Emanuel Weis


Juden Judenhaus Wiesbaden Adelheidstr. 94
Die Adelheidstr. 94 heute
Eigene Aufnahme
Adelheidstr 94, Judenhaus, Wiesbaden
Lage des Hauses
Adelheidstr. 94, Judenhaus Wiesbaden
Belegung des Judenhauses

 

 

 

 

 


Sehr kurz wohnte auch der Nordenstädter Emanuel Weis in der Adelheidstr. 94. Er war das zweite von insgesamt elf Kindern der Eheleute Sandel und Johanna Weis, geborene Silbermann, die in Nordenstadt Inhaber eines Ladengeschäfts waren.[1]

Emanuel Weis, Friedericke Weis, Hedwig Weis, Siegmund Weis, Jenny Weis, Nordenstadt, Wiesbaden Judenhaus Adelheidstr. 94
Stammbaum der Familie Weis
GDB

Beide Eltern waren schon vor dem Machtantritt der Nazis verstorben. Das Grab von Sandel / Sander Weis, geboren am 25. Dezember 1852 in Wiesbaden-Nordenstadt und auch dort am 1. Januar 1917 verstorben, befindet sich, wie auch das seiner Frau, auf dem jüdischen Friedhof in Wallau.[2] Die am 8. Juni 1859 geborene Johanna Weis war am 9. Dezember 1924 ebenfalls in Nordenstadt verstorben.

Friedericke Simon Weis, Nordenstadt, Mainz, Emanuel Weis, Judenhaus Adelheidstr. 94, Wiesbaden
Emanuels ältere Schwester Friedericke Simon, geborene WEis wurde in Auschwitz ermordet.
http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20388/Nordenstadt%20KK%20MZ%20Simon%20Friederike.jpg

Von den elf Kindern haben den Holocaust letztlich nur zwei mit Sicherheit überlebt.[3] Friedrich war schon bald nach der Geburt 1915 verstorben. Die beiden Töchter Friederike und Hedwig wurden in Auschwitz ermordet, Jenny in Sobibor.[4]. Mathilde gelang mit ihrem Mann Moritz Israel und dem Sohn Hans Werner 1939 die Ausreise in die USA und auch der jüngste Sohn Heinrich konnte Deutschland schon 1936 verlassen und zunächst in dem heutige Zimbabwe, später in Südafrika überleben. Auch Siegmund fand mit seiner Frau Emma, geborene Selig, und seiner Tochter Ruth Ingeborg zunächst in den Niederlanden einen Unterschlupf. Dort hielten sich verschiedene Mitglieder der Familie seiner Frau verborgen. Im Februar 1940 verstarb er in Rotterdam vermutlich eines natürlichen Todes.[5]
Auch sein Bruder Max hatte mit Cäcilie eine Frau aus der Hechtsheimer Familie Selig geheiratet. Beiden gelang unter erheblichen finanziellen Einbußen rechtzeitig die Flucht aus Deutschland. Sie überlebten im südlichen Afrika, im heutigen Sambia.[6]
Weit weniger ist über das Schicksal von Benni bekannt. Er gilt als verschollen.

Emanuel, der am 25. Oktober 1885 geborene kurzeitige Mieter in der Adelheidstr. 94, hatte zunächst eine kaufmännische Ausbildung absolviert und handelte später mit landwirtschaftlichen Produkten. Er hatte zuvor in der Bahnhofstr. 65 gewohnt, war dann am 20. Februar 1939 vermutlich alleine – er war ledig – in das spätere Judenhaus Adelheidstr. 94 gezogen, aber nicht einmal einen Monat geblieben. Schon am 15 März des gleichen Jahres zog er in die Bertramstr. 9, blieb aber auch hier nur zwei Monate. Am 16. Mai 1939 verließ er Deutschland und ging wohl mit Kenntnis der deutschen Behörden nach Belgien.[7] Doch die Flucht vor den Verfolgern gelang auch ihm nicht. Mit dem Einmarsch der deutschen Truppen im Jahr 1940 geriet er beim Versuch weiter nach Frankreich zu flüchten in deren Fänge.

