW 519/2 2158 II (47 f.).

[34] Ebd. (38).

[35] Siehe Grundbuch der Stadt Wiesbaden Bd. 160 Bl. 1917 Biebrich.

[36] Ebd. (o.P.) Ein formeller Mietvertrag wurde erst am 5. Juli 1943.

[37] HHStAW 519/2 2158 I (o.P.). Schreiben vom 9.8.1943. Der Mietwert war zuvor durch eine entsprechende kommunale Behörde berechnet worden, siehe ebd. (14).

[38] Ebd. (o.P.), Schreiben vom 20.9.1943.

[39] Ebd. (o.P.). In dem Schreiben ist zwar vom Cheruskerweg 1 die Rede, aber hier handelt es sich mit großer Sicherheit um einen Fehler der Behörde, denn alle anderen, auch folgenden Schriftstücke beziehen sich auf das Haus Nummer 3.

[40] HHStAW 519/2 2158 II (28).

[41] Ebd. (o.P.)

[42] HHStAW 469/33 2181 (9).

[43] http://www.ghetto-theresienstadt.info/pages/g/gortere.htm. (Zugriff: 05.04.2018). Eugenie Gorter ist in die sog. „Prominentenliste der Theresienstadt-Papiere“ aufgenommen. Sie war die Tochter von Lucie Gutmann, der Schwester von Rosa Marcus, geb. Gutmann, der Mutter von Henriette Leoni, geb. Marcus. Lucie Gutmann war in erster Ehe mit Josef Kohn, dem Vater von Eugenie verheiratet. Nach dessen Tod heiratete sie einen de Gorter, der die Kinder aus erster Ehe adoptierte. Die Informationen über die familiären Zusammenhänge wurden mir dankenswerter Weise von Justus Cohen übermittelt, der das Profil des entsprechenden Familienstammbaums bei GENI verwaltet.

[44] Im Hessischen Hauptstaatsarchiv Wiesbaden sind keine Unterlagen zu Martha Hoff vorhanden, weshalb bisher keine eigenen Recherchen zu ihrem Schicksal angestellt wurden. Es sei hier auf das ihr gewidmete Erinnerungsblatt des Aktiven Museums Spiegelgasse verwiesen, siehe http://www.am-spiegelgasse.de/wp-content/downloads/erinnerungsblaetter/EB-Hoff-Martha.pdf. (Zugriff: 05.04.2018).

[45] Zum Schicksal von Amalie Blühdorn siehe die Ausführungen zu ihr und ihrem Sohn Eugen im Kapitel Blumenstr. 7.

[46] Zu seinem Schicksal siehe das Kapitel Rheinstr. 81.