Emser Str. 26a


Judenhaus Emser Str. 26a
An der Stelle des im Krieg zerstörten ehemaligen Judenhauses steht heute dieses Gebäude
Eigene Aufnahme
Das Judenhaus in der Emser Str. 26a
Juden Wiesbaden Judenhäuser
Belegung des Judenhauses Emser Str. 26a

 

 

 

 

 

 


Leo und Dorothea Katzenstein, geborene Pfeiffer

Bei dem Haus in der Emser Str. 26a handelte es sich um ein eher unscheinbares, zweistöckiges Gebäude am nördlichen Rand des Westends, dem traditionellen Wohnbezirk osteuropäischer Juden. Mit nur drei Wohnungen war es für die Funktion eines Judenhauses eigentlich nicht unbedingt geeignet. Es mag auf die Liste gekommen sein, weil es im Besitz einer der eher wohlhabenden, säkular eingestellten jüdischen Familien Wiesbadens war, dem Ehepaar Leopold und Dorothea Katzenstein.[1]

Katzenstein Stammbaum
Stammbaum der Familien Katzenstein – Pfeiffer – Ebstein
GDB

Die Genealogie der vielfach verzweigten Familie Katzenstein ist umfassend erforscht und auch durch Aufzeichnungen von Fritz Katzenstein, dem Sohn von Leopold und Dorothea Katzenstein, bis in das 18. Jahrhundert nachvollziehbar.[2] Auch Angelika Ellmann Krüger, ebenfalls ein Familienmitglied der Katzensteins, hat sich intensiv mit dem Stammbaum befasst.[3]

Leo Katzenstein, Dorothea Katzenstein, Judenhaus Wiesbaden, Emserstr. 26a
Stammbaum der Familie Katzenstein – Pfeiffer
Mit Genehmigung von Dodie Katzenstein
Judenhaus Wiesbaden, Emser Str. 26a,
Eisemann Katzenstein
Mit Genehmigung von Dodie Katzenstein

 

Leopold Katzenstein stammte aus Thüringen, aus dem kleinen Städtchen Vacha, mit einer relativ großen und traditionsreichen jüdischen Gemeinde. Hier war er am 23. Januar 1877 geboren worden. Wie sehr die jüdischen Bewohner vor der Nazi-Zeit in das dortige städtische Leben integriert waren, kann man daran sehen, dass der Vater von Leopold, Jakob Eisemann Katzenstein, der Inhaber eines Geschäfts war und darüber hinaus eine staatlichen Lotterieagentur betrieben haben soll, 1896 in den dortigen Stadtrat gewählt worden war. Sein Vater wiederum, Jakob Katzenstein, war mit einer Frau verheiratet, die den schönen Namen Seele Blau trug. Die Mutter von Leopold Katzenstein war Gütchen, genannt Karoline, geborene Stern, aus Mansbach in der Rhön. Aus dieser am 5. oder 6. Juli 1865 geschlossenen Ehe gingen insgesamt sechs Kinder hervor.[4]

Judenhaus Emser Str. 26a, Leo Katzenstein, Dorothea Katzenstein, Wiesbaden
Der große Stammbaum, aufgezeichnet von Fritz Katzenstein, aus dem sich die entfernte Verwandtschaft mit Theodor W. Adorno ergibt.
Mit Genehmigung von Dodie Katzenstein

Auch wenn die am 2. September 1883 geborene Ehefrau von Leopold (Leo) Katzenstein, Dorothea (Dora) Elisabeth, geborene Pfeiffer, einer sehr begüterten Wiesbadener Bankiersfamilie entstammte,[5] sie wahrscheinlich einigen Besitz mit in die am 18. Juni 1907 geschlossene Ehe eingebracht haben wird,[6] so beruhte das Vermögen der Eheleute doch wohl primär auf der erfolgreichen beruflichen Tätigkeit von Leopold Katzenstein. Er hatte in Leipzig und München Medizin studiert und war in dieser Zeit Mitglied einer schlagenden Verbindung geworden. Nach dem Ende des Studiums praktizierte er zunächst als Arzt in Eisenach, kam dann um 1905 nach Wiesbaden, wo er mit seiner Frau in der Taunusstr. 22 wohnte und seine Praxis einrichtete.[7] Dort kam am 11. Oktober 1908 auch ihre Sohn, ihr einziges Kind, Friedrich Carl Julius, genannt Fritz, zur Welt.[8]

Cover des Buches von Leo Katzenstein

Sein Renommee als Arzt war bald so groß, dass das erste Hotel am Platz, der Nassauer Hof’ ihn als Ruf-Arzt für seine illustren und betuchten Gäste aus aller Welt erwählte. Während des Ersten Weltkriegs diente er als Arzt in einem Lazarett. In dieser Zeit durften seine Frau Dora und der kleine Fritz in einem Zimmer im Nassauer Hof logieren.
Neben seiner praktischen Arbeit machte sich Leo Katzenstein auch als Autor eines wissenschaftlichen Werkes über die „Heilfaktoren“ Wiesbadens einen Namen.[9] Später als er zunehmend Probleme mit den Augen bekam, baute er ab 1932 daneben in Wiesbaden-Erbenheim ein Unternehmen auf, die „Pharmazeutische Industrie Dr. Leopold Katzenstein“,[10] das im Besonderen mit den Erkältungspräparaten „Risinetten“ und der Salbe „Risin“ selbst unter den Nazis zunächst noch sehr erfolgreich war. Ursprüngliche hatte man mit der Produktion der Präparate in der heimischen Küche begonnen, später aber eine Fabrikationsanlage in Erbenheim errichtet. Von 1934 bis zur Arisierung waren 560.000 RM Reingewinn erwirtschaftet worden, für einen mittelständischen jüdischen Betrieb in dieser Zeit ein außergewöhnliches Betriebsergebnis.[11]

Leopold Leo Katzenstein Dorothea Katzenstein Risinetten
Leo und Dorothea Katzenstein (rechts) mit Mitarbeiterinnen bei der Verpackung von Risinetten in ihrer Wohnung
Mit Genehmigung von Dodie Katzenstein

Entsprechend war der Lebensstil der Katzensteins. Vom Schillerplatz waren sie 1927 oder 1925 [12] in die 8-Zimmer „Luxuswohnung“ in der Wilhelmstr. 42 gezogen, [13] wo Leo auch zwei Praxisräume eingerichtet hatte. Einen Eindruck von dem gediegenen Wohlstand der Familie kann man gewinnen, wenn man die in der Entschädigungsakte erhaltenen Bilder aus der Wohnung betrachtet.[14] Auch in einer eidesstattlichen Erklärung beschreibt die ehemalige Haushälterin Frau Busch detailliert das vorhandene Mobiliar, die Kunstgegenstände, die umfangreiche Bibliothek, Teppiche, Kristalle und Service, die den gehobenen Lebensstil in diesem Hause prägten.[15] Eine umfangreiche Sammlung Meißener Porzellans gehörte ebenfalls zu den vorhandenen Vermögenswerten.

Wie sehr Leo Katzenstein in seinen politischen Vorstellungen vom nationalistischen Patriotismus des Kaiserreichs geprägt war, illustriert eine Anekdote, die seine Enkelin in ihrem Buch über ihn kolportierte: Ihr Großvater habe sich nach dem Ende des Ersten Weltkrieges strikt geweigert, seine deutsche Uniform abzulegen, bis er von den französischen Soldaten gewaltsam dazu gezwungen wurde.[16] Nie habe er sich vorstellen können, dass sich dieses Land einmal gegen ihn wenden könnte.[17] Sein Patriotismus war aber nicht autoritär verengt, wie sein Engagement in der Wiesbadener Freimaurerloge Plato zeigt, denn diese setzte sich für Freiheit des Individuums und Toleranz im Umgang der Menschen untereinander ein.

Verweigerung der Approbation für Fritz Katzenstein
HHStAW 518 19261 (3)

In diesem Milieu wuchs der Sohn Fritz auf. 1927 legte er an der heutigen Gutenbergschule sein Abitur ab und begann ein Medizinstudium, sicher mit dem Ziel, später in die Fußstapfen seines Vaters treten zu können. 1933 bestand er sein Staatsexamen in München und absolvierte sein Medizinalpraktikum in Frankfurt. Seine Promotion wurde mit ‚cum laude’ bewertet, dennoch blieb ihm die Berechtigung, den Doktortitel zu tragen, verwehrt. Dafür bedurfte es der Approbationsurkunde, die ihm als Jude aber versagt blieb. Das bayrische Staatsministerium für Unterricht und Kultus attestierte, „dass der Medizinalpraktikant Herr Friedrich Katzenstein … am 1.2.1934 das Praktische Jahr abgeleistet hat und die Bedingungen – mit Ausnahme des Ariernachweises – für die Erteilung der Approbation als Arzt für das Deutsche Reichsgebiet erfüllt“ habe.[18]

Erst in der Schweiz konnte er, nachdem er zuvor in einer Berliner Privatklinik unentgeltlich, nur für Essen und Logis zwei Jahre gearbeitet hatte, dann 1936 nach erneuter Prüfung sein Diplom erhalten. Angesichts der ausweglosen Perspektive, in Deutschland als Arzt arbeiten zu können, entschloss sich Fritz im gleichen Jahr zur Auswanderung nach Amerika.[19]

Überfahrt von Fritz Katzenstein im Oktober 1936 von Southampton nach New York. Aus seinem Geburtsort Wiesbaden wurde Urisbarm!
https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/22985643:7488
Ausweis von Fritz Katzenstein mit dem „J-Stempel“, ausgestellt anlässlich seiner Emigration
Mit Genehmigung von Dodie Katzenstein

Fritz KatzensteinMit dem Zug ging es zunächst über London nach Southampton, von dort mit dem Schiff ‚Aquitania’ weiter nach New York, das er am 27. Oktober 1936 erreichte. Nach einem Zwischenaufenthalt bei Verwandten legte er die letzte Etappe nach Chicago wieder mit dem Zug zurück. So sah der Weg des damals 28jährigen in die erhoffte bessere Zukunft aus. Drei Kisten voll mit Büchern, medizinischen Instrumenten und anderen Utensilien, sicher auch manches Erinnerungsstück, begleiteten ihn auf dieser Reise. Die Auswanderung wurde erst möglich, nachdem die Reichsfluchtsteuer in Höhe von 32.000 RM gezahlt worden war.[20]

Bruno Netter, Fritz Katzenstein, Dorothea Katzenstein, Judenhaus Emser Str., Wiesbaden
Schatulle des Juweliers Netter, in dem Fritz Katzenstein den Ring seiner Eltern in die USA brachte
Mit Genehmigung von Dodie Katzenstein

Fritz hatte von seiner Mutter einen Ring erhalten, der in dem nur wenige Schritte von der Wohnung der Eltern entfernten Laden des Juweliers Netter in der Wilhelmstraße erstanden worden war. Damals war es noch möglich solche Wertgegenstände offiziell – selbstverständlich fielen entsprechende Abgaben an den Fiskus an – mit ins Ausland zu nehmen. Viele der wohlhabenden jüdischen Familien machten ihren Kindern solche Geschenke, damit sie im Exil, gegebenenfalls auf diesen Notgroschen zurückgreifen konnten. Fritz musste ihn glücklicherweise nicht zu Geld machen. Natürlich hatte ein solcher Ring auch eine symbolische Bedeutung, stellte er sinnbildlich doch die unauflösliche Verbindung mit den zurückgebliebenen Familienmitgliedern dar. Der Ring befindet sich noch immer im Familienbesitz und erinnert an die im Holocaust ermordeten Großeltern bzw. jetzt schon Urgroßeltern. Mit den Worten „Wir werden uns wahrscheinlich nie mehr wieder sehen“, verabschiedeten ihn seine traurigen Eltern, ihre Zukunft erahnend, auf dem Wiesbadener Bahnhof. Sie sollten damit Recht behalten.

Judenhaus Emser Str 22a Wiesbaden
Leo Katzenstein
Mit Genehmigung von Dodie Katzenstein
Judenhaus Emser Str 22a Wiesbaden
Dorothea Katzenstein, geb. Pfeiffer
Mit Genehmigung von Dodie Katzenstein

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Zurückgebliebenen wurden in der folgenden Zeit bis zur ihrer Deportation von den Nazis systematisch ausgeraubt. Wie alle anderen Juden hatten auch Katzensteins schon im April 1938 eine Vermögensaufstellung abgeben müssen. Die Summe des Vermögens ergab ca. 325.000 RM, davon nahezu die Hälfte in Form von Wertpapieren im Depot der Commerzbank. Auch das Wohngrundstück in der Emser Str. 26a ist mit einem Wert von 26.000 RM darin enthalten. Allerdings müssen Verbindlichkeiten von etwa 40.000 RM von der Gesamtvermögenssumme abgezogen werden.[21]

Die Zollfahndung Mainz wurde angesichts dieser Werte aktiv und beantragte mit Hinweis auf den in den USA lebenden Sohn am 31. August 1938 bei der Devisenstelle in Frankfurt eine Sicherungsanordnung, die dann auch einen Monat später erfolgte. Noch blieben die Erträge aus dem Depot freigestellt. [22]

Eine besondere Rolle sollte später noch die wohl im Zusammenhang mit der Vermögensbewertung entstandene Liste der im Laufe der Zeit von Leopold Katzenstein gesammelten Kunstgegenstände und Gemälde spielen. In einer handschriftlichen Auflistung hatte er den von ihm jeweils geschätzten Wert der Objekte notiert und kam auf einen Gesamtbetrag von 43.008 RM.[23] In der Aufstellung der Zollfahndung wurde auf diese Liste und die summierten Werte eigenartigerweise kein Bezug genommen, es wurden allein „Gegenstände aus edlem Metall“ im Wert von 36.708 RM aufgeführt.[24]

„Pharmazeutische Industrie Dr. Leopold Katzenstein“ Wiesbaden Erbenheim
„Pharmaceutische Industrie Dr. Leopold Katzenstein“ in Wiesbaden Erbenheim
Mit Genehmigung von Dodie Katzenstein
Risinettenproduktion
Risinettenproduktion
Mit Genehmigung von Dodie Katzenstein

 

 

 

 

 

Bevor man sich all dieser Schätze bemächtigte, wurde das Produktivvermögen der Katzensteins ins Visier genommen. Aus dem Schreiben der Zollfahndung Mainz an die Devisenstelle Frankfurt geht hervor, dass Leopold Katzenstein schon zu diesem Zeitpunkt, also im August 1938, in Verkaufsverhandlungen für sein pharmazeutisches Unternehmen stand. Bei einem Verkauf sei der Erlös zu melden und ebenfalls zu sichern, hieß es in der Anordnung. Es ist ganz offensichtlich, dass im Zusammenhang mit dem Novemberpogrom von 1938 diese Verhandlungen auf brutale Weise zu einem Ende geführt wurden. Am Tag nach der Reichspogromnacht war Leo Katzenstein zur DAF bestellt und sofort festgenommen und, wie andere Wiesbadener Juden auch, mit dem Vermerk „Aktions-Jude“ in das KZ Buchenwald überstellt worden. Schon auf dem Weg dorthin war Leo Katzenstein, wie der Juwelier Bruno Netter 1945 auf Anfrage von Fritz Katzenstein bezeugte, vermutlich zur Übergabe seines Unternehmens gezwungen worden. Er schrieb damals über die Ereignisse am 11. November: “I am gladly giving you the following statement as you requested. On the night of November 11th, 1938 all of the Jewish males from Wiesbaden, among them your father and myself, were brought to the concentration camp of Buchenwald. Before we boarded the train to Weimar, we were assembled in an underpass between the terminal and the freight yard of Frankfort. We had to stay there for a long while at attention… there was a table set up and I saw a man, who appeared to be a lawyer, talking with you father… about selling his business to some Nazi. I was under the impression that your father was reluctant but afterwards he stepped forward to the table and signed the Bill of Sale, probably in the hope of escaping the concentration camp.” Auch ein anderer Zeuge, der Tierarzt Karl Kahn aus Wiesbaden, bestätigte später den Vorgang: “Some Gestapo men at a table… called for [him], and I saw him talking with these men and later saw him sign papers, and when [he] came back to our group he said that he was forced to get rid of his factory…  [Then], together with all the other men, [he] was sent to a concentration camp.” [25]

Risinetten Pharmazeutische Werke Katzenstein Wiesbaden Erbenheim
Risinetten
Mit Genehmigung von Dodie Katzenstein

Im späteren Erstattungs- bzw. Entschädigungsverfahren wurden die weiteren, wohl typischen Abläufe einer solchen Arisierung dargelegt: „Zur gleichen Zeit [als die Verhaftung von Leo Katzenstein stattfand – K.F.] erschien der Kreisobmann Wehnert der DAF in der Fabrik und erklärte, Dr. Leopold Katzenstein sei verhaftet; er werde den Betrieb nicht mehr betreten, das Unternehmen sei vorläufig nach Weisungen der DAF weiterzuführen. Dr. Katzenstein wurde nach etwa zwei Wochen aus dem KZ entlassen, hat aber die Geschäftsräume nie mehr betreten. Die DAF ließ alle Zugänge durch neu anzubringende Vorrichtungen so verschließen, dass er keine Zugänge mehr hatte.
Es meldeten sich nunmehr verschiedene Kaufliebhaber für das Unternehmen. Unter den Kaufbewerbern traten auch die Kaufleute Otto Krebs und Edgar Manfred Eber in Wiesbaden hervor. Auf die Auswahl der Käufer hatte Dr. Katzenstein aber keinen Einfluß mehr. Dieser wurde von dem nationalsozialistischen Gauwirtschaftsberater autoritativ bestimmt. Am 10.12.1938 teilte der Gauwirtschaftsberater Herrn Dr. Katzenstein mit, dass der Betrieb von dem Kaufmann Otto Krebs und dem Kaufmann Edgar Manfred Eber übernommen werden solle und dass er mit ihnen unverzüglich einen Kaufvertrag abzuschließen habe. Am 15.12.1938 verkaufte Dr. Leopold Katzenstein durch notariellen Vertrag das Unternehmen mit allen Bestandteilen mit Wirkung zum 1.1.39 an Krebs und Eber.“
[26]

Beipackzettel der Risinetten
Mit Genehmigung von Dodie Katzenstein
Die Arisierung der ‚Pharmaceutischen Industrie Katzenstein‘
HHStAW 519/3 3646 (10)

Der vereinbarte Kaufpreis von 155.000 RM sollte in drei Raten gezahlt werden, die letzte Zahlung am 30. September1940 erfolgen.[27] Nach dem detaillierten Gutachten des Wirtschaftsprüfers Meisner aus dem Jahre 1960 war das Unternehmen mehr als 500.000 RM wert, also mehr als das Dreifache. [28] Mit welcher Dreistigkeit die Parteioberen ihren Schützlingen die Kapitalien zuschoben, wird heute nicht mehr verwundern. Leo Katzenstein hätte auch aus einem halbwegs gerechten Verkaufspreis keinen Nutzen ziehen können, denn das Geld wurde, wie gefordert, ohnehin auf das gesicherte Konto bei der Commerzbank eingezahlt.[29] Von diesem Konto „durften“ die Katzensteins dann die erste Rate der ihnen auferlegten „Sühneleistung“ von insgesamt zunächst nahezu 20.000 RM zahlen, nämlich 4.712,09 RM.[30]

Seines Lebenswerks beraubt, gezeichnet von der schrecklichen Erfahrung einer KZ-Inhaftierung und ohne wirkliche Hoffnung auf eine Veränderung, planten Leo und Dora Katzenstein jetzt auch ihre eigene Auswanderung. Im März wurde ihnen auferlegt, innerhalb von acht Tagen eine Sicherung für die Reichsfluchtsteuer in Höhe von 21.000 RM bereitzustellen.[31] Dodie Katzenstein berichtet unter Bezugnahme auf die Briefe ihrer Großeltern an den Sohn Fritz über deren wachsende Verzweiflung nach der Reichspogromnacht. Am 29. Juni 39 schrieb er an seinen Sohn:

 „Mein lieber Fritz!
Es tut mir leid, dass wir Dir unangenehme Nachrichten geben müssen …  Man wird immer verzweifelter, und es wird wohl nicht mehr zu umgehen sein, dass man seine Heimat verlässt; vielleicht geht es schon gar nicht mehr, denn der politische Himmel verdüstert sich immer mehr. So viel Enttäuschungen, wie man jetzt in ein paar Monaten erlebt, hat man früher in Jahren nicht erlebt.  Es ist ein sehr trauriger Zustand. Sei so lieb und schicke uns jetzt den Scheck über $ 515. -, damit wir ihn zur Verfügung haben, wenn es nötig ist. Es tut mir sehr leid, dass Du so tief in die Tasche greifen musst. Schicke einen Scheck der Bank auf meinen Namen. Hoffentlich scheint die Sonne doch noch einmal. Wir freuen uns immer zu hören, dass es Dir wenigstens in jeder Beziehung gut geht.
Herzliche Grüße und Küsse.
Dein Papa
[32]

Schon kurze Zeit später, Ende August 1939, teilte er Fritz mit, dass die Situation sich immer weiter verschlechtere. Aus den Briefen lässt sich erkennen, dass ihr Sohn sich intensiv darum bemühte, die notwendige Affidavite für die Eltern zu bekommen, denn sie bedankten sich in den Briefen für die Übermittlung all der von den Amerikanern geforderten Papiere. Daneben hatten sie sich – wenn auch vergeblich – um Visen nach Portugal, Sibirien, Ecuador, Puerto Rico, den Philippinen und Kuba bemüht.[33]

Im Mai 1939 wurden Katzensteins zur Abgabe ihrer Schmucksachen, ihres Tafelsilbers und anderer Edelmetalle verpflichtet.[34] Besonders perfide war, dass man ihnen in Aussicht gestellt hatte, sie würden bei einer Ausreise den Schmuck und das Tafelsilber, das sicher ein wertvolles Erbe und damit primär einen ideellen Wert darstellte, mitnehmen können, sofern sie eine entsprechende Summe in Form von Devisen zurücklassen würden. Auf Bitten der Eltern hatte Fritz die im Brief erwähnten 515 $ nach Wiesbaden übermittelt, die per Scheck an den Fiskus weitergereicht worden waren. Das Tafelsilber blieb aber mit dem Argument beschlagnahmt, die Regelung sei ausdrücklich für den Fall der Auswanderung getroffen worden. Da diese aber nicht stattgefunden habe, werde auch das Silber nicht freigegeben – die amerikanischen Devisen wurden selbstverständlich auch nicht zurückerstattet.[35]

Die wertvolle Einrichtung der Katzensteins mit einem der Gemälde, das später restituiert werden konnte
Mit Genehmigung von Dodie Katzenstein

Im Rahmen dieser Vorbereitungen kommt jetzt eine für Wiesbaden höchst interessante Person ins Spiel, nämlich Heinrich Voss, der ab 1943 von Hitler zum „Sonderbeauftragten des Führers“ zum Aufbau einer nationalen Kunstsammlung in Linz ernannt worden war.[36] Voss hatte seit 1935 die Leitung des Nassauischen Landesmuseums in Wiesbaden inne und war ab Juli 1938 vom Polizeipräsidium Wiesbaden zum Sachverständigen zur „Begutachtung von Kunstgegenständen, die der Ausfuhrbeschränkung unterliegen,“ ernannt worden.[37] In dieser Funktion hatte Voss auch die Kunstsammlung der Katzensteins begutachtetet. Ob dies in der Wohnung geschah, wie Iselt meint,[38] oder aber im Depot der Firma Rettemeyer, wo für die Auswanderung schon ein Teil des Mobiliars und auch die Kunstgegenstände eingelagert worden waren,[39] wird sich nicht mehr klären lassen. Sollte die zeitliche Einordnung der Begutachtung in das Jahr 1941 durch Iselt richtig sein, dann spricht vieles dafür, dass diese nicht zu Hause stattfand, denn bereits im Herbst 1939, laut Gestapo-Karteikarte am 25. September 1939, mussten Leo und Dora Katzensteins auf Druck der NSDAP-Behörden aus ihrer schönen, großen Wohnung in der Wilhelmstraße ausziehen und diese für den Arbeitsdienst freimachen.

Der Vermieter Sahl bestätigt die Kündigung der Katzensteinwohnung auf DRuck der NSDAP
HHStAW 519/3 22797 (5)

Schon im Juni hatten sie die entsprechende Kündigung erhalten. In dem gleichen Brief vom Juni 1939, in dem Leo über die sich verschlimmernde Lage in Deutschland berichtete, klagte Dora, dass sie gezwungen würden, ihre Wohnung zu verlassen: „Wir wissen wirklich nicht mehr weiter … Wahrscheinlich müssen wir uns erst mal eine Wohnung nehmen, vielleicht bekommt man etwas in einem jüd. Haus. …  Das einzige, was wir noch hatten, das war unser Heim, und das ist jetzt auch vorbei.“ [40]

Auszug aus einer von Leo Katzenstein 1938 erstellten Bewertungsliste seiner Kunstsammlung
HHStAW 518 785 (23)

Wie in vielen anderen Fällen waren Katzensteins von ihrem arischen Vermieter – in diesem Fall aber nicht aus eigener Initiative, sondern auf Druck der Partei – „auf die Straße gesetzt“ worden und mussten sich dann selbst um eine neue Wohnung kümmern. Oft blieb dann nur ein Judenhaus. Katzensteins fanden allerdings dieses Mal noch eine neue Unterkunft in der Rösslerstr. 7, einem Haus, das nicht in jüdischem Besitz war. Nach Aussage der Haushälterin Frau Busch hatte dieser Umzug in eine kleinere Wohnung zur Folge, dass weitere Möbel und Gegenstände aus Platzmangel in den Lift der Spedition gebracht werden mussten. Sicher werden sie sich auch von manchen Möbelstücken getrennt haben. Leo Katzenstein meldete am 31. August 1940 der Devisenstelle, dass er aus der Versteigerung eines Möbelstücks durch den auf diesem Gebiet sehr aktiven Auktionator Jäger 7,75 RM auf das Sicherungskonto überwiesen habe.[41] Führt man sich die Bilder der Einrichtung vor Augen, dann hat hier jemand ganz sicher ein ordentliches „Schnäppchen“ gemacht oder – anders formuliert – sich auf übelste Weise an der Not seiner jüdischen Mitbürger bereichert. Und er war ganz sicher nicht der einzige.

Vermögenserklärung von Leo Katzenstein aus dem Jahr 1940
HHStAW 519/3 3646 (33)

Trotz allem gehörte auch im Sommer 1940 das Ehepaar Katzenstein nominal noch zu den begüterten Wiesbadener Familien. In der Vermögensaufstellung von 1940 wurden noch ca. 200.000 RM Reinvermögen und ein Jahreseinkommen von 7.650 RM angegeben. Aber einen freien Zugriff auf diese Ressourcen hatte man selbstverständlich nicht. Dennoch konnte man sich noch eine Hausangestellte leisten und auch Verwandte, wie Julie Strauss in der Emser Straße und seinen Bruder Arnold Katzenstein in Herleshausen, mit monatlichen Zuwendungen bedenken.[42] Der Freibetrag aus Kapitalerträgen und den Mieteinnahmen, die inzwischen auch auf das Sicherheitskonto gezahlt werden mussten, betrug monatlich 1.170 RM, wovon allerdings die laufenden Kosten, die Leopold Katzenstein angab, nicht gedeckt werden konnten. Dennoch betrug ihr Einkommen ein Vielfaches von dem, was anderen Glaubensgenossen monatlich zur Verfügung stand.

Dodie Katzenstein bemerkt in ihrer Artikel, dass der erste Brief der Großeltern an den Sohn, der nur noch von der Mutter unterzeichnet war, mit September 1941 datiert war.[43] Kurz zuvor musste Leo erneut verhaftet und in das KZ Sachsenhausen überführt worden sein. Nach den Eintragungen in der Gestapo-Datei zog Dora Katzenstein daraufhin am 2. September, ihrem Geburtstag, ob freiwillig oder gezwungen ist nicht feststellbar, in ihr eigenes Haus, das „Judenhaus“ Emserstr. 26a, und lebte dort für kurze Zeit zusammen mit ihrer Schwägerin Julie Strauss im ersten Stock. Sie blieb hier nur einen Monat. Anfang Oktober 1941 meldete sie der Devisenstelle auch im Namen ihres inhaftierten Mannes, dass sie zum 1. Oktober in die Rheinstr. 103 II zu dem jüdischen Ehepaar Leo und Helene Schwarz gezogen seien.[44] Leo Schwarz, früher Viehhändler und Metzger, besaß dort eine Art kleiner Pension, bestehend aus drei Zimmern, die auch mit Vollpension an Untermieter abgegeben wurden. Am 29. September schrieb Dora Katzenstein ihrem Sohn Fritz: „Ich muß mich sehr zusammenreißen, denn wie ich Dir schon schrieb, fühle ich mich gar nicht wohl, ich bin sehr mit den Nerven runter. Vorerst wohne ich noch bei Jula [Julie Strauss], Ende der Woche ziehe ich in eine Pension.“[45] Der Wortlaut legt nahe, dass sie dort nicht zwangsweise eingewiesen wurde, sie die neue Unterkunft vielmehr selbst gewählt hatte. Auch in diesem Fall handelte es sich um einen zumindest für Wiesbaden nicht untypischen Wohnungswechsel, der aus einem Judenhaus in ein Nicht-Judenhaus führte.

Für Dora Katzenstein wurden die Lebensumstände jetzt zunehmend schwierig. In der von ihr im Mai 1942 geforderten Aufstellung der derzeitigen Lebenshaltungskosten, insgesamt 602,50 RM, waren u.a. aufgeführt die Miete in Höhe von 170 RM, Lagerkosten für das eingelagerte Mobiliar von 32,50 RM, außerdem „laufende Überweisungen an meinen zur Zeit im Konzentrationslager befindlichen Ehemann – 60 RM“.[46] Ihr Freibetrag wurde daraufhin auf 350 RM beschränkt. Allerdings erlaubt man ihr nach einem gesonderten Antrag die monatliche Unterstützung für Leo und Julie sowie die Lagerkosten auf drei Monate befristet zusätzlich in der Höhe von knapp 200 RM über das Sicherungskonto zu zahlen.[47]

Leo Katzensteins letzter Brief aus dem KZ Sachsenhausen an seine Frau Dorothea
Mit Genehmigung von Dodie Katzenstein

In der Wohnung in der Rheinstraße wird sie auch der letzte Brief von Leo aus dem KZ Sachsenhausen erreicht haben. Er bedankte sich darin für ihre Zeilen, die ihn vor etwa einer Woche erreicht hatten. „Alle guten Wünsche, die man für ein geliebtes Herz kennt, flattern an deinem Geburtstag zu dir … Mögen die Engel dich immer behüten“, schrieb er am 16. August 1942 auf dem vorgegebenen Briefpapier des KZs [48] und bat sie, sich in ihrem Alter bei der Arbeit – möglicherweise war sie inzwischen zu Zwangsarbeit verpflichtet worden – nicht mehr zu sehr anzustrengen. Vermutlich sollte die Mitteilung, es gehe ihm selbst gesundheitlich gut, nur ihrer Beruhigung dienen, denn schon einen Tag später, am 17. August 1942, war er laut Eintrag des Standesamts Oranienburg um 19.05 Uhr verstorben. Die Todesursache sei Herz- und Kreislaufschwäche, bedingt durch eine Ruhrerkrankung gewesen.[49] Aber auch ein irgendwie herbeigeführter Tod, durch wen auch immer, könnte diesen plötzlichen Tod erklären.

Judenhaus Emser Str. 26a
Das Grab von Leo und Dorothea Katzenstein auf dem Jüdischen Friedhof in Wiesbaden, Platter Straße (mit falschem Geburtsjahr 1884 statt 1883)
Eigene Aufnahme

Dora Katzenstein konnte sich noch darum kümmern, dass die Urne mit der Asche ihres Mannes auf eigene Kosten nach Wiesbaden gelangte. Auf dem Jüdischen Friedhof an der Platter Straße wurde er in einer würdigen Umgebung beigesetzt. Um 1955 – so die Erinnerung von Dodie Katzenstein – ließ ihr Vater Fritz nach dem Ende des Kriegs bei einem Besuch in Wiesbaden dort für seine Eltern ein Grabstein errichten, obgleich seine Mutter dort nicht begraben werden konnte.

Zwei Wochen nach dem Tod ihres Mannes hatte sich auch Dorothea Katzenstein zunächst in der Synagoge in der Friedrichstraße, die zur Sammelstelle umfunktioniert worden war, einzufinden. Am 1. September musste sie mit den anderen zumeist älteren Jüdinnen und Juden an der Viehverladestation des Bahnhofs den Zug nach Theresienstadt besteigen. Am Morgen des 2. September fuhr er von Frankfurt aus weiter seinem eigentlichen Ziel entgegen.[50]

Deportation Wiesbaden 1.9.1942, Synagoge Friedrichstraße
Sammelstelle in der Synagoge Friedrichstraße am Vorabend der Deportation
HHStAW 3008/2 16554

Dass sie die unmenschlichen Verhältnisse im dortigen Ghetto fast ein halbes Jahr ertrug und überlebte, ist geradezu ein Wunder. Am 23. Januar 1943 brachte sie der Transport mit der Bezeichnung ‚Cr’ und mehr als 2.000 weiteren Gefangenen, darunter 1258 Frauen und Mädchen, nach Auschwitz. Nach einer Selektion auf der dortigen Rampe wurden 147 Männer und 80 Frauen als Häftlinge ins Lager eingewiesen, alle Übrigen wurden unmittelbar danach in den Gaskammern von Birkenau ermordet. Man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass auch Dorothea zu den Getöteten dieses Tages gehörte.[51]

 

Der weitere Raubzug an den schon Toten vollzog sich nach dem üblichen bürokratischen Verfahren und zog sich dementsprechend lange hin. Der Vollzug der Vermögenseinziehung wurde erst am 28. Mai 1943 vom Regierungspräsidenten Wiesbaden mit der üblichen Formel angeordnet: „Auf Grund des Erlasses des Reichsministers des Innern vom 4.Juli.1942-Pol.S.II A 5 Nr. 521/42-212- und auf Grund des Gesetzes über die Einziehung volks- und staatsfeindlichen Vermögens vom 14. Juli 1933- RGBl.I S.479- in Verbindung mit dem Gesetz vom 26. Mai 1933- RGBl.I S 293- sowie auf Grund des Erlasses des Führers und Reichskanzlers vom 29. Mai 1941 – RGBl.I S. 303- wird das gesamte Vermögen des Leopold Israel Katzenstein … hiermit zu Gunsten des Deutschen Reiches eingezogen.“ Auch auf die vorgeschrieben Veröffentlichung der Einziehung, nämlich per Aushang im Regierungsgebäude in Wiesbaden, Luisenstr. 13, während der Zeit vom 14. Mai 1943 bis zum 28. Mai 1943, wurde ordnungsgemäß verwiesen.[52]

Anordnung zum Vermögenseinzug durch die Gestapo
HHStAW 519/3 3646 (61)

Darauf hin bat die Gestapo Frankfurt das Finanzamt Wiesbaden im Juli 1943 um Übernahme der Vermögenswerte. Dieses war allerdings schon von sich aus aktiv geworden und verlangte vom Amtsgericht die Umschreibung des Hausgrundstücks Emser Straße, das man schon längst verwaltete und verwertete, auf das Deutsche Reich.[53] Hier geriet man aber wieder an den Oberamtsrichter Schmidt von Rhein, der den weiteren Fortgang nicht verhindern, aber wieder verzögern konnte. Er monierte, dass der Umschreibungsanforderung ein Nachweis darüber fehle, „dass und wann die Einziehungsverfügung den Juden bekannt gemacht wurde“. Außerdem wollte er wissen, „wer das hiesige Vermögen der Juden an sich nahm.“ Man teilte ihm mit, dass die entsprechende Verfügung des Regierungspräsidenten vom 27. August 1942 der Jüdin Katzenstein am folgenden Tag zugestellt worden und das bewegliche Vermögen von Beamten des Finanzamts übernommen worden sei.[54] Am 8. Februar erfolgte dann die Umschreibung im Grundbuch zu Gunsten des Deutschen Reiches.[55]
Das „Judenhaus“ in der Emser Str. 26.a war inzwischen judenfrei. In den drei Wohnungen hatten zuletzt vermutlich etwa 10 Personen gewohnt. Sieben von ihnen wurden von hier aus deportiert. Zwei davon waren Verwandte von Katzensteins.

 

Lange bevor diese Enteignung Katzensteins formaljuristisch abgeschlossen war, bevor auch Dora Katzenstein deportiert und ermordet wurde, waren die ersten auf den Plan getreten, die Nutznießer dieses Raubes sein wollten. Ein Volksgenosse Nikolas Berg meldete sich schon im Juli 1942 beim Finanzamt Wiesbaden mit der Bitte, falls das Haus Emser Str. 26a verkauft werden solle, so möge man ihn – Parteimitglied und derzeit bei der Wehrmacht – auf jeden Fall berücksichtigen.[56]

Das Haus stand aber vorläufig nicht zum Verkauf, denn der Oberfinanzpräsident Kassel hatte bereits im Januar 1942 im Hinblick auf die „Grundstücke von Juden, die ins Ausland abgeschoben worden sind oder noch werden“ verfügt, das „die Wohnungen sobald als möglich bewohnbar gemacht werden sollen und vorzugsweise an Trennungsentschädigung beziehende Reichsbedienstete (ausdrücklich nicht nur die der Finanzverwaltung !) zum ortsüblichen Mietpreis zu vermieten“ seien. Die Instandsetzungsarbeiten seien auf das Nötigste zu begrenzen.[57] Der geklammerte Einschub lässt vermuten, dass offensichtlich die an der Quelle sitzenden Finanzbeamten ihre Position häufig dazu genutzt hatten, sich günstig in solche schönen Wohnungen einzumieten, sie vielleicht sogar zu erwerben.

Der Bewerber, Regierungsbaurat Dr. Ing. Iwanowski vom Luftgaukommando, entsprach dagegen bestens den geforderten Kriterien und erhielt auch den Zuschlag. Da er seine Breslauer „100% gepflegte Komfort-Wohnung“ einer kinderreichen deutschen Familie überlassen habe, die ohne weitere Reparaturen sofort dort habe einziehen können, bat er angesichts des angeblich schlechten Zustands der hiesigen Wohnung um eine grundlegende Renovierung. Er machte diesbezüglich auch detaillierte Vorgaben, wie Türen und Fenster zu streichen, die Küche und das Treppenhaus neu zu gestalten seien.
Er habe im Übrigen in Erfahrung gebracht, dass alle jüdischen Wohnungen vor ihrer Neuvermietung renoviert würden und auch entsprechendes Material, wie Tapeten, und die notwendigen Arbeiter zur Verfügung ständen.[58]

Der Mietvertrag kam zustande und auch die Renovierungsarbeiten wurden nach dem Plazet des dafür zuständigen Arbeitsamts Wiesbaden durchgeführt, wenngleich nicht zur Zufriedenheit des Regierungsbaurats, weshalb es im Nachhinein noch zu einigen Auseinandersetzungen mit dem Hausverwalter Heinzmann bzw. dem Finanzamt kam.

Auch bei der Finanzierung der Renovierungsarbeiten gab es Probleme. Die dem Finanzamt Wiesbaden vorgesetzte Behörde in Kassel wies darauf hin, dass der Mieter Wehrmachtsangehöriger sei, er damit nicht der Wohnungsfürsorge der Reichsfinanzverwaltung unterliege, weshalb die Kosten aus der Verwertung des Hauses, sprich: den Mieteinnahmen, aufzubringen seien.[59]

Am 24. November 1942 war ein weiterer Mietvertrag mit dem Bannführer Eisenreich abgeschlossen worden.[60] Während Iwanowski den ersten Stock erhalten hatte, zog Eisenreich mit Frau in den zweiten, in die günstigere Dachgeschosswohnung. Zudem sollte er – die Qualifikation brachte er sicher als Bannführer mit – laut einem Schreiben des Hausverwalters Heinzmann „die Fürsorge für das dortige Haus … im Interesse der Ordnung und der Sauberkeit“ übernehmen.[61]

Die Madonna mit dem Kind, das wertvollste Stück der Sammlung, heute im Museum St. Louis
Die Zollfahndung verweigert die Mitnahme von verschiedenen Stücken der Sammlaung ins Ausland
HHStAW 519/3 22797 (13)

1943 kümmerte sich auch der rege Leiter der Wiesbadener Gemäldegalerie Voss erneut um einen Teil des eingezogenen Vermögens der Katzensteins, nämlich um die Kunstsammlung, die er schon zwei Jahre zuvor im Hinblick auf ihre künstlerische Wertigkeit begutachtet hatte. Im März, kurz vor seinem Weggang nach Dresden, wurden die Bilder jetzt von ihm preislich taxiert. Drei Bilder, die er insgesamt auf 8.000 RM geschätzt hatte, wurden von ihm ausgesucht, um sie der Wiesbadener Sammlung einzuverleiben. An den Landeskulturleiter ging die Instruktion, „dass für die Erwerbung der Bilder Interesse von Seiten der Gemäldegalerie bestehe, und zwar zu den angesetzten und bis heute beibehaltenen Preisen“.[62] Voss setzte also die Preise genau der Bilder fest, die er anschließend als Leiter der Galerie zu kaufen gedachte. Allerdings reichte der vorhandene Etat für den Ankauf dieser Gemälde –trotz der wenig marktkonformen Preisgestaltung – nicht aus, was aber dank seiner außergewöhnlich guten Beziehungen zu Oberbürgermeister und Kulturdezernat kein wirkliches Problem darstellte. Der Etat wurde im Oktober 1943 einfach auf 50.000 RM angehoben [63] und die Gemäldegalerie konnte die ihr von der Vollstreckungsstelle des Finanzamts angebotenen Werke zur Freude der Wiesbadener Bürger ankaufen.[64]

Immerhin kann man insofern von einer glücklichen Fügung sprechen, als diese drei Bilder nach dem Krieg dem Sohn Fritz wieder zurückgegeben werden konnten. Die meisten der übrigen Kunstwerker wurden vermutlich versteigert und erfreuen wohl noch immer Menschen, denen sie nie wirklich gehört haben. Eine hölzerne Marienstatue aus dem 15. Jahrhundert hat allerdings später noch ihren Weg zu Fritz Katzenstein gefunden, vermutlich das wertvollste Stück aus der Sammlung. Es gehört durch die Donnation der Enkel heute zur Sammlung des Kunstmuseums in St. Louis.[65]

Es ist wohl eine zufällige Koinzidenz, dass genau an dem Tag, an dem Dora Katzenstein in Auschwitz ermordet wurde, am 23. Januar 1943, die Versicherungsagentur Braidt beim Finanzamt Wiesbaden in gestelzter Sprache anfragt, wer denn nun die Haftpflichtversicherung für das Grundstück des Juden Katzenstein zahle: „Wir haben den fälligen Beitrag bei Frau Katzenstein eingefordert, haben aber keine Zahlung und auch keine Nachricht bislang erhalten. Daher nehmen wir an, dass auch dieses Grundstück von (! sic) Staate einstweilen in Verwaltung genommen worden ist.“ [66] Man ging davon aus, dass nun der Fiskus die fällige Prämie zahlen würde. Dem war aber nicht so. Die schroffe Antwort kam prompt: „Das Reich versichert sich gegen Schäden jeglicher Art selbst. Die von Juden geschlossenen Verträge werden daher nicht fortgesetzt.“ Welch ein Irrtum. Eine Versicherung für all die angerichteten Schäden des Reichs gab es nicht!

 

Leo Katzenstein, Dorothea Katzenstein
Die Ruine des ehemaligen Judenhauses an der Ecke Emser Straße und Walramstraße
Foto W. Rudolph – Mit Genehmigung des Stadtarchivs Wiesbaden

Am 22. Februar 1945 meldete der Hausverwalter Heinzmann dem Finanzamt, dass das ehemalige Judenhaus bei dem „Terrorangriff“ vom 2. Februar durch einen Volltreffer vollständig zerstört worden sei und weitere Mietzahlungen nicht zu erwarten seien. 459 Bomber der Royal Air Force hatten in dieser Nacht einen schweren Angriff auf die Stadt geflogen, bei dem nicht nur viele der historischen Gebäude wie das Lyzeum, das Mädchengymnasium im Stadtzentrum, das sogenannte Paulinenschlösschen oder die Rathausfassade zerstört wurden, sondern auch etwa 600 Menschen zu Tode kamen.[67]

Katzenstein Haus Wilhelmstr.
Das zerstörte Haus in der Wilhelmstr. 42, aufgenommen von Fritz Katzenstein
Mit Genehmigung von Dodie Katzenstein

Das Naziregime war durch die Truppen der Alliierten fast niedergerungen und Fritz Katzenstein war als Soldat des US Army Medical Corps mit dabei.

Nach seiner Ankunft in den USA vor neun Jahren war auch für ihn der Neuanfang mit vielen Hürden verbunden. So wurde sein Diplom nicht sofort anerkannt und er musste auch dort wieder unbezahlte Praktika absolvieren und erneut eine Prüfung ablegen, bevor er seine erste Praxis eröffnen konnte. In dieser Zeit lebte er bei Verwandten, dem Rechtsanwalt Sidney Meyer und seiner Familie in Wilmette bei Chicago. Diese hatten Fritz auch das für seine Einreise notwendige Affidavit, eine eidesstattliche Erklärung im Notfall finanziell für den Immigranten einzustehen, bereitgestellt, aber auch vielen anderen jüdischen Flüchtlingen geholfen.
1938 konnte er in der kleinen Ortschaft Salem, Illinois, etwa 500 km südlich von Chicago, mit seinen etwa 6.000 Einwohnern eine eigene Praxis eröffnen.

Registrierungskarte von Fritz Katzenstein für die US-Army
https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/300149073:2238

1942 beantragte er die amerikanische Staatsbürgerschaft und trat dann als Bürger der Vereinigten Staaten auch in das Army Medical Corps ein. Während seiner Stationierung in Milwaukee lernte er seine zukünftige Frau, die Lehrerin Mary Sweed, kennen, die mit ihren Eltern und zwei Brüdern nach der Russischen Revolution 1923 in die USA emigriert war. Ihr Vater stammte aus einem Ort bei Minsk, in dem heutigen Belarus, wo er 1887 geboren worden war, ihre Mutter, ein Jahr später als der Vater geboren, kam aus einer Gemeinde bei Moskau. Ihre Flucht aus der Sowjetunion war keineswegs begründet durch eine konservativ, monarchistische politische Einstellung, im Gegenteil: Die Mutter gehörte zu den Revolutionärinnen der frühen Phase, war sogar wegen ihres revolutionären Engagements inhaftiert worden und erzählte immer gern, dass sie mit Lenin, der bei ihr zu Hause verkehrte, Tee getrunken habe. Die Gründe für die Emigration lagen in der zunehmenden Entartung der Revolution hin zu einer stalinistischen Diktatur, die auch schon vor Lenins Tod viele Oppositionelle aus dem Land getrieben hatte. Begleitet wurde diese Verhärtung der Machtstrukturen von einem wachsenden Antisemitismus, der viele einstmals engagierte Revolutionäre – und viele von ihnen hatten einen jüdischen Hintergrund – veranlasste, das Land zu verlassen. Auch wenn die Familie ihre Vor- und auch Nachnamen bei ihrer Ankunft in den USA anglisieren ließ, hielt die Mutter, die 94 Jahre alt wurde, an vielen russischen Traditionen fest. Sie, die fließend russisch und jiddische sprach, konnte bis ins hohe Alter Gedichte ihrer Heimat problemlos rezitieren – und Englisch beherrscht sie bis zu ihrem Lebensende nur unzureichend.

Fritz Katzenstein und Mary Sweed
Fritz und Mary Katzenstein, geb. Sweed 1944
Mit Genehmigung von Dodie Katzenstein

Am 14. Oktober 1944 haben Fritz Katzenstein und Mary Sweed in Milwaukee geheiratet. Anschließend musste er wieder seinen Dienst in der Army antreten, jetzt sogar für sieben Monate nach Europa gehen. Unmittelbar nach dem Waffenstillstand im Mai 1945 nutzte er die Möglichkeit, nach seinen Eltern bzw. seiner Mutter zu forschen. Dass sein Vater in Sachsenhausen ermordet worden war, hatte er durch eine Nachricht des Internationalen Roten Kreuzes bereits 1942 erfahren, aber über das Schicksal seiner Mutter wusste er nichts. Schon das Grauen, mit dem er dort konfrontiert wurde, nahm ihm alle Hoffnung, seine Mutter noch lebend anzutreffen. Eine Frau aus Wiesbaden – möglicherweise Claire Guthmann -, die Doro Katzenstein aus Wiesbaden kannte, konnte ihm immerhin mitteilen, dass seine Mutter nach Auschwitz gebracht worden sei.

Dennoch war seine Reise nicht vergebens. In einem 1945 erschienen Zeitschriftenartikel wird von dem Autor ein Brief erwähnt, den Fritz Katzenstein nach seinem Besuch in Theresienstadt an das ‚National Council of Jewish Women’ in den USA geschrieben hatte. Offenbar verbanden viele der Überlebenden mit ihm die Hoffnung auf ein neues Leben:
“Mesdames: Yesterday I visited Theresienstadt, looking for traces of my family who were deported there in 1942. I did not suceed, but am sending by separate mail about 100 letters which were handed to me or my driver when word passed around that an American was in town. The letters are addressed to the American relatives of these people. Please forward them.” [68]

Vermutlich besuchte er damals schon seine Heimatstadt Wiesbaden und machte einige Fotos von der zerstörten Stadt und von den Ruinen der beiden Häuser, die ihn im Besonderen mit seiner Heimatstadt und seinen Eltern verbanden: Das zerstörte Haus in der Wilhelmstr. 42, in dem diese viele Jahre gewohnt hatten und das in der Emser Str. 26a, das die Nazis zum Judenhaus erklärt hatten.[69]

Das zerstörte ehemalige Judenhaus in der Emser Straße, fotografiert von Fritz Katzenstein 1945
Mit Dank an Dodie Katzenstein

Mit der traurigen Nachricht, dass die Häuser zerstört und die Mutter ebenfalls dem Holocaust zum Opfer gefallen war, kehrte Fritz Katzenstein zu seiner Frau in die USA zurück. In den folgenden Jahren wurden ihnen in Salem zwei Kinder geboren. Am 18. November 1947 kam der Sohn Lawrence Paul, genannt Larry, und am 5. Juli 1949 die Tochter Dorothea Elisabeth zur Welt, benannt nach ihrer im KZ ermordeten Großmutter.

Fritz Katzenstein war in seiner Heimatstadt ein sehr beliebter und hoch angesehener Arzt, der sich nicht nur mit aller Kraft seinen Patienten widmete, sondern in Salem auch wichtige soziale Einrichtungen, wie etwa ein lokales Krankenhaus aufbaute, eine kleine Stiftung für Hight-School-Absolventen begründete, die Pflegeberufe ergreifen wollten, und ein Heim für Pflegebedürftige mitinitiierte.

Viel Kraft kostete ihn der Kampf mit dem deutschen Staat um angemessene Entschädigungen für sich selbst und seine Eltern. Auch versuchte er mit viel Engagement die Kunstsammlung, im Besonderen die Porzellansammlung, der Eltern wieder aufzubauen, allerdings ohne großen Erfolg. Fast alles war unauffindbar verloren, aber zumindest konnte er einige andere, ähnliche Stücke neu erwerben.

Das Grundstück in der Emser Straße wurde nach dem Krieg von der amerikanischen Militärbehörde zunächst beschlagnahmt. Am 14. Januar 1950 wurde es dann dem Alleinerben Dr. Friedrich Karl Katzenstein, wohnhaft in Salem, Illinois, USA, per Amtsgerichtsbeschluss zurückgegeben und ein entsprechender Eintrag im Grundbuch vorgenommen.[70] Auch die Firma „Pharmazeutische Industrie Dr. Leopold Katzenstein“ und die ansonsten entzogenen Vermögenswerte wurden nach den Vorgaben der Entschädigungsbehörde wieder zurückerstattet oder entschädigt. Auch wenn die geleisteten Zahlungen den wirklichen Schaden nie auch nur ansatzweise beheben konnten, so ist es umso erstaunlicher, dass der Sohn und auch die Enkel von Dora und Leo Katzenstein sich deren Heimatstadt wieder zuwandten.

Fritz Katzenstein, der schon in den 60er Jahren mit der Familie nach Wiesbaden gereist war, um ihr seine Heimat und die seiner Eltern zu zeigen, habe – so Dodie Katzenstein – nie Zorn, Bitterkeit oder Gram gezeigt. Er habe es zumindest oberflächlich geschafft die Vergangenheit hinter sich zu lassen, aber in vielen kleinen Alltäglichkeiten habe sich gezeigt, welche tiefen Spuren die Zeit der Verfolgung in seinem Innersten hinterlassen habe. Seine Muttersprache hat er seinen Kindern nicht vermittelt, auch Autos deutscher Fabrikate seien nie gekauft worden. In jedem Frühjahr habe er aber lange Autofahrten auf sich genommen, um Spargel kaufen zu können. Dieses „arische“ Gemüse war in der Nazizeit Juden zu kaufen nicht gestattet. Dazu genoss er dann gerne einen kühlen Riesling oder sogar eine Flasche ‚Henkell Trocken’. Er liebte die Musik von Richard Wagner und aß mit großer Freude einen echten Sauerbraten. Früher – so Dodie Katzenstein – habe sie nie verstanden, wieso es in ihrer Familie immer nur Spaniels als Familienhunde gab, bis sie eines Tages ein Foto von Dora, Leo und Fritz zusammen mit einem Hund genau dieser Rasse gesehen habe. Der Hund musste abgegeben worden sein, als es Juden per Dekret verboten wurde, Haustiere zu halten.[71]

Obwohl bereits 1982 bei Fritz Katzenstein Krebs diagnostiziert wurde, übte er weiter bis ins hohe Alter von 81 Jahren seinen Beruf als Arzt aus. 1990 zog er mit seiner Frau nach Clayton bei St. Louis in die Nähe seines Sohnes Larry und genoss in den letzten Lebensjahren dort noch das kulturelle Angebot der Stadt. Mit 84 Jahren erlag er am 13. Februar 1993 seinem Krebsleiden.[72] Seine Frau Mary starb am 26. August 2013. Sie war 93 Jahre alt geworden.[73]

Grab von Fritz Katzenstein
https://de.findagrave.com/memorial/37369363/friedrich-c-katzenstein#view-photo=124359548
Grab von Mary Sweed Katzenstein
https://de.findagrave.com/memorial/116267774/mary-katzenstein#view-photo=124359530

 

 

 

 

 

 

 

Die beiden Kinder, Larry und Dodie, waren in ihrem Geburtsort Salem aufgewachsen, hatten das College und später die Universität besucht. Larry wurde Rechtsanwalt und lebt mit seiner Familie heute in St. Louis, Dorothea wurde freie Journalistin, u.a. beim Wall Street Journal, und zog später mit ihrem Ehemann Martin Puterman, einem Professor für Statistik an der Universität Vancouver, nach Kanada. Beide haben Kinder und inzwischen auch eine große Zahl an Enkeln.

Dodie Katzenstein selbst engagiert sich heute im „Vancouver Holocaust Education Center“, um die Erinnerung an das damalige Geschehen wach zu halten. Im Jahr 2009 war sie zuletzt in Wiesbaden, um an der Verlegung der Stolpersteine vor der ehemaligen Wohnung ihrer Großeltern in der Wilhelmstr. 42 teilzunehmen.[74] Ihr Bruder Larry besuchte mit seiner Frau und Tochter Wiesbaden zuletzt im Jahr 2017.

 

Veröffentlicht: 24. 11. 2017

Letzte Revision: 30. 01.2024

 

 

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Anmerkungen:

[1] Die Charakterisierung „säkular“ stammt von Dodie Katzenstein, der Enkelin von Leo und Dora Katzenstein. Sie ist einem beeindruckenden Artikel entnommen, in dem sie ihre späte Annäherung an ihre Großeltern beschreibt, nachdem ihr der Briefwechsel zwischen ihrem Vater und seinen Eltern in die Hände gefallen war, siehe Dodie Katzenstein, My Grandparents’ Letters, in: Zachor – Remember, Vancouver Holocaust Education Center Newsletter, 4, November 2006, S. 4. 2023 hat Dodie Katzenstein noch ein umfassenderes Buch mit dem Titel ‚The moves they made, the lives they led’ über ihre Eltern und Großeltern für ihre eigenen Kinder und Enkel verfasst, dem viele Informationen, besonders die über die Familie von Fritz Katzenstein, dem Sohn von Leo und Dorothea Katzenstein, entnommen sind. Der frühere Artikel über das Ehepaar Katzenstein wurde auf dieser neuen Materialgrundlage überarbeitet und ergänzt. Das Buch ist im Handel nicht erhältlich.

[2] Dodie Katzenstein hat mir freundlicherweise die handschriftlichen Aufzeichnungen ihres Vaters bei einem Besuch zur Verfügung gestellt, sodass ich eine Kopie anfertigen konnte. Sie wusste damals nicht, welche bedeutende Persönlichkeit durch Heirat in ihre Familie aufgenommen worden war. Die Ur-Urgroßeltern mütterlicherseits von Dorothea Katzenstein, der Ehefrau von Leo Katzenstein, waren die Urgroßeltern von Margarete Karplus der Ehefrau von Theodor W. Adorno. Auch für Fritz Katzenstein scheint es sich um einen Unbekannten gehandelt zu haben, denn er hatte auf seiner Zeichnung bei dem Namen nicht einmal das Geburtsdatum eingetragen. Siehe den Eintrag D15/1041.

[3] Frau Ellmann-Krüger, die sich auch fachwissenschaftlich mit der genealogischen Erforschungen des Judentums befasst hat – siehe ihr Werk ‚Auswahlbibliographie zur jüdischen Familienforschung vom Anfang des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart’ aus dem Jahr 1992 -, hat die Familiengeschichte der Katzensteins, besonders die, die aus der zweiten Ehe von Jakob Eisemann Katzenstein mit Johanna Rosenbaum resultierte, intensiv erforscht. Sie selbst ist eine Urenkelin von Jakob Eisemann Katzenstein und Johanna Rosenbaum. Ihr Großvater, der Arzt Dr. Erich Ebstein, ein Sozialist und engagierter Kämpfer für die Freigabe der Abtreibung in der Zeit der Weimarer Republik, wurde deshalb mehrfach verhaftet und zu Gefängnisstrafen verurteilt. Er war mit Selma Katzenstein verheiratet, der Stiefschwester von Leo Katzenstein. Deren Tochter, Gertrud / Trude Katzenstein wiederum hatte 1932 den Buchhändler und Nichtjuden Hans Link geheiratet. In Kaiserslautern, ihrem damaligen Wohnsitz, wurde ihr Geschäft in der Reichspogromnacht zerstört. In Berlin kamen sie bei Gertruds Mutter, Selma Ebstein unter, die dort ein jüdisches Altersheim leitete. Obwohl in einer sogenannten „privilegierten Mischehe“ lebend, wurde Gertrud verhaftet. Sie gehörte zu den wenigen Frauen, die im Winter 1943 in Berlin in der Rosenstraße inhaftiert wurden, was damals die mutigen Proteste der nichtjüdischen, zumeist weiblichen Ehepartner auslöste. Gertrud Link kam frei, aber sie und ihr Ehemann mussten bis zum Kriegsende Zwangsarbeit verrichten. Ihre Mutter, Selma Ebstein, wurde am 19.4.43 von Berlin aus nach Auschwitz deportiert und unmittelbar nach Ankunft des Zuges in die Gaskammer geschickt. Die beiden Kinder des Ehepaars Link, Angelika und Reiner, erfuhren erst 1945, dass auch sie jüdische Wurzeln haben.

[4] Neben Leopold waren das nach Angaben von Ellmann-Krüger Bertha, Jettchen (Henriette), Jacob, Julie und Arnold. Zumindest von Julie, geboren am 2.4.1875, und dem jüngeren, am 15.2.1878 geborenen Bruder Arnold weiß man, dass sie Opfer des Holocaust wurden. In einer zweiten Ehe, die Eisemann Katzenstein am 17.4.1879 mit der am 29.3.1855 in Theilheim geborenen Hannchen Rosenbaum in Neustadt an der Saale schloss, kamen noch einmal zwei Töchter, Selma am 15. 2.1880 und Gerda am 17.7.1887, zur Welt. Selma Katzenstein war die Großmutter von Angelika Ellmann-Krüger.

[5] Ihre Eltern waren der Bankier Gustav und Johanna Pfeiffer, geb. Carlebach. Er war am 15.2.1855 in Wöllrietenhof in Mittelfranken, sie am 1.7.1859 in Mainz geboren worden. Gustav Pfeiffer hatte später in Germersheim und in München gelebt und gearbeitet. Erst nach seinem Eintritt in den Ruhestand war er wieder nach Wiesbaden zurückgekehrt. Angaben nach den Aufzeichnungen von Fritz Katzenstein. Zu seinem Sohn Wilhelm Pfeiffer, dem Bruder von Dorothea Pfeiffer, siehe unten in diesem Kapitel zum Judenhaus Emser Str. 26a.

[6] Heiratsregister Wiesbaden 430 / 1907. So bewunderte Hedwig Busch, die langjährige Haushälterin, in ihrer eidesstattlichen Erklärung zu den Vermögensverhältnissen der Katzensteins die „besonders reichhaltigen Wäscheaussteuer und Ausstattung an Kleidern“. Siehe HHStAW 518 785 (21).

[7] Den ersten Eintrag im Wiesbadener Adressbuch findet man in der Ausgabe 1905/06.

[8] HHStAW 518 785 (8) in der Geburtsurkunde wurde Karl mit „K“ geschrieben, in den Dokumenten ist aber durchweg die Variante „Carl“ zu lesen.

[9] Dr. med. Leo Katzenstein, Wiesbaden und seine Heilfaktoren, Wiesbaden 1908. Das Werk, erschienen im „Selbstverlag der Kurverwaltung“ war mit dem „Ersten Preis der Stadt Wiesbaden“ ausgezeichnet worden. Hintergrund der Veröffentlichung war ein bereits 1904 von dem Kurverein angeregte Kampagne zur Förderung des Kurwesens in Wiesbaden. Die Diskussion bzw. sogar Auseinandersetzungen  um Inhalt, Gestaltung, Finanzierung und Autorenschaft der zu erstellende Propagandaschrift zog sich über Jahre hin, bis man zuletzt ein Preisausschreiben initiierte, das von Dr. Katzenstein gewonnen wurde. Das Buch enthält neben allgemeinen Ausführungen zur geographischen Lage, zu touristischen Highlights auch viele statistische Angaben zur medizinischen und hygienischen Versorgung der Stadt. Der Hauptteil ist der Zusammensetzung und der Wirkung der verschiedenen Quellen gewidmet.

[10] Stadtarchiv Wiesbaden WI/II 898. Die Firma war am 21.4.1932 in das Gewerbe-Anmelde-Verzeichnis aufgenommen worden.

[11] HHStAW 518 785 (257-266) Gutachten des Wirtschaftsprüfers Meisner über das Unternehmen aus dem Jahr 1949. Heute beherbergt das Fabrikgebäude in Erbenheim den Campus der privaten Obermayr-Schule, die in ihrer Homepage erfreulicherweise auf diesen historischen Hindergrund verweist, siehe http://eduaktiv.de/hp476/Wo-Geschichte-zur-Verpflichtung-wird.htm. (Zugriff: 21.11.2017). Der heutige Leiter der verschiedenen Obermayr-Schulen, Dr. Gerhard Obermayr, Mitglied der CDU und als Vorsitzender der Stadtverordnetenversammlung Wiesbadens auch Repräsentant der Stadt und ihrer Bürger, versäumt keine Gelegenheit, um bei entsprechenden Anlässen mit ernster Betroffenheitsmiene zu mahnen, dass das in der NS-Zeit Geschehene nie vergessen werden dürfe. Wie ernst er es damit meint und wie leicht ihm selbst das Vergessen fällt, kann man daran erkennen, dass er der seit Sommer 2022 mehrfach übermittelten Bitte von Dodie Katzenstein, ihr eine Fotografie des Schulgebäudes mit der Produktionsstätte ihres Großeltern zu schicken, bis heute (siehe Stand der Bearbeitung) nicht nachgekommen ist. Das Foto sollte in dem Buch ‚The Moves’ erscheinen, das inzwischen erschienen ist und stattdessen ein Bild aus dem Internet enthält.

[12] Im Erinnerungsblatt des AMS ist als Umzugsdatum 1927 genannt, siehe http://www.am-spiegelgasse.de/wp-content/downloads/erinnerungsblaetter/EB-Katzenstein.pdf, (Zugriff: 21.11.2017). Erkundigungen der Polizei im Auftrag der ‚Betreuungsstelle Entschädigungen’ ergaben das Jahr 1925, siehe HHStAW 518 785 (12).

[13] So die Charakterisierung der Hausangestellten Frau Busch, siehe HHStAW 518 785 (21).

[14] HHStAW 518 19261

[15] HHStAW 518 785 (21).

[16] Katzenstein, The Moves, 2004, S. 8.

[17] Katzenstein, My Grandparents’ Letters, S. 4.

[18] HHStAW 518 19261 (3).

[19] HHStAW 518 785 (16-20) In der polizeilichen Abmeldung heißt es „F.C.Katzenstein am 18.10.36 nach USA, studienhalber für 2 Jahre“. Ebd. (217) Tatsächlich hatte Fritz auch einen Rückfahrtsbillet erworben, für den Fall, dass er in den USA nicht würde Fuß fassen können. Ebd. (77).

[20] HHStAW 518 19261 (56).

[21] HHStAW 519/3 3646 (1).

[22] HHStAW 519/3 3646 (3).

[23] Eine Kopie der Liste findet sich in HHStAW 518 785 (23-26). Der im Entschädigungsverfahren von F. C. Katzenstein beauftragte Rechtsanwalt hatte zurecht darauf hingewiesen, dass der wirkliche Wert wohl deutlich über dieser Summe lag, weil man als jüdischer Eigentümer damit rechnen musste, dass diese Anmeldung Grundlage für eine weitere Besteuerung sein würde, weshalb man vorsichtshalber den Wert der Gegenstände eher minderte.

[24] HHStAW 519/3 3646 (1).

[25] Der Inhalt der Briefe von Bruno Netter und Karl Kahn wurde dem Verfasser von Dodie Katzenstein mitgeteilt. Über die Verhaftung von Leo Katzenstein siehe HHStAW 518 785 (228). Seine Häftlingsnummer war 25006.

[26] HHStAW 518 785 (245 f.) Laut Meldung des IRK war das Entlassungsdatum der 24. 11.1938. „Krebs und Eber“ waren auch an der Arisierung des französisch-jüdischen Unternehmens „Urphacolor“ beteiligt. Laut Vertrag hatten sie am 11.12.1941 93 % des Aktienkapitals im Wert von 9 Mio. Belgische Franc für 5.602.500 Belgische Franc an sich gebracht. Sie dazu https://www.fold3.com/image/287217541/ (Zugriff: 21.11.2017).  und https://www.fold3.com/image/287217525/. (Zugriff: 21.11.2017).

[27] Ob dies wirklich genau so geschah, ist fraglich. Belegt sind die erste Zahlung von 100.000 RM im April 1939 und die der „Restkaufsumme“ von 43.077,35 RM im Juni des gleichen Jahres. HHStAW 519/3 3646 (13 u.14) In der 1940 von der Devisenstelle in Frankfurt erneut geforderten Vermögensaufstellung nennt L. Katzenstein u.a. eine Beteiligung an der sich in Liquidation befindlichen Firma „Pharmaceutische Industrie“ in Höhe von 17.558 RM, davon „RM 15.000 unsichere bestrittene Forderungen an die Käufer obiger Firma“. Ebd. (33). Allerdings erfolgt dann im Oktober 1940 doch noch einmal eine Nachzahlung in Höhe von 12.000 RM auf das Sicherungskonto, sodass vermutlich letztlich doch die vereinbarte Summe gezahlt worden war. Ebd. (45).

[28] HHStAW 518 785 (257-266).

[29] Ebd. Interessant ist allerdings, dass der Sohn Fritz Katzenstein später wohl den Kontakt zu den Erwerbern gesucht hatte, wie Dodie Katzenstein berichtet: „He maintained some connections with the company for Years; all my childhood colds were treated with Risinetten cough drops and a pungent decongestant ointment mailed from the factory.” Dodie Katzenstein, My Grandparents’ Letters, in:  Zachor – Remember, Vancouver Holocaust Education Center Newsletter, 4, November 2006, S .4. Ein Blanko.Rechnungsformular der Firma “Krebs & Eber” mit den verschiedenen Risin-Präparaten ist zu finden unter https://www.fold3.com/image/287217545/. (Zugriff: 21.11.2017).

[30] HHStAW 519/3 3646 (9).

[31] HHStAW 519/3 3646 (12).

[32] Brief aus dem Privatarchiv von Dodie Katzenstein.

[33] Katzenstein, My Grandparents’ Letters, S. 5.

[34] HHStAW 518 785. Zumindest für einen Teil der abgelieferten Wertgegenstände existiert ein Ablieferungsschein des Wiesbadener Rechtsamts vom 3. Mai 1939 in Höhe von 1.016 RM, im Entschädigungsverfahren wurde das Tafelsilber mit 2.500 RM taxiert. Ebd. (16 ff.).

[35] HHStAW 518 19261 (2) und HHStAW 518 785 (248) Nach einem Gutachten des Juweliers Röhl vom 3.4.1939 hatten die Gegenstände einen Wert von 1.900 RM.

[36] Zu Voss siehe die umfassende Monographie von Iselt, Hermann Voss.

[37] Archiv Museum Wiesbaden, Akte „Entartete Kunst“, Polizeipräsident Wiesbaden  an Voss, 16.Juli 1938, zit. nach Kathrin Iselt, „Sonderbeauftragter des Führers“. Der Kunsthistoriker und Museumsmann Hermann Voss (1884-1969), Köln 2010, S. 117.

[38] Iselt, Hermann Voss, S. 122, die Jahresangabe 1941 nennt Iselt ohne Nachweis.

[39] HHStAW 518 785 (21).

[40] Dodie Katzenstein, My Grandparents’ Letters, in:  Zachor – Remember, Vancouver Holocaust Education Center Newsletter, 4, November 2006, S .5. Anfragen bei den Bewohnern durch die Polizei im Rahmen des Entschädigungsverfahren nach dem Krieg ergaben das Jahr 1940 als Umzugsjahr, siehe HHStAW 518 785 (12). Gegen diese Datierung sprechen aber auch die Angaben der Haushälterin Busch, die in ihrer eidesstattlichen Erklärung als Zeitpunkt den Herbst 39 nennt. (21).

[41] HHStAW 519/3 3646 (43) Siehe zum Auktionshaus Jäger die vielen Anzeigen im „Nassauer Volksblatt“ aus den Jahren 1939 – 1942, z.B. Nassauer Volksblatt vom 17.10.1941, vom 21.4.1940, vom 6.3.1940 oder vom 21.2.1940.

[42] HHStAW 519/3 3646 (33). Arnold Katzenstein wurde am 9.12.1941von Kassel aus in das Ghetto Riga deportiert, siehe https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de894866. (Zugriff: 20.11.2023). Zu Julie Strauss siehe unten https://moebus-flick.de/julie-und-margarete-strauss/.

[43] Katzenstein, My Grandparents’ Letters, S .5.

[44] HHStAW 519/3 3646 (51).

[45] Privatarchiv von Dodie Katzenstein. Leo und Helene Schwarz wurde am 1.9.1942 nach Theresienstadt deportiert.

[46] HHStAW 519/3 3646 (53).

[47] HHStAW 519/3 3646 (55).

[48] Auf diesem Briefpapier war oben der folgende Text aufgedruckt: „Der Tag der Entlassung kann jetzt noch nicht angegeben werden. Besuche im Lager sind verboten. Anfragen sind zwecklos.“ Des Weiteren ein Auszug aus der Lagerordnung: „Jeder Häftling darf im Monat 2 Briefe oder Postkarten empfangen und absenden. Eingehende Briefe dürfen nicht mehr als 4 Seiten á 15 Zeilen enthalten und müssen übersichtlich und gut lesbar sein. Pakete jeglichen Inhalts sind verboten. Geldsendungen sind nur durch Postanweisungen zulässig, deren Abschnitt nur Vor-, Zuname, Geburtstag, Häftlingsnummer trägt, jedoch keinerlei Mitteilungen. Geld, Fotos und Bildeinlagen in Briefen sind verboten. Die Annahme von Postsendungen, die dn (sic !) gestellten Anforderungen nicht entsprechen, wird verweigert. Unübersichtliche, schlecht lesbare Briefe werden vernichtet. Im Lager kann alles gekauft werden. Nationalsozialistische Zeitungen sind zugelassen, müssen aber vom Häftling selbst im Konzentrationslager bestellt werden. Der Lagerkommandant.“

[49] HHStAW 518 785 (229) und HHStAW 519/2 2221 Bd. 3 die Sterbeurkunde

[50] Zu dem Transport siehe ausführlich, Kingreen, Deportation der Juden aus Hessen, S. 132-169.

[51] Gottwaldt / Schulle, Judendeportationen, S. 402. Zum Gedenken an Dora Katzenste hat Angelika Ellman-Krüger in Yad Vashem eine „Page of Testimony“ hinterlegt, siehe https://namesfs.yadvashem.org/YADVASHEM/new_app/200503311544_294_7890/4.jpg. (Zugriff: 21.11.2017).

[52] HHStAW 519/2 2221 Bd. 3.

[53] Die Devisenstelle hatte bereits im Oktober 1942 der Commerzbank die Einziehung des Vermögens mitgeteilt. In dem Depot waren im Juli 1943 noch 172.000 RM, siehe HHStAW 519/3 3646 (58) und HHStAW 519/2 2221 Bd. 3.

[54] HHStAW 519/2 2221 Bd. 3 Die Mitteilung an das Amtsgericht ist handschriftlich auf der Rückseite des Briefs vom Amtsgericht notiert.

[55] Ebd.

[56] HHStAW 519/2 2221 Bd. 1 (1) Er wurde auch in die Liste aller Interessenten an jüdischen Grundstücken vom 20 Oktober 1942 aufgenommen, siehe HHStAW 519/2 3149.

[57] HHStAW 519/2 2221 Bd. 1 (35).

[58] HHStAW 519/2 2221 Bd. 1 (2) „Die hiesige mir zugewiesene Wohnung wurde von 3 bzw. 4 jüdischen Parteien bewohnt und befindet sich daher auch in einem dementsprechenden Zustande.“

[59] HHStAW 519/2 2221 Bd. 2 (40).

[60] HHStAW 519/2 2221 Bd. 2 (9) auch hier gibt es später Streit um die Miethöhe.

[61] HHStAW 519/2 2221 Bd. 1. (Schreiben vom 8.1.1943).

[62] Archiv Museum Wiesbaden , Akte „Anträge auf Ankäufe 1934-1944“, zit. nach Iselt, Hermann Voss, S. 122.

[63] Ebd. S. 122 Anm. 176.

[64] Zu den Details des gesamten Vorgangs Iselt, Hermann Voss,  S. 121 f. Zurecht weist die Autorin darauf hin, dass die wahren Eigentümer zu diesem Zeitpunkt bereits tot waren. Leider gibt sie aber fälschlicherweise für Dorothea Katzenstein den Deportationstag 1.9.1942 als deren Todestag und das Deportationsziel Theresienstadt als Sterbeort aus. Richtig wäre der 21.3.1943 als Todesdatum und Auschwitz als Sterbeort gewesen. Leider sind auch die Geburtsorte von Leo und Dorothea Katzenstein vertauscht. Leo wurde in Vacha und Dorothea in Wiesbaden geboren, nicht umgekehrt. Die Geburtstage als solche sind aber richtig angegeben.

[65] Die Abbildung der Madonna ist unter dem Link http://www.stih-schnock.de/SLAM-Katzenstein-Madonna_.jpg (Zugriff: 10.8.2018) zu finden. Von besonderem Interesse ist auch ein zweites hier abgebildetes Werk von Renata Stih mit dem Titel „The Voyage of the Katzenstein Madonna“, das den Weg der Madonna von Frankfurt über Wiesbaden, Salem in Illinois, nach St. Louis nachzeichnet. Siehe auch http://emuseum.slam.org/objects/57111/the-voyage-of-the-katzenstein-madonna?ctx=adabccd7-e770-4d4f-9a4e-2eaaf76af79f&idx=0. (Zugriff: 10.8.2018). Siehe zu diesem Werk auch den Artikel in der taz vom 28.11.2013, http://www.stih-schnock.de/Hans-Dickel_TAZ_2013-11-28_.pdf. (Zugriff: 10.8.2018). Nach Angaben von Dodie Katzenstein erhielten die Enkel auch ein Serviceteil aus der großen Sammlung mit Meißener Porzellan zurück. Ihr Vater versuchte diese Sammlung anhand von alten Fotos durch Ankäufe wieder zu vervollständigen.

[66] HHStAW 519/2 2221 Bd. 1.

[67] HHStAW 519/2 2221 Bd. 1. HHStAW 519/2 2221 Bd. 1. Zu dem Angriff auf Wiesbaden in der Nacht zum 3. Februar 1945 sie Wiesbadener Kurier vom 1.2.2020 und Weichel, Thomas, Wiesbaden im Bombenkrieg 1941-1945, Wiesbaden 2016, S. 69-79.

[68] Der Artikel von F.R. Adlerstein, How Europe’s Lost Are Found, erschien im Oktober 1945 in der Zeitschrift The American Mercury. Der Autor war lange Jahre Direktor des ‚Joint Distribution Committee’, einer nach dem Ersten Weltkrieg gegründeten Hilfsorganisation für jüdische Soldaten aus den USA. Während der NS-Zeit war die Organisation wesentlich damit beschäftigt, emigrationswilligen Juden den Weg nach Amerika zu ebnen. Die gleiche Aufgabe stellte sich für sie nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs mit der großen Zahl der DPs, den Displaced Persons, die die Lager überlebt hatten und auf eine Auswanderung in die USA hofften. In seinem Artikel beschreibt der Autor detailliert, mit welchen Problemen man damals konfrontiert war, um Verwandte der Geretteten zu finden und einen Kontakt zu ihnen herzustellen. .

[69] Die Fotos sind nicht datiert, aber angesichts der noch nicht beseitigten Zerstörungen müssen sie unmittelbar nach Kriegsende entstanden sein.

[70] HHStAW 519/2 2221 Bd. 1.

[71] Katzenstein, My Grandparents’ Letters, S. 6.

[72] https://de.findagrave.com/memorial/37369363/friedrich-c-katzenstein#view-photo=124359548. (Zugriff: 20.1.2024).

[73] https://de.findagrave.com/memorial/116267774/mary-katzenstein. (Zugriff: 20.1.2024).

[74] Dodie Katzenstein, Stolpersteine: Paving A Path to Remembrance, in: Zachor 2010/3 Juli, S. 4f.