Ein 1950 in Belgien lebender Max Kahn gab in einer Eidesstattlichen Erklärung an, dass sein später verschollener Bruder Hermann Kahn, der Emanuel Weis persönlich kannte, ihm vom Tod des Emanuel Weis berichtet habe. Er habe dessen Leichnam persönlich gesehen.[8] Mehr als diese Tatsache selbst ist der knappen Erklärung aber nicht zu entnehmen, weder die genaueren Umstände der Ermordung, noch Ort oder Zeitpunkt.

Dennoch wurde die Aussage vom Amtsgericht Wiesbaden als glaubhaft angesehen und der Todeszeitpunkt von Emanuel Weis am 7. März 1953 auf den 31. Dezember 1940 festgelegt.[9]

 

Veröffentlicht: 14. 11. 2017

 

 

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Anmerkungen:

[1] Der Vater von Sandel Weis, der auch den Familienname Weis angenommen hatte,  war der am 20.5.1811 in Dörnigheim bei Hanau geborene Herz Sandel. Seine Frau Rebekka, geborene Kopp, war am 17.3.1816 in Mainz zur Welt gekommen.

[2] Ein Bild des Grabsteins von Herz Weis ist zu finden unter https://www.lagis-hessen.de/img/juf/s2/Wallau-122_V.jpg. (Zugriff: 19.4.2020). Auf dem Grabmal des am 5.11.1897 Verstorbenen ist der folgende Text in die Marmorplatte in hebräischer Sprache eingraviert:
Hier ruht
ein guter und aufrichtiger Mann,
geschickt in seinem Werk;
er übte Wohltätigkeit und Nächstenliebe aus,
ein treuer Vater für seine Verwandten.
Dies ist Nathanael, Sohn des Herz.
Er starb am 7. Tewet [5] 677.
Seine Seele sei eingebunden im Bunde des Lebens.
http://www.lagis-hessen.de/de/subjects/gsrec/current/12/sn/juf?q=Nordenstadt. (Zugriff: 13.11.2017).
Das Grab von Johanna, gestorben am 9.12.1924 ziert der folgende in deutscher Sprache eingravierte Spruch:
Ein gutes, treues Mutterherz
ward uns zu früh begraben,
Wir fühlen hier mit tiefem Shmerz (!)
was wir verloren haben.
http://www.lagis-hessen.de/de/subjects/gsrec/current/1/sn/juf?q=Johanna+Weis. (Zugriff: 13.11.2017).

[3] Die Kinder in der Reihenfolge der der Geburten waren: Friedericke, geboren am 21.9.1884, Emanuel, geboren am 25.10.1885, Hedwig, geboren am 11.6.1887, Friedrich, geboren am 15.9.1888, Siegmund, geboren am 3.4.1890, Mathilde, geboren am 20.1.1892, Gustav, geboren am 18.1.1892, Max, geboren am 15.9.1893, Jenny, geboren am 22.11.1895, Benni, geboren am 10.12.1903, Heinrich, geboren am 19.2.1905. Sie wurden alle in Nordenstadt geboren, Angaben laut Genealogischer Datenbank der Paul Lazarus Sammlung, Wiesbaden.

[4] Der Sterbeort von Jenny ist so im Gedenkbuch angegeben. In der Genealogischen Datenbank der Paul-Lazarus-Stiftung Wiesbaden wird allerdings davon abweichend gesagt, dass Jenny nach der Deportationsankündigung zum 10.6.42 in Wiesbaden bei einer Familie Schild untergetaucht sei und erst 1945 denunziert und ermordet worden sei.

[5] Die Angaben zum Schicksal der Familie Weis sind der Genealogische Datenbank der Paul-Lazarus-Stiftung entnommen.

[6] Siehe zum Schicksal der großen Familie Selig und auch zu den in die Familie eingeheirateten Mitgliedern der Familie Weis ausführlich https://moebus-flick.de/die-judenhaeuser-in-wiesbaden/kaiser-friedrich-ring-80/.

[7] Die Auswanderung ist auf der Gestapo-Karteikarte mit Datum vermerkt.

[8] HHStAW 469/33 3610 (7).

[9] HHStAW 469-33 3610 (17).

 

Veröffentlicht: 14. 11. 2017

 

 

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Anmerkungen: